122 III 133
27. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. März 1996 i.S. Bank X. gegen Gebrüder S. (Berufung)
Regeste (de):
- Verrechnung im Konkurs (Art. 214
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 214 - Die Verrechnung ist anfechtbar, wenn ein Schuldner des Konkursiten388 vor der Konkurseröffnung, aber in Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Konkursiten, eine Forderung an denselben erworben hat, um sich oder einem andern durch die Verrechnung unter Beeinträchtigung der Konkursmasse einen Vorteil zuzuwenden.
- Art. 214
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 214 - Die Verrechnung ist anfechtbar, wenn ein Schuldner des Konkursiten388 vor der Konkurseröffnung, aber in Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Konkursiten, eine Forderung an denselben erworben hat, um sich oder einem andern durch die Verrechnung unter Beeinträchtigung der Konkursmasse einen Vorteil zuzuwenden.
Regeste (fr):
- Compensation dans la faillite (art. 214 LP).
- L'application de l'art. 214 LP ne suppose pas une intention de tromper quelqu'un; il suffit que l'auteur de la compensation ait voulu se procurer, au préjudice de la masse, un avantage qui s'avère injustifié dans la situation donnée (consid. 4a/b. Précision de la jurisprudence).
Regesto (it):
- Compensazione nel fallimento (art. 214 LEF).
- L'art. 214 LEF non presuppone l'intenzione di ingannare: è sufficiente l'intenzione di colui che compensa di ottenere in pregiudizio della massa un vantaggio non più giustificato dalla situazione concreta (consid. 4a/b. Precisazione della giurisprudenza).
Sachverhalt ab Seite 133
BGE 122 III 133 S. 133
Die Bank X. macht als Abtretungsgläubigerin gemäss Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
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1 | Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
2 | Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern. |
3 | Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458 |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Laut den Feststellungen des Obergerichts erwarb die den Beklagten gehörende Y. AG mit Mitteln aus zwei Darlehen sämtliche Aktien der M. AG; das eine Darlehen stammte von der den Beklagten nahestehenden K. AG, das andere von der Klägerin, die sich dafür die Aktien der M. AG zum Pfand geben liess. Die nunmehr von der Y. AG und daher mittelbar von den Beklagten beherrschte M. AG verkaufte ihr Hauptaktivum, eine Liegenschaft,
BGE 122 III 133 S. 134
am 22. März 1990 für Fr. 7'000'000.-- an die Beklagten, welche die Hypothekarbelastung von Fr. 2'100'000.-- übernahmen und den Restkaufpreis von Fr. 4'900'000.-- der Verkäuferin schuldig blieben. Gleichentags liessen sie sich von der K. AG von deren Guthaben bei der Y. AG einen Teil im Betrage von Fr. 4'900'000.-- abtreten, womit sie also der M. AG (ungefähr, weil unbedeutende Änderungen in der Höhe eingetreten waren) gleich viel schuldeten wie sie von der Y. AG zu fordern hatten. An der Generalversammlung der M. AG vom 30. Mai 1990 wurde eine Ausschüttung an die Y. AG in der Form beschlossen, dass die Forderung von Fr. 4'900'000.-- aus dem Kaufgeschäft auf diese übertragen wurde. Die Beklagten und die Y. AG waren damit gegenseitig Gläubiger und Schuldner für Beträge in dieser Höhe geworden; noch am gleichen Tag erklärten die Beklagten die Verrechnung. Am 6. Dezember des gleichen Jahres meldete die Y. AG dem Richter ihre Überschuldung, und am 13. Dezember fiel sie in Konkurs. Die Forderung der Klägerin aus dem gewährten Darlehen wurde mit Fr. 4'442'620.90 zugelassen; den Wert des Pfandes schätzte das Konkursamt noch auf Fr. 100'000.--. Unter dem Gesichtspunkt der zeitlichen Abfolge hielt das Obergericht die Anfechtung der Verrechnung für zulässig, obwohl die Beklagten, anders als in Art. 214
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 214 - Die Verrechnung ist anfechtbar, wenn ein Schuldner des Konkursiten388 vor der Konkurseröffnung, aber in Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Konkursiten, eine Forderung an denselben erworben hat, um sich oder einem andern durch die Verrechnung unter Beeinträchtigung der Konkursmasse einen Vorteil zuzuwenden. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 214 - Die Verrechnung ist anfechtbar, wenn ein Schuldner des Konkursiten388 vor der Konkurseröffnung, aber in Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Konkursiten, eine Forderung an denselben erworben hat, um sich oder einem andern durch die Verrechnung unter Beeinträchtigung der Konkursmasse einen Vorteil zuzuwenden. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 214 - Die Verrechnung ist anfechtbar, wenn ein Schuldner des Konkursiten388 vor der Konkurseröffnung, aber in Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Konkursiten, eine Forderung an denselben erworben hat, um sich oder einem andern durch die Verrechnung unter Beeinträchtigung der Konkursmasse einen Vorteil zuzuwenden. |
4. Die Klägerin wirft der Vorinstanz eine Verletzung von Bundesrecht vor, weil sie gestützt auf BGE 106 III 114 ff. annehme, die Anwendung von Art. 214
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 214 - Die Verrechnung ist anfechtbar, wenn ein Schuldner des Konkursiten388 vor der Konkurseröffnung, aber in Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Konkursiten, eine Forderung an denselben erworben hat, um sich oder einem andern durch die Verrechnung unter Beeinträchtigung der Konkursmasse einen Vorteil zuzuwenden. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 213 - 1 Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen. |
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1 | Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen. |
2 | Die Verrechnung ist jedoch ausgeschlossen: |
1 | wenn ein Schuldner des Konkursiten erst nach der Konkurseröffnung dessen Gläubiger wird, es sei denn, er habe eine vorher eingegangene Verpflichtung erfüllt oder eine für die Schuld des Schuldners als Pfand haftende Sache eingelöst, an der ihm das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht (Art. 110 Ziff. 1 OR383); |
2 | wenn ein Gläubiger des Schuldners erst nach der Konkurseröffnung Schuldner desselben oder der Konkursmasse wird. |
3 | ... |
3 | Die Verrechnung mit Forderungen aus Inhaberpapieren ist zulässig, wenn und soweit der Gläubiger nachweist, dass er sie in gutem Glauben vor der Konkurseröffnung erworben hat.385 |
4 | Im Konkurs einer Kommanditgesellschaft, einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditaktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Genossenschaft können nicht voll einbezahlte Beträge der Kommanditsumme oder des Gesellschaftskapitals sowie statutarische Beiträge an die Genossenschaft nicht verrechnet werden.386 387 |
BGE 122 III 133 S. 135
Voraussetzungen ein absolutes Verrechnungsverbot (Art. 213 Abs. 2 Ziff. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 213 - 1 Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen. |
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1 | Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen. |
2 | Die Verrechnung ist jedoch ausgeschlossen: |
1 | wenn ein Schuldner des Konkursiten erst nach der Konkurseröffnung dessen Gläubiger wird, es sei denn, er habe eine vorher eingegangene Verpflichtung erfüllt oder eine für die Schuld des Schuldners als Pfand haftende Sache eingelöst, an der ihm das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht (Art. 110 Ziff. 1 OR383); |
2 | wenn ein Gläubiger des Schuldners erst nach der Konkurseröffnung Schuldner desselben oder der Konkursmasse wird. |
3 | ... |
3 | Die Verrechnung mit Forderungen aus Inhaberpapieren ist zulässig, wenn und soweit der Gläubiger nachweist, dass er sie in gutem Glauben vor der Konkurseröffnung erworben hat.385 |
4 | Im Konkurs einer Kommanditgesellschaft, einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditaktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Genossenschaft können nicht voll einbezahlte Beträge der Kommanditsumme oder des Gesellschaftskapitals sowie statutarische Beiträge an die Genossenschaft nicht verrechnet werden.386 387 |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 213 - 1 Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen. |
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1 | Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen. |
2 | Die Verrechnung ist jedoch ausgeschlossen: |
1 | wenn ein Schuldner des Konkursiten erst nach der Konkurseröffnung dessen Gläubiger wird, es sei denn, er habe eine vorher eingegangene Verpflichtung erfüllt oder eine für die Schuld des Schuldners als Pfand haftende Sache eingelöst, an der ihm das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht (Art. 110 Ziff. 1 OR383); |
2 | wenn ein Gläubiger des Schuldners erst nach der Konkurseröffnung Schuldner desselben oder der Konkursmasse wird. |
3 | ... |
3 | Die Verrechnung mit Forderungen aus Inhaberpapieren ist zulässig, wenn und soweit der Gläubiger nachweist, dass er sie in gutem Glauben vor der Konkurseröffnung erworben hat.385 |
4 | Im Konkurs einer Kommanditgesellschaft, einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditaktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Genossenschaft können nicht voll einbezahlte Beträge der Kommanditsumme oder des Gesellschaftskapitals sowie statutarische Beiträge an die Genossenschaft nicht verrechnet werden.386 387 |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 214 - Die Verrechnung ist anfechtbar, wenn ein Schuldner des Konkursiten388 vor der Konkurseröffnung, aber in Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Konkursiten, eine Forderung an denselben erworben hat, um sich oder einem andern durch die Verrechnung unter Beeinträchtigung der Konkursmasse einen Vorteil zuzuwenden. |
Nach dem klaren Gehalt dieser Regelung ist einzig der Verrechnungsvorgang, also die Verrechnungserklärung des seine Bevorzugung anstrebenden Gläubigers und Schuldners des Kridars, Gegenstand der Anfechtung. Diese Erklärung ist eine einseitige. Sie setzt keine durch sie ausgelöste Mitwirkung einer Drittperson, sei es des Gemeinschuldners oder eines Mitgläubigers, voraus. Daher braucht auch niemand getäuscht zu werden, wie das fehlerhaft übersetzte deutsche Regest von BGE 106 III 114 glauben macht (falsch daher auch der entsprechende Hinweis bei FRITZSCHE/WALDER, a.a.O., Fn. 64). Irreführend mag auch wirken, wenn an die mit der Verrechnung verfolgte Absicht das qualifizierende Erfordernis der Arglist geknüpft wird, wie das laut Praxisübersetzung von BGE 106 III 114 (Pr. 70/1981, Nr. 116, S. 301) und AMONN (a.a.O., Rz. 54) gefordert sein soll. Dass der Verrechnende sich auf Kosten der Mitgläubiger einen in der gegebenen Situation nicht mehr gerechtfertigten Vorteil verschaffen will, muss nach dem unmissverständlichen Gesetzestext genügen. Der vom Bundesgericht im Originaltext (a.a.O. S. 118 oben) verwendete französische Ausdruck "intention frauduleuse" wie auch die deutsche Übersetzung "fraudulöse Absicht" (AMONN, a.a.O., Rz. 55) bringen den Umgehungscharakter des eigennützigen Vorgehens, das Vordrängen und Zuvorkommen, plastischer zum Ausdruck und kommen damit dem Sinn der Vorschrift näher. Was das dabei
BGE 122 III 133 S. 136
vorausgesetzte Wissen betrifft, reicht hier wie sonst (BGE 83 III 82 E. 3a) das Erkennenmüssen der normalerweise aus dem Verhalten erwachsenden Folgen.
b) Bei richtigem Verständnis des Gesetzes lässt sich der angefochtene Entscheid im Ergebnis nicht halten. Richtig ist jedoch, dass die Beklagten aus dem Umstand, dass sie zuerst Gläubiger und dann erst Schuldner der Y. AG geworden sind, nichts für sich ableiten können. Dass sie sich bereits am Tage des Liegenschaftskaufes im Ausmass des noch geschuldeten Kaufpreises zu Gläubigern gegenüber der Y. AG gemacht haben, beweist planmässiges Vorgehen, das ihnen bei gleichzeitig massgeblichem Einfluss auf die beteiligten Gesellschaften die Wahl der zeitlichen Abläufe liess. Daraus Vorteile zu ziehen, wäre Rechtsmissbrauch.
Zutreffend ist auch, dass das Vorgehen der Beklagten zum Ziel und zur Folge gehabt hat, dass ihnen auf Kosten der Mitgläubiger ein Vorteil zukam, und das in einer Situation, in der sie als Alleinaktionäre der Y. AG über deren Verhältnisse im Bilde sein und den Konkurs voraussehen mussten, welches auch immer der von ihnen selber zu verantwortende Stand der Buchhaltung gewesen sein mag (BGE 111 II 72 E. 3a). Nur diese Voraussehbarkeit und ihr Inkaufnehmen können mit der von Art. 214
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 214 - Die Verrechnung ist anfechtbar, wenn ein Schuldner des Konkursiten388 vor der Konkurseröffnung, aber in Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Konkursiten, eine Forderung an denselben erworben hat, um sich oder einem andern durch die Verrechnung unter Beeinträchtigung der Konkursmasse einen Vorteil zuzuwenden. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 214 - Die Verrechnung ist anfechtbar, wenn ein Schuldner des Konkursiten388 vor der Konkurseröffnung, aber in Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Konkursiten, eine Forderung an denselben erworben hat, um sich oder einem andern durch die Verrechnung unter Beeinträchtigung der Konkursmasse einen Vorteil zuzuwenden. |
BGE 122 III 133 S. 137
aus zwei Gründen: Zum einen vermochte das berechtigte Festhalten der Klägerin am Vertrag das verpönte Verrechnungsmanöver der Beklagten ihr gegenüber nicht zu rechtfertigen, und zweitens war das schädigende Verhalten nicht gegen sie als einzelne Gläubigerin gerichtet, sondern gegen die Konkursmasse als solche (Art. 214
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 214 - Die Verrechnung ist anfechtbar, wenn ein Schuldner des Konkursiten388 vor der Konkurseröffnung, aber in Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Konkursiten, eine Forderung an denselben erworben hat, um sich oder einem andern durch die Verrechnung unter Beeinträchtigung der Konkursmasse einen Vorteil zuzuwenden. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 200 - Zur Konkursmasse gehört ferner alles, was nach Massgabe der Artikel 214 und 285-292 Gegenstand der Anfechtungsklage ist. |