121 III 249
49. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Juli 1995 i.S. M. N. gegen Erben des E. S. (Berufung)
Regeste (de):
- Herabsetzung (Art. 522 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 522 - 1 Die Erben, die dem Werte nach weniger als ihren Pflichtteil erhalten, können die Herabsetzung der folgenden Erwerbungen und Zuwendungen verlangen, bis der Pflichtteil hergestellt ist:
1 Die Erben, die dem Werte nach weniger als ihren Pflichtteil erhalten, können die Herabsetzung der folgenden Erwerbungen und Zuwendungen verlangen, bis der Pflichtteil hergestellt ist: 1 der Erwerbungen gemäss der gesetzlichen Erbfolge; 2 der Zuwendungen von Todes wegen; 3 der Zuwendungen unter Lebenden. 2 Enthält eine Verfügung von Todes wegen Bestimmungen über die Teile der gesetzlichen Erben, so sind sie als blosse Teilungsvorschriften aufzufassen, wenn kein anderer Wille des Erblassers aus der Verfügung ersichtlich ist. SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 533 - 1 Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
1 Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden. 2 Ist durch Ungültigerklärung einer späteren Verfügung eine frühere gültig geworden, so beginnen die Fristen mit diesem Zeitpunkte. 3 Einredeweise kann der Herabsetzungsanspruch jederzeit geltend gemacht werden. - Der in seinem Pflichtteilsanspruch beeinträchtigte Erbe muss nur diejenigen Elemente des Sachverhalts kennen, die den möglichen Erfolg einer Herabsetzungsklage erwarten lassen; es bedarf keiner absoluten Gewissheit (E. 2a). Die Herabsetzungsklage muss deshalb auch dann zugelassen werden, wenn dem Kläger die Bezifferung seines Anspruchs noch nicht möglich ist und wenn nach kantonalem Verfahrensrecht unbezifferte Rechtsbegehren nicht zulässig wären (E. 2b).
Regeste (fr):
- Réduction (art. 522 ss CC); point de départ du délai de péremption de l'art. 533 CC.
- L'héritier lésé dans sa réserve ne doit connaître que les éléments de fait qui justifieraient le bien-fondé d'une action en réduction; il n'est pas nécessaire que cette connaissance confine à la certitude (consid. 2a). C'est pourquoi, l'action en réduction doit aussi être admise quand le demandeur n'a pu encore chiffrer sa prétention et que, selon le droit cantonal de procédure, une demande non chiffrée serait irrecevable (consid. 2b).
Regesto (it):
- Riduzione (art. 522 segg. CC); inizio del termine di perenzione di cui all'art. 533 CC.
- L'erede leso nella propria legittima deve conoscere unicamente gli elementi di fatto che permettono di confidare nell'esito favorevole di un'eventuale azione di riduzione; non è necessaria una certezza assoluta (consid. 2a). Ne discende che l'azione di riduzione deve essere ammessa anche laddove l'attore non può ancora cifrare le proprie pretese e il diritto cantonale di procedura non consente la presentazione di una domanda che non indica il valore (consid. 2b).
Sachverhalt ab Seite 249
BGE 121 III 249 S. 249
N. glaubt sich in ihrem Pflichtteilsanspruch verletzt, weil der von Bruder und Schwägerin bezahlte Kaufpreis von Fr. 60'000.-- für den Erwerb
BGE 121 III 249 S. 250
einer Liegenschaft in S. von ihrer verstorbenen Mutter weit unter dem Verkehrswert gelegen habe. Sie klagte auf Herabsetzung und forderte von den Erwerbern einen Betrag von je Fr. 70'000.--. Vom Bezirksgericht K. wurde sie damit am 21. Dezember 1993 abgewiesen, weil der Anspruch sowohl verwirkt als auch wegen Fehlens einer Schenkungskomponente unbegründet sei. Die Klägerin unterlag auch beim Obergericht des Kantons Aargau, das mit Urteil vom 26. Januar 1995 ebenfalls Verwirkung annahm. Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Streitig ist, ob die Kenntnisse der Klägerin, welche dieser bereits mehr als ein Jahr vor Anhebung der Klage beim Friedensrichter am 9. August 1990 zugeschrieben werden, ausgereicht haben, um die Verwirkungsfrist gemäss Art. 533 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 533 - 1 Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden. |
|
1 | Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden. |
2 | Ist durch Ungültigerklärung einer späteren Verfügung eine frühere gültig geworden, so beginnen die Fristen mit diesem Zeitpunkte. |
3 | Einredeweise kann der Herabsetzungsanspruch jederzeit geltend gemacht werden. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 522 - 1 Die Erben, die dem Werte nach weniger als ihren Pflichtteil erhalten, können die Herabsetzung der folgenden Erwerbungen und Zuwendungen verlangen, bis der Pflichtteil hergestellt ist: |
|
1 | Die Erben, die dem Werte nach weniger als ihren Pflichtteil erhalten, können die Herabsetzung der folgenden Erwerbungen und Zuwendungen verlangen, bis der Pflichtteil hergestellt ist: |
1 | der Erwerbungen gemäss der gesetzlichen Erbfolge; |
2 | der Zuwendungen von Todes wegen; |
3 | der Zuwendungen unter Lebenden. |
2 | Enthält eine Verfügung von Todes wegen Bestimmungen über die Teile der gesetzlichen Erben, so sind sie als blosse Teilungsvorschriften aufzufassen, wenn kein anderer Wille des Erblassers aus der Verfügung ersichtlich ist. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |
|
1 | die Zuwendungen auf Anrechnung an den Erbteil, als Heiratsgut, Ausstattung oder Vermögensabtretung, wenn sie nicht der Ausgleichung unterworfen sind; |
2 | die Erbabfindungen und Auskaufsbeträge; |
3 | die Schenkungen, die der Erblasser frei widerrufen konnte, oder die er während der letzten fünf Jahre vor seinem Tode ausgerichtet hat, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke; |
4 | die Entäusserung von Vermögenswerten, die der Erblasser offenbar zum Zwecke der Umgehung der Verfügungsbeschränkung vorgenommen hat. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 533 - 1 Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden. |
|
1 | Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden. |
2 | Ist durch Ungültigerklärung einer späteren Verfügung eine frühere gültig geworden, so beginnen die Fristen mit diesem Zeitpunkte. |
3 | Einredeweise kann der Herabsetzungsanspruch jederzeit geltend gemacht werden. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 533 - 1 Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden. |
|
1 | Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden. |
2 | Ist durch Ungültigerklärung einer späteren Verfügung eine frühere gültig geworden, so beginnen die Fristen mit diesem Zeitpunkte. |
3 | Einredeweise kann der Herabsetzungsanspruch jederzeit geltend gemacht werden. |
BGE 121 III 249 S. 251
MÜLLER-HELLBACH, Die Verjährung erbrechtlicher Klagen, Diss. Zürich 1975, S. 98). Ist der Pflichtteil mit einer Nutzniessung belastet, so ist er auf jeden Fall verletzt; auf ihren Wert kommt es nicht an (BGE 108 II 288 E. 3a S. 293). Und im Falle des Eingriffes durch eine letztwillige Verfügung muss diese dem Betroffenen nicht vollständig bekannt sein, wenn er wenigstens erkennen kann, dass seine Ansprüche verletzt sind (so der erwähnte Entscheid i.S. W., E. 4b). Der Zeitpunkt der Kenntnis ist nach den gesamten Umständen zu ermitteln. Aus dem Gesagten erhellt, dass der Beginn des Fristenlaufes nicht von der Befähigung des Pflichtteilsberechtigten abhängt, die Klage bereits auf einen dem letztlich erreichbaren Mass der Herabsetzung entsprechenden Betrag beziffern zu können. Das widerspräche dem in der verhältnismässig kurzen Frist zum Ausdruck kommenden Bestreben des Gesetzgebers, die Unsicherheit über Gültigkeit und Tragweite der Verfügung möglichst rasch zu beseitigen. Folglich muss die Herabsetzungsklage auch dann zugelassen und verlangt werden, wenn dem Kläger die Bezifferung seines Rechtsbegehrens noch nicht möglich ist. Das hätte auch dann zu gelten, wenn das kantonale Verfahrensrecht unbezifferte Begehren nicht zuliesse. Wie das Bundesgericht schon in anderem Zusammenhang festgestellt hat, kommt dem Erfordernis der Durchsetzbarkeit des materiellen Bundesrechts der Vorrang vor einschränkendem kantonalem Prozessrecht zu. Ein Begehren ist daher nicht nur dann in unbezifferter Form zuzulassen, wenn das Bundesrecht es ausdrücklich vorschreibt, sondern allgemein dann, wenn der Kläger nicht in der Lage oder es ihm nicht zumutbar ist, die Höhe seines Anspruches genau anzugeben (BGE 116 II 215 E. 4a S. 219). Bei der Herabsetzungsklage dürfte das in der Regel zutreffen. c) Die lebzeitige Abtretung eines Vermögenswertes ist der Herabsetzung bzw. Ausgleichung dann unterworfen, wenn die Verfügung des nachmaligen Erblassers ganz oder teilweise unentgeltlich war. Das trifft zu, wenn keine oder eine im Wert geringere Gegenleistung erbracht worden ist, der Zuwendung also das ökonomische Äquivalent fehlt. Ob und wieweit eine Zuwendung als unentgeltlich zu qualifizieren ist, beurteilt sich auf Grund der Verhältnisse im Zeitpunkt ihrer Vornahme (BGE 120 II 417 E. 3a S. 420, mit Hinweisen).