120 IV 73
14. Urteil des Kassationshofes vom 20. April 1994 i.S. M. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 91 Abs. 3
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer:
- Die vorsätzliche pflichtwidrige Unterlassung der Meldung eines Unfalls erfüllt auch nach dem neuen Recht dann den Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe, wenn die Anordnung der Blutprobe nach den gesamten relevanten Umständen sehr wahrscheinlich war und der Fahrzeuglenker diese die hohe Wahrscheinlichkeit der Massnahme begründenden Umstände kannte. In diesem Fall musste er im Sinne von Art. 91 Abs. 3
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer:
Regeste (fr):
- Art. 91 al. 3 nouveau LCR; soustraction à la prise de sang.
- L'omission volontaire d'annoncer un accident conformément à la loi réalise également au regard du nouveau droit l'infraction de soustraction à la prise de sang, lorsqu'une telle mesure devait apparaître comme très vraisemblable au vu de l'ensemble des circonstances pertinentes du cas et que le conducteur connaissait les circonstances justifiant la grande vraisemblance que la mesure soit ordonnée. Dans ce cas, il devait escompter qu'une prise de sang serait ordonnée au sens de l'art. 91 al. 3 LCR.
Regesto (it):
- Art. 91 n. 3 nuovo testo LCS; sottrazione alla prova del sangue.
- Il fatto di non dare volontariamente avviso di un infortunio conformemente a quanto richiesto dalla legge adempie anche secondo il nuovo diritto la fattispecie legale della sottrazione alla prova del sangue, ove questa misura dovesse apparire come assai verosimile alla luce delle circostanze pertinenti del caso e il conducente conoscesse le circostanze su cui si fondava tale verosimiglianza. In tali condizioni egli doveva presumere che sarebbe stata ordinata una prova del sangue ai sensi dell'art. 91 n. 3 LCS.
Sachverhalt ab Seite 73
BGE 120 IV 73 S. 73
A.- M. hielt sich in der Nacht vom 10. auf den 11. Juli 1992, zwischen ca. 23.00 und 02.30 Uhr, in einem Restaurant in Häuslenen auf. Anschliessend fuhr er in seinem Personenwagen in Richtung Wiesendangen, wo er wohnt. Auf der 6 m breiten Verbindungsstrasse zwischen Oberschneit und Kappel kam er nach rechts von der Fahrbahn ab. Sein Wagen stiess mit einiger Wucht gegen einen hölzernen Gartenzaun, der auf eine Länge von ca. 5 m niedergedrückt und teilweise zerstört wurde; dabei wurden auch einige Büsche in Mitleidenschaft gezogen. Das Fahrzeug wurde insbesondere vorne rechts stark beschädigt. M. konnte den Wagen mit Hilfe eines andern Automobilisten aus der Unfallendlage befreien. Er fuhr in der Folge nach Hause. Am Vormittag des 11. Juli 1992 (Samstag) versuchte er erfolglos, einen Vertreter der geschädigten Gemeinde zu erreichen; erst am Montagvormittag kam der Kontakt zustande. M. unterliess es, die Polizei zu verständigen.
BGE 120 IV 73 S. 74
B.- Das Obergericht des Kantons Zürich sprach M. am 6. Juli 1993 in Bestätigung des Entscheides des Einzelrichters in Strafsachen des Bezirksgerichts Winterthur vom 20. Januar 1993 der Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 90 Ziff. 1

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt. |

SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV) VRV Art. 3 Bedienung des Fahrzeugs - (Art. 31 Abs. 1 SVG) |
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1 | Der Fahrzeugführer muss seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden. Er darf beim Fahren keine Verrichtung vornehmen, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert. Er hat ferner dafür zu sorgen, dass seine Aufmerksamkeit insbesondere durch Tonwiedergabegeräte sowie Kommunikations- und Informationssysteme nicht beeinträchtigt wird.27 |
2 | Die Führer von Gesellschaftswagen dürfen im dichten Verkehr oder auf schwierigen Strassen die Fahrgäste nicht über Sehenswürdigkeiten u. dgl. orientieren. Sie dürfen kein Handmikrophon verwenden. |
3 | Die Führer von Motorfahrzeugen und Fahrrädern dürfen die Lenkvorrichtung nicht loslassen.28 |
3bis | Bei Verwendung eines Einparkassistenzsystems darf der Führer während des Parkierungsmanövers die Lenkvorrichtung loslassen und das Fahrzeug verlassen, sofern das Assistenzsystem dies vorsieht. Er muss das Parkierungsmanöver überwachen und bei Bedarf abbrechen.29 |
4 | Der Fahrzeugführer hat den vorgeschriebenen Fahrtschreiber ständig in Betrieb zu halten und richtig zu bedienen. Ist: |
a | das Fahrzeug mit einem analogen Fahrtschreiber ausgerüstet, so darf ihn der Fahrzeugführer unterwegs zu Kontrollzwecken und muss ihn auf Verlangen der Polizei öffnen. Der Halter hat Schlüssel und Einlageblätter zur Verfügung zu stellen. Jedes Einlageblatt darf nur einmal verwendet werden; freiwillige Vermerke dürfen die Auswertung nicht erschweren. Es müssen genügend leere Einlageblätter mitgeführt werden; |
b | das Fahrzeug mit einem digitalen Fahrtschreiber ausgerüstet, so müssen die Fahrerkarten von Führer und Mitfahrer während der gesamten beruflichen Tätigkeit eingesteckt bleiben. Ohne Fahrerkarte darf ein Fahrzeug ausser bei Beschädigung, Fehlfunktion, Verlust oder Diebstahl der Karte nicht geführt werden. Es muss genügend Druckerpapier mitgeführt werden.30 |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 92 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer bei einem Unfall die Pflichten verletzt, die ihm dieses Gesetz auferlegt. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 51 - 1 Ereignet sich ein Unfall, an dem ein Motorfahrzeug oder Fahrrad beteiligt ist, so müssen alle Beteiligten sofort anhalten. Sie haben nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
C.- Der Verurteilte führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den Entscheid des Obergerichts bezüglich des Schuldspruchs der Vereitelung einer Blutprobe aufzuheben.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. a) Nach Art. 91 Abs. 3

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Die neue Fassung von Art. 91 Abs. 3

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
BGE 120 IV 73 S. 75
hätte rechnen müssen"; auch in diesem Bereich sollen die üblichen Beweisregeln ohne besondere Schuldvermutungen gelten (Amtl.Bull. StR 1988 S. 550). b) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 91 Abs. 3

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |

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SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 51 - 1 Ereignet sich ein Unfall, an dem ein Motorfahrzeug oder Fahrrad beteiligt ist, so müssen alle Beteiligten sofort anhalten. Sie haben nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen. |
2. Der Fahrzeuglenker musste dann im Sinne von Art. 91 Abs. 3

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BGE 120 IV 73 S. 76
b) Aufgrund dieser Umstände durfte die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht den Schluss ziehen, dass die Polizei sehr wahrscheinlich eine Blutprobe angeordnet hätte. Auch wenn mit der Vorinstanz abweichend von der ersten Instanz davon auszugehen ist, es dürfe mangels diesbezüglicher Abklärungen nicht unterstellt werden, dass der Beschwerdeführer Alkoholsymptome aufgewiesen habe, war die Anordnung einer Massnahme zur Ermittlung der Blutalkoholkonzentration angesichts des Unfallgeschehens sehr wahrscheinlich. Das Abkommen von der Fahrbahn konnte weder durch die Strassen- oder Verkehrsverhältnisse noch durch einen Defekt am Fahrzeug erklärt werden. Wie im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt wird, ist das Hantieren am Autoradio, mit dem der Beschwerdeführer den Unfall erklärte, eine gewöhnliche Tätigkeit, die vom Fahrzeuglenker während der Fahrt (und insbesondere bei ruhigen Verkehrsverhältnissen auf gerader Strecke) in der Regel problemlos vorgenommen werden kann. Hat diese Tätigkeit auf einem gerade verlaufenden, dem Fahrzeuglenker wohlbekannten Streckenabschnitt bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h ohne äussere Einwirkungen derart ungewöhnliche Folgen wie im vorliegenden Fall, entsteht der dringende Verdacht, dass Alkohol im Spiel und der Fahrzeuglenker aus diesem Grunde in seiner Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt gewesen sei. Zur Abklärung dieses dringenden Verdachts hätte die Polizei sehr wahrscheinlich eine Massnahme zur Ermittlung der Blutalkoholkonzentration angeordnet.
3. Auch die übrigen Voraussetzungen des objektiven Tatbestands von Art. 91 Abs. 3

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SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 51 - 1 Ereignet sich ein Unfall, an dem ein Motorfahrzeug oder Fahrrad beteiligt ist, so müssen alle Beteiligten sofort anhalten. Sie haben nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen. |

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SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 92 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer bei einem Unfall die Pflichten verletzt, die ihm dieses Gesetz auferlegt. |

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BGE 120 IV 73 S. 77
(siehe etwa BGE 114 IV 154 E. 2a) den Tatbestand von Art. 91 Abs. 3

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SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
4. Der subjektive Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erfüllt, wenn der Fahrzeuglenker die die Meldepflicht sowie die die hohe Wahrscheinlichkeit einer Blutprobe begründenden Tatsachen kannte und daher die Unterlassung der gesetzlich vorgeschriebenen und ohne weiteres möglichen Meldung vernünftigerweise nur als Inkaufnahme der Tatbestandsverwirklichung gewertet werden kann (BGE 109 IV 137 E. 2b, BGE 114 IV 148 E. 2b). Diese Rechtsprechung hat entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keineswegs zur Folge, dass die Verletzung der in Art. 51 Abs. 3

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 51 - 1 Ereignet sich ein Unfall, an dem ein Motorfahrzeug oder Fahrrad beteiligt ist, so müssen alle Beteiligten sofort anhalten. Sie haben nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 51 - 1 Ereignet sich ein Unfall, an dem ein Motorfahrzeug oder Fahrrad beteiligt ist, so müssen alle Beteiligten sofort anhalten. Sie haben nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an. |