Urteilskopf

118 IV 293

52. Urteil des Kassationshofs vom 15. April 1992 i.S. S. gegen Generalprokurator und Obergericht des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 294

BGE 118 IV 293 S. 294

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 15. Mai 1991 der fortgesetzten Veruntreuung schuldig erklärt und zu 10 Monaten Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges mit einer Probezeit von 2 Jahren, verurteilt. Gegen diesen Entscheid führt er sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. In beiden Beschwerden beantragt er, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung und zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
In der staatsrechtlichen Beschwerde macht er im wesentlichen geltend, wenn vorhandene, relevante Beweisstücke bei der Sachverhaltsfeststellung nicht zur Kenntnis genommen bzw. nicht berücksichtigt würden, dann verstosse dies gegen den Grundsatz, dass der Richter den Sachverhalt vollständig zu ergründen und alle vorhandenen Elemente in seine Beurteilung einzubeziehen habe. Geschehe dies wie im zu beurteilenden Fall nicht, so sei die Beweiswürdigung willkürlich und verletze Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV. In der Nichtigkeitsbeschwerde wendet er im wesentlichen ein, das Miteinbeziehen vorhandener, relevanter Elemente bei der Prüfung der Tatbestandsmässigkeit verletze elementare Regeln des eidgenössischen Strafrechts. Zum gleichen Ergebnis müsse die Tatsache führen, dass die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zumindest zum Teil offensichtlich aktenwidrig seien. Die Ausführungen zur Begründung dieser beiden Rügen sind in beiden Eingaben weitgehend identisch.
2. a) Nach der vom Kassationshof mit BGE 113 IV 45 eingeleiteten Rechtsprechung ist auf beide Rechtsmittel nicht einzutreten, wenn zwei identische Rechtsschriften, in denen kunterbunt die Verletzung eidgenössischen Rechts sowie verfassungsmässiger Rechte gerügt wird, einmal als staatsrechtliche Beschwerde und einmal als eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde beim Bundesgericht eingereicht werden. Diese Rechtsprechung, von den Zivilabteilungen im
BGE 118 IV 293 S. 295

Grundsatz übernommen (BGE 114 Ia 207, BGE 115 II 397 E. 2, BGE 116 II 93 E. 1), wurde von der I. Zivilabteilung - mit Zustimmung der II. Zivilabteilung und des Kassationshofes - wie folgt präzisiert (BGE 116 II 745): Zwei Rechtsmittel sind nicht allein schon wegen ihrer gleichlautenden Begründung unzulässig. Nicht einzutreten ist auf die Rechtsmittel vielmehr nur dann, wenn infolge der Vermengung der Rügen die Begründung für die bundesrechtlichen Rechtsmittel nicht ausreichend klar ersichtlich ist und den gesetzlichen Anforderungen damit nicht genügt. Es ist demnach auch bei übereinstimmender Begründung zweier Rechtsmittel jede Rechtsschrift daraufhin zu prüfen, ob darin Rügen vorgebracht werden, die im Rahmen des entsprechenden Rechtsmittels zulässig sind und den jeweiligen Begründungsanforderungen genügen. Ist dies der Fall, ist, sofern die weiteren Voraussetzungen hiefür gegeben sind, auf eine Beschwerde einzutreten, selbst wenn der Beschwerdeführer in einer andern Rechtsschrift wörtlich dasselbe vorbringt. Die im Zusammenhang mit einer zivilrechtlichen Berufung präzisierte Rechtsprechung gilt auch für konnexe staatsrechtliche Beschwerden und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerden. An BGE 113 IV 45 kann nicht festgehalten werden. Indessen ist zu bekräftigen, dass zufolge der Verflechtung nicht offenkundig aufscheinende und nicht eindeutig zugeordnete Vorbringen vom Bundesgericht übergangen werden (BGE 116 II 748). b) Der Beschwerdeführer setzt sich in keiner seiner beiden Beschwerden im einzelnen mit der Begründung des angefochtenen Entscheides auseinander. So ist aus der Begründung der Nichtigkeitsbeschwerde nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz Bundesrecht verletzt haben soll; der Beschwerdeführer macht eine Bundesrechtsverletzung gar nicht geltend (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Desgleichen begründet der Beschwerdeführer in der staatsrechtlichen Beschwerde nicht, inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich sein soll, weil angeblich nicht alle Sachverhaltselemente Berücksichtigung gefunden hätten (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Da somit weder die staatsrechtliche Beschwerde noch die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde den gesetzlichen Begründungsanforderungen genügen, kann auf sie nicht eingetreten werden.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 118 IV 293
Datum : 15. April 1992
Publiziert : 31. Dezember 1992
Quelle : Bundesgericht
Status : 118 IV 293
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 90 Abs. 1 lit. b OG, Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP; Anforderungen an die Beschwerdebegründung. Zwei Rechtsmittel sind
Einordnung : Präzisierung der Rechtsprechung


Gesetzesregister
BStP: 273
BV: 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
OG: 90
BGE Register
113-IV-45 • 114-IA-207 • 115-II-396 • 116-II-745 • 116-II-92 • 118-IV-293
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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