118 II 93
20. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Februar 1992 i.S. K. gegen K. (Berufung)
Regeste (de):
- Bedeutung der Offizialmaxime nach Art. 280 Abs. 2 ZGB im Berufungsverfahren.
- Art. 280 Abs. 2 ZGB bedeutet nicht, dass das mündige Kind im Prozess auf Unterhalt gegenüber einem Elternteil im Berufungsverfahren vor Bundesgericht neue Anträge stellen kann (Art. 55 Abs. 1 lit. b OG).
Regeste (fr):
- Portée de la maxime officielle selon l'art. 280 al. 2 CC dans la procédure de recours en réforme.
- L'art. 280 al. 2 CC ne signifie pas que, dans le cadre du procès en contribution alimentaire à l'encontre d'un parent, l'enfant majeur peut prendre de nouvelles conclusions devant le Tribunal fédéral dans la procédure de recours en réforme (art. 55 al. 1 let. b OJ).
Regesto (it):
- Portata della massima ufficiale secondo l'art. 280 cpv. 2 CC nella procedura di ricorso per riforma.
- L'art. 280 cpv. 2 CC non permette al figlio maggiorenne, nell'ambito del processo contro un genitore per il proprio mantenimento, di presentare nuove conclusioni nella procedura di ricorso per riforma innanzi al Tribunale federale (art. 55 cpv. 1 lett. b OG).
Erwägungen ab Seite 93
BGE 118 II 93 S. 93
Aus den Erwägungen:
1. a) Mit seinem Hauptantrag verlangt der Kläger vor Bundesgericht mehr, als ihm die erste Instanz als Unterhaltsbeitrag zugesprochen hatte. Die Verfügung des Kantonsgerichtspräsidenten war
BGE 118 II 93 S. 94
aber nur vom Beklagten, nicht auch vom Kläger an die Obergerichtskommission weitergezogen worden. Die Vorinstanz hält deshalb in ihrem Urteil fest, mehr als die vom ersten Richter zugesprochenen Fr. 1'600.-- im Monat stünden gar nicht mehr im Streit. Neue Begehren sind im Berufungsverfahren vor Bundesgericht unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. b OG). Die Berufungsanträge dürfen daher nicht über das hinausgehen, was vor der letzten kantonalen Instanz noch streitig gewesen ist. Es ist allerdings zu beachten, dass nach Art. 280 Abs. 2 ZGB für Verfahren über die Unterhaltspflicht der Eltern - wie bei Abstammungsprozessen nach Art. 254 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 254 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 254 |
BGE 118 II 93 S. 95
Scheidungskindes - eine unorthodoxe Meinung, in: Festschrift Hegnauer, S. 395 ff.), so dass seine Interessen in vermehrtem Masse vom Gericht gewahrt werden müssen. Im bereits genannten Entscheid BGE 82 II 470 ff. war es überdies so, dass die Ehefrau vor Bundesgericht nur eine für das Kind günstigere Aufteilung zwischen Frauenrente und Kinderrente als im kantonalen Verfahren verlangte, damit aber nicht den Gesamtbetrag überstieg, den sie von ihrem Ehemann forderte. Dass diesfalls eine Bindung an die vor letzter kantonaler Instanz geltend gemachten Kinderalimente der Sache nicht gerecht werden könnte, ist ohne weiteres einsichtig. Die Höhe des Unterhaltsbeitrages, der vom Elternteil, dem das Kind nicht zugewiesen wird, zu bezahlen ist, hängt wesentlich davon ab, was der das Kind unmittelbar betreuende Elternteil selber an den Kinderunterhalt beisteuern kann. Dies wird aber massgeblich verändert, wenn dem Inhaber der elterlichen Gewalt in letzter kantonaler Instanz eine Scheidungsrente verweigert oder diese erheblich gekürzt wird. Hier muss es möglich sein, der durch das letzte kantonale Urteil bewirkten Änderung der Leistungskraft auch im Berufungsverfahren vor Bundesgericht noch Rechnung zu tragen. Mit Bezug auf die Leistungskraft der Ehegatten bilden eben die Scheidungsrente und der Kinderunterhalt ein Ganzes, dessen einzelne Teile nicht vollständig unabhängig von- einander festgesetzt werden können. Verlangt demgegenüber das mündige Kind Unterhalt, stellt sich die Frage nicht in gleicher Weise. Dieses Verfahren erfolgt unabhängig von einem Scheidungsprozess, so dass keine unmittelbare Wechselwirkung zwischen dem Kinderunterhalt und der Höhe der Scheidungsrente entstehen kann. Auch die Interessenlage zeigt sich nicht in gleicher Weise. Während die Unterhaltspflicht gegenüber dem unmündigen Kind die Regel darstellt, unterstreicht das Gesetz mit dem Erfordernis der Zumutbarkeit den Ausnahmecharakter, den die Unterhaltsleistungen gegenüber dem mündigen Kind darstellen (BGE 111 II 416). Dies rechtfertigt es aber, dem Anspruchsberechtigten einen weniger starken prozessualen Schutz zu gewähren und die Elterninteressen stärker zu berücksichtigen (nicht veröffentlichter Entscheid vom 22. Oktober 1987 i.S. P. c. P.; E. 3). Es besteht deshalb kein Grund, in diesen Fällen von Art. 55 Abs. 1 lit. b OG abzuweichen und neue Anträge vor Bundesgericht noch zuzulassen. Entsprechend verletzt auch eine kantonale Instanz kein Bundesrecht, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - auf einen Antrag auf höhere Unterhaltsbeiträge mit dem Argument nicht eintritt, nur
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der Unterhaltspflichtige, nicht aber der Unterhaltsberechtigte habe ein Rechtsmittel eingelegt. Da die Vorinstanz somit zu Recht auf den Antrag nicht eingetreten ist, den von der ersten Instanz auf Fr. 1'600.-- bezifferten Unterhaltsbeitrag auf Fr. 2'300.-- zu erhöhen, erweist sich der in der Berufung gestellte Hauptantrag, soweit es um die Erhöhung des monatlichen Unterhaltsbeitrags auf Fr. 1'900.-- geht, als neu und damit als unzulässig.