Urteilskopf

118 II 87

18. Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Februar 1992 i.S. B. gegen I. und Kantonsgericht Wallis (staatsrechtliche Beschwerde, Berufung)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 88

BGE 118 II 87 S. 88

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Im September 1988 kaufte Architekt B. von I. ein Haus in Saas-Fee, leistete in der Folge Teilzahlungen an die noch offene Kaufpreisrestanz und verpflichtete sich gegenüber dem Verkäufer in schriftlichen Vereinbarungen vom April, Juni und August 1989 vorbehaltlos zur Zahlung der jeweiligen Restschuld, die gemäss Vereinbarung vom August noch Fr. 235'000.-- betrug. Da dieser Betrag nicht einging, setzte ihn I. in Betreibung und erhielt Anfang 1990 die provisorische Rechtsöffnung, worauf B. beim Walliser Kantonsgericht gegen I. auf Aberkennung klagte und Gegenforderungen über Fr. 235'000.-- für die Sanierung eines angeblich "bald" nach dem Hauskauf festgestellten Mauerrisses zur Verrechnung stellte. Nachdem drei Zeugen übereinstimmend bestätigt hatten, dass es sich beim Mauerriss um eine blosse Prozessbehauptung handelte, wies das Kantonsgericht die Aberkennungsklage am 9. Juli 1991 ab und verpflichtete den Kläger zur Zahlung des ausstehenden Kaufpreises nebst Zins. Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt der Kläger beim Bundesgericht die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils, mit Berufung überdies die Gutheissung der Aberkennungsklage. Der Beklagte schliesst auf Abweisung beider Rechtsmittel und ersucht gleichzeitig um Sicherstellung der Parteientschädigung für beide Verfahren.
2. Weil dem Beklagten im Zeitpunkt seines Sicherstellungsgesuchs sämtliche Parteikosten bereits entstanden waren, ist es als gegenstandslos abzuschreiben (BGE 79 II 305 Nr. 51).
3. Die Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 4. Oktober 1991 ist am 15. Februar 1992 teilweise in Kraft getreten (Verordnung vom 15. Januar 1992; AS 1992 S. 337). Zu den neuen und mit sofortiger Wirkung auf alle beim Bundesgericht hängigen Verfahren anzuwendenden Bestimmungen (Ziff. 3 Abs. 2 Schlussbestimmungen) gehört auch Art. 36a OG. Im Gegensatz zur früheren Ordnung, die für Berufungen und staatsrechtliche Beschwerden unterschiedliche Besetzungen vorsah (Art. 60 und 92 aOG), genügt für das vereinfachte Verfahren gemäss Art. 36a OG unbekümmert um das Rechtsmittel die Mitwirkung dreier Richter. Das rechtfertigt es, über die beiden Rechtsmittel des Klägers in einem einzigen Urteil zu befinden, zumal auch die Begründung des Rechtsmittelentscheids bei beiden gleich lautet.
4. Gemäss Art. 36a Abs. 2 OG sind Rechtsmittel und Klagen, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung
BGE 118 II 87 S. 89

beruhen, unzulässig. Diese neue Vorschrift soll es dem Bundesgericht ermöglichen, bei Einstimmigkeit ohne öffentliche Beratung und mit summarischer Begründung auf Rechtsmittel und Klagen wegen querulatorischer oder anderer rechtsmissbräuchlicher Prozessführung nicht einzutreten (Botschaft betreffend die Änderung des OG vom 18. März 1991, BBl 1991 S. 465 ff., 488, 521). Dabei ist die Anwendung dieser Bestimmung nicht auf Fälle beschränkt, in denen die Justiz durch eine Vielzahl von aussichtslosen Eingaben ein und derselben Person geradezu blockiert wird (BGE 111 Ia 148 Nr. 26). Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Entlastung des Bundesgerichts von Fällen querulatorischer, mutwilliger, trölerischer oder sonstwie rechtsmissbräuchlicher Prozessführung (so schon Botschaft betreffend die Änderung des OG vom 29. Mai 1985, BBl 1985 S. 737 ff., 752 f., 760 f., 873) bliebe sonst toter Buchstabe. Die missbräuchliche Inanspruchnahme der Justiz kann sich nämlich auch auf andere Weise offenbaren als in einer Vielzahl von Eingaben, die in einem krassen Missverhältnis zu den Interessen stehen. So kann bereits das im kantonalen Verfahren an den Tag gelegte Verhalten zeigen, dass die Anrufung des Bundesgerichts nicht auf den Schutz berechtigter Interessen abzielt, sondern ausschliesslich andere und damit missbräuchliche Zwecke verfolgt wie namentlich den Zeitgewinn durch trölerisches Prozessieren (POUDRET, N. 5 zu Art. 36a OG, S. 304 f.). Dass der Kläger mit seinen Rechtsmitteln einzig bezweckt, den Abschluss eines aussichtslosen Aberkennungsprozesses und damit die Vollstreckung der Restforderung des Beklagten hinauszuzögern, steht aufgrund seines Prozessverhaltens im kantonalen Verfahren ausser Zweifel. Zwar klagte er rechtzeitig innert zehn Tagen seit der provisorischen Rechtsöffnung (Art. 83 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 83 - 1 Der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt ist, kann nach Ablauf der Zahlungsfrist, je nach der Person des Schuldners, die provisorische Pfändung verlangen oder nach Massgabe des Artikels 162 die Aufnahme des Güterverzeichnisses beantragen.
1    Der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt ist, kann nach Ablauf der Zahlungsfrist, je nach der Person des Schuldners, die provisorische Pfändung verlangen oder nach Massgabe des Artikels 162 die Aufnahme des Güterverzeichnisses beantragen.
2    Der Betriebene kann indessen innert 20 Tagen nach der Rechtsöffnung auf dem Weg des ordentlichen Prozesses beim Gericht des Betreibungsortes auf Aberkennung der Forderung klagen.161
3    Unterlässt er dies oder wird die Aberkennungsklage abgewiesen, so werden die Rechtsöffnung sowie gegebenenfalls die provisorische Pfändung definitiv.162
4    Zwischen der Erhebung und der gerichtlichen Erledigung der Aberkennungsklage steht die Frist nach Artikel 165 Absatz 2 still. Das Konkursgericht hebt indessen die Wirkungen des Güterverzeichnisses auf, wenn die Voraussetzungen zu dessen Anordnung nicht mehr gegeben sind.163
SchKG) auf Aberkennung; indessen musste er zur Verbesserung seiner unzureichenden Klageschrift aufgefordert werden und kam dieser Aufforderung am 12. März 1990 auch nach. Trotz gehöriger Vorladung erschien er an der Vorverhandlung vom 26. Juni nicht und leistete erst der unter Androhung eines Säumnisurteils ergangenen Vorladung auf den 13. September Folge. Unter diesem Datum beantragte er eine technische Expertise über den auf den angeblichen Mauerriss zurückzuführenden Minderwert, blieb aber unentschuldigt sowohl der Beweisaufnahmesitzung mit Zeugeneinvernahmen vom 29. November wie auch derjenigen vom 20. Dezember fern, worauf der Richter die beantragte Expertise ablehnte. Abwesend und auch nicht vertreten war der Kläger schliesslich an der Schlussverhandlung des Kantonsgerichts vom 4. Juni 1991.

BGE 118 II 87 S. 90

Weil angesichts dieser auf systematische Obstruktion angelegten Prozessführung auch die angestrebte Weiterführung des Verfahrens vor Bundesgericht nur rechtsmissbräuchlich sein kann, ist aufgrund von Art. 36a Abs. 2 OG auf Beschwerde und Berufung nicht einzutreten. Für diesen Entscheid hat das Bundesgericht die Beschwerde- und Berufungsvorbringen nicht einmal summarisch zu prüfen (POUDRET, a.a.O., S. 305). Denn im Gegensatz zu BGE 111 Ia 148 Nr. 26 wird für die Missbräuchlichkeit nicht auf Eingaben in anderen Verfahren und damit nicht auf ein Indiz abgestellt, das zwar gegen ein berechtigtes Interesse in einem konkret zu beurteilenden neuen Verfahren spricht, es aber nicht zwingend ausschliesst. Vorliegend ist vielmehr entscheidend, dass auch eine Gutheissung der Rechtsmittel nichts anderes zur Folge hätte als eine weitere Verzögerung des vom Kläger nur zu diesem Zweck geführten Aberkennungsprozesses.
5. Seine Rechtsmittel sind als krasser Verstoss gegen Treu und Glauben auch mutwillig im Sinne von Art. 31 Abs. 2 OG (POUDRET, a.a.O.). Der rechtskundige Vertreter des Klägers wird hiermit verwarnt und hat eine Ordnungsbusse zu gewärtigen, wenn er das Bundesgericht erneut mutwillig anrufen sollte.
Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
2. Auf die staatsrechtliche Beschwerde und auf die Berufung wird nicht eingetreten. 3. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren von Fr. 3'500.-- und die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren von Fr. 4'500.-- werden dem Beschwerdeführer/Aberkennungskläger auferlegt. 4. Der Beschwerdeführer/Aberkennungskläger hat den Beschwerdegegner/Aberkennungsbeklagten für das Beschwerdeverfahren mit Fr. 4'000.-- und für das Berufungsverfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 118 II 87
Date : 17. Februar 1992
Published : 31. Dezember 1992
Source : Bundesgericht
Status : 118 II 87
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Art. 36a Abs. 2 OG. Rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Bundesgerichts. Steht aufgrund der bisherigen Prozessführung


Legislation register
OG: 31  36a  60  92
SchKG: 83
BGE-register
111-IA-148 • 118-II-87 • 79-II-305
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
appeal relating to public law • appellee • architect • behavior • cantonal legal court • cantonal proceeding • corn • day • decision • defendant • deprivation claim • doubt • evaluation • examination • federal court • federal law on judicature • fixed day • fraud • good faith • hamlet • indication • interest • judicial agency • letter • meadow • provisionary dismissal of objection • purchase price • remedies • residual debt • statement of claim • statement of reasons for the adjudication • summary statement • unanimity • valais • witness
BBl
1985/737 • 1991/465