118 Ib 164
21. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. April 1992 i.S. X. gegen Eidgenössisches Militärdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde).
Regeste (de):
- Art. 45 Abs. 2bis
BtG, Art. 54e
BO (1); Verweigerung der Reallohnerhöhung wegen ungenügender Leistungen (negative Leistungslohnkomponente).
- 1. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 4a-c).
- 2. Leistungsbegriff nach Art. 45 Abs. 2bis
BtG (E. 4d).
- 3. Zulässigkeit und Tragweite der in Ziffer 5.7 der Wegleitung des Eidgenössischen Personalamtes vom 30. April/1. Mai 1991 vorgesehenen Unterscheidung zwischen "Nichtleisten-Wollen" und "Nichtleisten-Können" (E. 4e und 5c).
Regeste (fr):
- Art. 45 al. 2bis StF, art. 54e du Règlement des fonctionnaires (1); refus d'accorder une augmentation réelle de traitement en raison de prestations insuffisantes (Instructions relatives aux "éléments déterminant la rémunération selon les prestations").
- 1. Pouvoir de cognition du Tribunal fédéral (consid. 4a-c).
- 2. Concept de "prestations du fonctionnaire" selon l'art. 45 al. 2bis StF (consid. 4d).
- 3. Admissibilité et portée de la différenciation prévue par les Instructions de l'Office fédéral du personnel des 30 avril/1er mai 1991 à son chiffre 5.7 entre "fournir consciemment des prestations insuffisantes" et "ne pas pouvoir fournir ce qui est demandé" (consid. 4e et 5c).
Regesto (it):
- Art. 45 cpv. 2bis LOF, art. 54e RF (1); rifiuto di accordare l'aumento reale a causa di prestazioni insufficienti (Direttive concernenti "gli elementi determinanti la retribuzione in base alle prestazioni").
- 1. Cognizione del Tribunale federale (consid. 4a-c).
- 2. Nozione di prestazioni secondo l'art. 45 cpv. 2bis LOF (consid. 4d).
- 3. Ammissibilità e portata della distinzione tra "non volere fornire" e "non potere fornire" prestazioni sufficienti di cui alla cifra 5.7 delle Direttive dell'Ufficio federale del personale 30 aprile/1o maggio 1991 (consid. 4e e 5c).
Sachverhalt ab Seite 165
BGE 118 Ib 164 S. 165
X. ist am 1. September 1970 als Spengler in den Bundesdienst eingetreten; 1975 wurde er zum Handwerksmeister in der 12. Besoldungsklasse befördert. Am 24. Juni 1991 verweigerte ihm das Eidgenössische Militärdepartement die generelle reale Besoldungserhöhung von 3% auf 1. Juli 1991. Das Bundesgericht heisst eine gegen diesen Entscheid gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut und weist die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurück
Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
3. a) Die Verweigerung der realen Besoldungserhöhung beruht auf dem am 23. Juni 1988 in das Beamtengesetz vom 30. Juni 1927 (BtG; SR 172.221.10) eingefügten Art. 45 Abs. 2bis, der wie folgt lautet: "Bei der Gewährung einer realen Erhöhung der Beträge nach Artikel 36 sowie von ordentlichen und ausserordentlichen Besoldungserhöhungen nach den Artikeln 40 und 41 ist die Leistung des Beamten angemessen zu berücksichtigen."
b) Nach Art. 54e der Beamtenordnung (1) vom 10. November 1959 (BO [1]; SR 172.221.101) werden die reale Erhöhung der Beträge nach Art. 36
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BGE 118 Ib 164 S. 166
schriftlich unter Angabe der Gründe und des Rechtsmittels (Abs. 3). Mit dem Entscheid wird die ganze reale oder ordentliche Besoldungserhöhung verweigert (Abs. 4); jede weitere Nichtgewährung muss neu verfügt werden (Abs. 5). c) Das Eidgenössische Personalamt hat am 30. April/1. Mai 1991 eine Wegleitung erlassen, wie diese sogenannte "negative Leistungslohnkomponente" in der Praxis zu realisieren ist. Dabei handelt es sich zwar nur um eine verwaltungsinterne Richtlinie und somit nicht um Bundesrecht im Sinne von Art. 104 lit. a
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4. a) Art. 45 Abs. 2bis
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Mit der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs, wonach die Leistung des Beamten "angemessen" zu berücksichtigen sei, räumte der Gesetzgeber dem Bundesrat und der Bundesverwaltung einen erheblichen Beurteilungsspielraum ein, welcher das Bundesgericht bindet. Es darf sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle jenes dieser Behörden setzen, sondern muss sich auf die Prüfung beschränken, ob die Verordnung den Rahmen des im Gesetz eingeräumten Ermessens offensichtlich sprengt oder aus anderen Gründen gesetzes- oder verfassungswidrig ist; nur in diesem Fall rechtfertigt es sich auch, von den Richtlinien des Eidgenössischen Personalamtes abzuweichen. b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Beamter ungenügende Leistungen erbringt, ist in allererster Linie Sache der unmittelbaren Vorgesetzten, die dessen tägliche Arbeit am zuverlässigsten einschätzen können (vgl. BGE 108 Ib 421 E. 2b). Auch wenn das Bundesgericht den Sachverhalt im vorliegenden Fall von Amtes wegen feststellen kann (Art. 105 Abs. 1
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BGE 118 Ib 164 S. 167
Einschätzung als sachlich unhaltbar erweist (vgl. BGE 108 Ib 421 E. 2b, 103 Ib 323, BGE 99 Ib 237 E. 3). c) Ob die Leistungen eines Beamten qualitativ und quantitativ den Erwartungen entsprechen, kann nicht anhand eines bestimmten und leicht fassbaren Kriteriums geprüft werden. Wegen der Vielfalt der im Bundesdienst zu stellenden Anforderungen bestehen keine einheitlichen Beurteilungsschemata für alle Bediensteten. Die Bewertung soll aber in jedem Fall - auch wenn eine Qualifikation nie völlig frei von persönlichen Einschätzungen des Vorgesetzten bleibt - möglichst objektiv erfolgen. Sinnvollerweise knüpft sie deshalb an die Umschreibung der Funktionen im Pflichtenheft und die periodische Personalbeurteilung nach Art. 51 Abs. 3
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d) Der Begriff der "Leistung" ist nach den Richtlinien des Eidgenössischen Personalamtes weit zu verstehen: Neben Quantität und Qualität habe er auch das Verhalten am Arbeitsplatz zum Inhalt. Über den Ausstoss (output) hinaus seien generell das leistungsbezogene Verhalten sowie die Art und Weise der Zusammenarbeit mitumfasst. Unter den Begriff falle jenes Verhalten, welches die Leistung gegenüber Kunden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wesentlich beeinflusse. Wer zwar eine grosse Produktion ausweise, im übrigen aber am Arbeitsplatz Unzufriedenheit auslöse und die "Kundschaft" verärgere, riskiere eine negative Verfügung (Ziff. 6). Diese Auslegung des Leistungsbegriffs ist nicht zu beanstanden. Sie ergibt sich konsequenterweise aus den beamtenrechtlichen Pflichten. Nach Art. 21 Abs. 1
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BGE 118 Ib 164 S. 168
was sie beeinträchtigt (Art. 22
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5. Anhand dieser Überlegungen ist im konkreten Fall zu prüfen, ob die Leistungen des Beschwerdeführers objektiv ungenügend waren und, falls die Frage bejaht wird, ob dies auf mangelnden Leistungswillen zurückzuführen ist. (E. 5a und b: Das Bundesgericht bejaht aufgrund der Qualifikationen durch die Vorgesetzten das objektive Ungenügen der Leistungen des Beschwerdeführers in der massgebenden Zeitperiode.) c) Nach Ziffer 5.7 der Wegleitung des Eidgenössischen Personalamtes zielen die Massnahmen gemäss Art. 45 Abs. 2bis
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BGE 118 Ib 164 S. 169
Der Beschwerdeführer hat wiederholt die ungenügende Leistung mit seiner angeblich angeschlagenen Gesundheit begründet. In seiner Stellungnahme zuhanden des Militärdepartementes wies er darauf hin, dass er unter Depressionen leide. Nach dem Qualifikationsgespräch mit seinem Vorgesetzten habe er erneut ärztlich behandelt werden müssen. Bereits bei den einzelnen rapportierten Beanstandungen begründete er sein Fehlverhalten mit gesundheitlichen Problemen. Diese anerkennt das Bundesamt, wenn es den Beschwerdeführer als "zugegebenermassen psychisch angeschlagen" bezeichnet.
Weil nach der Wegleitung des Personalamtes die Frage rechtserheblich ist, ob der Beschwerdeführer keine genügenden Leistungen erbringt, weil er nicht leisten will oder aber aus gesundheitlichen Gründen dies an seiner Arbeitsstelle nicht tun kann, hätte das Departement auf die entsprechenden Vorbringen eingehen und - nötigenfalls unter Beizug des verwaltungsärztlichen Dienstes - weitere Abklärungen treffen müssen. Der Sachverhalt erweist sich in diesem Punkt als ungenügend abgeklärt, zudem hat die Vorinstanz ihr Ermessen überschritten, wenn sie dem Beschwerdeführer die Reallohnerhöhung verweigerte, ohne die Frage eines krankheitsbedingten Leistungsrückgangs zu prüfen. Der angefochtene Entscheid ist deshalb aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 114 Abs. 2
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