118 Ia 336
46. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. September 1992 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen und Kantonsgericht St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Interkantonale Rechtshilfe in Strafsachen; Zuständigkeit zur Beurteilung eines Schadenersatzbegehrens wegen ungerechtfertigter oder unverschuldeter Untersuchungshaft. Art. 352 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981539 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981539 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL. 2 Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG540.541 3 Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht. SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 355
- 1. Werden strafprozessuale Zwangsmassnahmen aufgrund eines interkantonalen Rechtshilfeersuchens vollzogen, so ist derjenige Kanton, welcher für die Anordnung der Zwangsmassnahmen verantwortlich ist (d.h. in der Regel der ersuchende Kanton), berechtigt und verpflichtet, über eine allfällige Entschädigung zu entscheiden und diese gegebenenfalls zu bezahlen (E. 1).
- 2. Ist es zwar fraglich, aber nicht offensichtlich unzutreffend, dass der ersuchende Kanton zur Anordnung der Untersuchungshaft zuständig ist, so sind weder der Haftbefehl noch das darauf gestützte Rechtshilfebegehren nichtig (E. 2).
Regeste (fr):
- Entraide intercantonale en matière pénale; compétence pour statuer sur une requête de réparation du dommage résultant d'une détention injustifiée. Art. 352 al. 1 et art. 355 al. 2 CP.
- 1. Lorsque des mesures de contrainte sont exécutées sur la base d'une requête d'entraide judiciaire intercantonale en matière pénale, c'est le canton requérant qui est en principe compétent pour décider si une indemnité est due; c'est à lui qu'il appartient en général de la payer (consid. 1).
- 2. Le mandat d'arrêt et la demande d'entraide qui se fonde sur lui ne sont pas nuls du seul fait que la compétence du canton requérant est douteuse, pour autant qu'elle ne soit pas manifestement exclue (consid. 2).
Regesto (it):
- Assistenza giudiziaria intercantonale in materia penale; competenza per statuire in merito ad una richiesta di risarcimento a seguito di una detenzione ingiustificata. Art 352 cpv. 1 e art. 355 cpv. 2 CP.
- 1. Quando misure coercitive sono eseguite in seguito ad una richiesta di assistenza giudiziaria intercantonale in materia penale, il Cantone richiedente è in principio competente per decidere se è dovuto un risarcimento ed è tenuto, se è il caso, a pagarlo (consid. 1).
- 2. Il mandato di arresto e la domanda di assistenza giudiziaria su cui esso si fonda non sono nulli per il semplice fatto che la competenza del cantone richiedente sia dubbia, sempre che essa non sia manifestamente esclusa (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 337
BGE 118 Ia 336 S. 337
In den Jahren 1981 bis 1989 führten die Untersuchungsbehörden des Sottoceneri in Lugano in zwei Fällen Strafuntersuchungen gegen S., welcher in St. Gallen wohnte. Am 13. Januar 1984 erliess die Untersuchungsrichterin der Giurisdizione sottocenerina gegen S. einen Haftbefehl. Mit einem Rechtshilfebegehren wurde der Untersuchungsrichter für Wirtschaftsdelikte des Kantons St. Gallen ersucht, den Haftbefehl zu vollziehen und den Verhafteten in den Kanton Tessin zu überstellen. Am 17. Januar 1984 wurde S. in St. Gallen verhaftet und unverzüglich in den Kanton Tessin überführt, wo er bis zum 17. Mai 1984 in Untersuchungshaft blieb. Am 31. Oktober 1984 sprach die Corte delle Assise criminali in Lugano S. in einem der beiden Verfahren frei. Das andere Strafverfahren wurde am 12. Juli 1989 vom Procuratore pubblico della Giurisdizione sottocenerina eingestellt. Am 29. Juni 1990 reichte S. bei der Anklagekammer des Kantons St. Gallen ein Begehren um Haftentschädigung ein. Die Anklagekammer wies das Begehren am 26. September 1991 ab. S. zog den Entscheid der Anklagekammer an die Strafkammer des Kantonsgerichts weiter. Diese bestätigte mit Urteil vom 5. Mai 1992 den Entscheid der Anklagekammer. Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 22. Juni 1992 stellte S. den Antrag, das Urteil der Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen vom 5. Mai 1992 sei aufzuheben und die Sache zur Festsetzung der Entschädigungshöhe an die Anklagekammer zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer rügt als Verletzung von Art. 5 Ziff. 5
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden: |
|
a | rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht; |
b | rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung; |
c | rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern; |
d | rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde; |
e | rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern; |
f | rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist. |
BGE 118 Ia 336 S. 338
Verhaftung und die danach im Kanton Tessin ausgestandene Untersuchungshaft zugesprochen hatte. a) Nach Art. 5 Ziff. 5
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden: |
|
a | rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht; |
b | rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung; |
c | rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern; |
d | rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde; |
e | rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern; |
f | rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden: |
|
a | rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht; |
b | rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung; |
c | rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern; |
d | rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde; |
e | rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern; |
f | rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist. |
Ungesetzlicher oder unverschuldeter Freiheitsentzug gibt dem Betroffenen gegenüber dem Staat Anspruch auf Schadenersatz und, wenn die Umstände es rechtfertigen, auf Genugtuung. ...
Während nach Art. 5 Ziff. 5
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden: |
|
a | rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht; |
b | rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung; |
c | rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern; |
d | rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde; |
e | rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern; |
f | rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist. |
b) Die Kantone sind gemäss Art. 352 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981539 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL. |
|
1 | Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981539 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL. |
2 | Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG540.541 |
3 | Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 355 |
BGE 118 Ia 336 S. 339
Begriff der Rechtshilfe, wie Art. 352
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981539 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL. |
|
1 | Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981539 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL. |
2 | Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG540.541 |
3 | Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen. |
|
1 | Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen. |
2 | Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist. |
3 | Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln. |
4 | Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen. |
|
1 | Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen. |
2 | Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist. |
3 | Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln. |
4 | Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 355 |
BGE 118 Ia 336 S. 340
Es liegt vielmehr nahe, dass der für die Anordnung von Zwangsmassnahmen verantwortliche Kanton entscheidet, ob und inwieweit für deren allfällige nachteilige Folgen nach seinem eigenen Recht eine Entschädigung zu zahlen sei. Der Kanton, dessen Behörden Zwangsmassnahmen anordneten, hat nach Massgabe seines Rechts die allfällige Entschädigung zu bezahlen und darf und muss daher auch darüber befinden. In dieser Beziehung besteht kein Unterschied zur Verantwortlichkeit für rechtswidrige Schädigung (BGE 108 Ia 17, mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer aufgrund eines Haftbefehls verhaftet worden, welcher von einer Untersuchungsrichterin im Kanton Tessin ausgestellt worden ist. Die Untersuchungshaft wurde anschliessend im Kanton Tessin vollzogen. Deshalb ist der Kanton Tessin für die Massnahme verantwortlich, und der Beschwerdeführer hätte sein Begehren um Schadenersatz in diesem Kanton stellen müssen.
2. Der Beschwerdeführer führt weiter aus, der von der Untersuchungsrichterin der Giurisdizione sottocenerina ausgestellte Haftbefehl sei überhaupt nichtig gewesen, und die St. Galler Behörden hätten den Befehl deshalb gar nicht vollstrecken dürfen. Sie hätten nämlich auf den ersten Blick erkennen können, dass der Kanton Tessin nicht zuständig gewesen sei, die Strafuntersuchung zu führen. Der Kanton St. Gallen sei auch deshalb schadenersatzpflichtig geworden, weil er den nichtigen Haftbefehl vollzogen habe.
a) Nichtigen Verwaltungsverfügungen und damit auch einem nichtigen Haftbefehl geht jede Verbindlichkeit und Rechtswirksamkeit ab. Die Nichtigkeit ist jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von Amtes wegen zu beachten (BGE 116 Ia 217 E. 2a, mit Hinweis). Nichtigkeit einer Verfügung wird indessen nur angenommen, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn er offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird (BGE 116 Ia 219 E. c, mit Hinweis). Als Nichtigkeitsgründe fallen hauptsächlich schwerwiegende Verfahrensfehler sowie die Unzuständigkeit der verfügenden Behörde in Betracht; dagegen haben inhaltliche Mängel nur in seltenen Ausnahmefällen die Nichtigkeit einer Verfügung zur Folge (BGE 104 Ia 117 E. 2c, mit Hinweis). b) Es trifft zwar zu, dass die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen sich mit Schreiben vom 13. Juli 1983 für das erste Strafverfahren (dasjenige, welches später eingestellt wurde) zuständig
BGE 118 Ia 336 S. 341
erklärt hatte. Dennoch stand im Januar 1984, als der Haftbefehl der Untersuchungsrichterin aus dem Kanton Tessin in St. Gallen eintraf, keineswegs fest, dass die Tessiner Behörden für die Strafuntersuchung nicht zuständig wären. Nach Art. 350 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr. |
|
1 | Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr. |
2 | Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 157 - 1. Wer die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt, die zur Leistung wirtschaftlich in einem offenbaren Missverhältnis stehen, |
|
1 | Wer die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt, die zur Leistung wirtschaftlich in einem offenbaren Missverhältnis stehen, |
2 | Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.218 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 148 - 1 Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
|
1 | Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.208 |