117 Ia 5
2. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. Mai 1991 i.S. K. gegen Bezirksanwaltschaft Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Lässt das Prozessrecht des ersuchten Kantons ein Rechtsmittel gegen jede Rechtshilfeverfügung der Strafverfolgungsbehörde in vollem Umfang zu, so bedeutet es eine mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör unvereinbare Einschränkung der Prüfungsbefugnis, wenn die Rechtsmittelinstanz nur jene Rügen prüft, welche die formelle Zulässigkeit der verlangten Rechtshilfehandlung betreffen.
Regeste (fr):
- Art. 4 Cst. Droit d'être entendu; entraide intercantonale en matière pénale.
- Si le droit de procédure du canton requis prévoit sans restriction un moyen de droit contre toute décision de l'autorité de poursuite pénale en matière d'entraide, l'autorité de recours limite son pouvoir d'examen d'une façon incompatible avec le droit d'être entendu lorsqu'elle ne se saisit que des griefs relatifs à la régularité formelle de l'acte d'entraide concerné.
Regesto (it):
- Art. 4 Cost., diritto di essere sentito; assistenza giudiziaria intercantonale in materia penale.
- Se il diritto di procedura del cantone richiesto prevede senza restrizione un rimedio giuridico contro qualsiasi decisione in materia di assistenza giudiziaria, emanata dall'autorità competente per l'esercizio dell'azione penale, l'autorità di ricorso limita il proprio potere di esame in modo incompatibile con il diritto di essere sentito ove esamini soltanto le censure concernenti l'ammissibilità formale dell'atto di assistenza richiesto.
Sachverhalt ab Seite 6
BGE 117 Ia 5 S. 6
Der Untersuchungsrichter des Bezirkes Lausanne führt gegen P. eine Strafuntersuchung wegen Veruntreuung. Dem Angeschuldigten wird zur Last gelegt, er habe in den Jahren 1986-1989, als er bei einer Bank in Lausanne angestellt war, von einem bei dieser Bank bestehenden Konto des A. Gelder abdisponiert und einen Teil davon auf zwei Bankkonten in Zürich geleitet. Am 12. Oktober 1990 ersuchte der waadtländische Untersuchungsrichter die Bezirksanwaltschaft Zürich, bei zwei Banken in Zürich Abklärungen über die betreffenden Konten zu machen, die sachdienlichen Unterlagen vorzulegen und allfällige Guthaben zu sperren. Mit Verfügung vom 17. Oktober 1990 entsprach die Bezirksanwaltschaft dem Rechtshilfeersuchen. K., Inhaber eines von der Sperre betroffenen Kontos, legte am 5. November 1990 gegen die Rechtshilfeleistung Rekurs bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich ein. Diese wies den Rekurs mit Entscheid vom 4. Februar 1991 ab. Gegen den Rekursentscheid der Staatsanwaltschaft erhob K. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer kritisiert den angefochtenen Entscheid sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht. Er macht zunächst geltend, die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich habe im Rekursverfahren ihre Prüfungsbefugnis in unzulässiger Weise eingeschränkt und dadurch den ihm aufgrund von Art. 4
BGE 117 Ia 5 S. 7
BV zustehenden Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Im weiteren führt er aus, die kantonale Instanz habe "durch unzulässige Sperre aller Konti" den durch Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
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BGE 117 Ia 5 S. 8
Ausführung hiesiges Verfahrensrecht verletzt". Falls "die Begründetheit des Requisitorials an sich" angefochten werden sollte, sei "die ersuchende Behörde anzugehen". Die Staatsanwaltschaft hielt bei der Behandlung des vom Beschwerdeführer gegen die erwähnte Verfügung der Bezirksanwaltschaft eingereichten Rekurses fest, Art. 352 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981537 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL. |
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1 | Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981537 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL. |
2 | Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG538.539 |
3 | Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981537 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL. |
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1 | Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981537 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL. |
2 | Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG538.539 |
3 | Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht. |
BGE 117 Ia 5 S. 9
Urteil BGE 86 IV 140 sowie - in der Beschwerdeantwort - zudem auf das zur Publikation bestimmte Urteil des Bundesgerichts vom 8. März 1991 i.S. U. C. Aus der genannten Vorschrift des Strafgesetzbuches und den beiden bundesgerichtlichen Urteilen ergibt sich jedoch nicht, dass nach zürcherischem Recht die Rekursmöglichkeit gegen jene Verfügungen der Bezirksanwaltschaften, die rechtshilfeweise ergehen, eingeschränkt wäre. Gemäss § 402 Ziff. 1 StPO/ZH ist der Rekurs gegen alle Verfügungen der Bezirksanwaltschaften zulässig, und es können mit diesem Rechtsmittel in solchen Fällen alle Mängel des Entscheids gerügt werden (MEILI, a.a.O., S. 5 und 155 ff.). Ist aber ein Rekurs gegen jede Rechtshilfeverfügung der Bezirksanwaltschaft in vollem Umfang zulässig, so lässt es sich sachlich nicht vertreten, wenn die Staatsanwaltschaft annimmt, bei der interkantonalen Rechtshilfe sei eine Verfügung der Bezirksanwaltschaft nur beschränkt mit einem Rekurs anfechtbar, nämlich nur hinsichtlich der formellen Zulässigkeit der verlangten Massnahme. Im gleichen Sinne hat das Bundesgericht in zwei Fällen, die ebenfalls eine interkantonale Rechtshilfeangelegenheit betrafen, die Auffassung der Rechtsmittelinstanzen der ersuchten Kantone, welche die Beschwerde- bzw. Weiterziehungsmöglichkeit gegen eine Rechtshilfeverfügung trotz Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Einschränkung nur in bezug auf den Vollzug der verlangten Massnahme zulassen wollten, als verfassungswidrig erklärt (unveröffentlichte Urteile vom 6. Oktober 1988 i.S. D. und vom 18. November 1987 i.S. Firma U. und Mitbeteiligte). Ferner ergibt sich aus zwei weiteren bundesgerichtlichen Entscheiden, dass dort, wo das Prozessrecht des ersuchten Kantons gegen Verfügungen der Strafverfolgungsbehörden allgemein ein Rechtsmittel einräumt, dieses auch dann uneingeschränkt ergriffen werden kann, wenn die Verfügung in einem interkantonalen Rechtshilfeverfahren ergangen ist (BGE 105 Ib 211 ff. sowie das nicht publizierte Urteil vom 22. April 1988 i.S. M.).
Nach dem Gesagten konnte im hier zu beurteilenden Fall der Beschwerdeführer im Rekursverfahren gegen die von der Bezirksanwaltschaft Zürich auf Ersuchen des Untersuchungsrichters von Lausanne angeordnete Kontensperre sämtliche Rügen vorbringen. Er konnte somit - was er auch getan hat - geltend machen, dem Rechtshilfebegehren hätte deshalb nicht entsprochen werden dürfen, weil der vom Waadtländer Untersuchungsrichter behauptete Verdacht, dass die auf den gesperrten Konten befindlichen Gelder
BGE 117 Ia 5 S. 10
etwas mit den P. zur Last gelegten Handlungen zu tun hätten, jeder Grundlage entbehre, die verlangte Massnahme zudem nicht notwendig und unverhältnismässig sei. Ob diese Rügen, welche die materielle Zulässigkeit der verfügten Rechtshilfehandlung betreffen, stichhaltig seien, hätte die Staatsanwaltschaft prüfen müssen. Indem die Staatsanwaltschaft es unterliess, die erwähnten Einwände des Beschwerdeführers zu behandeln, hat sie ihre Prüfungsbefugnis in sachlich nicht vertretbarer Weise eingeschränkt und dadurch den aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |