117 V 282
38. Auszug aus dem Urteil vom 6. Dezember 1991 i.S. W. gegen Ausgleichskasse des Schreiner-, Möbel- und Holzgewerbes und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 69 Allgemeines - 1 Die IV-Stelle prüft, nötigenfalls unter Mitwirkung der gemäss Artikel 44 zuständigen Ausgleichskasse, die versicherungsmässigen Voraussetzungen.
1 Die IV-Stelle prüft, nötigenfalls unter Mitwirkung der gemäss Artikel 44 zuständigen Ausgleichskasse, die versicherungsmässigen Voraussetzungen. 2 Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so beschafft die IV-Stelle die erforderlichen Unterlagen, insbesondere über den Gesundheitszustand, die Tätigkeit, die Arbeits- und Eingliederungsfähigkeit des Versicherten sowie die Zweckmässigkeit bestimmter Eingliederungsmassnahmen. Zu diesem Zwecke können Berichte und Auskünfte verlangt, Gutachten eingeholt, Abklärungen an Ort und Stelle vorgenommen sowie Spezialisten der öffentlichen oder privaten Invalidenhilfe beigezogen werden. ...296 3 Die IV-Stellen können die Versicherten zu einer Besprechung aufbieten. Der Besprechungstermin ist innert angemessener Frist mitzuteilen.297 4 ...298 SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 12 - Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bedient sich nötigenfalls folgender Beweismittel:
a Urkunden; b Auskünfte der Parteien; c Auskünfte oder Zeugnis von Drittpersonen; d Augenschein; e Gutachten von Sachverständigen. SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 49 - Der Richter kann von Amtsstellen und ausnahmsweise auch von Privatpersonen schriftliche Auskunft einziehen. Er befindet nach freiem Ermessen, ob sie zum Beweise tauglich ist oder der Bekräftigung durch gerichtliches Zeugnis bedarf.
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 19 - Auf das Beweisverfahren finden ergänzend die Artikel 37, 39-41 und 43-61 BZP50 sinngemäss Anwendung; an die Stelle der Straffolgen, die die BZP gegen säumige Parteien oder Dritte vorsieht, tritt die Straffolge nach Artikel 60 dieses Gesetzes.
Regeste (fr):
- Art. 4 Cst., art. 69 al. 2, deuxième phrase, RAI, art. 12 let. c PA, art. 49 PCF en corrélation avec l'art. 19 PA: Principes en matière d'administration des preuves, en particulier en cas de demande de renseignements par la commission de l'assurance-invalidité.
Regesto (it):
- Art. 4 Cost., art. 69 cpv. 2, seconda frase, OAI, art. 12 lett. c PA, art. 49 PCF in relazione con l'art. 19 PA: Principi in tema di amministrazione delle prove, particolarmente nel caso di richiesta di informazioni da parte della commissione dell'assicurazione per l'invalidità.
BGE 117 V 282 S. 282
Aus den Erwägungen:
4. a) Das sozialversicherungsrechtliche Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Danach haben Verwaltung und Sozialversicherungsrichter von sich aus für die richtige und vollständige Abklärung des Sachverhaltes zu sorgen. Dieser Grundsatz gilt
BGE 117 V 282 S. 283
indessen nicht uneingeschränkt. Die behördliche und richterliche Abklärungspflicht umfasst nicht unbesehen alles, was von einer Partei behauptet oder verlangt wird. Vielmehr bezieht sie sich nur auf den im Rahmen des streitigen Rechtsverhältnisses (Streitgegenstand) rechtserheblichen Sachverhalt. Rechtserheblich sind alle Tatsachen, von deren Vorliegen es abhängt, ob über den streitigen Anspruch so oder anders zu entscheiden ist (GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 43 und 273). In diesem Rahmen haben Verwaltungsbehörden und Sozialversicherungsrichter zusätzliche Abklärungen stets vorzunehmen oder zu veranlassen, wenn hiezu aufgrund der Parteivorbringen oder anderer sich aus den Akten ergebenden Anhaltspunkte hinreichender Anlass besteht (BGE 110 V 52 f. Erw. 4a mit Hinweisen). Der Untersuchungsgrundsatz als an Verwaltungsbehörden und Sozialversicherungsrichter gerichteter Verfahrensgrundsatz wird ergänzt durch die im Anspruch auf rechtliches Gehör enthaltenen Parteirechte auf Teilnahme am Verfahren und auf Einflussnahme auf den Prozess der Entscheidfindung. Der aus Art. 4 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV) IVV Art. 69 Allgemeines - 1 Die IV-Stelle prüft, nötigenfalls unter Mitwirkung der gemäss Artikel 44 zuständigen Ausgleichskasse, die versicherungsmässigen Voraussetzungen. |
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1 | Die IV-Stelle prüft, nötigenfalls unter Mitwirkung der gemäss Artikel 44 zuständigen Ausgleichskasse, die versicherungsmässigen Voraussetzungen. |
2 | Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so beschafft die IV-Stelle die erforderlichen Unterlagen, insbesondere über den Gesundheitszustand, die Tätigkeit, die Arbeits- und Eingliederungsfähigkeit des Versicherten sowie die Zweckmässigkeit bestimmter Eingliederungsmassnahmen. Zu diesem Zwecke können Berichte und Auskünfte verlangt, Gutachten eingeholt, Abklärungen an Ort und Stelle vorgenommen sowie Spezialisten der öffentlichen oder privaten Invalidenhilfe beigezogen werden. ...296 |
3 | Die IV-Stellen können die Versicherten zu einer Besprechung aufbieten. Der Besprechungstermin ist innert angemessener Frist mitzuteilen.297 |
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BGE 117 V 282 S. 284
rechtserheblichen Sachverhaltes Berichte und Auskünfte einverlangen, Gutachten einholen und Abklärungen an Ort und Stelle treffen. Diese Bestimmung enthält im Gegensatz zur Beweisordnung des - vorliegend nicht direkt anwendbaren - VwVG keine Formerfordernisse u.a. für die Einholung von Auskünften. Das VwVG sieht diesbezüglich in Art. 12 lit. c namentlich Auskünfte von Drittpersonen zwar vor, verweist zudem aber ergänzend auf das Beweisrecht des Bundesgesetzes über den Bundeszivilprozess (Art. 19
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 19 - Auf das Beweisverfahren finden ergänzend die Artikel 37, 39-41 und 43-61 BZP50 sinngemäss Anwendung; an die Stelle der Straffolgen, die die BZP gegen säumige Parteien oder Dritte vorsieht, tritt die Straffolge nach Artikel 60 dieses Gesetzes. |
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess BZP Art. 49 - Der Richter kann von Amtsstellen und ausnahmsweise auch von Privatpersonen schriftliche Auskunft einziehen. Er befindet nach freiem Ermessen, ob sie zum Beweise tauglich ist oder der Bekräftigung durch gerichtliches Zeugnis bedarf. |
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV) IVV Art. 69 Allgemeines - 1 Die IV-Stelle prüft, nötigenfalls unter Mitwirkung der gemäss Artikel 44 zuständigen Ausgleichskasse, die versicherungsmässigen Voraussetzungen. |
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1 | Die IV-Stelle prüft, nötigenfalls unter Mitwirkung der gemäss Artikel 44 zuständigen Ausgleichskasse, die versicherungsmässigen Voraussetzungen. |
2 | Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so beschafft die IV-Stelle die erforderlichen Unterlagen, insbesondere über den Gesundheitszustand, die Tätigkeit, die Arbeits- und Eingliederungsfähigkeit des Versicherten sowie die Zweckmässigkeit bestimmter Eingliederungsmassnahmen. Zu diesem Zwecke können Berichte und Auskünfte verlangt, Gutachten eingeholt, Abklärungen an Ort und Stelle vorgenommen sowie Spezialisten der öffentlichen oder privaten Invalidenhilfe beigezogen werden. ...296 |
3 | Die IV-Stellen können die Versicherten zu einer Besprechung aufbieten. Der Besprechungstermin ist innert angemessener Frist mitzuteilen.297 |
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BGE 117 V 282 S. 285
verfassungsrechtlichen Gehörsanspruch fliessenden minimalen Verfahrensgarantien entgegen, die eine Beweisabnahme über einen für die Entscheidung wesentlichen Punkt ohne jede Einfluss- und Mitwirkungsmöglichkeit des Betroffenen verbieten, mag sich diese je nach den im Einzelfall auf dem Spiele stehenden Interessen auch auf eine nachträgliche Stellungnahme beschränken. Zum gleichen Schluss führt eine Auslegung von Art. 69 Abs. 1
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV) IVV Art. 69 Allgemeines - 1 Die IV-Stelle prüft, nötigenfalls unter Mitwirkung der gemäss Artikel 44 zuständigen Ausgleichskasse, die versicherungsmässigen Voraussetzungen. |
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1 | Die IV-Stelle prüft, nötigenfalls unter Mitwirkung der gemäss Artikel 44 zuständigen Ausgleichskasse, die versicherungsmässigen Voraussetzungen. |
2 | Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so beschafft die IV-Stelle die erforderlichen Unterlagen, insbesondere über den Gesundheitszustand, die Tätigkeit, die Arbeits- und Eingliederungsfähigkeit des Versicherten sowie die Zweckmässigkeit bestimmter Eingliederungsmassnahmen. Zu diesem Zwecke können Berichte und Auskünfte verlangt, Gutachten eingeholt, Abklärungen an Ort und Stelle vorgenommen sowie Spezialisten der öffentlichen oder privaten Invalidenhilfe beigezogen werden. ...296 |
3 | Die IV-Stellen können die Versicherten zu einer Besprechung aufbieten. Der Besprechungstermin ist innert angemessener Frist mitzuteilen.297 |
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BGE 117 V 282 S. 286
ihnen vorgängig Einblick in die Akten zu gewähren und die Einvernahme in der Regel ebenfalls in Anwesenheit des Betroffenen durchzuführen, damit dieser Ergänzungsfragen stellen und Einwendungen erheben kann (BGE 101 Ib 276; KÖLZ, a.a.O., § 7, N. 22).
5. a) Im vorliegenden Fall hat die Verwaltung in Befolgung des Untersuchungsgrundsatzes zu Recht ergänzende Abklärungen über den Anteil der betriebsleitenden Funktionen des Beschwerdeführers für notwendig befunden. Die dabei vorgenommenen Beweiserhebungen betrafen somit einen wesentlichen Punkt bei der Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes, und die Invalidenversicherungs-Kommission hat denn auch entscheidend auf die entsprechende Auskunft des Präsidenten des Kantonalen Schreinermeister-Verbandes vom 23. März 1989 abgestellt. Indessen hätte die Verwaltung nach Massgabe der dargelegten Grundsätze über die Beweiserhebungen (Erw. 4c in fine) vorgehen müssen. Es ging angesichts der entscheidenden Bedeutung dieser abzuklärenden Punkte nicht an, dass man es insofern bei bloss mündlichen Auskünften bewenden liess, die zudem lediglich telefonisch eingeholt wurden. Vielmehr wäre nur die Form einer schriftlichen Anfrage und Antwort oder - wenn die Verwaltung von einer schriftlichen Erkundigung absehen wollte - einer förmlichen Einvernahme des als Sachverständigen zu qualifizierenden Verbandspräsidenten unter vorgängiger Gewährung der Akteneinsicht in Betracht gekommen, wobei diesfalls dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Teilnahme an der Beweiserhebung hätte gegeben werden müssen. Stichhaltige Gründe, die einem solchen Vorgehen entgegenstünden, lagen nicht vor. b) Der angefochtenen Verfügung und dem vorinstanzlichen Entscheid liegt somit eine Sachverhaltsfeststellung in einem wesentlichen Punkt zugrunde, die mittels einer unzulässigen Beweisabnahme erfolgt ist. Die angefochtene Verfügung und der kantonale Entscheid sind deshalb aufzuheben, ohne dass es darauf ankäme, ob Aussicht besteht, dass nach einem korrekt durchgeführten Beweisverfahren und nach Anhörung des Beschwerdeführers anders entschieden würde (BGE 112 Ia 7 Erw. 2c in fine und BGE 105 Ia 51 Erw. 2c in fine; vgl. auch BGE 116 V 185 Erw. 1b, je mit Hinweisen).