117 V 194
23. Auszug aus dem Urteil vom 22. August 1991 i.S. M. gegen Ausgleichskasse Schweizer Wirteverband und Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel
Regeste (de):
- Art. 28 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die: a ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können; b während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG205) gewesen sind; und c nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind. 1bis Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.206 2 ...207 SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV)
IVV Art. 27 - 1 Als Aufgabenbereich nach Artikel 7 Absatz 2 IVG der im Haushalt tätigen Versicherten gilt die übliche Tätigkeit im Haushalt sowie die Pflege und Betreuung von Angehörigen.
1 Als Aufgabenbereich nach Artikel 7 Absatz 2 IVG der im Haushalt tätigen Versicherten gilt die übliche Tätigkeit im Haushalt sowie die Pflege und Betreuung von Angehörigen. 2 ...171 SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 163 - 1 Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie.
1 Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. 2 Sie verständigen sich über den Beitrag, den jeder von ihnen leistet, namentlich durch Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder oder durch Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des andern. 3 Dabei berücksichtigen sie die Bedürfnisse der ehelichen Gemeinschaft und ihre persönlichen Umstände. - - für die Beweiswürdigung nach Erfahrungssätzen;
- - für die Mitberücksichtigung des eherechtlichen Anspruches der Ehefrau auf Änderung der bisherigen Aufgabenverteilung.
Regeste (fr):
- Art. 28 al. 2 et al. 3 LAI en relation avec les art. 27 s. RAI; art. 4 al. 2, première phrase, Cst., art. 163 CC: Choix de la méthode d'évaluation de l'invalidité. Principes applicables quand il s'agit de savoir si un assuré doit être considéré comme exerçant une activité lucrative à temps complet, une activité lucrative à temps partiel ou comme personne sans activité lucrative:
- - lors de l'appréciation des preuves selon le critère de l'expérience générale de la vie;
- - lors de l'examen de la prétention légale de l'épouse à exiger une modification de la répartition des tâches.
Regesto (it):
- Art. 28 cpv. 2 e cpv. 3 LAI in relazione con gli art. 27 segg. OAI; art. 4 cpv. 2, prima frase, Cost., art. 163 CC: Scelta del metodo di graduazione dell'invalidità. Principi determinanti per stabilire se un assicurato debba essere ritenuto esercitare un'attività lucrativa a tempo pieno, a tempo parziale o quale persona senza attività lucrativa:
- - nell'apprezzamento delle prove secondo il criterio dell'esperienza generale della vita;
- - esaminando la pretesa legale della moglie ad una modificazione della ripartizione dei compiti.
Erwägungen ab Seite 194
BGE 117 V 194 S. 194
Aus den Erwägungen:
3. b) Ob ein Versicherter als ganztägig oder zeitweilig Erwerbstätiger oder als Nichterwerbstätiger einzustufen sei - was je zur Anwendung einer andern Methode der Invaliditätsbemessung
BGE 117 V 194 S. 195
(Einkommensvergleich, gemischte Methode, Betätigungsvergleich) Anlass geben würde -, ergibt sich aus der Prüfung, was der Versicherte - bei den im übrigen unveränderten gegebenen Umständen - täte, wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung bestünde (BGE 104 V 150, BGE 98 V 264 Erw. 1 und 268 Erw. 1c). Diese Frage beurteilt sich praxisgemäss nach den Verhältnissen, wie sie sich bis zum Erlass der Verwaltungsverfügung entwickelt haben, wobei für die hypothetische Annahme einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-)Erwerbstätigkeit der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (ZAK 1989 S. 116 Erw. 2b). Ob die Beschwerdeführerin als ganztägig oder zeitweilig Erwerbstätige zu betrachten ist, beurteilt sich praxisgemäss nicht danach, ob sie vor ihrer Heirat erwerbstätig war oder nicht. Diese Tatsache kann allenfalls ein Indiz darstellen. Entscheidend ist vielmehr jene Tätigkeit, welche die Versicherte ausüben würde, wenn sie nicht invalid geworden wäre. Es ist demnach zu prüfen, ob die Versicherte ohne Invalidität mit Rücksicht auf die gesamten Umstände (dazu gehören die persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse) vorwiegend erwerbstätig oder im Haushalt beschäftigt wäre (BGE 98 V 263 Erw. 1 und 268 Erw. 1c; ZAK 1975 S. 206 Erw. 1b; vgl. auch unveröffentlichte Erw. 3a des in BGE 115 V 62 auszugsweise publizierten Urteils S. vom 15. Februar 1989). Für die Beurteilung und Festlegung des von Versicherten im Gesundheitsfall mutmasslich ausgeübten Aufgabenbereiches sind ausser der finanziellen Notwendigkeit, eine Erwerbstätigkeit wiederaufzunehmen oder auszudehnen, auch allfällige Erziehungs- und Betreuungsaufgaben gegenüber Kindern, das Alter, die beruflichen Fähigkeiten und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen und Begabungen zu berücksichtigen. Dabei sind die konkrete Situation und die Vorbringen der Versicherten nach Massgabe der allgemeinen Lebenserfahrung zu würdigen (ZAK 1985 S. 468 Erw. 1). Denn Tatfragen, über die sich gemäss der Natur der Dinge nur Hypothesen aufstellen lassen, beurteilen sich nach Erfahrungssätzen (GULDENER, Beweiswürdigung und Beweislast nach schweizerischem Zivilprozessrecht, S. 13). Es gibt Tatsachen, mit deren Vorhandensein nach den Erfahrungen des Lebens so sehr zu rechnen ist, dass ihr Vorhandensein so lange vorausgesetzt werden darf, als nicht Umstände nachgewiesen sind, welche es unwahrscheinlich machen, dass sie sich verwirklicht haben. Es sind dies die Tatsachen, für
BGE 117 V 194 S. 196
welche die natürliche Vermutung streitet. Sie dürfen dem Urteil zugrunde gelegt werden, auch wenn sie nicht durch ein Beweismittel nachgewiesen sind (GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, S. 322; vgl. auch KUMMER, Zivilprozessrecht, 4. Aufl., S. 141 f.; WALDER-BOHNER, Zivilprozessrecht, S. 336, N 36). Diese zivilprozessuale Beweiswürdigungsregel ist auch im Sozialversicherungsrecht anzuwenden.
4. Bei verheirateten Versicherten ist überdies die eherechtliche Aufgaben- und Rollenverteilung im Rahmen der ehelichen Gemeinschaft zu beachten. a) Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 117 V 194 S. 197
Familienunterhalt (Art. 163 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 163 - 1 Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. |
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1 | Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. |
2 | Sie verständigen sich über den Beitrag, den jeder von ihnen leistet, namentlich durch Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder oder durch Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des andern. |
3 | Dabei berücksichtigen sie die Bedürfnisse der ehelichen Gemeinschaft und ihre persönlichen Umstände. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 163 - 1 Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. |
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1 | Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. |
2 | Sie verständigen sich über den Beitrag, den jeder von ihnen leistet, namentlich durch Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder oder durch Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des andern. |
3 | Dabei berücksichtigen sie die Bedürfnisse der ehelichen Gemeinschaft und ihre persönlichen Umstände. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 159 - 1 Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden. |
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1 | Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden. |
2 | Sie verpflichten sich gegenseitig, das Wohl der Gemeinschaft in einträchtigem Zusammenwirken zu wahren und für die Kinder gemeinsam zu sorgen. |
3 | Sie schulden einander Treue und Beistand. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 163 - 1 Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. |
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1 | Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. |
2 | Sie verständigen sich über den Beitrag, den jeder von ihnen leistet, namentlich durch Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder oder durch Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des andern. |
3 | Dabei berücksichtigen sie die Bedürfnisse der ehelichen Gemeinschaft und ihre persönlichen Umstände. |
Ob eine solche Änderung der bisherigen Aufgabenteilung von einer Ehefrau im Gesundheitsfall vollzogen worden wäre, ist somit auch unter eherechtlichen Gesichtspunkten aufgrund einer Gesamtwürdigung der persönlichen, beruflichen, sozialen und ökonomischen Umstände des konkreten Falles zu beurteilen, wobei
BGE 117 V 194 S. 198
keinem dieser Kriterien von vornherein vorrangige Bedeutung zukommt.