117 Ib 330
40. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. Oktober 1991 i.S. X. gegen Bundesamt für Polizeiwesen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Rechtshilfe an die USA; Abschluss des Rechtshilfeverfahrens, Art. 13
BG-RVUS; Ergänzungsersuchen, Anfechtbarkeit der diesbezüglichen Bewilligungsverfügung.
- 1. Ist weder gegen den Entscheid über die Zulässigkeit der Rechtshilfe noch gegen den diesbezüglichen Vollzugsentscheid Einsprache erhoben worden und sind durch die rechtshilfeweise herauszugebenden Unterlagen keine Geheimnisse Dritter berührt, so ist die Zentralstelle USA gemäss Art. 13
BG-RVUS berechtigt, die betreffenden Vollzugsakten den amerikanischen Behörden ohne weiteres herauszugeben (E. 3).
- 2. Nachdem Zulässigkeits- und Vollzugsentscheid in bezug auf das Haupt- und ein erstes Ergänzungsersuchen unangefochten geblieben und daher in Rechtskraft erwachsen sind, können Rügen, die schon gegen die betreffenden Entscheide möglich gewesen wären, nicht erst im Rahmen des aufgrund eines weiteren Ergänzungsersuchens nötigen Rechtshilfeverfahrens erhoben werden (E. 4).
Regeste (fr):
- Entraide judiciaire avec les Etats-Unis; clôture de la procédure d'entraide, art. 13 LTEJUS; demande de complément, annullabilité de la mesure admettant cette demande.
- 1. L'Office central pour l'application du traité avec les Etats-Unis est habilité, en vertu de l'art. 13 LTEJUS, à transmettre sans autre formalité les actes constatant l'exécution aux autorités américaines, lorsque aucune opposition n'a été formée, ni contre la décision portant sur l'admissibilité de l'entraide judiciaire, ni contre la décision d'exécution, et lorsque les documents à transmettre par la voie de l'entraide judiciaire ne touchent pas les secrets de tiers (consid. 3).
- 2. Les décisions relatives à l'admissibilité et à l'exécution de la demande principale et de son premier complément n'ont pas été attaquées et sont entrées en force. Les griefs qui auraient pu être soulevés contre ces décisions ne peuvent plus être invoqués dans le cadre de la procédure d'entraide découlant d'une nouvelle demande de complément (consid. 4).
Regesto (it):
- Assistenza giudiziaria a favore degli Stati Uniti; chiusura della procedura di assistenza, art. 13 LTAGSU; domanda complementare, impugnabilità del provvedimento che accoglie tale domanda.
- 1. L'ufficio centrale per l'applicazione del trattato con gli Stati Uniti è autorizzato, in virtù dell'art. 13 LTAGSU, a trasmettere senza altre formalità alle autorità americane gli atti di esecuzione, ove non sia stata presentata opposizione contro la decisione sull'ammissibilità dell'assistenza giudiziaria o contro la decisione di esecuzione e ove i documenti da trasmettere non tocchino segreti di terzi (consid. 3).
- 2. Poiché le decisioni relative all'ammissibilità e all'esecuzione della domanda principale e del suo primo complemento non sono state impugnate e sono quindi passate in giudicato, le censure che avrebbero potuto essere sollevate contro tali decisioni non possono più essere fatte valere nel quadro della procedura di assistenza resa necessaria da un'ulteriore domanda complementare (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 331
BGE 117 Ib 330 S. 331
Am 14. Dezember 1990 ersuchte das Office of International Affairs des US Department of Justice die Zentralstelle USA des Bundesamtes für Polizeiwesen (BAP) mit einem zweiten Ergänzungsersuchen der Antitrust Division (Middle Atlantic Office) Philadelphia vom 11. Dezember 1990 um Rechtshilfe für ein dort gegen X. hängiges Strafverfahren wegen falscher Zeugenaussage unter Eid (perjury before the Federal Grand Jury in Philadelphia; Meineid gemäss Ziff. 25 der Liste des Rechtshilfevertrages mit den USA [RVUS, SR 0.351.933.6]). Das Grundersuchen vom 12. März 1990 sowie dessen erste Ergänzung wurden bereits im Verlaufe des Jahres 1990 erledigt. Gegen die entsprechenden Anordnungen über die Zulässigkeit der Rechtshilfe wurden keine Rechtsmittel eingelegt. Ziel des zweiten Ergänzungsbegehrens ist es, nach Verwertung der bisher von der Schweiz rechtshilfeweise erhaltenen Unterlagen die volle Tragweite des laut Ersuchen falschen Zeugnisses des Angeschuldigten zu erfassen. Durch den Beizug weiterer Bankunterlagen soll festgestellt werden, ob und in welchem Zeitraum X.
BGE 117 Ib 330 S. 332
in der Schweiz Bankkonten unterhielt, deren Existenz er in seiner Zeugenaussage vor dem US-Richter gänzlich in Abrede stellte. Von der ersuchenden Behörde liegt die formelle Bestätigung vor, dass die Erkenntnisse aus den zu liefernden Unterlagen ausschliesslich im Zusammenhang mit der Strafverfolgung von X. wegen Meineides verwendet werden und in kein anderes Verfahren - etwa zur Durchsetzung der Antitrust- bzw. Kartellgesetze - eingebracht werden. Diese Bestätigung erfolgte zusätzlich zu den Bestimmungen von Art. 2
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Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. a) Art. 13
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BGE 117 Ib 330 S. 333
Abs. 2 BG-RVUS). Nach Abs. 3 dieser Bestimmung kann die Zentralstelle die Vollzugsakten ohne weiteres den amerikanischen Behörden übermitteln, wenn (a) keine Geheimnisse Dritter berührt sind oder die Frist zur Einsprache abgelaufen ist und wenn (b) keine Einsprache erhoben worden oder alle Einsprachen rechtskräftig erledigt sind. Nur dann, wenn diese Voraussetzungen von Abs. 3 nicht erfüllt, hat die Zentralstelle nach Abs. 4 eine Verfügung zu treffen, ob und in welchem Umfang oder in welcher Gestalt die Vollzugsakten zu übermitteln sind (s. auch LIONEL FREI, Der Rechtshilfevertrag mit den USA und die Aufhebung geschützter Geheimnisse, SJK 67a, S. 72). b) aa) In der den Beschwerdeführer betreffenden Rechtshilfesache entsprach die Zentralstelle USA dem ersten, vom 12. März 1990 datierten Ersuchen des amerikanischen Justizdepartements am 24. April 1990. Der Beschwerdeführer als Betroffener erhob weder gegen den Entscheid über die Zulässigkeit der Rechtshilfe noch gegen den Vollzugsentscheid der Bezirksanwaltschaft Einsprache (Art. 16
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BGE 117 Ib 330 S. 334
Dem BAP wurden in Erledigung des ersten Ergänzungsersuchens verschiedene von einer Bank herausgegebene Unterlagen übermittelt ... Der zuständige Bezirksanwalt stellte dem BAP gemäss Art. 12 Abs. 1
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BGE 117 Ib 330 S. 335
hin erfolgten Untersuchungen durch das EJPD und die Bundesanwaltschaft keine Unregelmässigkeiten oder Fehler bei der Herausgabe der fraglichen Unterlagen ergeben, wie den - für das vorliegende Verfahren zwar nicht verbindlichen, aber dennoch schlüssigen - Einstellungsverfügungen des Departements bzw. der Bundesanwaltschaft zu entnehmen ist. bb) Da wiederum weder gegen die Zulässigkeitsverfügung der Zentralstelle USA Einsprache noch gegen die Vollzugsverfügung der Bezirksanwaltschaft Rekurs erhoben worden war und durch die fraglichen Dokumente keinerlei Geheimnisse Dritter berührt wurden, durfte das BAP die Unterlagen auch im Rahmen des ersten Ergänzungsersuchens ohne weiteres, d.h. ohne separate Weiterleitungsverfügung gemäss Art. 13 Abs. 4
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BGE 117 Ib 330 S. 336
cc) Dem Beschwerdeführer vermag auch die Berufung auf andere Verfahren (so i.S. Marcos) nicht zu helfen, in denen bei der rechtshilfeweisen Übermittlung von Dokumenten Fehler festzustellen waren, die es zu korrigieren galt. Jene Verfahren waren anders gelagert als der vorliegende Fall, indem z.B. - anders als hier - die Interessen unbeteiligter Dritter mitzuberücksichtigen waren (s. BGE 115 Ib 192 f. E. 4).
4. Hätte somit der Beschwerdeführer bereits sowohl die Zulässigkeits- als auch die Vollzugsverfügungen in bezug auf das Grund- und das erste Ergänzungsersuchen anfechten können, so kann er die Rügen, die ihm bereits damals möglich gewesen wären, nicht erst im vorliegenden Verfahren anbringen (vgl. BGE 116 Ib 91 f. E. 1b mit Hinweisen; s. auch nicht publ. Urteile des Bundesgerichts vom 31. Januar 1991 i.S. H. und vom 6. Oktober 1987 i.S. N.), das nach dem Gesagten einzig noch das zweite Ergänzungsersuchen betrifft. Auf das Ansinnen, sowohl in bezug auf das Grund- als auch in bezug auf das erste Ergänzungsersuchen seien die Rechtshilfevoraussetzungen nochmals zu überprüfen, ist daher nicht weiter einzugehen. Entsprechend kann es im vorliegenden Verfahren nicht darum gehen, die Frage der Zulässigkeit der Rechtshilfe dem Grundsatze nach neu zu beurteilen; denn diese Frage bildete bereits Gegenstand der genannten, unangefochten gebliebenen und daher in Rechtskraft erwachsenen Verfügungen betreffend das Grund- und das erste Ergänzungsersuchen. Zu prüfen sind - soweit auf die früheren Verfügungen nicht vorstehend (E. 3) zurückgekommen werden musste - nur noch diejenigen Rügen, die das zweite Ergänzungsersuchen selber betreffen. Doch erweisen sich auch diese Rügen als unbegründet ...