117 Ia 421
66. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. Dezember 1991 i.S. X. gegen X. und Obergericht des Kantons Thurgau (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999
Cost. Art. 4 Lingue nazionali - Le lingue nazionali sono il tedesco, il francese, l'italiano e il romancio.
- Angabe der für den ordentlichen Prozess geltenden Berufungsfrist in einem Entscheid, der im beschleunigten Verfahren ergangen ist, wo sämtliche Fristen der kantonalen Zivilprozessordnung auf die Hälfte verkürzt sind (§ 151 Ziff. 2 der thurgauischen ZPO).
Regeste (fr):
- Art. 4 Cst.; protection de la confiance en cas d'indication inexacte des voies de droit.
- Indication du délai de recours valable en procédure ordinaire dans une décision qui a été rendue en procédure accélérée, laquelle prévoit que les délais du Code de procédure civile cantonal sont tous réduits de moitié (§ 151 ch. 2 du Code de procédure civile thurgovien).
Regesto (it):
- Art. 4 Cost.; protezione dell'affidamento in caso di indicazione errata dei rimedi giuridici.
- Indicazione del termine di ricorso valevole per la procedura ordinaria in una decisione che è stata emanata nella procedura accelerata, per la quale i termini del Codice di procedura civile cantonale sono ridotti della metà (§ 151 n. 2 del CPC turgoviese).
Sachverhalt ab Seite 421
BGE 117 Ia 421 S. 421
Das zuständige Bezirksgericht verpflichtete A.X. mit Urteil vom 12. September/3. Oktober 1990, seiner mündigen Tochter B.X., die gegen ihn eine Unterhaltsklage erhoben hatte, mit Wirkung ab 1. August 1989 für die Dauer von zwei Jahren oder bis zu einem allfälligen Schulabschluss monatlich und im voraus Fr. 400.-- zu bezahlen. Das Urteil enthielt folgende Rechtsmittelbelehrung: "Gegen dieses Urteil kann binnen 10 Tagen seit Zustellung bei der Gerichtskanzlei ... Berufung erklärt werden. Die Eingabe hat schriftlich im Doppel zu erfolgen." Der Entscheid wurde dem Anwalt von A.X. am 4. Oktober 1990 zugestellt. Mit Eingabe vom 15. Oktober 1990 erklärte dieser die Berufung an das Obergericht des Kantons Thurgau. Mit Beschluss vom 16. April 1991 trat das Obergericht auf die Berufung nicht ein. Es begründete seinen Entscheid im wesentlichen damit, dass nach dem Gesetz über die Zivilrechtspflege (Zivilprozessordnung) des Kantons Thurgau vom 6. Juli 1988 (ZPO) Streitigkeiten über die Unterhaltspflicht gemäss Art. 279
SR 210 Codice civile svizzero del 10 dicembre 1907 CC Art. 279 - 1 Il figlio può proporre azione contro il padre o la madre o contro ambedue per chiedere il mantenimento futuro e quello per l'anno precedente l'azione. |
|
1 | Il figlio può proporre azione contro il padre o la madre o contro ambedue per chiedere il mantenimento futuro e quello per l'anno precedente l'azione. |
2 | e 3 ...335 |
BGE 117 Ia 421 S. 422
hätte bei der gebotenen Aufmerksamkeit erkennen können, dass die von der ersten Instanz angegebene Berufungsfrist unrichtig gewesen sei, und er hätte sich deshalb nicht auf die im erstinstanzlichen Urteil enthaltene Rechtsmittelbelehrung verlassen dürfen. Gegen diesen ihm am 12. August 1991 zugestellten Entscheid hat A.X. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999 Cost. Art. 4 Lingue nazionali - Le lingue nazionali sono il tedesco, il francese, l'italiano e il romancio. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. a) Die bundesgerichtliche Rechtsprechung leitet aus Art. 4
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999 Cost. Art. 4 Lingue nazionali - Le lingue nazionali sono il tedesco, il francese, l'italiano e il romancio. |
BGE 117 Ia 421 S. 423
dieses Gesetzes auf die Hälfte herabgesetzt sind. Aufgrund dieser Bestimmung war somit an sich klar erkennbar, dass die Berufungsfrist, die ordentlicherweise zehn Tage beträgt (§ 225 Abs. 1 ZPO), in Fällen, die in das beschleunigte Verfahren verwiesen sind, nur fünf Tage dauert. Daraus kann allerdings noch nicht der Schluss gezogen werden, es sei als grober Fehler im Sinne der erwähnten Rechtsprechung zu betrachten, dass der Anwalt des Beschwerdeführers sich auf die ihm mitgeteilte Rechtsmittelbelehrung verlassen habe, ohne das Gesetz zu konsultieren. Das Erkennen der Fehlerhaftigkeit der Rechtsmittelbelehrung setzte nämlich das Bewusstsein des Anwalts voraus, dass die gegen seinen Klienten angestrengte Unterhaltsklage den besonderen Vorschriften des beschleunigten Verfahrens unterliege. Die Aufzählung in § 150 ZPO zeigt, dass die im beschleunigten Verfahren zu behandelnden Fälle sehr verschiedenartig sind; für den Praktiker ist es deshalb nicht immer einfach, sich zu vergegenwärtigen, ob ein bestimmter Streitfall diesem Verfahren unterliege. Es ist nach dem Gesagten verständlich, wenn ein Anwalt, der wie hier die beklagte Partei vertrat, sich also mit einer Klage zu befassen hatte, die beim Gericht bereits hängig war, bei der Entgegennahme des erstinstanzlichen Urteils nicht gleich daran denkt, die Berufungsfrist könnte entgegen der ihm erteilten Rechtsmittelbelehrung nicht die übliche, sondern eine aufgrund von § 151 Ziff. 2 ZPO verkürzte sein. Dies gilt mindestens in einem Fall wie dem vorliegenden, wo nichts im erstinstanzlichen Urteil darauf hindeutete, dass die beurteilte Streitigkeit den Bestimmungen des beschleunigten Verfahrens unterstand. Kann aber im Umstand, dass der Anwalt des Beschwerdeführers die ihm mitgeteilte Berufungsfrist nicht von vornherein als fehlerhaft erkannte und diese auch nicht weiter auf ihre Richtigkeit hin prüfte, kein schwerwiegender Fehler erblickt werden, muss es beim Grundsatz bleiben, dass dem Beschwerdeführer aus der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung kein Nachteil erwachsen darf. Es verstösst daher gegen das sich aus Art. 4
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999 Cost. Art. 4 Lingue nazionali - Le lingue nazionali sono il tedesco, il francese, l'italiano e il romancio. |
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999 Cost. Art. 4 Lingue nazionali - Le lingue nazionali sono il tedesco, il francese, l'italiano e il romancio. |
SR 172.021 Legge federale del 20 dicembre 1968 sulla procedura amministrativa (PA) PA Art. 38 - Una notificazione difettosa non può cagionare alle parti alcun pregiudizio. |
BGE 117 Ia 421 S. 424
kommt diesen Gesetzesbestimmungen eine allgemeine Tragweite zu (vgl. 105 Ib 160 E. 5; 96 II 72; 96 III 99). Ein Vorbehalt, der den Vertrauensschutz beschränken würde, kann den genannten Bestimmungen nicht entnommen werden. Dies spricht dafür, dass der Schutz des Vertrauens nur in seltenen Ausnahmefällen zu versagen ist. Abgesehen von den Situationen, in denen der Adressat die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung ohnehin selbst erkannt hat, liegt ein solcher Fall einzig dann vor, wenn er sie hätte erkennen müssen. Davon kann hier nicht die Rede sein ...