117 Ia 292
46. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Juni 1991 i.S. X. AG gegen G. (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- § 105 lit. a ZPO/AG; Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Nach § 105 lit. a ZPO/AG hat die Partei, die als Klägerin oder Widerklägerin auftritt, der Gegenpartei auf deren Begehren für die Parteikosten Sicherheit zu leisten, wenn sie in der Schweiz keinen Wohnsitz hat. Diese Kautionspflicht wird nur durch einen effektiven Wohnsitz in der Schweiz ausgeschlossen. Ein kantonaler Entscheid, der einen bloss fiktiven Wohnsitz im Sinne von Art. 24 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 24 - 1 Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes.
1 Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes. 2 Ist ein früher begründeter Wohnsitz nicht nachweisbar oder ist ein im Ausland begründeter Wohnsitz aufgegeben und in der Schweiz kein neuer begründet worden, so gilt der Aufenthaltsort als Wohnsitz. SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Regeste (fr):
- § 105 let. a CPC/Argovie; art. 4 Cst. Sûretés pour les dépens.
- Selon le § 105 let. a CPC/Argovie, la partie qui agit en qualité de demanderesse ou de demanderesse reconventionnelle doit, à la requête de la partie adverse, déposer des sûretés pour les dépens si elle n'a pas de domicile en Suisse. Cette obligation de fournir caution n'est exclue qu'en cas de domicile effectif en Suisse. Une décision cantonale qui se satisfait d'un domicile purement fictif au sens de l'art. 24 al. 1 CC viole l'interdiction d'arbitraire découlant de l'art. 4 Cst.
Regesto (it):
- § 105 lett. a CPC/AG; art. 4 Cost. Garanzia per le ripetibili.
- Secondo il § 105 lett. a CPC/AG, la parte che agisce quale attrice o attrice riconvenzionale deve, a richiesta della controparte, fornire garanzie per le ripetibili qualora non sia domiciliata in Svizzera. Tale obbligo di fornire una cauzione è escluso solo in caso di domicilio effettivo in Svizzera. Una decisione cantonale che si accontenta di un domicilio puramente fittizio ai sensi dell'art. 24 cpv. 1 CC viola il divieto d'arbitrio risultante dall'art. 4 Cost.
Erwägungen ab Seite 293
BGE 117 Ia 292 S. 293
Aus den Erwägungen:
1. Zwischen G. als Kläger und der X. AG als Beklagten ist beim Bezirksgericht Baden ein Forderungsprozess rechtshängig. Nach Erhalt der Replik ersuchte die Beklagte den Gerichtspräsidenten von Baden, den Kläger zu verpflichten, für ihre Parteikosten Sicherheit zu leisten, und ihr nach Eingang dieser Sicherheit eine Frist von 20 Tagen zur Erstattung der Duplik einzuräumen. Der Gerichtspräsident wies das Gesuch ab. Eine von der X. AG dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Obergericht des Kantons Aargau abgewiesen.
Die X. AG beantragt dem Bundesgericht mit staatsrechtlicher Beschwerde, den obergerichtlichen Entscheid aufzuheben (...).
3. Nach § 105 lit. a ZPO/AG hat die Partei, die als Klägerin oder Widerklägerin auftritt, der Gegenpartei auf deren Begehren für die Parteikosten Sicherheit zu leisten, wenn sie in der Schweiz keinen Wohnsitz hat und keine staatsvertragliche Vereinbarung sie von der Sicherheitsleistung befreit. Die Beschwerdeführerin hatte in ihrer Eingabe an den Bezirksgerichtspräsidenten geltend gemacht, der Beschwerdegegner sei nach Indonesien gezogen. Der Bezirksgerichtspräsident hat das Gesuch mit der Begründung abgewiesen, der Beschwerdegegner sei inzwischen wieder in Zürich angemeldet. In der Beschwerde ans Obergericht hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass der Beschwerdegegner gemäss Auskunft der Einwohnerkontrolle am 28. Juli 1990 wiederum ins Ausland weggezogen sei. Das Obergericht erachtet dieses Vorbringen zwar unter dem Gesichtspunkt des Novenrechts als zulässig. Es hält jedoch dafür, auch wenn der Beschwerdegegner seinen Wohnsitz in der Schweiz aufgegeben haben sollte, gelte gemäss Art. 24 Abs. 1
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 24 - 1 Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes. |
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1 | Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes. |
2 | Ist ein früher begründeter Wohnsitz nicht nachweisbar oder ist ein im Ausland begründeter Wohnsitz aufgegeben und in der Schweiz kein neuer begründet worden, so gilt der Aufenthaltsort als Wohnsitz. |
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 117 Ia 292 S. 294
a) Willkürliche Rechtsanwendung liegt nach ständiger Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Beurteilung als die vom kantonalen Richter getroffene ebenfalls vertretbar oder sogar zutreffender erschiene. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, insbesondere eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt (BGE 114 Ia 27 E. b, 218 E. 2a mit Hinweisen). b) Nach EICHENBERGER (Zivilrechtspflegegesetz des Kantons Aargau, N 3a zu § 105) gilt als Wohnsitz im Sinne von § 105 ZPO/AG nur die feste Niederlassung, nicht auch ein fiktiver Wohnsitz gemäss Art. 24 Abs. 1
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 24 - 1 Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes. |
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1 | Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes. |
2 | Ist ein früher begründeter Wohnsitz nicht nachweisbar oder ist ein im Ausland begründeter Wohnsitz aufgegeben und in der Schweiz kein neuer begründet worden, so gilt der Aufenthaltsort als Wohnsitz. |
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 48 - Schuldner, welche keinen festen Wohnsitz haben, können da betrieben werden, wo sie sich aufhalten. |
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 271 - 1 Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:476 |
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1 | Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:476 |
1 | wenn der Schuldner keinen festen Wohnsitz hat; |
2 | wenn der Schuldner in der Absicht, sich der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten zu entziehen, Vermögensgegenstände beiseite schafft, sich flüchtig macht oder Anstalten zur Flucht trifft; |
3 | wenn der Schuldner auf der Durchreise begriffen ist oder zu den Personen gehört, welche Messen und Märkte besuchen, für Forderungen, die ihrer Natur nach sofort zu erfüllen sind; |
4 | wenn der Schuldner nicht in der Schweiz wohnt, kein anderer Arrestgrund gegeben ist, die Forderung aber einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweist oder auf einer Schuldanerkennung im Sinne von Artikel 82 Absatz 1 beruht; |
5 | wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen provisorischen oder einen definitiven Verlustschein besitzt; |
6 | wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen definitiven Rechtsöffnungstitel besitzt. |
2 | In den unter den Ziffern 1 und 2 genannten Fällen kann der Arrest auch für eine nicht verfallene Forderung verlangt werden; derselbe bewirkt gegenüber dem Schuldner die Fälligkeit der Forderung. |
3 | Im unter Absatz 1 Ziffer 6 genannten Fall entscheidet das Gericht bei ausländischen Entscheiden, die nach dem Übereinkommen vom 30. Oktober 2007480 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind, auch über deren Vollstreckbarkeit.481 |
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 271 - 1 Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:476 |
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1 | Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:476 |
1 | wenn der Schuldner keinen festen Wohnsitz hat; |
2 | wenn der Schuldner in der Absicht, sich der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten zu entziehen, Vermögensgegenstände beiseite schafft, sich flüchtig macht oder Anstalten zur Flucht trifft; |
3 | wenn der Schuldner auf der Durchreise begriffen ist oder zu den Personen gehört, welche Messen und Märkte besuchen, für Forderungen, die ihrer Natur nach sofort zu erfüllen sind; |
4 | wenn der Schuldner nicht in der Schweiz wohnt, kein anderer Arrestgrund gegeben ist, die Forderung aber einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweist oder auf einer Schuldanerkennung im Sinne von Artikel 82 Absatz 1 beruht; |
5 | wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen provisorischen oder einen definitiven Verlustschein besitzt; |
6 | wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen definitiven Rechtsöffnungstitel besitzt. |
2 | In den unter den Ziffern 1 und 2 genannten Fällen kann der Arrest auch für eine nicht verfallene Forderung verlangt werden; derselbe bewirkt gegenüber dem Schuldner die Fälligkeit der Forderung. |
3 | Im unter Absatz 1 Ziffer 6 genannten Fall entscheidet das Gericht bei ausländischen Entscheiden, die nach dem Übereinkommen vom 30. Oktober 2007480 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind, auch über deren Vollstreckbarkeit.481 |
BGE 117 Ia 292 S. 295
Forderungen eines Klägers einlassen muss, der bei Unterliegen für die Prozesskosten nirgends belangt werden kann. c) Das Obergericht verletzt somit in krasser Weise einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz, wenn es den fiktiven Wohnsitz des Beschwerdegegners als Ausschlussgrund für die Kautionspflicht gelten lässt. Der angefochtene Entscheid erweist sich als willkürlich. Er ist aufzuheben.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 6. Dezember 1990 aufgehoben.