116 IV 52
11. Urteil des Kassationshofes vom 6. März 1990 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen X. und Y. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 251 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
1 Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, 2 ...332 - Der Bankangestellte, der Kreditüberschreitungen eines Kunden verschleiern will und deshalb auf den Monatsultimo hin wirtschaftlich voll werthaltige Checks dem Konto des Kunden gutschreibt, obwohl das Konto kurz nach Monatsende durch entsprechende Bezüge wieder belastet wird, begeht hinsichtlich der Bankbuchhaltung keine Falschbeurkundung.
Regeste (fr):
- Art. 251 ch. 1 CP; faux dans les titres.
- L'employé de banque, qui, pour masquer les dépassements de crédit d'un client, crédite le compte de celui-ci, le dernier jour du mois, de chèques pleinement valables du point de vue économique, ne se rend pas coupable de faux dans les titres, du point de vue de la comptabilité bancaire, même si, peu après la fin du mois, le compte du client est à nouveau débiteur en raison de prélèvements correspondants.
Regesto (it):
- Art. 251 n. 1 CP; falsità in documenti.
- L'impiegato di banca che, per mascherare il superamento dei limiti di credito di un cliente, accredita sul conto di quest'ultimo, l'ultimo giorno del mese, assegni pienamente validi dal punto di vista economico, non commette, per quanto concerne la contabilità bancaria, falsità in documenti anche se, poco dopo la fine del mese, il conto è nuovamente addebitato con corrispondenti prelievi.
Sachverhalt ab Seite 53
BGE 116 IV 52 S. 53
A.- Am 7. September 1988 sprach das Obergericht des Kantons Zürich X. und Y. wegen wiederholten Betruges sowie weiterer Delikte schuldig und bestrafte sie mit 18 bzw. 14 Monaten Gefängnis (bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren). Das Gericht sprach beide in einem Anklagepunkt von der eingeklagten Urkundenfälschung frei. Dem Freispruch liegt folgender Sachverhalt zugrunde: X. war leitender Angestellter bei der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA) in Z. Ohne dass eine wirtschaftliche oder rechtliche Grundlage bestanden hätte, nahm er lediglich zwecks Kaschierung von Kreditüberschreitungen jeweils auf den Monatsultimo hin Checks von Y. entgegen, die er den von Y. beherrschten Konti gutschrieb. Y. hatte die Checks seinerseits unter Überschreitung von Kreditlimiten, die bei anderen Bankinstituten bestanden, ausgestellt. Diese Positionen wurden ihrerseits wieder ausgeglichen, indem die fraglichen Konti bei der SKA kurz nach dem Monatsende z.B. durch Barbezüge wieder belastet wurden. Den beiden Angeklagten wird in der Anklage vorgeworfen, durch ihr Vorgehen sei die Buchhaltung der SKA verfälscht worden.
B.- Eine von der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen den Freispruch eingereichte kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 31. Oktober 1989 ab, soweit darauf eingetreten werden konnte.
C.- Die Staatsanwaltschaft erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache, soweit X. und Y. vom Vorwurf der fortgesetzten Urkundenfälschung freigesprochen worden seien, zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1. Die Vorinstanz begründete den Freispruch vom Vorwurf der Urkundenfälschung im wesentlichen damit, dass der Vermögensstand der SKA durch die inkriminierten Gutschriften nicht falsch wiedergegeben worden sei. Die Checks seien stets honoriert worden und deshalb wirtschaftlich voll werthaltig gewesen. Die Buchhaltung habe den Vermögensstand deshalb jederzeit korrekt wiedergegeben. Das Vorgehen der Beschwerdegegner habe lediglich bewirkt, dass gewisse, dem Beschwerdegegner Y. eingeräumte
BGE 116 IV 52 S. 54
Kreditlimiten an den Monatsenden rechtlich und wirtschaftlich nicht überschritten waren. Die Beschwerdeführerin beruft sich demgegenüber auf das Prinzip der Bilanzklarheit und -wahrheit. Danach hätten Buchungen dem zugrundeliegenden materiellrechtlichen wirtschaftlichen Vorgang zu entsprechen. Die Verbuchung einer Gutschrift bedeute, dass der Kontoinhaber der kontoführenden Bank frei verfügbare Liquidität zur Verfügung stelle. Zwar sei es richtig, dass die Bilanz eine Stichtagsrechnung sei. Allerdings seien Verluste, die erst nach dem Bilanzstichtag, aber vor der Aufstellung der Bilanz bekannt geworden seien, zu berücksichtigen, sofern sie vor dem Bilanzstichtag verursacht und dies vor Errichtung der Bilanz erkennbar gewesen sei. Daraus ergebe sich, dass dem besonderen Verlustrisiko auf der fraglichen Kreditposition in den jeweiligen Monatsendbilanzen insbesondere im Umfang der kaschierten Kreditüberschreitung buchhalterisch - durch eine Einzelwertberichtigung oder durch eine entsprechend höhere Bemessung der generellen Rückstellung für Kreditrisiken - hätte Rechnung getragen werden müssen. Dies sei durch die geschilderten Manipulationen der Beschwerdegegner verhindert worden.
2. a) Eine Falschbeurkundung nach Art. 251 Ziff. 1
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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Als Urkunden im Sinne von Art. 110 Ziff. 5
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.155 |
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1 | Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.155 |
2 | Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben. |
3 | Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben. |
3bis | Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.156 |
4 | Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient. |
5 | Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden. |
6 | Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet. |
7 | Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft. |
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 957 - 1 Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen: |
|
1 | Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen: |
1 | Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die einen Umsatzerlös von mindestens 500 000 Franken im letzten Geschäftsjahr erzielt haben; |
2 | juristische Personen. |
2 | Lediglich über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage müssen Buch führen: |
1 | Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit weniger als 500 000 Franken Umsatzerlös im letzten Geschäftsjahr; |
2 | diejenigen Vereine und Stiftungen, die nicht verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen; |
3 | Stiftungen, die nach Artikel 83b Absatz 2 ZGB798 von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle befreit sind. |
3 | Für die Unternehmen nach Absatz 2 gelten die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung sinngemäss. |
BGE 116 IV 52 S. 55
BGE 97 IV 7 f., BGE 82 IV 141, BGE 79 IV 163 f.). Der mit der Buchführung verfolgte Zweck spielt keine Rolle. Auch wenn Kontosaldi bloss der bankinternen Überschreitungskontrolle dienen, ändert dies am Urkundencharakter der betreffenden Buchhaltungsbestandteile nichts (vgl. BGE 108 IV 26). Die Buchhaltung hat gemäss ihrer Zielsetzung (Art. 957
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 957 - 1 Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen: |
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1 | Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen: |
1 | Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die einen Umsatzerlös von mindestens 500 000 Franken im letzten Geschäftsjahr erzielt haben; |
2 | juristische Personen. |
2 | Lediglich über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage müssen Buch führen: |
1 | Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit weniger als 500 000 Franken Umsatzerlös im letzten Geschäftsjahr; |
2 | diejenigen Vereine und Stiftungen, die nicht verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen; |
3 | Stiftungen, die nach Artikel 83b Absatz 2 ZGB798 von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle befreit sind. |
3 | Für die Unternehmen nach Absatz 2 gelten die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung sinngemäss. |
Hinzuzufügen ist, dass gemäss einer im angefochtenen Urteil wiedergegebenen Zeugenaussage die sofortige Gutschrift von Checks usanz- und weisungsgemäss war, wobei die Gutschrift gemäss vorgedrucktem Formular "Eingang vorbehalten" erfolgte. Gestützt darauf durfte die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht
BGE 116 IV 52 S. 56
annehmen, dass erhebliche Indizien gegen die Vollwertigkeit der Checks fehlten. Selbst wenn man annehmen wollte, es sei eine Rechtsfrage, ob mit der Checkgutschrift "Eingang vorbehalten" der tatsächliche Vermögensstand der Bank korrekt wiedergegeben wurde, wäre eine Einschränkung nur dann zu machen, wenn zum Zeitpunkt der Gutschrift ins Gewicht fallende Bedenken gegen den Eingang des Checkbetrags vorgelegen hätten. Die Vorinstanz stellte solche Bedenken nicht nur nicht fest, sondern nahm im Gegenteil ausdrücklich an, die Checks seien gedeckt gewesen. c) Auch der von der Beschwerdeführerin angestellte Vergleich mit einer Radarkontrolle überzeugt nicht. Denn wer im Bereich der Radarkontrolle auf die zulässige Geschwindigkeit abbremst, der fährt an dieser Stelle korrekt und kann deshalb nicht bestraft werden. Sollte er vor oder nach der Radarkontrolle mit übersetzter Geschwindigkeit gefahren sein, so kann er bestraft werden, wenn der Beweis dafür erbracht wird. Übertragen auf die vorliegende Fragestellung könnte man deshalb sagen: Wenn der am letzten Tag des Monats bestehende Kontostand in der Buchhaltung richtig ausgewiesen wird, dann ist jedenfalls für diesen Zeitpunkt eine Falschbeurkundung zu verneinen. Daran ändert nichts, wenn vorher und nachher die Kreditlimite überschritten wird. Denn die für den Bilanzstichtag geltende Erklärung bezieht sich nicht auf die Zeit vorher und nachher. d) Der vorliegende Fall unterscheidet sich im übrigen vom BGE 108 IV 25 ff. zugrunde liegenden Sachverhalt. Dort ging es um Check- und Wechselreiterei, bei welcher durch die Ausnutzung der Umlaufzeit der Checks im Bankensystem eine gänzlich ungesicherte Kreditgewährung erreicht wurde (vgl. nicht publizierte E. 1a des erwähnten Entscheides).