108 IV 27
9. Urteil des Kassationshofes vom 30. März 1982 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen X. und Y. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 251
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
1 Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, 2 ...330 SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 335 - 1 Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist.
1 Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist. 2 Die Kantone sind befugt, die Widerhandlungen gegen das kantonale Verwaltungs- und Prozessrecht mit Sanktionen zu bedrohen. - Wer mit einem Urkundenfälschungsdelikt ausschliesslich Steuervorschriften umgehen will und eine - objektiv mögliche - Verwendung des Dokumentes im nicht-fiskalischen Bereich auch nicht in Kauf nimmt, ist nur nach Steuerstrafrecht zu beurteilen (Änderung der Rechtsprechung).
Regeste (fr):
- Art. 251 et 335 ch. 2 CP.
- Celui qui, au moyen d'un faux dans les titres, veut éluder exclusivement les dispositions du droit fiscal et exclut dans son esprit tout emploi - bien qu'il soit objectivement possible - du faux ailleurs que dans le domaine fiscal, ne doit être jugé que sur la base du droit pénal fiscal (changement de jurisprudence).
Regesto (it):
- Art. 251, 335 n. 2 CP.
- Chi mediante falsità in documenti intende esclusivamente eludere disposizioni di diritto fiscale e non dà per scontata la possibilità obiettivamente realizzabile che il falso sia utilizzato in un ambito diverso da quello fiscale, va giudicato soltanto in base al diritto penale fiscale (cambiamento della giurisprudenza).
Sachverhalt ab Seite 28
BGE 108 IV 27 S. 28
A.- X. und Y. führen in einfacher Gesellschaft ein Malergeschäft. Sie haben die auf ein (im Jahre 1969 eröffnetes) Konto bei der Spar- und Leihkasse Oberfreiamt einbezahlten Arbeitseinkünfte von insgesamt Fr. 113'274.65 sowie die darauf erzielten Zinsen in der Geschäftsbuchhaltung nicht verbucht und dadurch in den Jahren 1974 bis 1978 je mindestens Fr. 8'304.90 an Staats-, Gemeinde- und Kirchensteuern sowie mindestens Fr. 2'908.40 an Wehrsteuern (17. und 18. Periode) dem Fiskus entzogen.
B.- Die Staatsanwaltschaft erhob gegen X. und Y. Anklage wegen fortgesetzten Steuerbetrugs und fortgesetzter Urkundenfälschung. Das Bezirksgericht Bremgarten sprach die beiden Angeklagten von der Anschuldigung der fortgesetzten Urkundenfälschung frei, sprach sie des fortgesetzten Steuerbetrugs im Sinne von Art. 138 des aargauischen Steuergesetzes schuldig und verurteilte sie zu einem Monat Gefängnis (mit bedingtem Strafvollzug) sowie zu einer Busse von je Fr. 2'000.--. Eine gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Obergericht mit Entscheid vom 10. Dezember 1981 abgewiesen.
C.- Gegen das Urteil des Obergerichtes führt die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei wegen Verletzung des Art. 251
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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D.- Die beiden Beschwerdegegner beantragen die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde.
BGE 108 IV 27 S. 29
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Streitig ist, ob der vorliegende Sachverhalt nicht nur nach den steuerrechtlichen Strafnormen, sondern auch als gemeinrechtliches Urkundendelikt gemäss Art. 251
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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BGE 108 IV 27 S. 30
Die Regel, wonach es zur Anwendung von Art. 251
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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2. Die nicht in allen Teilen konsequente Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Frage der Konkurrenz zwischen Steuerstrafrecht und gemeinem Strafrecht im Bereich der Urkundendelikte wurde von GUIDO JENNY (in ZStR 97/1980 S. 121 ff.) einer kritischen Analyse unterworfen, wobei der Autor den letztgenannten Entscheid (BGE 106 IV 39) nicht mehr berücksichtigen konnte. Jenny kommt zum Schluss, dass die Frage, ob die Urkunden-Tatbestände des Strafgesetzbuches oder ausschliesslich die besonderen Steuerstrafbestimmungen des Fiskalstrafrechts anzuwenden seien, nicht auf der Basis der objektiven Beweisbestimmung der jeweiligen Urkunde gelöst werden sollte. Er weist mit Recht darauf hin, dass objektiv jede Urkunde auch ausserhalb des Steuerrechtsverhältnisses bedeutsam werden kann, selbst wenn sie in erster Linie zu Steuerzwecken erstellt wurde (so etwa der Lohnausweis bei Darlehensgesuchen oder Verhandlungen über einen Mietvertrag). Nach der Auffassung Jennys muss der vom Täter verfolgte Zweck dafür massgebend sein, ob das Fiskalstrafrecht zum Zuge kommt oder Art. 251
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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3. Aufgrund der Schwierigkeiten, die in der Praxis aufgetreten sind und aufgrund der kritischen Äusserungen in der Doktrin drängt sich eine neue Prüfung der Abgrenzungsfrage auf. a) Die bisherige Rechtsprechung war im Ergebnis bestrebt, den Bereich des Art. 251
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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BGE 108 IV 27 S. 31
Spezialtatbeständen nach dem primären, objektiven Verwendungszweck der in Frage stehenden Urkunden abzugrenzen. Dem Fiskalstrafrecht blieben demnach jene Delikte vorbehalten, die sich auf "Steuer-Urkunden" beziehen, welche nach ihrer Natur ausschliesslich (oder wenigstens in erster Linie) zur Verwendung im Steuerverfahren bestimmt sind. Alle andern Urkundendelikte, die zu Erlangung eines unrechtmässigen Steuervorteils begangen werden, sich aber auf Schriftstücke beziehen, welche objektiv auch zur nicht-fiskalischen Verwendung bestimmt sind, wären stets gemäss Art. 251
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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b) Auch wenn diese Konkurrenzregel im Sinne von BGE 106 IV 39 durch ein subjektives Erfordernis (Wissen des Täters um die objektive Möglichkeit nicht-fiskalischer Verwendung) ergänzt wird, hält der Leitgedanke der bisherigen Praxis einer grundsätzlichen Überprüfung nicht stand. Hat der Bundesgesetzgeber nach Doktrin und Praxis unbestrittenermassen die Täuschung des Fiskus mittels unwahrer Urkunden (zur Erlangung eines unrechtmässigen Steuervorteils) vom gemeinrechtlichen Urkundenstrafrecht (Art. 251
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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BGE 108 IV 27 S. 32
sondern auch eine Verwendung des Dokumentes im nicht-fiskalischen Bereich beabsichtigte oder zumindest in Kauf nahm, so liegt Konkurrenz zwischen Steuerdelikt und gemeinrechtlichem Urkundendelikt vor; die Voraussetzungen beider Tatbestände sind dann in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt. Wer ein Falsum herstellt und einem Dritten zur freien Verwendung überlässt, kann gegen die Bestrafung gemäss Art. 251
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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4. Die Beschwerdegegner X. und Y. haben die Buchhaltung ihres Malergeschäftes unrichtig (unvollständig) geführt, um weniger Steuern zahlen zu müssen. Dieser Vorsatz ist unbestritten und muss nach den oben entwickelten Richtlinien die Ahndung der Verfehlungen nach Steuerstrafrecht zur Folge haben. Was die Täter wollten, sind Vorteile bei der Besteuerung. Schuld und Unrechtsgehalt der zu beurteilenden Handlungen werden durch den Straftatbestand des Fiskaldeliktes (Steuerbetrug) voll erfasst. Dass die Buchhaltung an sich auch im nicht-fiskalischen Bereich (unter den Teilhabern des Geschäftes, gegenüber Dritten) Beweisfunktion hat, rechtfertigt eine Bestrafung der in Frage stehenden Urkundendelikte gemäss Art. 251
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.