116 II 379
69. Auszug aus dem Beschluss der I. Zivilabteilung vom 19. April 1990 i.S. X. gegen Kanton Y. (Berufung)
Regeste (de):
- Art. 44 Abs. 1 , Art. 46 OG; Begriff der vermögensrechtlichen Streitigkeit; Streitwertberechnung bei Klage auf Ausstellung eines Arbeitszeugnisses.
- 1. Ob eine Feststellungsklage oder ein Feststellungsbegehren dazu führt, dass eine vermögensrechtliche Streitigkeit vorliegt, beurteilt sich danach, ob damit letztlich und überwiegend ein wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird (E. 2a).
- 2. Streitigkeiten betreffend die Ausstellung oder Formulierung von Arbeitszeugnissen sind vermögensrechtlicher Natur. Zur Bestimmung der Streitwerthöhe ist in erster Linie auf die übereinstimmenden Angaben der Parteien abzustellen (E. 2b).
Regeste (fr):
- Art. 44 al. 1, art. 46 OJ; notion de contestation de nature pécuniaire; calcul de la valeur litigieuse dans une action en délivrance d'un certificat de travail.
- 1. Savoir si une action en constatation de droit ou une conclusion constatatoire conduit à une contestation de nature pécuniaire se détermine d'après l'existence finale et prépondérante d'un but économique (consid. 2a).
- 2. Les contestations concernant l'établissement ou la formulation de certificats de travail sont de nature pécuniaire. Pour déterminer le montant litigieux, on se réfère en premier lieu aux déclarations concordantes des parties (consid. 2b).
Regesto (it):
- Art. 44 cpv. 1 , art. 46 OG; nozione di causa per diritti di carattere pecuniario; determinazione del valore litigioso in un'azione diretta al rilascio di un attestato di lavoro.
- 1. La questione se un'azione di accertamento o una conclusione tendente a un accertamento comporti una causa per diritti di carattere pecuniario va risolta in base all'esistenza o inesistenza, in ultima analisi, di un interesse economico preponderante (consid. 2a).
- 2. Le cause relative al rilascio o alla formulazione di un attestato di lavoro concernono diritti di carattere pecuniario. Per determinare il valore litigioso ci si deve riferire in primo luogo alle dichiarazione concordanti delle parti (consid. 2b).
Sachverhalt ab Seite 379
BGE 116 II 379 S. 379
Dr. med. X. erhob im März 1986 beim Arbeitsgericht zwei später in einem Prozess vereinigte Klagen, mit denen er beantragte, der Kanton Y. sei zu verpflichten, ihm sowohl ein Arbeitszeugnis mit bestimmtem Wortlaut als auch ein FMH-Weiterbildungszeugnis auszustellen; zudem habe das Gericht festzustellen, dass die ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigungen rechtsmissbräuchlich erfolgt seien. Das Arbeitsgericht verpflichtete den Beklagten am 21. Februar 1989 zur Ausstellung eines Arbeitszeugnisses mit vorgeschriebenem Wortlaut und wies im übrigen die Klage ab. Diesen Entscheid
BGE 116 II 379 S. 380
zog der Kläger ans Obergericht weiter, das ihn mit Urteil vom 30. Mai 1989 teilweise aufhob und änderte. Der Kläger hat das Urteil des Obergerichts mit Berufung angefochten, auf welche das Bundesgericht mangels Erreichung des erforderlichen Streitwertes nicht eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Der Kläger hält die Berufung für zulässig, weil einerseits der geltend gemachte Anspruch auf Ausstellung der beiden Zeugnisse einen Streitwert habe, der mehr als Fr. 8'000.-- betrage, und andererseits das Feststellungsbegehren nicht vermögensrechtlicher Natur sei. Beides trifft jedoch nicht zu. a) Nicht vermögensrechtlicher Art ist die Streitigkeit entgegen der Behauptung des Klägers nicht bereits darum, weil er beantragt hat, es sei festzustellen, dass die Kündigungen rechtsmissbräuchlich erfolgt seien. Massgebend ist vielmehr, ob er mit dem Feststellungsbegehren letztlich und überwiegend einen wirtschaftlichen Zweck verfolgt (BGE 108 II 78 E. 1a mit Hinweisen). Das ist aber nach seinen eigenen Angaben der Fall, begründet er doch in der Berufungsschrift sein Interesse an der Beurteilung dieser Frage und der entsprechenden Feststellung hauptsächlich mit dem Hinweis auf einen künftigen Schadenersatzprozess gegen den Beklagten. Das weitere Argument, mit der anbegehrten Feststellung verhindern zu wollen, dass er bei Stellenbewerbungen benachteiligt werde, spricht ebenfalls für eine vermögensrechtliche Streitigkeit. b) Streitigkeiten betreffend die Ausstellung oder Formulierung von Arbeitszeugnissen sind sodann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts und der Lehre vermögensrechtlicher Natur, wobei bezüglich der Streitwerthöhe in erster Linie auf die übereinstimmenden Angaben der Parteien abgestellt wird (BGE 74 II 44f.; REHBINDER, N. 32 zu Art. 330a
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 330a - 1 Der Arbeitnehmer kann jederzeit vom Arbeitgeber ein Zeugnis verlangen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über seine Leistungen und sein Verhalten ausspricht. |
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1 | Der Arbeitnehmer kann jederzeit vom Arbeitgeber ein Zeugnis verlangen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über seine Leistungen und sein Verhalten ausspricht. |
2 | Auf besonderes Verlangen des Arbeitnehmers hat sich das Zeugnis auf Angaben über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses zu beschränken. |
BGE 116 II 379 S. 381
aus dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens, sondern dafür spricht auch der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes dem Beklagten gegenüber. Beides sind Grundsätze, die auch im Zivilprozess gelten (BGE 96 II 169 mit Hinweisen). Dazu kommt im übrigen, dass der Kläger lediglich behauptet, der Streitwert des Feststellungsbegehrens übersteige Fr. 8'000.--, aber keine genauen Angaben darüber macht, wie hoch der Schaden sein soll, den er in einem zukünftigen Prozess geltend machen will, und warum er zu diesem Betrag gelangt. Seine Vorbringen sind deshalb mangels gehöriger Substantiierung nicht zu hören (BGE BGE 109 II 493 ff. E. ee). c) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der Streitwert von Fr. 8'000.-- für die Klage als Ganzes nicht erreicht wird. Damit kann auf die Berufung nicht eingetreten werden (Art. 46 OG).