115 II 246
41. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 24. August 1989 i.S. Anlagebank Zürich in Liquidation gegen Frau G. (Berufung)
Regeste (de):
- Arbeitsvertrag; Anspruch der Witwe des Arbeitnehmers gegenüber der Personalfürsorgestiftung auf den Anteil am freien Stiftungsvermögen.
- Da der Anteil am freien Stiftungsvermögen grundsätzlich ebenfalls dem Stiftungszweck, hier dem Vorsorgegedanken, untersteht, fällt die Liquidationszahlung aus dem freien Stiftungsvermögen ebenfalls an den "dannzumal berechtigten Destinatär" gemäss dem Stiftungsreglement und nicht in die Erbmasse des Arbeitnehmers. Dass der Verteilungsplan behördlich genehmigt wurde, der Erstdestinatär jedoch vor der Auszahlung verstorben ist, vermag hieran nichts zu ändern (E. 2).
Regeste (fr):
- Contrat de travail; prétention de la veuve du travailleur contre la fondation de prévoyance en faveur du personnel à la part du fonds de prévoyance libre.
- Etant donné que la part au fonds de prévoyance libre est en principe également subordonnée au but de la fondation, en l'espèce la prévoyance, le paiement provenant de la liquidation du fonds de prévoyance libre revient également au destinataire désigné par le règlement de la fondation et non à la masse successorale du travailleur. Le fait que le plan de répartition ait été approuvé par l'autorité mais que le premier destinataire soit toutefois décédé avant le paiement n'y change rien (consid. 2).
Regesto (it):
- Contratto di lavoro; diritto della vedova del lavoratore nei confronti della fondazione di previdenza a favore del personale alla quota del patrimonio libero della fondazione.
- Dato che anche la quota del patrimonio libero di una fondazione è soggetta allo scopo della fondazione, nella fattispecie a quello della previdenza, il pagamento risultante dalla liquidazione del patrimonio libero spetta anch'esso all'"allora destinatario avente diritto" secondo il regolamento della fondazione, e non alla massa ereditaria del lavoratore. Il fatto che il piano di ripartizione sia stato approvato dall'autorità, ma che il primo destinatario sia deceduto prima del pagamento non cambia nulla a tale norma (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 247
BGE 115 II 246 S. 247
A.- G. war Direktor und Delegierter des Verwaltungsrates der Anlagebank Zürich sowie Stiftungsrat der Personalfürsorgestiftung der Anlagebank Zürich und seit dem 1. Januar 1954 deren Destinatär. Sein Arbeitsverhältnis dauerte bis zum 31. Juli 1978. Kurz vor seinem Ausscheiden unterzeichnete G. eine Schuldanerkennung zugunsten der Anlagebank im Betrage von über Fr. 21 Mio. Am 15. August 1978 wurde die Liquidation der Anlagebank Zürich beschlossen und die Schweizerische Revisionsgesellschaft als Liquidatorin gewählt. Gleichzeitig wurde die Auflösung der Personalfürsorgestiftung eingeleitet. Im Rahmen ihrer Auflösung erstellte die Personalfürsorgestiftung am 22. November 1979 einen Verteilungsplan, gemäss welchem G. als Destinatär ein Sparkapital von Fr. 378'422.-- und als Anteil am "freien Stiftungsvermögen" Fr. 470'922.20 zustanden. Dieser Verteilungsplan wurde vom Bezirksrat Zürich am 29. November 1979 genehmigt. Bevor es zur Auszahlung dieser Ansprüche kam, verstarb G.
Am 5. Juni 1981 klagte die Witwe beim Bezirksgericht Zürich gegen die Personalfürsorgestiftung auf Auszahlung des Sparkapitals. Die Klage wurde letztinstanzlich von der I. Zivilabteilung des Bundesgerichtes am 11. Februar 1986 dem Grundsatze nach gutgeheissen (BGE 112 II 38).
BGE 115 II 246 S. 248
B.- Strittig geblieben ist der auf G. entfallende Anteil am sogenannten freien Stiftungsvermögen. Dieser Vermögenswert wird einerseits von der Witwe - welche die Erbschaft ausgeschlagen hat - als Ersatzdestinatärin von G. beansprucht. Die Anlagebank Zürich in Liq. beansprucht den gleichen Vermögenswert gestützt auf eine Abtretung durch den einzigen Erben F. Die Anlagebank Zürich in Liq. hob am 28. November 1986 beim Bezirksgericht Zürich Klage an. Sie beantragte in erster Linie die Feststellung, dass der strittige Forderungsbetrag ihr zustehe. Die Witwe verlangte die gegenteilige Feststellung. Mit Urteil vom 19. November 1987 wies das Bezirksgericht Zürich die Klage ab und stellte fest, dass der Betrag von Fr. 647'893.80 der Witwe zustehe. Die Anlagebank Zürich in Liq. reichte gegen dieses Urteil Berufung ein. Das Obergericht des Kantons Zürich wies Berufung und Klage am 17. Juni 1988 jedoch ebenfalls ab und bestätigte das angefochtene Urteil.
C.- Gegen dieses Urteil hat die Anlagebank Zürich in Liq. beim Bundesgericht Berufung eingereicht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und erneuert die im kantonalen Verfahren gestellten Anträge. Die Witwe schliesst auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils. Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Entscheidend für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob der Anteil am sogenannten "freien Stiftungsvermögen", der durch den behördlich genehmigten Verteilungsplan dem Destinatär G. zugesprochen worden ist, nach dessen Tod in seine Erbmasse gefallen ist oder an die Beklagte als Ersatz- Destinatärin. Bezüglich des Sparkapitals hat das Bundesgericht bereits entschieden, es liege zwischen G. als Promissar und der Stiftung als Promittentin ein Vertrag zugunsten Dritter gemäss Art. 112 Abs. 2
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 112 - 1 Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
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1 | Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
2 | Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbständig die Erfüllung fordern, wenn es die Willensmeinung der beiden andern war, oder wenn es der Übung entspricht. |
3 | In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch machen zu wollen. |
BGE 115 II 246 S. 249
gegen den Promissar verrechnen (Art. 122
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 122 - Wer sich zugunsten eines Dritten verpflichtet hat, kann diese Schuld nicht mit Forderungen, die ihm gegen den andern zustehen, verrechnen. |
2. Als freies Stiftungsvermögen bezeichnet man jenen Teil des Stiftungsvermögens, der nicht durch die Forderungen der Destinatäre gebunden ist. Es entsteht durch Mutationsgewinne, Verzinsung und freiwillige Zuwendungen (RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, N. 31 zu § 5; Reglement der Personalfürsorgestiftung der Anlagebank Zürich, Art. 24). Auch das freie Stiftungsvermögen untersteht indessen dem Stiftungszweck, wie er hier in Art. 1 des Reglements umschrieben ist. Es dient im vorliegenden Fall also der Fürsorge für die Arbeitnehmer der Stifterfirma sowie zur Gewährung von Unterstützungen an deren Witwen und Kinder beim Tod des Arbeitnehmers. Ferner können daraus Zahlungen an Nichtversicherte oder deren Hinterlassene ausgerichtet werden; schliesslich dient es zur Ausgleichung allfälliger Verluste der Stiftung und zur Bestreitung von Verwaltungskosten (Reglement, Art. 25). a) Während das Sparkapital der Destinatäre mit Ausnahme von einzelbestimmten Fällen dem Verbot der Barauszahlung unterliegt, also nur an andere Vorsorgeinstitutionen ausbezahlt werden darf (Art. 30
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 122 - Wer sich zugunsten eines Dritten verpflichtet hat, kann diese Schuld nicht mit Forderungen, die ihm gegen den andern zustehen, verrechnen. |
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 331c - Vorsorgeeinrichtungen dürfen für die Risiken Tod und Invalidität einen Vorbehalt aus gesundheitlichen Gründen machen. Dieser darf höchstens fünf Jahre betragen. |
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 331a - 1 Der Vorsorgeschutz beginnt mit dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis anfängt, und endet an dem Tag, an welchem der Arbeitnehmer die Vorsorgeeinrichtung verlässt. |
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1 | Der Vorsorgeschutz beginnt mit dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis anfängt, und endet an dem Tag, an welchem der Arbeitnehmer die Vorsorgeeinrichtung verlässt. |
2 | Der Arbeitnehmer geniesst jedoch einen Vorsorgeschutz gegen Tod und Invalidität, bis er in ein neues Vorsorgeverhältnis eingetreten ist, längstens aber während eines Monats. |
3 | Für den nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses gewährten Vorsorgeschutz kann die Vorsorgeeinrichtung vom Arbeitnehmer Risikobeiträge verlangen. |
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 331b - Die Forderung auf künftige Vorsorgeleistungen kann vor der Fälligkeit gültig weder abgetreten noch verpfändet werden. |
BGE 115 II 246 S. 250
Vorsorgegedanken. Die Liquidationszahlung aus dem freien Stiftungsvermögen bildet somit ebenfalls eine Vorsorgeleistung. Der "dannzumal berechtigte Destinatär" gemäss Art. 12 der Stiftungsurkunde, dessen Anwendung von der Klägerin auch vor Bundesgericht ausdrücklich zugestanden wird, kann daher nur jemand sein, für den der Vorsorgegedanke zutrifft. Mit dem Hinschied von G. fiel der Anspruch auf Auszahlung des aus dem Stiftungsvermögen entstandenen Betreffnisses deshalb nicht in die Erbmasse, sondern an die ihm als Destinatärin nachfolgende Witwe. Was die Klägerin hiegegen ausführt, vermag nicht zu überzeugen. Vor allem macht sie unter Hinweis auf BGE 111 II 169 E. 2b geltend, wegen des fehlenden Barauszahlungsverbotes für das freie Stiftungsvermögen sei dieses aus dem Vorsorgezweck entlassen. Das erwähnte Urteil betrifft indessen die in Art. 331c Abs. 4
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 331c - Vorsorgeeinrichtungen dürfen für die Risiken Tod und Invalidität einen Vorbehalt aus gesundheitlichen Gründen machen. Dieser darf höchstens fünf Jahre betragen. |
BGE 115 II 246 S. 251
Aufhebung mit Liquidation von Stiftungen, insbesondere von Personalfürsorgestiftungen, Diss. Zürich 1986, S. 161). Dass letzteres der Fall gewesen sei, hat die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich verneint. G. hat deshalb zu Lebzeiten keinen festen Leistungsanspruch erworben, der anschliessend in die Erbmasse gefallen ist. Unter diesen Umständen besteht somit kein Anlass, den auf G. entfallenden Anteil am freien Stiftungsvermögen hinsichtlich der Anspruchsberechtigung anders zu behandeln als sein Sparkapital.