114 IV 181
50. Urteil der Anklagekammer vom 25. August 1988 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern gegen Bezirksgericht Zürich
Regeste (de):
- Art. 347 und 349
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 349
- 1. Bei Antragsdelikten, die durch das Mittel der Druckerpresse begangen wurden, hat der Antragsteller die Wahl zwischen den beiden in Art. 347 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 349
- 2. a) Werden wegen mehrerer, sachlich eng zusammenhängender und in derselben Zeitung erschienener Artikel Ehrverletzungsklagen erhoben, so drängt sich - auch wenn die Autoren nicht denselben Wohnsitz haben - ein einheitlicher Gerichtsstand auf, dessen Bestimmung aufgrund der konkreten Umstände (s. E. 3b) vorzunehmen ist.
- b) Im Interesse der Verletzten sind die Verfahren jedoch jedenfalls dann getrennt durchzuführen, wenn die Betroffenen an verschiedenen Orten klagen (E. 3c).
Regeste (fr):
- Art. 347 et 349 CP.
- 1. En cas de délits commis par la voie de la presse, qui ne sont poursuivis que sur plainte, le plaignant a le choix entre les deux fors mentionnés à l'art. 347 al. 1 CP.
- 2. a) Lorsque plusieurs plaintes pour atteinte à l'honneur sont déposées à la suite d'une série d'articles parus dans le même journal et présentant un étroit rapport de connexité quant à leur matière, il est nécessaire de fixer un for unique, même si les auteurs n'habitent pas au même endroit. Ce for doit être fixé en fonction des circonstances concrètes du cas (cf. consid. 3b).
- b) Cependant, dans l'intérêt des lésés, les procédures doivent être conduites séparément, lorsque ces lésés ont déposé leurs plaintes en des lieux différents (consid. 3c).
Regesto (it):
- Art. 347 e 349 CP.
- 1. In caso di reati commessi con il mezzo della stampa e punibili a querela di parte, il querelante può scegliere tra i due fori menzionati nell'art. 347 cpv. 1 CP.
- 2. a) Ove siano presentate più querele per delitti contro l'onore in seguito ad una serie di articoli apparsi nello stesso giornale e strettamente connessi per quanto concerne il loro oggetto, occorre determinare un unico foro, anche se gli autori non sono domiciliati nello stesso luogo. Tale foro va determinato in funzione delle circostanze concrete del caso (cfr. consid. 3b).
- b) Nondimeno, nell'interesse delle parti lese, i procedimenti devono essere condotti separatamente se tali parti lese abbiano presentato le loro querele in luoghi diversi (consid. 3c).
Sachverhalt ab Seite 182
BGE 114 IV 181 S. 182
Im Sonntags-Blick erschienen zwischen September und dem 2. November 1986 mehrere Artikel über eine angebliche "Innerschweizer Finanzmafia". Darin wurden unter anderen X. und Y. namentlich genannt. Beide Betroffenen reichten am 30. Dezember 1986 gegen die Autoren A., B. und C. beim Amtsstatthalteramt Luzern-Stadt Strafklage wegen Ehrverletzung im Sinne von Art. 173 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt, |
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1 | Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt, |
2 | Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar. |
3 | Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen. |
4 | Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden. |
5 | Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen. |
Erwägungen
Erwägungen:
1. Das Bezirksgericht Zürich hat die Klagen des Y. bereits übernommen, weshalb das Gesuch der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern insoweit gegenstandslos ist.
2. Bei strafbaren Handlungen, die im Inland durch das Mittel der Druckerpresse begangen werden, sind, soweit für sie die Verantwortlichkeit besonders geregelt ist, ausschliesslich die Behörden des Ortes zuständig, wo die Druckschrift herausgegeben wurde. Ist jedoch der Verfasser der Druckschrift bekannt und hat er seinen Wohnsitz in der Schweiz, so sind die Behörden des Wohnortes gleichfalls zuständig. In diesem Fall wird das Verfahren da durchgeführt,
BGE 114 IV 181 S. 183
wo die Untersuchung zuerst angehoben wurde (Art. 347 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 349 |
3. a) X. erhob seine erste Strafklage wegen des Artikels vom 2. November 1986, der von A., B. und C. unterzeichnet war. Er reichte sie bewusst nur in Luzern ein, weil ihm bekannt war, dass A. dort wohnte. Mit dieser Ausübung des Wahlrechts (s. oben E. 2) war die Untersuchung angehoben, und der dadurch begründete Gerichtsstand galt gemäss Art. 349 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 349 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 349 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 349 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 174 - 1. Wer jemanden wider besseres Wissen bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt, |
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1 | Wer jemanden wider besseres Wissen bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt, |
2 | Ist der Täter planmässig darauf ausgegangen, den guten Ruf einer Person zu untergraben, so wird er mit Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft.233 |
3 | Zieht der Täter seine Äusserungen vor dem Gericht als unwahr zurück, so kann er milder bestraft werden. Das Gericht stellt dem Verletzten über den Rückzug eine Urkunde aus. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr. |
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1 | Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr. |
2 | Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits. |
BGE 114 IV 181 S. 184
c) Was im Gesuch der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern vorgetragen wird, dringt nicht durch. Unerheblich ist insbesondere, dass das Bezirksgericht Zürich die Strafklagen des Y. vom 30. Dezember 1986 und vom 20. April 1988 übernommen hat bzw. dass die Strafklage des Y. vom 20. April 1988 vor derjenigen des X. vom 16. Mai 1988 datiert; im vorliegenden Verfahren geht es nur um die Anzeigen von X. Es ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass die Verfahren im Interesse der Verletzten jedenfalls dann getrennt durchzuführen sind, wenn die Betroffenen an verschiedenen Orten klagen (vgl. dazu auch SCHWERI, a.a.O. N. 498); im Gegensatz zur im Gesuch geäusserten Ansicht ist eben nicht entscheidend, "dass die Angeschuldigten identisch sind", sondern dass die Anzeigeerstatter nicht identisch sind. Aus dem Gesagten ergibt sich schliesslich, dass nicht darauf abgestellt werden kann, in welchem Umfang die Untersuchungen in Sachen des Anzeigeerstatters Y. in Zürich bereits durchgeführt worden sind.