114 II 335
61. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. Dezember 1988 i.S. Fornax AG gegen Kanton Zürich (Berufung)
Regeste (de):
- Art. 135 Ziff. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 135 - Die Verjährung wird unterbrochen:
1 durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung; 2 durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs. - Unterbrechung der Verjährung trotz unrichtiger Bezeichnung des Beklagten im Begehren um Ladung zum Aussöhnungsversuch.
Regeste (fr):
- Art. 135 ch. 2 CO.
- Interruption de la prescription malgré la désignation inexacte du défendeur dans la demande de citation en conciliation.
Regesto (it):
- Art. 135 n. 2 CO.
- Interruzione della prescrizione malgrado l'indicazione inesatta del convenuto nella domanda di citazione per il tentativo di conciliazione.
Sachverhalt ab Seite 335
BGE 114 II 335 S. 335
A.- Aufgrund eines mit dem Kanton Zürich im Jahr 1977 abgeschlossenen Werkvertrags, in dem ergänzend die "Allgemeinen Bedingungen für Bauarbeiten" gemäss SIA-Norm 118 (Ausgabe 1962) gelten sollten, installierte die an der Flugplatzstrasse 59 in Grenchen domizilierte Firma Fornax AG von ihr gelieferte Kehrichtbeseitigungsanlagen in Neubauten der Universität Zürich. Die vorläufige Abnahme der Arbeiten im Sinne von Art. 26 SIA-Norm fand am 6. April 1979 statt. Innert der nachfolgenden Garantiefrist von zwei Jahren (Art. 27 Abs. 1 und 2 SIA-Norm) rügte der Kanton Zürich verschiedene Mängel, die nicht alle zu seiner Zufriedenheit behoben wurden. Am 22. August 1983 erklärte der Besteller die Wandelung des Werkvertrags.
B.- Mit Begehren an das Richteramt Solothurn-Lebern vom 28. März 1984 liess der Kanton Zürich die "Fornax Engineering AG, Erlenstr. 18, Grenchen" zum Aussöhnungsversuch über Ansprüche "betr. Werkvertrag, Wandelung, Forderung, Schadenersatz etc. (Bundesgerichtskompetenz)" laden. Am 5. April 1984 erging die Vorladung an die im Vorladungsbegehren genannten Parteien. Am Aussöhnungstermin vom 13. September 1984 bezeichnete sich Fürsprecher H. als Vertreter der Fornax Engineering AG und bestritt deren Passivlegitimation, da die Fornax AG Unternehmerin im streitigen Werkvertragsverhältnis sei.
C.- Am 3. Januar 1985 klagte der Kanton Zürich beim Amtsgericht Solothurn-Lebern gegen die Fornax AG u.a. auf Zahlung von Fr. 67'883.65 aus Wandelung einschliesslich Schadenersatz. Im auf die Frage der Verjährung beschränkten Prozess schützte das Amtsgericht die Verjährungseinrede der Beklagten und wies die Klage am 25. Februar 1987 ab. Auf Appellation des Klägers
BGE 114 II 335 S. 336
hin verwarf das Obergericht des Kantons Solothurn die Verjährungseinrede und hob das erstinstanzliche Urteil am 3. Mai 1988 auf, da die mit der vorläufigen Abnahme am 6. April 1979 in Gang gesetzte Verjährungsfrist fünf Jahre betrage und durch den Kläger mit seinem gegen die Fornax Engineering AG gerichteten Ladungsbegehren am 28. März 1984 auch gegenüber der Beklagten unterbrochen worden sei.
D.- Die Beklagte hat gegen den Entscheid des Obergerichts Berufung eingereicht und beantragt, diesen aufzuheben, den Eintritt der Verjährung festzustellen und die Klage abzuweisen. Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Zu prüfen bleibt, ob das Ladungsbegehren gegen die Fornax Engineering AG vom 28. März 1984 die am 6. April 1979 beginnende Verjährungsfrist von fünf Jahren auch gegenüber der Beklagten unterbrochen habe. a) Ob dem Begehren diese Wirkung trotz der unrichtigen Parteibezeichnung zugekommen ist, beurteilt sich nach Art. 135 Ziff. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 135 - Die Verjährung wird unterbrochen: |
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1 | durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung; |
2 | durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 135 - Die Verjährung wird unterbrochen: |
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1 | durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung; |
2 | durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 135 - Die Verjährung wird unterbrochen: |
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1 | durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung; |
2 | durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs. |
BGE 114 II 335 S. 337
ausgehen (BGE 111 II 364 f. E. 4a) und gegen den richtigen Schuldner gerichtet sind (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 2 zu Art. 139
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 139 - Haften mehrere Schuldner solidarisch, so verjährt der Regressanspruch jenes Schuldners, der den Gläubiger befriedigt hat, mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem er den Gläubiger befriedigt hat und den Mitschuldner kennt. |
BGE 114 II 335 S. 338
Kann der Schuldner über die Absichten des Gläubigers nicht im Unklaren sein, werden keine schutzwürdigen Interessen des Schuldners verletzt, wenn mit bloss formellen Fehlern in der Parteibezeichnung behaftete Prozesserklärungen dem wirklichen Willen und Verständnis entsprechend behandelt werden. In der Gewissheit des Prozessgegners über die Absichten des Ansprechers liegt auch die Rechtfertigung des Art. 139
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 139 - Haften mehrere Schuldner solidarisch, so verjährt der Regressanspruch jenes Schuldners, der den Gläubiger befriedigt hat, mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem er den Gläubiger befriedigt hat und den Mitschuldner kennt. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 139 - Haften mehrere Schuldner solidarisch, so verjährt der Regressanspruch jenes Schuldners, der den Gläubiger befriedigt hat, mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem er den Gläubiger befriedigt hat und den Mitschuldner kennt. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 139 - Haften mehrere Schuldner solidarisch, so verjährt der Regressanspruch jenes Schuldners, der den Gläubiger befriedigt hat, mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem er den Gläubiger befriedigt hat und den Mitschuldner kennt. |
BGE 114 II 335 S. 339
des Werkvertrags befasst und genaue Kenntnis von den daraus entstandenen Differenzen gehabt habe, sei zugleich alleiniger und einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat der im übrigen erst 1981 und damit nach der vorläufigen Abnahme vom 6. April 1979 gegründeten Fornax Engineering AG gewesen. Nach Zustellung der Vorladung zum Aussöhnungsversuch an die im Vorladungsbegehren bezeichneten Parteien habe denn auch der von F. beauftragte Fürsprecher H. mit Brief vom 19. Juni 1984 namens und im Auftrag der "Firma Fornax" um Verschiebung des Termins ersucht und laut Orientierungsvermerk eine Kopie des Schreibens der "Fornax AG, Flugplatz, Grenchen" zur Kenntnis zugestellt. c) Ob bei Gewissheit des Schuldners über Forderung und Ansprecher die Verjährung regelmässig selbst durch Prozesshandlungen eines nicht aktivlegitimierten Dritten unterbrochen wird (BUCHER, OR Allgemeiner Teil, 2. A. 1988, S. 464 Fn. 98; ähnlich SPIRO, a.a.O. S. 422 f., 425 und 427), ob bei für den Schuldner klarer Situation der unbeholfene oder unwissende Gläubiger ganz allgemein keinen Rechtsverlust erleiden darf (SPIRO, a.a.O. S. 421) und ob in gewissen Fällen sogar die Belangung eines anderen als des Verpflichteten unschädlich sein kann (SPIRO, a.a.O. S. 449 ff.), braucht wie in einem nicht publizierten Entscheid des Bundesgerichts vom 24. Juni 1980 i.S. K. AG und Mitb. nicht entschieden zu werden. Immerhin wurde dort in Ablehnung einer formalistischen Auffassung erkannt, dass mit dem Vorladungsbegehren dreier Gläubiger zum Aussöhnungsversuch über ihre sowie über noch nicht an sie zedierte Ansprüche weiterer achtzehn Gläubiger die Verjährung sämtlicher Ansprüche unterbrochen worden sei, da der Schuldner nach den gesamten Umständen um die Geltendmachung der Ansprüche aller einundzwanzig Gläubiger gewusst habe.