Urteilskopf

113 II 259

47. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. September 1987 i.S. Frau X. gegen Firma Z. (Berufung)
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Sachverhalt ab Seite 259

BGE 113 II 259 S. 259

A.- Frau X. trat am 18. Oktober 1982 als Büroangestellte in die Dienste der Firma Z., die im Apparatebau tätig ist. Sie bezog monatlich einen Bruttolohn von Fr. 2'700.--, der sich 1984 auf Fr. 2'755.-- erhöhte.
BGE 113 II 259 S. 260

Mit Schreiben vom 27. Dezember 1983 kündigte die Firma das Arbeitsverhältnis auf den 29. Februar 1984. Frau X. erhielt das Schreiben am 28. Dezember. Am gleichen Tag suchte sie einen Arzt auf, der sie bis auf weiteres für arbeitsunfähig erklärte. Sie war damals, wie ihre Arbeitgeberin wusste, bereits seit einigen Monaten schwanger. Am 2. Februar schrieb sie der Firma, dass sie die Kündigung als ungültig betrachte. Die Arbeitgeberin liess ihr am 24. Februar antworten, dass von einer Kündigung zur Unzeit keine Rede sein könne. Frau X. blieb weiterhin krank und nahm ihre Arbeit nicht mehr auf. Am 25. Mai gebar sie ein Kind. Mit Brief vom 28. Mai kündigte sie ihrerseits das Vertragsverhältnis auf den 31. Juli 1984.
B.- Im April 1985 klagte Frau X. gegen die Firma Z. auf Zahlung von Fr. 11'754.65 nebst Zins. Sie beanspruchte damit ihren Lohn für die Zeit von anfangs März bis Ende Juli 1984. Mit Urteil vom 21. November 1985 beschränkte das Bezirksgericht Hinwil den Lohnanspruch der Klägerin auf Fr. 4'860.-- nebst Zins. Es fand, dass die Kündigungsfrist der Beklagten wegen Krankheit der Klägerin unterbrochen, die Kündigung aber auf Ende April 1984 wirksam geworden sei. Auf Appellation beider Parteien änderte das Obergericht des Kantons Zürich dieses Urteil am 16. September 1986 lediglich dahin ab, dass es die Beklagte zur Zahlung von Fr. 1'993.30 nebst 5% Zins seit verschiedenen Verfalldaten verpflichtete, weil sie die Klage im Betrage von Fr. 2'755.-- bereits im erstinstanzlichen Verfahren anerkannt habe.

C.- Die Klägerin hat Berufung eingereicht mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von Fr. 8'532.45 nebst Zins zu verpflichten. Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

2. Nach Auffassung der Vorinstanzen ist eine Kündigung, die vom Arbeitgeber vor Beginn einer Sperrfrist erklärt wird, unabhängig davon gültig, ob der betroffene Arbeitnehmer sie zur Kenntnis nimmt oder nehmen kann; erforderlich sei bloss, dass der Arbeitgeber gutgläubig handle. Treffe dies wie hier zu, so dürfe die Kündigung nicht als empfangsbedürftige Willenserklärung angesehen werden; wenn die Erklärung in eine Sperrfrist falle, habe dies bloss zur Folge, dass die Kündigungsfrist um die Dauer der Sperre verlängert werde. Die Klägerin ist dagegen der Meinung, eine
BGE 113 II 259 S. 261

Kündigung könne ihre Wirkungen erst vom Zeitpunkt ihres Empfanges an entfalten, die Kündigungsfrist folglich auch nicht vorher zu laufen beginnen oder gar unterbrochen werden, wie die Vorinstanzen annähmen. a) Unter dem Kündigungsrecht ist die Befugnis jeder Partei zu verstehen, das Vertragsverhältnis durch einseitige Willenserklärung aufzulösen, wenn die gesetzlichen Erfordernisse erfüllt sind. Es handelt sich um ein typisches Gestaltungsrecht, das durch eine Erklärung des Berechtigten an die Gegenpartei ausgeübt wird. Die Erklärung bedarf in der Regel keiner besonderen Form; sie ist aber stets empfangsbedürftig, muss folglich dem andern Vertragspartner zugegangen sein; erst dann gilt der Erklärungsvorgang als abgeschlossen. Dieser Begriff liegt auch Art. 336
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 336 - 1 Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
1    Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
a  wegen einer Eigenschaft, die der anderen Partei kraft ihrer Persönlichkeit zusteht, es sei denn, diese Eigenschaft stehe in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
b  weil die andere Partei ein verfassungsmässiges Recht ausübt, es sei denn, die Rechtsausübung verletze eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
c  ausschliesslich um die Entstehung von Ansprüchen der anderen Partei aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln;
d  weil die andere Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht;
e  weil die andere Partei schweizerischen obligatorischen Militär- oder Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet oder eine nicht freiwillig übernommene gesetzliche Pflicht erfüllt.
2    Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist im Weiteren missbräuchlich, wenn sie ausgesprochen wird:
a  weil der Arbeitnehmer einem Arbeitnehmerverband angehört oder nicht angehört oder weil er eine gewerkschaftliche Tätigkeit rechtmässig ausübt;
b  während der Arbeitnehmer gewählter Arbeitnehmervertreter in einer betrieblichen oder in einer dem Unternehmen angeschlossenen Einrichtung ist, und der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er einen begründeten Anlass zur Kündigung hatte;
c  im Rahmen einer Massenentlassung, ohne dass die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer, konsultiert worden sind (Art. 335f).
3    Der Schutz eines Arbeitnehmervertreters nach Absatz 2 Buchstabe b, dessen Mandat infolge Übergangs des Arbeitsverhältnisses endet (Art. 333), besteht so lange weiter, als das Mandat gedauert hätte, falls das Arbeitsverhältnis nicht übertragen worden wäre.195
OR zugrunde (KRAMER, N. 29 zu Art. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
OR). Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist daher rechtzeitig und unter Vorbehalt von Hinderungsgründen im Sinne von Art. 336e
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
und 336f
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
OR auch wirksam, wenn die Erklärung vor Beginn der Kündigungsfrist beim Adressaten eintrifft. Den Beweis für die Rechtzeitigkeit oder allfällige Hinderungsgründe trägt nach der allgemeinen Regel des Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB jene Partei, die daraus Rechte ableitet. Dass und warum der Begriff in Art. 336e
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
OR, der sich mit Kündigungen des Arbeitgebers zur Unzeit befasst, einen andern Sinn haben sollte, wie die Vorinstanzen anzunehmen scheinen, ist nicht zu ersehen. Gewiss leuchtet nicht ohne weiteres ein, dass gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung die Kündigung nichtig ist, wenn sie während einer in Abs. 1 festgesetzten Sperrfrist erklärt wird, eine schon vorher abgegebene Erklärung dagegen die Kündigungsfrist bloss unterbricht und nach Beendigung der Sperre weiterlaufen lässt. Die Rechtfertigung derart unterschiedlicher Folgen ist offenbar darin zu erblicken, dass nach dem geltenden Verständnis zu den Gestaltungsrechten eine Kündigung sich nicht als nichtig ausgeben lässt, wenn der Hinderungsgrund erst eintritt, nachdem der Betroffene die Kündigung erhalten hat. Der Wortlaut von Art. 336e Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 336 - 1 Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
1    Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
a  wegen einer Eigenschaft, die der anderen Partei kraft ihrer Persönlichkeit zusteht, es sei denn, diese Eigenschaft stehe in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
b  weil die andere Partei ein verfassungsmässiges Recht ausübt, es sei denn, die Rechtsausübung verletze eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
c  ausschliesslich um die Entstehung von Ansprüchen der anderen Partei aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln;
d  weil die andere Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht;
e  weil die andere Partei schweizerischen obligatorischen Militär- oder Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet oder eine nicht freiwillig übernommene gesetzliche Pflicht erfüllt.
2    Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist im Weiteren missbräuchlich, wenn sie ausgesprochen wird:
a  weil der Arbeitnehmer einem Arbeitnehmerverband angehört oder nicht angehört oder weil er eine gewerkschaftliche Tätigkeit rechtmässig ausübt;
b  während der Arbeitnehmer gewählter Arbeitnehmervertreter in einer betrieblichen oder in einer dem Unternehmen angeschlossenen Einrichtung ist, und der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er einen begründeten Anlass zur Kündigung hatte;
c  im Rahmen einer Massenentlassung, ohne dass die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer, konsultiert worden sind (Art. 335f).
3    Der Schutz eines Arbeitnehmervertreters nach Absatz 2 Buchstabe b, dessen Mandat infolge Übergangs des Arbeitsverhältnisses endet (Art. 333), besteht so lange weiter, als das Mandat gedauert hätte, falls das Arbeitsverhältnis nicht übertragen worden wäre.195
OR ist indes eindeutig und lässt keinen Raum zum Streit darüber, ob Nichtigkeit einer Kündigung das geeignete Mittel ist, den Arbeitnehmer entsprechend dem Grundgedanken des Gesetzes vor sozialwidrigen Kündigungen zu schützen. Der Richter hat sich daher an die Unterscheidung des Gesetzes zu halten (BGE 109 II 331 /32).
Ein anderer Sinn ergibt sich auch nicht daraus, dass in Art. 336e Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 336 - 1 Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
1    Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
a  wegen einer Eigenschaft, die der anderen Partei kraft ihrer Persönlichkeit zusteht, es sei denn, diese Eigenschaft stehe in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
b  weil die andere Partei ein verfassungsmässiges Recht ausübt, es sei denn, die Rechtsausübung verletze eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
c  ausschliesslich um die Entstehung von Ansprüchen der anderen Partei aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln;
d  weil die andere Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht;
e  weil die andere Partei schweizerischen obligatorischen Militär- oder Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet oder eine nicht freiwillig übernommene gesetzliche Pflicht erfüllt.
2    Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist im Weiteren missbräuchlich, wenn sie ausgesprochen wird:
a  weil der Arbeitnehmer einem Arbeitnehmerverband angehört oder nicht angehört oder weil er eine gewerkschaftliche Tätigkeit rechtmässig ausübt;
b  während der Arbeitnehmer gewählter Arbeitnehmervertreter in einer betrieblichen oder in einer dem Unternehmen angeschlossenen Einrichtung ist, und der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er einen begründeten Anlass zur Kündigung hatte;
c  im Rahmen einer Massenentlassung, ohne dass die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer, konsultiert worden sind (Art. 335f).
3    Der Schutz eines Arbeitnehmervertreters nach Absatz 2 Buchstabe b, dessen Mandat infolge Übergangs des Arbeitsverhältnisses endet (Art. 333), besteht so lange weiter, als das Mandat gedauert hätte, falls das Arbeitsverhältnis nicht übertragen worden wäre.195
OR von der "Kündigung, die ... erklärt wird" bzw. "erfolgt"
BGE 113 II 259 S. 262

ist, in Art. 336 bis
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
336d sowie in Art. 336f
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
und 336g
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
OR dagegen durchwegs von "kündigen" die Rede ist. Es handelt sich um Wendungen gleicher Bedeutung; sie werden in den romanischen Gesetzestexten denn auch bald mit "résilier" bzw. "disdire", bald mit "donner congé" bzw. "dare la disdetta" wiedergegeben. Zu bedenken ist ferner, dass Art. 336e
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
OR nicht den Arbeitgeber massregeln, sondern nur den Arbeitnehmer vor Kündigungen mit unerwünschten Auswirkungen, die sich aus den in Abs. 1 erwähnten Umständen ergeben können, während einer bestimmten Zeit bewahren will. Der billige Interessenausgleich, der gemäss Botschaft zur Novelle mit der Vorschrift angestrebt wird (BBl 1967 II 379), wird entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht dadurch erreicht, dass die Bestimmung zulasten des Arbeitgebers weit ausgelegt wird; er liegt vielmehr in den zeitlichen Kündigungsbeschränkungen als solchen, die sinngemäss übrigens auch vom Arbeitnehmer zu beachten sind (Art. 336f
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
OR). Bei Erkrankung des Arbeitnehmers ist daher unerheblich, ob der Arbeitgeber, der das Vertragsverhältnis durch Kündigung auflösen will, darum weiss oder nicht; das leuchtet namentlich dann ein, wenn ein Arbeitnehmer im Aussendienst tätig ist oder während der Ferien erkrankt. Daraus erhellt, dass stets von einer empfangsbedürftigen Willenserklärung auszugehen, für die Beurteilung der Frage, ob ein Hinderungsgrund im Sinne von Art. 336e
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
OR vorliegt, folglich der Zeitpunkt massgebend ist, zu dem die Erklärung dem Betroffenen zugeht. Ist der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt bereits erkrankt, so ist die Kündigung nichtig; ein Vorbehalt dürfte immerhin für den Fall angebracht sein, dass die Erklärung offensichtlich verfrüht ist und der Arbeitnehmer sich noch vor Beginn der Kündigungsfrist erholt (U. STREIFF, Leitfaden zum Arbeitsvertragsrecht, 4. Aufl. S. 244 N. 2 zu Art. 336e
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
-f OR). Erkrankt er dagegen erst nach Empfang der Erklärung, so wird diese Frist für die Dauer der Sperre unterbrochen und dann fortgesetzt. b) Nach dem angefochtenen Urteil muss angenommen werden, dass die Klägerin plötzlich erkrankt ist. Wann dies geschehen ist, ob vor oder nach Erhalt des Kündigungsschreibens, geht aus dem Urteil nicht hervor. Wie schon das Bezirksgericht, übergeht auch das Obergericht die Frage in der Meinung, dass die Kündigung vorliegend so oder anders als gültig anzusehen sei, weil die Beklagte das Kündigungsrecht gutgläubig ausgeübt habe. Das widerspricht indes dem klaren Wortlaut des Art. 336e Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 336 - 1 Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
1    Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
a  wegen einer Eigenschaft, die der anderen Partei kraft ihrer Persönlichkeit zusteht, es sei denn, diese Eigenschaft stehe in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
b  weil die andere Partei ein verfassungsmässiges Recht ausübt, es sei denn, die Rechtsausübung verletze eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
c  ausschliesslich um die Entstehung von Ansprüchen der anderen Partei aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln;
d  weil die andere Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht;
e  weil die andere Partei schweizerischen obligatorischen Militär- oder Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet oder eine nicht freiwillig übernommene gesetzliche Pflicht erfüllt.
2    Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist im Weiteren missbräuchlich, wenn sie ausgesprochen wird:
a  weil der Arbeitnehmer einem Arbeitnehmerverband angehört oder nicht angehört oder weil er eine gewerkschaftliche Tätigkeit rechtmässig ausübt;
b  während der Arbeitnehmer gewählter Arbeitnehmervertreter in einer betrieblichen oder in einer dem Unternehmen angeschlossenen Einrichtung ist, und der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er einen begründeten Anlass zur Kündigung hatte;
c  im Rahmen einer Massenentlassung, ohne dass die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer, konsultiert worden sind (Art. 335f).
3    Der Schutz eines Arbeitnehmervertreters nach Absatz 2 Buchstabe b, dessen Mandat infolge Übergangs des Arbeitsverhältnisses endet (Art. 333), besteht so lange weiter, als das Mandat gedauert hätte, falls das Arbeitsverhältnis nicht übertragen worden wäre.195
OR, der
BGE 113 II 259 S. 263

die unterschiedlichen Rechtsfolgen unbekümmert um das Wissen des Arbeitgebers vom Zeitpunkt abhängig macht, an dem die Kündigung dem Betroffenen zugeht. Das angefochtene Urteil ist daher gestützt auf Art. 64 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
OG aufzuheben und die Sache zur Klärung der offengelassenen Frage an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sollte zutreffen, dass die Klägerin schon am Morgen des 28. Dezember 1983 wegen Erkrankung den Arzt aufgesucht und das Kündigungsschreiben erst nachher erhalten hat, wie sie im kantonalen Verfahren behauptete, so fiel die Kündigung in die Sperrfrist von acht Wochen gemäss Art. 336e Abs. 1 lit. b
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 336 - 1 Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
1    Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist missbräuchlich, wenn eine Partei sie ausspricht:
a  wegen einer Eigenschaft, die der anderen Partei kraft ihrer Persönlichkeit zusteht, es sei denn, diese Eigenschaft stehe in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
b  weil die andere Partei ein verfassungsmässiges Recht ausübt, es sei denn, die Rechtsausübung verletze eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb;
c  ausschliesslich um die Entstehung von Ansprüchen der anderen Partei aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln;
d  weil die andere Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht;
e  weil die andere Partei schweizerischen obligatorischen Militär- oder Schutzdienst oder schweizerischen Zivildienst leistet oder eine nicht freiwillig übernommene gesetzliche Pflicht erfüllt.
2    Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist im Weiteren missbräuchlich, wenn sie ausgesprochen wird:
a  weil der Arbeitnehmer einem Arbeitnehmerverband angehört oder nicht angehört oder weil er eine gewerkschaftliche Tätigkeit rechtmässig ausübt;
b  während der Arbeitnehmer gewählter Arbeitnehmervertreter in einer betrieblichen oder in einer dem Unternehmen angeschlossenen Einrichtung ist, und der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er einen begründeten Anlass zur Kündigung hatte;
c  im Rahmen einer Massenentlassung, ohne dass die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer, konsultiert worden sind (Art. 335f).
3    Der Schutz eines Arbeitnehmervertreters nach Absatz 2 Buchstabe b, dessen Mandat infolge Übergangs des Arbeitsverhältnisses endet (Art. 333), besteht so lange weiter, als das Mandat gedauert hätte, falls das Arbeitsverhältnis nicht übertragen worden wäre.195
OR, war folglich nichtig; andernfalls begann die Kündigungsfrist spätestens am 22. Februar 1984 zu laufen, als die Sperre von acht Wochen zu Ende ging. Im ersten Fall fragt sich ferner, ob die Beklagte die Kündigung mit Schreiben vom 24. Februar 1984, das dem Vertreter der Klägerin am 27. Februar 1984 zuging, wiederholt habe, was sie schon im kantonalen Verfahren geltend gemacht hat. Ist das zu bejahen, so hätte sie das Arbeitsverhältnis auf Ende April 1984 gelöst. Im einen wie im andern Fall stellt sich zudem die Frage einer Kumulation von Sperrfristen (BGE 109 II 333), da Ende März 1984 die Sperre von acht Wochen gemäss Art. 336e Abs. 1 lit. c
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
OR wegen Niederkunft der Klägerin zu laufen begann.

3. Die Klägerin macht geltend, dass die Lohnzahlungspflicht der Beklagten selbst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Ende April 1984 in jedem Fall noch bis Ende Juli 1984 bestanden habe; gemäss Ziff. 5 des Arbeitsvertrages habe sie nämlich ab dem 91. Tag einer Krankheit noch Anspruch auf 80% des Lohnes gehabt. Diese Auffassung ist unhaltbar. Die Vorinstanzen halten der Klägerin mit Recht entgegen, dass mangels einer ausdrücklichen Abrede eine Lohnzahlungspflicht, die über die Dauer des Vertragsverhältnisses hinausginge, zu verneinen ist. Das deckt sich mit der herrschenden Lehre, die diesfalls einen Vorbehalt nur für den Fall macht, dass der Arbeitgeber das Vertragsverhältnis in der Absicht kündigt, seiner Lohnzahlungspflicht zu entgehen (SCHWEINGRUBER, Kommentar zum Arbeitsvertrag, S. 113; STAEHELIN, N. 51/52 und REHBINDER, N. 26 zu Art. 324a
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 324a - 1 Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes, ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert, so hat ihm der Arbeitgeber für eine beschränkte Zeit den darauf entfallenden Lohn zu entrichten, samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist.
1    Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes, ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert, so hat ihm der Arbeitgeber für eine beschränkte Zeit den darauf entfallenden Lohn zu entrichten, samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist.
2    Sind durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag nicht längere Zeitabschnitte bestimmt, so hat der Arbeitgeber im ersten Dienstjahr den Lohn für drei Wochen und nachher für eine angemessene längere Zeit zu entrichten, je nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und den besonderen Umständen.
3    Bei Schwangerschaft der Arbeitnehmerin hat der Arbeitgeber den Lohn im gleichen Umfang zu entrichten.115
4    Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann eine von den vorstehenden Bestimmungen abweichende Regelung getroffen werden, wenn sie für den Arbeitnehmer mindestens gleichwertig ist.
OR). Für einen solchen Sachverhalt liegt hier jedoch nichts vor.

BGE 113 II 259 S. 264

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird, soweit auf sie eingetreten werden kann, teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 16. September 1986 aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 113 II 259
Date : 29. September 1987
Published : 31. Dezember 1987
Source : Bundesgericht
Status : 113 II 259
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Kündigung des Arbeitsverhältnisses zur Unzeit. 1. Art. 336 und 336e Abs. 2 OR. Die Kündigung als empfangsbedürftige Willenserklärung


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OG: 64
OR: 1  324a  336  336bis  336e  336f  336g
ZGB: 8
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109-II-330 • 109-II-333 • 113-II-259
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BBl
1967/II/379