BGE-113-IB-148
Urteilskopf
113 Ib 148
26. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28. Juli 1987 i.S. Eidgenössisches Departement des Innern gegen Politische Gemeinde Surcuolm und Regierung des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 25bis Abs. 1 lit. a
und Art. 25ter
FPolV.
- Kompetenzdelegation des Bundes an die Kantone zur Bewilligung von Rodungen im Schutzwaldgebiet: Ist eine erste Bewilligung durch Zeitablauf untergegangen und wurden die entsprechenden Rodungen überhaupt nicht vorgenommen, so darf sie bei der Berechnung der anzurechnenden Rodungsfläche in einem späteren Verfahren nicht berücksichtigt werden (E. 2).
- Art. 26
FPolV.
- Koordination der für die Erstellung eines öffentlichen Werkes notwendigen Bewilligungen mit der Rodungsbewilligung nach Art. 26
FPolV (E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 25bis al. 1 let. a et art. 25ter OFor.
- Délégation de la Confédération aux cantons de la compétence pour autoriser des défrichements dans la zone des forêts protectrices: une première autorisation qui serait parvenue à échéance sans avoir du tout été utilisée n'a pas à être prise en compte pour le calcul de la surface à défricher dans le cadre d'une procédure ultérieure (consid. 2).
- Art. 26 OFor.
- Coordination entre les autorisations nécessaires pour la construction d'un ouvrage public et l'autorisation de défricher selon l'art. 26 OFor (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 25bis cpv. 1 lett. a e art. 25ter OVPF.
- Delegazione da parte della Confederazione ai Cantoni della competenza per autorizzare dissodamenti nella zona delle foreste protettrici: una prima autorizzazione scaduta senza essere stata utilizzata neppure in parte non dev'essere presa in considerazione ai fini del computo della superficie da dissodare nel quadro di un'ulteriore procedura (consid. 2).
- Art. 26 OVPF.
- Coordinazione tra le autorizzazioni necessarie per la costruzione di un'opera pubblica e il permesso di dissodamento ai sensi dell'art. 26 OVPF (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 148
BGE 113 Ib 148 S. 148
Die Gemeinde Surcuolm stellte am 30. Mai 1986 ein Rodungsgesuch für ca. 2500 m2 Schutzwald für die Errichtung einer Aushub- und
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Bauschuttdeponie. Das Gesuch bezieht sich auf die im Gebiet "Val da Cavegn" in der Gemeinde Surcuolm gelegenen Parzellen Nrn. 143 und 149. Nach der Durchführung eines Augenscheins am 17. Juli 1986 änderte die Gemeinde Surcuolm ihr Projekt, was zur Folge hatte, dass sich die Rodungsfläche auf ca. 2000 m2 reduzierte. Mit Entscheid vom 16. März 1987 entsprach die Regierung des Kantons Graubünden diesem Gesuch unter verschiedenen Bedingungen und Auflagen. Am 12. Mai 1980 hatte sie der Gemeinde Surcuolm für den gleichen Zweck bereits eine Rodung von ca. 1330 m2 Schutzwald bewilligt. Die Gemeinde hatte aber von dieser Ende 1983 abgelaufenen Rodungsbewilligung für einen ca. 700 m östlich von "Val da Cavegn" liegenden Standort keinen Gebrauch gemacht. Sie bezeichnet die gemäss Rodungsgesuch vom 30. Mai 1986 geplante Deponie als kostengünstiger. Gegen den Rodungsentscheid der Regierung vom 16. März 1987 führt das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, dieser sei wegen Verletzung von Bundesrecht (Art. 104 lit. a

Erwägungen
Auszug aus den Erwägungen:
2. a) Gemäss Art. 25bis Abs. 1 lit. a


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Rodungsflächen den Grundsätzen von Art. 25ter




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von Rodungen im Schutzwaldgebiet können sie jedoch nur bis zu einer Fläche von 30 a im Einzelfall zuständig erklärt werden. Der Bundesrat hat in der Forstpolizeiverordnung von dieser Delegationsmöglichkeit Gebrauch gemacht und erklärt in Art. 25bis Abs. 1 lit. a








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erscheint die eben erörterte Auslegung von Art. 25ter


3. a) Das EDI wirft der Regierung des Kantons Graubünden im weiteren vor, sie habe Art. 26




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raumplanerischen Rahmenbedingungen bisher noch nicht geschaffen worden seien. Die angefochtene Rodungsbewilligung wird nicht unter dem Vorbehalt der Schaffung einer Deponie- und Abbauzone erteilt. In Ziff. 13 des Dispositivs des angefochtenen Entscheides wird vielmehr bloss angeordnet, die raumplanerischen Voraussetzungen für eine längerfristige Deponie - wie sie die Gemeinde Surcuolm plant - seien mit der Ausscheidung einer entsprechenden Zone erst noch zu schaffen. Ob sich eine solche Nutzungsplanung durchführen lässt oder ob dieses Vorhaben im Rahmen des Festsetzungs- oder des daran anschliessenden Rechtsschutzverfahrens scheitert, ist offen. Im angefochtenen Entscheid wird ausgeführt, nach Angaben des Amtes für Raumplanung befinde sich die geplante Deponie in unmittelbarer Nähe einer Wohnzone I (2. Etappe). In der Stellungnahme vom 23. Juli 1986 hält diese Behörde die Nachbarschaft von Deponie und Wohnzone aus Immissionsgründen für unerwünscht. Zudem regt sie an, die Lösung des Deponieproblems auf überkommunaler Ebene zu suchen, wenn in der Gemeinde Surcuolm tatsächlich kein besserer Standort zur Verfügung stehe. Trotz diesen ernstzunehmenden Einwendungen seitens der bau- und planungsrechtlichen Fachinstanz, durch welche unter anderem die Standortgebundenheit des Deponieprojekts in Frage gestellt wird, will die Gemeinde im Einvernehmen mit der Regierung die Deponie umgehend und offenbar vor der Festsetzung einer entsprechenden Zone in Betrieb nehmen, hat sie sich doch im vorliegenden Verfahren vor Bundesgericht dem Begehren des EDI, der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung beizulegen, widersetzt und erklärt, wirtschaftliche und ökologische Gründe sprächen für eine rasche Realisierung des Vorhabens. Soll die Deponie aber vor der rechtskräftigen Ausscheidung einer Deponie- und Abbauzone realisiert werden, so bedarf es einer Ausnahmebewilligung für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen im Sinne von Art. 24 Abs. 1

SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn: |
BGE 113 Ib 148 S. 154
die Anregung des Amtes für Raumplanung, das Deponieproblem überkommunal zu regeln, nicht weiter verfolgt. Insbesondere aber wurde auch nicht abgeklärt, ob das Vorhaben neben der bau- und planungsrechtlichen Bewilligung im Sinne von Art. 22

SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 22 Baubewilligung - 1 Bauten und Anlagen dürfen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. |

SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn: |

SR 814.01 Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG) - Umweltschutzgesetz USG Art. 30 Grundsätze - 1 Die Erzeugung von Abfällen soll soweit möglich vermieden werden. |

SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 22 - 1 Die zuständige kantonale Behörde kann für das Sammeln und Ausgraben geschützter Pflanzen und das Fangen von Tieren zu wissenschaftlichen sowie zu Lehr- und Heilzwecken in bestimmten Gebieten Ausnahmen gestatten. |


Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen, und der Beschluss der Regierung des Kantons Graubünden vom 16. März 1987 wird aufgehoben. Die Sache wird zur Neubehandlung an die Regierung des Kantons Graubünden zurückgewiesen.
Gesetzesregister
FPolG 31FPolG 50FPolV 25 bisFPolV 25 terFPolV 26
NHG 22
OG 104
RPG 22
RPG 24
USG 30
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 22 - 1 Die zuständige kantonale Behörde kann für das Sammeln und Ausgraben geschützter Pflanzen und das Fangen von Tieren zu wissenschaftlichen sowie zu Lehr- und Heilzwecken in bestimmten Gebieten Ausnahmen gestatten. |
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 22 Baubewilligung - 1 Bauten und Anlagen dürfen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. |
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn: |
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