111 IV 51
15. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. April 1985 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- 1. Art. 144
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 144 - 1 Wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1 Wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Hat der Täter die Sachbeschädigung aus Anlass einer öffentlichen Zusammenrottung begangen, so wird er von Amtes wegen verfolgt. 3 Hat der Täter einen grossen Schaden verursacht, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Die Tat wird von Amtes wegen verfolgt.203 SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
- Zwischen Gehilfenschaft zu Vermögensdelikten und Hehlerei am Beutegut besteht Realkonkurrenz (E. 1).
- 2. Art. 129
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 129 - Wer einen Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
- Wer in einem Handgemenge (allenfalls behindert durch Tränengas) versucht, eine Waffe durch Ladebewegung schiessfertig zu machen, schafft eine nahe Todesgefahr für in unmittelbarer Nähe weilende Menschen; ein Gelingen der Ladebewegung bzw. der Schussabgabe ist nicht notwendig (E. 2).
Regeste (fr):
- 1. Art. 144, 25 CP; recel et complicité d'infraction contre le patrimoine.
- Il y a concours réel entre la complicité d'infraction contre le patrimoine et le recel des biens soustraits (consid. 1).
- 2. Art. 129 CP; mise en danger de la vie d'autrui.
- Celui qui, au cours d'une lutte (le cas échéant handicapé par du gaz lacrymogène), tente d'effectuer un mouvement de culasse pour permettre à son arme de tirer, crée un danger de mort imminent pour les personnes se trouvant immédiatement à proximité; il n'est pas nécessaire pour cela que le mouvement de culasse, respectivement le coup de feu soient intervenus (consid. 2).
Regesto (it):
- 1. Art. 144, 25 CP; ricettazione e complicità nel reato presupposto della ricettazione.
- Sussiste concorso reale tra la complicità in reati contro il patrimonio e la ricettazione dei beni così sottratti (consid. 1).
- 2. Art. 129 CP; esposizione a pericolo della vita altrui.
- Chi, durante una lotta (ostacolato eventualmente da gas lacrimogeno), tenta di caricare un'arma perché sia pronta a tirare, crea un imminente pericolo di vita per le persone che si trovano in prossimità; non occorre all'uopo che il movimento di carica o lo sparo abbia luogo (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 52
BGE 111 IV 51 S. 52
A.- Am 29. Oktober 1984 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich B. wegen Gehilfenschaft zu Raub, wiederholten Diebstahls, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruchs, Hehlerei, Betrugs, versuchter Gefährdung des Lebens, Gewalt und Drohung gegen Beamte, Entwendung zum Gebrauch und verbotenen Waffentragens zu 4 1/2 Jahren Zuchthaus, abzüglich 418 Tagen Untersuchungs- und Sicherheitshaft, sowie zu Fr. 2000.-- Busse und 15 Jahren Landesverweisung (unbedingt). Den Schuldsprüchen wegen Gehilfenschaft zu Raub, Hehlerei und Gefährdung des Lebens lagen folgende Sachverhalte zugrunde: - Im Bewusstsein darum, dass zwei ihm bekannte Männer, einen Raubüberfall auf eine Migros-Filiale in Baden begehen wollten, führte B. diese am 21. April 1982 mit dem Personenwagen seiner Freundin zum Standort des von ihm zuvor entwendeten und den Delinquenten überlassenen Tatfahrzeugs. Nach verübter Tat (Beute Fr. 34'793.--) holte er die beiden Täter am verabredeten Ort ab und brachte sie nach Wettingen. Am 23. April 1982 erhielt er von ihnen seinen Beuteanteil von Fr. 2112.35 ausgehändigt. - Am 6. März 1984 wurde der zur Verhaftung ausgeschriebene B. von zwei Polizeibeamten im Restaurant Bonnie Prince Pub in Zürich kontrolliert. Es gelang ihm jedoch, seine Pistole aus dem
BGE 111 IV 51 S. 53
Schulterhalfter zu nehmen. In der Folge versuchte er - um die Polizeibeamten von einer Verhaftung abzuhalten -, einen Schuss in die Decke eines Restaurantteils abzufeuern, in dem sich keine Gäste aufhielten. Infolge eines Defekts konnte er dieses Vorhaben nicht ausführen. Während des darauf einsetzenden Handgemenges mit den Polizeibeamten machte er eine Ladebewegung. Da sich die Patrone zwischen Stossboden und Lauf verklemmte, war eine Schussabgabe jedoch erneut nicht möglich. Weitere Versuche, seine Waffe einzusetzen, konnte die Polizei verhindern.
B.- Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich ficht B. mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde an. Er beantragt u.a., der vorinstanzliche Entscheid sei hinsichtlich der Schuldsprüche wegen Hehlerei und versuchter Gefährdung des Lebens aufzuheben.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. a) Der Beschwerdeführer kritisiert die gleichzeitige Verurteilung wegen Gehilfenschaft zu Raub und Hehlerei am Beutegut. Er macht geltend, der Gehilfe sei als Teilnehmer an der Vortat gleich zu behandeln wie der Täter und Mittäter; auf eine Bestrafung wegen Hehlerei an der durch die Vortat erlangten Beute müsse auch deshalb verzichtet werden, weil der Gehilfe - bei einem Verzicht auf eine Strafmilderung gemäss Art. 25
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft. |
b) Das Bundesgericht hat in BGE 70 IV 70 entschieden, dass der Anstifter zur Veruntreuung, der später die Beute erwirbt, zusätzlich auch wegen Hehlerei zu bestrafen ist, weil er mehr tat als das, was durch die Bestimmung über Anstiftung erfasst wird. Selbst dort wo diese Rechtsprechung in der Doktrin kritisiert worden ist, blieb ihre analoge Anwendung auf die Konkurrenzfrage zwischen Gehilfenschaft bei der Vortat und Hehlerei an der Beute unbestritten (STRATENWERTH, BT I, 4. Auflage, N. 28, S. 293; TRECHSEL, ZStR 91/1975 S. 404/405: Dieser Autor nimmt echte Konkurrenz zwischen Gehilfenschaft bei Vermögensdelikten und Hehlerei nur in den Fällen an, wo die Vortat mit schwererer Strafe bedroht ist als die Hehlerei; vgl. auch LOGOZ, Partie spéciale I, N. 4 zu Art. 144
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 144 - 1 Wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Hat der Täter die Sachbeschädigung aus Anlass einer öffentlichen Zusammenrottung begangen, so wird er von Amtes wegen verfolgt. |
3 | Hat der Täter einen grossen Schaden verursacht, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Die Tat wird von Amtes wegen verfolgt.203 |
BGE 111 IV 51 S. 54
über einen Tatmittler erlangt - insbesondere keine entscheidende Verfügungsgewalt über das erbeutete Vermögensgut zu. Durch seine Verurteilung wegen Gehilfenschaft zu Vermögensdelikten wird deshalb eine allfällige spätere Hehlerei an der Beute nicht mitabgegolten. Soweit der Beschwerdeführer seine gegenteilige Ansicht mit dem Hinweis auf die Gefahr begründet, der Gehilfe werde strenger bestraft als der Vortäter, übersieht er, dass dies zwar allein mit Blick auf Art. 68 Ziff. 1
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an. |
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1 | Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an. |
2 | Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an. |
3 | Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag. |
4 | Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn: |
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1 | Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn: |
a | der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und |
b | zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen. |
2 | Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen. |
3 | Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern. |
4 | Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern. |
2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 129
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 129 - Wer einen Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 21 - Wer bei Begehung der Tat nicht weiss und nicht wissen kann, dass er sich rechtswidrig verhält, handelt nicht schuldhaft. War der Irrtum vermeidbar, so mildert das Gericht die Strafe. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 129 - Wer einen Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE 111 IV 51 S. 55
verneinte aber das objektive Tatbestandselement der unmittelbaren Lebensgefährdung. Weil die verklemmte Patrone eine Schussabgabe verhindert hatte, sprach sie den Beschwerdeführer nur wegen versuchter Gefährdung des Lebens schuldig. Diese Ansicht geht fehl. Der Tatsache, dass die Ladebewegung trotz der Bemühungen des Beschwerdeführers und vor allem wegen des Eingreifens der Polizei nicht gelang, kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Der objektive Tatbestand von Art. 129
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 129 - Wer einen Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 129 - Wer einen Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |