Urteilskopf

111 III 55

13. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 9. April 1985 i.S. W. (Rekurs)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 55

BGE 111 III 55 S. 55

Über W. wurde am 19. Juli 1984 gestützt auf seine Insolvenzerklärung der Konkurs eröffnet. Das Konkursamt nahm in der Folge das Inventar auf. Gegenüber allen Gegenständen wurden Drittansprachen erhoben. Das Konkursamt anerkannte zwei Nachttischchen, ein Doppelbett, einen Kleiderschrank und ein Büchergestell als für den Schuldner unentbehrlich und damit als unpfändbar. Der Schuldner machte mit Beschwerde an die untere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs geltend, er sei noch auf weitere Möbel zur Ausübung seines Berufs als selbständiger Rechts- und Unternehmensberater angewiesen. Die untere Aufsichtsbehörde hiess die Beschwerde am 29. November 1984 teilweise gut und wies das Konkursamt an, noch einen Tisch mit drei Stühlen und einen Schreibtisch dem Kompetenzgut zuzuordnen. Die obere kantonale Aufsichtsbehörde wies eine Beschwerde des Schuldners, in welcher er noch weitere Möbel und Gegenstände aufgeführt hatte, denen Kompetenzqualität zuzusprechen sei, am 7. März 1985 ab. W. führt Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Diese heisst den Rekurs teilweise gut, soweit auf ihn eingetreten werden kann, hebt den angefochtenen Entscheid auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
BGE 111 III 55 S. 56

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Im vorliegenden Fall hat der Rekurrent die Unpfändbarkeit von Möbeln und Gegenständen geltend gemacht, die ihm einerseits zum persönlichen Gebrauch dienen und die er anderseits für die Berufsausübung als Rechtsberater benötige. Zum persönlichen Gebrauch hat ihm das Konkursamt bzw. die untere Aufsichtsbehörde ein Bett, zwei Nachttischchen, einen Tisch mit drei Stühlen und einen Kleiderschrank und damit das Allernotwendigste belassen. Dass diese Möbel von Dritten als Eigentum beansprucht werden, ist ohne Belang. Da sie infolge ihrer Unpfändbarkeit nicht verwertet werden können, braucht sich das Konkursamt keine Gedanken darüber zu machen, ob sie auch tatsächlich dem Schuldner gehören oder nicht. Sollte der Drittansprecher sie der Verfügung des Schuldners entziehen, so geschieht dies nicht im Rahmen der Betreibung, sondern aufgrund des Willensentschlusses einer Drittperson, auf die das Konkursamt keinen Einfluss nehmen kann. Besitzt der Schuldner nicht einmal die zum Leben unbedingt notwendigen Möbel und Gegenstände, so ist es weder Sache des Konkursamtes noch der betreibenden Gläubiger, ihm diese zu liefern. Im übrigen ist zu beachten, dass für die Bestimmung der Kompetenzqualität nach feststehender Rechtsprechung die Verhältnisse im Zeitpunkt der Pfändung oder der Inventaraufnahme massgebend sind (BGE 108 III 67 E. 2 i.f., BGE 98 III 32, BGE 97 III 53 E. 1 und 59 E. 3). Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Rekurrent im Zeitpunkt der Inventaraufnahme noch über die zum Leben unbedingt notwendigen Möbel verfügte, die denn auch vom Konkursamt und von der untern Aufsichtsbehörde als unpfändbar erklärt worden sind.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 111 III 55
Datum : 09. April 1985
Publiziert : 31. Dezember 1986
Quelle : Bundesgericht
Status : 111 III 55
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Art. 92 Ziff. 1 SchKG; Pfändbarkeit von Möbeln, an denen Drittansprachen geltend gemacht werden. Das Betreibungsamt kann


Gesetzesregister
SchKG: 92
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
BGE Register
108-III-65 • 111-III-55 • 97-III-52 • 98-III-31
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
konkursamt • schuldner • untere aufsichtsbehörde • drittansprache • leben • angewiesener • eigentum • wiese • inventar • wirkung • entscheid • kantonales rechtsmittel • betreibungsamt • vorinstanz • bundesgericht • sachverhalt