111 II 103
24. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. Januar 1985 i.S. S. gegen S. und Appellationshof Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 145 und 160 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 160 - 1 Jeder Ehegatte behält seinen Namen.
1 Jeder Ehegatte behält seinen Namen. 2 Die Verlobten können aber gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie einen ihrer Ledignamen als gemeinsamen Familiennamen tragen wollen.221 3 Behalten die Verlobten ihren Namen, so bestimmen sie, welchen ihrer Ledignamen ihre Kinder tragen sollen. In begründeten Fällen kann die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte die Verlobten von dieser Pflicht befreien.222 - 1. Der Anspruch der Ehefrau auf Unterhalt durch den Ehemann gemäss Art. 160 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 160 - 1 Jeder Ehegatte behält seinen Namen.
1 Jeder Ehegatte behält seinen Namen. 2 Die Verlobten können aber gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie einen ihrer Ledignamen als gemeinsamen Familiennamen tragen wollen.221 3 Behalten die Verlobten ihren Namen, so bestimmen sie, welchen ihrer Ledignamen ihre Kinder tragen sollen. In begründeten Fällen kann die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte die Verlobten von dieser Pflicht befreien.222 - 2. Bleibt nach Abzug des Zwangsbedarfs der beiden Ehegatten von ihrem Gesamteinkommen noch ein Überschuss, so soll an diesem jeder Gatte zur Hälfte beteiligt sein (E. 3c).
- 3. Zuviel bezahlte Unterhaltsbeiträge im Sinne von Art. 145 ZGB kann der pflichtige Ehegatte nur bei Vorliegen ganz besonderer Gründe rückwirkend über das Datum seines Abänderungsbegehrens hinaus zurückverlangen (E. 4).
Regeste (fr):
- Art. 145 et 160 al. 2 CC.
- 1. Le droit de l'épouse fondé sur l'art. 160 al. 2 CC à ce que son mari l'entretienne dure aussi pendant la procédure de divorce. Il est fondamentalement indépendant de la capacité financière de la femme. Celle-ci doit toutefois contribuer à son propre entretien grâce aux revenus de son activité lucrative ou de sa fortune. Le montant de cette contribution doit être fixé en tenant compte des moyens financiers du mari. S'ils sont élevés, la femme n'a pas besoin d'utiliser la totalité de son revenu pour son entretien (consid. 3).
- 2. Après imputation des besoins respectifs de chacun des époux, le solde du total de leurs revenus doit être partagé par moitié entre eux (consid. 3c).
- 3. Seuls des motifs particuliers peuvent autoriser le débiteur d'une contribution d'entretien au sens de l'art. 145 CC à exiger que les montants qu'il a payés en trop avant l'introduction de son action en modification lui soient rendus (consid. 4).
Regesto (it):
- Art. 145 e 160 cpv. 2 CC.
- 1. Il diritto della moglie, fondato sull'art. 160 cpv. 2 CC, a che il marito la mantenga permane anche durante la procedura di divorzio. Esso è di per sé indipendente dalla capacità finanziaria della moglie. Questa deve nondimeno contribuire al proprio mantenimento con il reddito della propria attività lucrativa o della propria sostanza. L'ammontare di tale contributo va determinato tenendo conto dei mezzi finanziari del marito. Se essi sono considerevoli, la moglie non può essere obbligata a utilizzare il suo intero reddito per il mantenimento (consid. 3).
- 2. Ove, dopo il computo dei bisogni rispettivi di ognuno dei coniugi, rimanga un saldo dalla somma dei loro redditi, esso va diviso per metà (consid. 3c).
- 3. Solo motivi particolari possono autorizzare il debitore di un contributo per il mantenimento ai sensi dell'art. 145 CC ad esigere che gli siano restituiti gli importi da lui pagati in troppo prima della sua istanza di modificazione (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 104
BGE 111 II 103 S. 104
W. S. und E. S. gingen am 21. Oktober 1955 miteinander die Ehe ein, der eine Tochter, geboren am 28. Juni 1961, und ein Sohn, geboren am 10. Januar 1963, entsprossen. Am 6. Juni 1979 hob der Gerichtspräsident den gemeinsamen Haushalt der Eheleute auf. Seit dem 17. April 1980 ist zwischen ihnen ein Scheidungsprozess anhängig. Auf Gesuch beider Parteien um Abänderung der vorsorglichen Massnahmen entschied das Zivilamtsgericht, dass W. S. für seine Ehefrau monatliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 1'085.-- für den Zeitraum vom 7. November 1983 bis 31. August 1984 und von Fr. 1'780.-- ab 1. September 1984 zu leisten habe. Es stellte zudem fest, dass W. S. für die Tochter und den Sohn nicht mehr unterhaltspflichtig sei. Dieses Urteil focht der Ehemann mit einer Appellation an. Der Appellationshof des Kantons Bern verpflichtete W. S. mit Urteil vom 27. August 1984, seiner Ehefrau monatliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 580.-- für den Zeitraum ab 7. November 1983 bis 31. August 1984 und von Fr. 1'280.-- ab 1. September 1984 zu bezahlen, und bestimmte, dass allfällige vom Ehemann bis zum Erhalt des Urteils geleistete Zahlungen an die Ehefrau verrechnet werden können. Ferner hielt das Gericht fest, dass W. S. im Rahmen von Art. 145 ZGB für seine Tochter seit 1. Mai 1982 und für seinen Sohn seit 1. Mai 1983 keine Unterhaltsbeiträge mehr zu entrichten habe und dass ihm für zuviel bezahlte Beiträge ein Verrechnungsrecht zustehe. Die Ehefrau erhebt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 111 II 103 S. 105
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. a) Der Appellationshof hat den Unterhaltsanspruch der Beschwerdeführerin in der Weise berechnet, dass er dem Zwangsbedarf der Ehefrau 1/3 der Differenz zwischen dem Gesamteinkommen der Ehegatten und ihrem Gesamtzwangsbedarf zugeschlagen und von diesem Betrag das volle Einkommen der Beschwerdeführerin abgezogen hat. Der Appellationshof gelangte somit zu einem monatlichen Unterhaltsbeitrag des Beschwerdegegners für seine Ehefrau von Fr. 580.-- ab 7. November 1983 bis 31. August 1984 und von Fr. 1'280.-- ab 1. September 1984.
Die Beschwerdeführerin bezeichnet diese Berechnungsweise als willkürlich. Es ist ihrer Meinung nach unhaltbar, dass ihr einerseits ihr fiktives Einkommen zu 100% angerechnet werde, man ihr aber anderseits nur gestatte, am ausgewiesenen Überschuss zu einem Drittel zu partizipieren. Sie verweist auf Doktrin und Praxis, wonach der Lebensstandard der Ehefrau nach Massgabe der Umstände und soweit als möglich nach der Trennung gleich sein soll wie vorher. Weshalb dies gerade für sie nicht gelten sollte, sei unklar. Der Appellationshof habe seinen Entscheid auch nicht begründet. Als Ausfluss von Art. 159
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 159 - 1 Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden. |
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1 | Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden. |
2 | Sie verpflichten sich gegenseitig, das Wohl der Gemeinschaft in einträchtigem Zusammenwirken zu wahren und für die Kinder gemeinsam zu sorgen. |
3 | Sie schulden einander Treue und Beistand. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 192 - Tritt Gütertrennung ein, so gelten für die güterrechtliche Auseinandersetzung die Bestimmungen des bisherigen Güterstandes, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 246 - Im Übrigen gelten die Bestimmungen über die Teilung von Miteigentum und die Durchführung der Erbteilung sinngemäss. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 160 - 1 Jeder Ehegatte behält seinen Namen. |
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1 | Jeder Ehegatte behält seinen Namen. |
2 | Die Verlobten können aber gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie einen ihrer Ledignamen als gemeinsamen Familiennamen tragen wollen.221 |
3 | Behalten die Verlobten ihren Namen, so bestimmen sie, welchen ihrer Ledignamen ihre Kinder tragen sollen. In begründeten Fällen kann die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte die Verlobten von dieser Pflicht befreien.222 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 159 - 1 Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden. |
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1 | Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden. |
2 | Sie verpflichten sich gegenseitig, das Wohl der Gemeinschaft in einträchtigem Zusammenwirken zu wahren und für die Kinder gemeinsam zu sorgen. |
3 | Sie schulden einander Treue und Beistand. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 192 - Tritt Gütertrennung ein, so gelten für die güterrechtliche Auseinandersetzung die Bestimmungen des bisherigen Güterstandes, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. |
BGE 111 II 103 S. 106
Mittel der Ehefrau nur subsidiär zu berücksichtigen sind; ihre Leistungspflicht besteht lediglich in einem Beitrag, welcher im Blick auf die Leistungspflicht des Ehemannes zu bemessen ist. Vor allem bei guten finanziellen Verhältnissen braucht die Ehefrau nicht ihr gesamtes Einkommen für ihren Unterhalt zu verwenden und den Ehemann damit von seiner primären Unterhaltspflicht zu entlasten (BÜHLER/SPÜHLER, N. 179 zu Art. 145 ZGB; vgl. BGE 109 II 2 /3 und 110 II 116 ff.). c) Im Gegensatz zum erstinstanzlichen Richter hat der Appellationshof diese Grundsätze offensichtlich missachtet und damit gegen klares Recht verstossen, was einer Verletzung von Art. 4
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 246 - Im Übrigen gelten die Bestimmungen über die Teilung von Miteigentum und die Durchführung der Erbteilung sinngemäss. |
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BGE 111 II 103 S. 107
eine hälftige Aufteilung des Überschusses an beide Parteien angezeigt. Ein nicht begründeter Entscheid kommt einer Rechtsverweigerung gleich, was ebenfalls eine Verletzung von Art. 4
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4. Wie von keiner Seite bestritten wird, hörte die Unterhaltspflicht des Beschwerdegegners gegenüber seiner Tochter am 1. Mai 1982 und gegenüber seinem Sohn am 1. Mai 1983 auf. Indessen war er aufgrund des früheren Massnahmenentscheids des Appellationshofs vom 9. August 1979 verpflichtet, der Beschwerdeführerin für sich und die Kinder einen Gesamtbetrag von Fr. 1'050.-- pro Monat zu bezahlen, ohne dass die einzelnen Alimente ausgeschieden worden wären. Auch hat der Beschwerdegegner nach Eintritt der Mündigkeit bzw. der wirtschaftlichen Selbständigkeit der beiden Kinder nicht um eine Abänderung oder Berichtigung des Unterhaltsbeitrags ersucht, sondern er hat vielmehr ein Abänderungsgesuch im Jahre 1983 ohne Grundangabe wieder zurückgezogen. Der Beschwerdegegner wurde auch in späteren Vollstreckungsverfahren immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass eine Verrechnung der zuviel bezahlten Alimente ohne genaue Ausscheidung der Beträge durch den zuständigen Richter nicht möglich sei (vgl. auch den Entscheid des Bundesgerichts vom 31. Januar 1984 i.S. S. gegen S. und Appellationshof des Kantons Bern). Wenn der Beschwerdegegner trotzdem erst am 7. November 1983 ein Gesuch um Anpassung des geschuldeten Unterhaltsbeitrags an die veränderten Verhältnisse stellte, so hat er diesen Umstand selber zu vertreten. Einen weiter zurückreichenden Anspruch auf Verrechnung zuviel bezahlter Unterhaltsbeiträge kann er daraus nicht ableiten. Die Beschwerdeführerin wendet nämlich mit Recht ein, dass nach Lehre und Rechtsprechung in aller Regel eine Massnahme frühestens von dem Zeitpunkt an, in dem das neue Begehren gestellt wurde, aufgehoben oder abgeändert werden kann. Eine solche Rückwirkung anzuordnen, liegt allenfalls im Ermessen des Massnahmerichters (BÜHLER/SPÜHLER, N. 445 und 126 zu Art. 145 ZGB). Für eine noch weitergehende Rückwirkung müssten nach BÜHLER/SPÜHLER, N. 126 zu Art. 145 ZGB, ganz besondere Gründe gegeben sein, z.B. unbekannter Aufenthalt oder Landesabwesenheit des Unterhaltspflichtigen, treuwidriges Verhalten einer Partei, schwere Krankheit des Berechtigten usw. Solche Gründe
BGE 111 II 103 S. 108
liegen aber im vorliegenden Fall offensichtlich nicht vor und wurden vom Appellationshof im angefochtenen Entscheid auch mit keinem Wort erwähnt. Dieser hat einzig festgehalten, dass der Beschwerdegegner - mangels eines anderweitigen Entscheids - nicht verpflichtet sei, länger als nach Gesetz (Art. 277
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 277 - 1 Die Unterhaltspflicht der Eltern dauert bis zur Volljährigkeit des Kindes.346 |
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1 | Die Unterhaltspflicht der Eltern dauert bis zur Volljährigkeit des Kindes.346 |
2 | Hat es dann noch keine angemessene Ausbildung, so haben die Eltern, soweit es ihnen nach den gesamten Umständen zugemutet werden darf, für seinen Unterhalt aufzukommen, bis eine entsprechende Ausbildung ordentlicherweise abgeschlossen werden kann.347 |
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BGE 111 II 103 S. 109
vorzuwerfen. Es ist auch fraglich, ob überhaupt eine Bereicherung vorlag, und wenn ja, wer durch die Leistungen des Beschwerdegegners bereichert worden wäre, die Beschwerdeführerin oder die Kinder.