111 Ia 292
52. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Juli 1985 i.S. Dr. Alex Schwank und Dieter Bertschin gegen Landrat des Kantons Basel-Landschaft (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 85 lit. a OG; Ungültigerklärung einer Volksinitiative wegen Bundesrechtswidrigkeit.
- 1. Auslegung von kantonalen Volksinitiativen; Kognition des Bundesgerichts (E. 2).
- 2. Darf ein Bundesgesetz entgegen seinem Wortlaut ausgelegt werden?
- Der Wortlaut von Art. 22quater Abs. 3 und 5 KUVG deckt sich insofern mit der ratio legis, als die Kantonsregierungen zum Erlass der Tarife im vertragslosen Zustand und zur Genehmigung der Verträge zwischen Kassen und Heilanstalten zuständig erklärt werden (E. 3b).
- 3. Eine kantonale Volksinitiative, die diese in Art. 22quater Abs. 3 und 5 KUVG stipulierte Kompetenzzuweisung missachtet, ist bundesrechtswidrig (E. 3c).
- 4. Eine Teilungültigerklärung der Initiative ist im vorliegenden Fall nicht möglich (E. 5).
Regeste (fr):
- Art. 85 lettre a OJ: déclaration de nullité d'une initiative populaire contraire au droit fédéral.
- 1. Interprétation d'initiatives populaires cantonales; pouvoir d'examen du Tribunal fédéral (consid. 2).
- 2. Une loi fédérale peut-elle être interprétée contrairement à sa teneur littérale?
- Il y a concordance entre le texte et la ratio legis de l'art. 22quater al. 3 et 5 LAMA en tant que ces dispositions habilitent les gouvernements cantonaux à fixer les tarifs lorsque aucune convention n'est conclue et à approuver les conventions passées entre caisses et établissements hospitaliers (consid. 3b).
- 3. Une initiative cantonale qui méconnaît cette attribution de compétence prévue à l'art. 22quater al. 3 et 5 LAMA est contraire au droit fédéral (consid. 3c).
- 4. Une invalidation partielle de l'initiative n'est pas possible en l'espèce (consid. 5).
Regesto (it):
- Art. 85 lett. a OG; dichiarazione d'invalidità di un'iniziativa popolare contraria al diritto federale.
- 1. Interpretazione d'iniziative popolari cantonali; cognizione del Tribunale federale (consid. 2).
- 2. Può una legge federale essere interpretata in modo contrario al suo testo letterale?
- Il testo dell'art. 22quater cpv. 3 e 5 LAMI corrisponde alla ratio legis nella misura in cui tali disposizioni dichiarano i Governi cantonali competenti a determinare, in difetto di convenzione, le tariffe e ad approvare le convenzioni concluse tra le casse e gli stabilimenti di cura (consid. 3b).
- 3. Un'iniziativa cantonale che non rispetta questa attribuzione di competenza prevista dall'art. 22quater cpv. 3 e 5 LAMI è contraria al diritto federale (consid. 3c).
- 4. Nella fattispecie non è possibile dichiarare parzialmente invalida l'iniziativa (consid. 5).
Sachverhalt ab Seite 293
BGE 111 Ia 292 S. 293
Am 16. Dezember 1981 reichten die Progressiven Organisationen Basel-Land (POBL/POCH) bei der Landeskanzlei des Kantons Basel-Landschaft eine formulierte Volksinitiative "Für gerechtere Spitaltaxen" mit folgendem Wortlaut ein: "Gestützt auf Art. 12 der Staatsverfassung des Kantons Basel-Landschaft verlangen die unterzeichneten, im Kanton Basel-Landschaft stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürger, es sei Paragraph 6 des Spitalgesetzes vom 24. Juni 1976 zu streichen und durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: 1. Die Vertragsverhandlungen mit dem Verband Basel-Landschaftlicher Krankenkassen betr. die Übernahme der Kosten für Patienten der Allgemeinen Abteilung und für ambulante Patienten in den Spitälern führen die Spitalleitungen der Kantonsspitäler Bruderholz und Liestal, der Kantonalen Psychiatrischen Klinik und des Kantonalen Altersheims Liestal. Die Verträge bedürfen neben der Genehmigung durch den Regierungsrat auch der Zustimmung des Landrates. Alle übrigen Tarife beschliesst der Landrat auf Antrag des Regierungsrates. 2. Die Tagesvollpauschale von Krankenkassenpatienten mit Wohnsitz im Kanton Basel-Landschaft soll in der Allgemeinen Abteilung höchstens 1/3 der Betriebskosten decken. Die entsprechenden Ansätze für Kinder bis zum 15. Lebensjahr dürfen 4/5 der Tagesvollpauschale von Erwachsenen nicht überschreiten. In der 2. Klasse sollen Patienten mit Wohnsitz im Kanton Basel-Landschaft mit ca. 2/3, in der 1. Klasse mit ca. 3/3 der Betriebskosten belastet werden. Investitionskosten, Abschreibungen sowie Kosten für Forschung und Lehre zählen nicht zu den Betriebskosten." Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft erwog in einem Antrag an den Landrat, die Initiative sei teilweise bundesrechtswidrig. Sie missachte die durch Art. 22quater des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 13. Juli 1911 (KUVG) begründete Tarifhoheit des Regierungsrates in der Genehmigung der Verträge zwischen den Kassen und den Heilanstalten sowie in der Ordnung des vertragslosen Zustandes. Er beantragte, die Kompetenz des Landrates in Ziff. 1 Abs. 2 zu streichen und die Initiative dem Volk zur Verwerfung zu empfehlen. Im Auftrag des Landrates wurde zur Frage, wer nach dem Recht des Bundes und des Kantons Basel-Landschaft zuständig sei, die Spitaltarife festzulegen, bei Prof. Dr. Kurt Eichenberger, Universität Basel,
BGE 111 Ia 292 S. 294
ein Gutachten eingeholt. Gestützt darauf erachtete die vorberatende Kommission die Initiative als teilweise rechtswidrig und damit rechtlich unzulässig. Sie beantragte deshalb dem Landrat, sie nicht der Volksabstimmung zu unterstellen. Der Landrat folgte diesem Antrag und fasste am 21. Mai 1984 einen entsprechenden Beschluss, der im Amtsblatt des Kantons Basel-Landschaft vom 24. Mai 1984 publiziert wurde. Gegen diesen Beschluss führen Dr. Alex Schwank und Dieter Bertschin, Mitglieder des Initiativkomitees und Stimmberechtigte des Kantons Basel-Landschaft, staatsrechtliche Beschwerde mit dem Hauptbegehren, den Beschluss aufzuheben und den Landrat anzuweisen, die Initiative zu behandeln. Eventualiter beantragen sie Aufhebung des Beschlusses und Anweisung an den Landrat, die Initiative im Umfang ihrer rechtlichen Zulässigkeit zu behandeln.
Erwägungen
Auszug aus den Erwägungen:
2. Die Beschwerdeführer machen nicht geltend, der Landrat hätte die Initiative nicht auf ihre materielle Rechtmässigkeit hin überprüfen dürfen. Indessen sind sie der Meinung, dieser habe zu Unrecht angenommen, Teile der Initiative verstiessen gegen Normen des Bundes und gegen kantonales Verfassungsrecht. Das Initiativrecht des Volkes ist rechtlich nicht unbeschränkt. Eine Initiative muss, um gültig zu sein, neben formellen auch bestimmten materiellen Anforderungen genügen. Ein inhaltlicher Grund, welcher die Ungültigkeit der Initiative bewirkt, liegt u.a. dann vor, wenn das Volksbegehren höherrangigem Recht widerspricht (KONRAD KELLER, Probleme des Initiativrechts, in: Rechtsprobleme von Stadtgemeinden, Zürich 1962, S. 48 ff.; ALFRED KUTTLER, Probleme des zürcherischen Initiativrechts und Finanzreferendums, im ZBl 78/1977, S. 199 ff., 201). Kantonale Gesetzesinitiativen dürfen deshalb weder dem Bundesrecht noch dem kantonalen Verfassungsrecht widersprechen (BGE 94 I 126 E. 3; vgl. auch BGE 109 Ia 140 E. 4a; BGE 105 Ia 364 E. 2/9; BGE 104 Ia 417 E. 3 ff.; BGE 101 Ia 233 E. 3). Das Prinzip der Unverletzlichkeit des Stimmrechts verlangt indessen, dass die Behörde, welche sich über die materielle Gültigkeit einer Initiative ausspricht, diese in dem für die Initianten günstigsten Sinn auslegt. Erlaubt es der Text, eine Initiative bei entsprechender Auslegung als mit höherrangigem Recht vereinbar zu
BGE 111 Ia 292 S. 295
bezeichnen, so ist sie gültig zu erklären und der Volksabstimmung zu unterbreiten (BGE 104 Ia 348 E. 4; vgl. auch BGE 105 Ia 366 E. 4; je mit Hinweisen). Wenn möglich sind kantonale Volksinitiativen mittels verfassungskonformer und bundesrechtskonformer Interpretation vor einer Ungültigkeit zu bewahren. Dabei ist allerdings der Spielraum für eine dem übergeordneten Recht konforme Interpretation wesentlich grösser, wenn nicht eine formulierte, sondern eine in der Form der allgemeinen Anregung gehaltene Initiative zu beurteilen ist, steht dem kantonalen Parlament doch nicht zu, an einem formulierten Begehren Änderungen vorzunehmen, um einen Widerspruch mit übergeordnetem Recht auszumerzen (ALFRED KÖLZ, Die kantonale Volksinitiative in der Rechtsprechung des Bundesgerichts, im ZBl 83/1982, S. 1 ff., 24; ALFRED KUTTLER, a.a.O., S. 205). Bei der inhaltlichen Überprüfung formulierter Gesetzesinitiativen sind die Grundsätze zu beachten, welche das Bundesgericht zur abstrakten Normenkontrolle entwickelt hat (BGE 105 Ia 366 E. 4 mit Hinweis). Danach ist massgebend, ob der betreffenden Norm nach den anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn zugemessen werden kann, der sie mit dem höherrangigen Recht als vereinbar erscheinen lässt. Das Bundesgericht hebt eine angefochtene kantonale Vorschrift nur auf, wenn sie sich jeder verfassungskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich ist (Urteil vom 9. Mai 1984 E. 2, im ZBl 86/1985, S. 21 f.; 107 Ia 294 E. 2c; BGE 106 Ia 359 E. 3d; je mit Hinweisen). Auszulegen ist dabei eine formulierte Gesetzesinitiative aus sich selbst, unabhängig von den subjektiven Vorstellungen der Initianten (BGE 105 Ia 154 E. 3a, 366 E. 4). Bei Beschwerden gemäss Art. 85 lit. a OG überprüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei (BGE 109 Ia 47 E. 3b; BGE 105 Ia 239 E. 2, 387 E. 1c; BGE 104 Ia 227 E. 1; je mit Hinweisen), sondern es beurteilt ebenfalls ohne Einschränkung der Kognition die Auslegung des streitigen Initiativtextes, soweit sie für den Entscheid über die Gültigkeit der Initiative von Bedeutung ist (BGE 105 Ia 154 E. 3b mit Hinweis).
3. Vorab ist zu prüfen, ob die Initiative bundesrechtskonform ist. Dabei genügt ein genereller Zielkonflikt mit dem Bundesrecht noch nicht, um sie ungültig zu machen; denn die Kantone sind nicht schlechthin gehindert, andere Ziele zu verfolgen als der Bund. Nur wenn konkrete Begehren der Initiative bestimmten
BGE 111 Ia 292 S. 296
Normen des Bundesrechts widersprechen, sind sie als nicht bundesrechtskonform zu betrachten (BGE 109 Ia 140 E. 4a).
a) Nach Auffassung des Landrates verstösst die Initiative gegen zwingende Vorschriften des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 13. Juni 1911. Dessen Tarifordnung beruht - jedenfalls im hier interessierenden Bereich - auf dem Prinzip der Vertragsfreiheit. Die Spitaltarife sollen nach Möglichkeit durch Verträge der Kassen mit den Heilanstalten vereinbart werden. Sie haben indessen mit dem Gesetz und der Billigkeit in Einklang zu stehen. Die Verträge bedürfen der Genehmigung durch die Kantonsregierung (Art. 22quater Abs. 5 KUVG). Kommt kein Vertrag zustande, so setzt diese nach Anhören der Beteiligten die Tarife fest für die in der allgemeinen Abteilung der Heilanstalten gewährten ärztlichen Leistungen, Heilanwendungen und Analysen, für die von den Heilanstalten gewährte ambulante Behandlung sowie für die von den Heilanstalten abgegebenen Arzneimittel (Art. 22quater Abs. 3 KUVG). Die Tarifhoheit der Kantone im Spitalwesen ist somit grundsätzlich auf die Genehmigungsbefugnis über Tarifverträge beschränkt und wird nur ausnahmsweise voll wirksam, nämlich im vertragslosen Zustand. Eigentliche Staatstarife sind daher der Vertragsordnung sekundär und nur als Provisorium bis zum Zustandekommen eines Vertrages vorgesehen (ALFRED MAURER, Schweiz. Sozialversicherungsrecht, Band 2, Bern 1982, S. 356; KILIAN BONER/WERNER HOLZHERR, Die Krankenversicherung, Bern 1969, S. 78, 91; BBl 1962 II 1271; VPB 41 Nr. 51, S. 104 E. 2; 45 Nr. 64, S. 357 E. 2). Derselbe Grundgedanke liegt dem Bundesgesetz über die Unfallversicherung vom 20. März 1981 (UVG) zugrunde, allerdings unter Begründung einer subsidiären Tarifhoheit des Bundes (Art. 56). b) Das Bundesrecht erklärt ausdrücklich die Kantonsregierungen für zuständig, die Tarifverträge zwischen Kassen und Heilanstalten zu genehmigen und im vertragslosen Zustand die bundesrechtlich vorgeschriebenen Tarife zu erlassen (Art. 22quater KUVG). Seinem Wortlaut nach schreibt es damit unmittelbar die formelle Vollzugsordnung der Kantone für das Bundesrecht vor. Die Beschwerdeführer machen indessen geltend, eine Interpretation des KUVG in der Richtung, dass allein die Kantonsregierung zur Gebührenfestsetzung zuständig wäre, sei willkürlich und damit verfassungswidrig, da sie in keiner Weise auf den Sinn und Zweck
BGE 111 Ia 292 S. 297
des Gesetzes Rücksicht nehme. Damit legen sie den Art. 22quater KUVG in bezug auf die hier interessierende Kompetenzordnung entgegen seinem Wortlaut aus. Demgegenüber ist festzuhalten, dass der Begriff der Kantonsregierung an sich klar und unwidersprochen ist. Es stellt sich daher die Frage, ob eine solche Interpretation gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichts und der allgemeinen hermeneutischen Auslegungsgrundsätze zulässig ist. Auszugehen ist dabei von der konstanten Praxis, wonach die Auslegung vom klaren Wortlaut eines Rechtssatzes nur dann abweichen darf, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass er nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche triftigen Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte, aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift und aus dem Zusammenhang mit anderen Gesetzesbestimmungen ergeben (BGE 104 Ia 7 E. 1 mit weiteren Hinweisen; siehe auch FRITZ GYGI, Vom Anfang und vom Ende der Rechtsfindung. Zur Tragweite des Wortlautes bei der Auslegung, in recht 1983, S. 73 ff., 77). Entscheidend ist danach nicht der vordergründig klare Wortlaut einer Norm, sondern der wahre Rechtssinn, welcher durch die anerkannten Regeln der Auslegung zu ermitteln ist. Auch Bundesgesetze sind dabei einer Auslegung wider den Wortlaut zugänglich (BERNHARD SCHNYDER, "Entgegen dem Wortlaut...", in Erhaltung und Entfaltung des Rechts in der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts, Basel, 1975, S. 29 ff. mit Hinweisen). Art. 113 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
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1 | Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
2 | Er beachtet dabei folgende Grundsätze: |
a | Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise. |
b | Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
c | Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern. |
d | Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern. |
e | Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären. |
3 | Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen. |
4 | Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen. |
BGE 111 Ia 292 S. 298
Zu prüfen bleibt damit, ob triftige Gründe dafür bestehen, dass sich die ausdrückliche Zuständigkeit der Kantonsregierung in Art. 22quater Abs. 3 und 5 KUVG nicht mit der ratio legis deckt. Die Bestimmung wurde durch das BG betreffend die Änderung des Ersten Titels des Bundesgesetzes über die Kranken- und Unfallversicherung vom 13. März 1964 in das KUVG eingefügt (AS 1964, 965 ff.). Indessen enthielt das Gesetz bereits in seiner ursprünglichen Fassung eine vergleichbare Regelung (Art. 22
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
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1 | Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
2 | Er beachtet dabei folgende Grundsätze: |
a | Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise. |
b | Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
c | Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern. |
d | Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern. |
e | Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären. |
3 | Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen. |
4 | Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen. |
BGE 111 Ia 292 S. 299
bezug auf die hier interessierende Frage auch dessen wahren Sinn und Zweck wiedergibt. Die Willkürrüge der Beschwerdeführer erweist sich somit als unbegründet. c) Aufgrund dieses Auslegungsergebnisses ist zu untersuchen, ob die in Ziff. 1 der Initiative angestrebte Kompetenzordnung der massgebenden, wortgetreuen Auslegung von Art. 22quater KUVG widerspricht: aa) Ziff. 1 Abs. 1 der Initiative verletzt unbestrittenermassen und offensichtlich kein Bundesrecht. Dieses beschlägt die innerkantonale Kompetenzordnung zur Führung von Vertragsverhandlungen nicht, sondern belässt diese ohne Einschränkung der Organisationshoheit der Gliedstaaten. bb) Ziff. 1 Abs. 2 der Initiative sieht vor, die Verträge nebst der Genehmigung des Regierungsrates auch der Zustimmung des Landrates zu unterstellen. Die Formulierung lässt keine andere Deutung zu, als dass die Vertragstarife einer doppelten kantonalen Genehmigung bedürfen, einerseits des Regierungsrates, anderseits des Landrates. Damit aber setzt sich die Initiative in Widerspruch zu Art. 22quater Abs. 5 KUVG, welcher - wie in E. 3b gezeigt - die Genehmigungskompetenz abschliessend der Kantonsregierung, im Kanton Basel-Landschaft dem Regierungsrat, zuweist. Die vorgesehene Regelung widerspricht damit dem Bundesrecht und ist unzulässig. Die von den Beschwerdeführern gegen diese Betrachtungsweise erhobenen Einwände halten einer Überprüfung nicht stand. Ziff. 1 Abs. 2 der Initiative bezieht sich nicht auf die Vertragsverhandlungen, sondern auf die Genehmigung der unter diesem Vorbehalt rechtsgenüglich abgeschlossenen Verträge. Es gilt nicht, die Verhandlungsposition der kantonalen Heilanstalten abzusegnen, sondern die ausgehandelten Tarife auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz und der Billigkeit hin zu überprüfen (Art. 22quater Abs. 5 KUVG). Zuständig hierfür ist einzig die Kantonsregierung unter Ausschluss der Legislative.
cc) In Ziff. 1 Abs. 3 der Initiative soll eine Auffangkompetenz des Landrates für alle übrigen Tarife begründet werden. Wie auch die Beschwerdeführer anerkennen, erweist sich diese Regelung mindestens soweit als bundesrechtswidrig, als sie die auf bestimmte Materien beschränkte Tarifkompetenz des Regierungsrates gemäss Art. 22quater Abs. 3 KUVG missachtet. Die Zuständigkeit des Landrates wäre mithin auf diejenigen Tarife im vertragslosen Zustand beschränkt, welche bundesrechtlich nicht geordnet sind
BGE 111 Ia 292 S. 300
(vgl. Art. 22quater Abs. 3 lit. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
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1 | Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
2 | Er beachtet dabei folgende Grundsätze: |
a | Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise. |
b | Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
c | Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern. |
d | Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern. |
e | Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären. |
3 | Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen. |
4 | Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen. |
BGE 111 Ia 292 S. 301
gesetzliche Fixierung der Tarife die Befugnis der Kantonsregierung beschneiden, die vertraglich abgemachten Tarife auf ihre Übereinstimmung mit Gesetz und Billigkeit zu überprüfen. Die Verpflichtung auf einen Billigkeitsentscheid zwinge die Kantonsregierung, die Vertragstarife auf deren Angemessenheit hin zu kontrollieren, weshalb ihr ein Beurteilungsspielraum offen bleiben müsse. Dieser würde durch die vorgesehene gesetzliche Tarifordnung zu stark eingeengt. Dieser Argumentation halten die Beschwerdeführer entgegen, Ziff. 2 der Initiative setze lediglich den nach dem allgemeinen Gebührenrecht gebotenen Kostendeckungsgrad fest. Wohl sei es aufgrund von Art. 22quater Abs. 3 lit. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
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1 | Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
2 | Er beachtet dabei folgende Grundsätze: |
a | Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise. |
b | Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
c | Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern. |
d | Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern. |
e | Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären. |
3 | Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen. |
4 | Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen. |
BGE 111 Ia 292 S. 302
Auch Ziff. 2 der Initiative ist mit Art. 22quater Abs. 3 KUVG nicht zu vereinbaren und damit bundesrechtswidrig. Angesichts dieses Ergebnisses kann offen bleiben, ob die Bestimmung auch Art. 22quater Abs. 5 KUVG widerspräche.
4. Erweisen sich Ziff. 1 Abs. 2 und 3 sowie Ziff. 2 der Initiative als bundesrechtswidrig, braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob sie auch im Widerspruch zu kantonalem Verfassungsrecht stünden.
5. Eventualiter beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Landrat anzuweisen, die Initiative im Umfang ihrer rechtlichen Zulässigkeit zu behandeln. a) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die vollständige Ungültigerklärung einer Initiative unverhältnismässig, wenn der verbleibende Teil der Initiative als wichtig anzusehen ist und objektiv angenommen werden kann, dass die Initiative auch im reduzierten Umfange unterzeichnet worden wäre (BGE 110 Ia 182 E. 3b; BGE 105 Ia 365 E. 3). b) Nach den vorstehenden Erwägungen sind Ziff. 1 Abs. 2 und 3 sowie Ziff. 2 der Initiative bundesrechtswidrig. Gültig ist damit einzig noch Ziff. 1 Abs. 1, welche ausschliesslich die Kompetenzen in den Vertragsverhandlungen regelt. Diese Bestimmung aber ist im Hinblick auf die Zielsetzung der Initiative ("Für gerechtere Spitaltaxen") offensichtlich von untergeordneter Bedeutung und im wesentlichen ohne Bezug auf die Hauptanliegen des Volksbegehrens. Es erscheint nicht sinnvoll, nur sie allein dem Volk zur Abstimmung zu unterbreiten. Auch hätten von den 1937 Unterzeichnern wohl kaum die notwendige Anzahl von 1500 die Initiative unterschrieben, wenn diese nur aus Ziff. 1 Abs. 1 bestanden hätte. Da auch der Eventualantrag der Beschwerdeführer nicht durchdringt, ist die Beschwerde abzuweisen.