Urteilskopf

109 III 87

24. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 17. Juni 1983 i.S. Y. und Mitbeteiligte (Rekurs)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 88

BGE 109 III 87 S. 88

Nachdem im Konkurs des X. die Konkursmasse, soweit ins Inventar aufgenommen, verwertet worden war und die Gläubigeransprüche erwahrt und im Rahmen des Möglichen befriedigt worden waren (wobei die Zweitklasse-Gläubiger zum grossen Teil und die Dritt- sowie die Fünftklasse-Gläubiger gänzlich leer ausgehen sollten), stellte der Gemeinschuldner das Gesuch um Durchführung eines Nachlassverfahrens im Konkurs gemäss Art. 317
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 317 - 1 Durch den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung kann den Gläubigern das Verfügungsrecht über das schuldnerische Vermögen eingeräumt oder dieses Vermögen einem Dritten ganz oder teilweise abgetreten werden.
1    Durch den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung kann den Gläubigern das Verfügungsrecht über das schuldnerische Vermögen eingeräumt oder dieses Vermögen einem Dritten ganz oder teilweise abgetreten werden.
2    Die Gläubiger üben ihre Rechte durch die Liquidatoren und durch einen Gläubigerausschuss aus. Diese werden von der Versammlung gewählt, die sich zum Nachlassvertrag äussert. Sachwalter können Liquidatoren sein.
SchKG. In der vom Konkursverwalter hierauf einberufenen Gläubigerversammlung wurde unter anderem beschlossen, den bisherigen Konkursverwalter zu entlassen und durch eine neue Konkursverwaltung zu ersetzen. Mit Entscheid vom 29. März 1983 hob die kantonale Aufsichtsbehörde diesen Beschluss auf und setzte den bisherigen Konkursverwalter wieder in sein Amt ein. Hiegegen wurde von verschiedener Seite an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts rekurriert.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Es trifft zu, dass mit Bezug auf Beschlüsse der zweiten und auch jeder weiteren Gläubigerversammlung die Kognition der vollstreckungsrechtlichen Aufsichtsbehörden insofern beschränkt ist, als Beschlüsse der erwähnten Art nur wegen Gesetzesverletzung, nicht auch wegen Unangemessenheit, angefochten werden können (BGE 101 III 54; BGE 87 III 113; BGE 86 III 103). Soweit die Vorinstanz unter Hinweis auf BGE 101 III 44 - welches Urteil sich mit einem Beschluss der ersten Gläubigerversammlung befasst - davon ausgeht, die vollstreckungsrechtlichen Aufsichtsbehörden dürften auch bei Unangemessenheit einschreiten, ist ihr nach dem Gesagten nicht beizupflichten. Eine Gesetzwidrigkeit liegt vor, wenn die zweite Gläubigerversammlung bestimmte Verfahrensregeln oder Individualrechte der einzelnen Gläubiger missachtet oder wenn sie eine mit dem Zweck des Konkurses offenkundig unverträgliche Massnahme getroffen und damit die ihr durch Art. 253 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 253 - 1 Die Konkursverwaltung erstattet der Gläubigerversammlung einen umfassenden Bericht über den Gang der Verwaltung und über den Stand der Aktiven und Passiven.
1    Die Konkursverwaltung erstattet der Gläubigerversammlung einen umfassenden Bericht über den Gang der Verwaltung und über den Stand der Aktiven und Passiven.
2    Die Versammlung beschliesst über die Bestätigung der Konkursverwaltung und, gegebenen Falles, des Gläubigerausschusses und ordnet unbeschränkt alles Weitere für die Durchführung des Konkurses an.
SchKG eingeräumten
BGE 109 III 87 S. 89

Befugnisse missbraucht hat (BGE 87 III 113 mit Hinweisen; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. A., II. Bd., S. 157-159).
Nach den für die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid steht das Konkursverfahren ... praktisch vor dem Abschluss. Die Konkursmasse ist, soweit ins Inventar aufgenommen, verwertet. Die Gläubigeransprüche sind erwahrt und im Rahmen des Möglichen befriedigt worden. Dass der Konkurs noch nicht abgeschlossen werden konnte, hat seinen Grund im wesentlichen darin, dass der Gemeinschuldner einen Nachlassvertrag in Aussicht gestellt hat. Zwar hat dieser ... in der Gläubigerversammlung vom 18. Februar 1983 vorbringen lassen, es seien noch Vermögenswerte vorhanden, die vom Konkursbeschlag noch nicht erfasst worden seien. Indessen hat die Vorinstanz mit Recht festgehalten, dass mit der Erhebung und Verwertung dieser angeblichen Konkursaktiven ohne weiteres der bisherige Konkursverwalter betraut werden könne. In der Tat müsste sich eine neue Konkursverwaltung zunächst in das Verfahren einarbeiten und über die im Zusammenhang mit der Feststellung der Masse und der Verwertung der Aktiven getroffenen Entscheidungen ins Bild setzen. Eine Auswechslung der Konkursverwaltung beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens hätte eine Verzögerung des Abschlusses zur Folge. Eine solche durch nichts gerechtfertigte Verzögerung widerspricht aber dem Ziel des Gesetzes, das Konkursverfahren so rasch als möglich durchzuführen und abzuschliessen (vgl. Art. 270
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 270 - 1 Das Konkursverfahren soll innert einem Jahr nach der Eröffnung des Konkurses durchgeführt sein.468
1    Das Konkursverfahren soll innert einem Jahr nach der Eröffnung des Konkurses durchgeführt sein.468
2    Diese Frist kann nötigenfalls durch die Aufsichtsbehörde verlängert werden.
SchKG). Sodann weist die Vorinstanz zu Recht darauf hin, dass es nicht zu verantworten wäre, eine neue Konkursverwaltung zu Lasten der für die Zweitklasse-Gläubiger noch verbleibenden 4000 bis 4500 Franken zu entschädigen. Anzustreben ist im Konkursverfahren, dass vom Verwertungserlös möglichst viel den Gläubigern zukommt und entsprechend möglichst wenig zur Deckung von Kosten aufgewendet werden muss. Dieser Gedanke liegt beispielsweise auch Art. 231
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 231 - 1 Das Konkursamt beantragt dem Konkursgericht das summarische Verfahren, wenn es feststellt, dass:
1    Das Konkursamt beantragt dem Konkursgericht das summarische Verfahren, wenn es feststellt, dass:
1  aus dem Erlös der inventarisierten Vermögenswerte die Kosten des ordentlichen Konkursverfahrens voraussichtlich nicht gedeckt werden können; oder
2  die Verhältnisse einfach sind.
2    Teilt das Gericht die Ansicht des Konkursamtes, so wird der Konkurs im summarischen Verfahren durchgeführt, sofern nicht ein Gläubiger vor der Verteilung des Erlöses das ordentliche Verfahren verlangt und für die voraussichtlich ungedeckten Kosten hinreichende Sicherheit leistet.
3    Das summarische Konkursverfahren wird nach den Vorschriften über das ordentliche Verfahren durchgeführt, vorbehältlich folgender Ausnahmen:
1  Gläubigerversammlungen werden in der Regel nicht einberufen. Erscheint jedoch aufgrund besonderer Umstände eine Anhörung der Gläubiger als wünschenswert, so kann das Konkursamt diese zu einer Versammlung einladen oder einen Gläubigerbeschluss auf dem Zirkularweg herbeiführen.
2  Nach Ablauf der Eingabefrist (Art. 232 Abs. 2 Ziff. 2) führt das Konkursamt die Verwertung durch; es berücksichtigt dabei Artikel 256 Absätze 2-4 und wahrt die Interessen der Gläubiger bestmöglich. Grundstücke darf es erst verwerten, wenn das Lastenverzeichnis erstellt ist.
3  Das Konkursamt bezeichnet die Kompetenzstücke im Inventar und legt dieses zusammen mit dem Kollokationsplan auf.
4  Die Verteilungsliste braucht nicht aufgelegt zu werden.
SchKG (summarisches Konkursverfahren) zugrunde. Der Beschluss der Gläubigerversammlung vom 18. Februar 1983, die Konkursverwaltung zu ersetzen, verstösst auch aus dieser Sicht gegen das Gesetz. Die Wiedereinsetzung von A. als Konkursverwalter durch die Vorinstanz ist deshalb nicht zu beanstanden.
3. ... b) Dass die Einsetzung einer neuen Konkursverwaltung kurz vor Abschluss des Konkursverfahrens nach dem Gesagten
BGE 109 III 87 S. 90

grundsätzlich gegen das Gesetz verstösst, schliesst selbstverständlich eine Auswechslung nicht aus, wenn die amtierende Konkursverwaltung aus irgendeinem Grund nicht imstande sein sollte, das Verfahren zu seinem Abschluss zu führen. Dass letzteres bei A. der Fall wäre, machen die Rekurrenten jedoch nicht geltend. Der Rekurrent Nr. 1 bringt vor, A. gefährde das Zustandekommen des erwünschten Nachlassvertrages. Dieses Vorbringen findet im angefochtenen Entscheid indessen keine Stütze. Den Ausführungen der kantonalen Aufsichtsbehörde lässt sich vielmehr entnehmen, dass A. dem Gemeinschuldner sehr entgegengekommen ist, indem er ihm zwei Entwürfe eines Nachlassvertrages unterbreitete und ihn mehrmals einlud, die für die Nachlassdividende erforderlichen Mittel zu hinterlegen. Des weitern berief der Konkursverwalter sogleich die in Art. 317
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 317 - 1 Durch den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung kann den Gläubigern das Verfügungsrecht über das schuldnerische Vermögen eingeräumt oder dieses Vermögen einem Dritten ganz oder teilweise abgetreten werden.
1    Durch den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung kann den Gläubigern das Verfügungsrecht über das schuldnerische Vermögen eingeräumt oder dieses Vermögen einem Dritten ganz oder teilweise abgetreten werden.
2    Die Gläubiger üben ihre Rechte durch die Liquidatoren und durch einen Gläubigerausschuss aus. Diese werden von der Versammlung gewählt, die sich zum Nachlassvertrag äussert. Sachwalter können Liquidatoren sein.
SchKG vorgesehene Gläubigerversammlung ein, als der Gemeinschuldner einen festen Vorschlag eingereicht hatte. Dass in der Gläubigerversammlung vom 18. Februar 1983 ein Entscheid betreffend den in Aussicht gestellten Nachlassvertrag nicht gefällt wurde, hat nicht der Konkursverwalter A. zu vertreten. Dieser Umstand ist darauf zurückzuführen, dass Z. an der erwähnten Versammlung eine Liste von angeblich neuen Aktiven einreichte. Nichts lässt den Schluss zu, dass A. nicht bereit gewesen wäre, im Sinne von Art. 317 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 317 - 1 Durch den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung kann den Gläubigern das Verfügungsrecht über das schuldnerische Vermögen eingeräumt oder dieses Vermögen einem Dritten ganz oder teilweise abgetreten werden.
1    Durch den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung kann den Gläubigern das Verfügungsrecht über das schuldnerische Vermögen eingeräumt oder dieses Vermögen einem Dritten ganz oder teilweise abgetreten werden.
2    Die Gläubiger üben ihre Rechte durch die Liquidatoren und durch einen Gläubigerausschuss aus. Diese werden von der Versammlung gewählt, die sich zum Nachlassvertrag äussert. Sachwalter können Liquidatoren sein.
SchKG die einem Sachwalter zufallenden Aufgaben zu übernehmen, falls die Gläubigerversammlung nicht selbst die Vertagung des Traktandums Nachlassvertrag beschlossen hätte.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 109 III 87
Date : 17. Juni 1983
Published : 31. Dezember 1983
Source : Bundesgericht
Status : 109 III 87
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Konkurs; Beschluss der Gläubigerversammlung, die Konkursverwaltung zu ersetzen. 1. Beschlüsse der zweiten und jeder weiteren


Legislation register
SchKG: 231  253  270  317
BGE-register
101-III-43 • 101-III-52 • 109-III-87 • 86-III-102 • 87-III-111
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