109 II 474
99. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. November 1983 i.S. Vogt gegen Lebar (Berufung)
Regeste (de):
- Hinterlegungsvertrag. Schadenersatz wegen unmöglich gewordener Rückgabe der hinterlegten Sache. Massgebender Zeitpunkt für die Schadensberechnung (Art. 97 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 97 - 1 Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
1 Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle. 2 Für die Vollstreckung gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 11. April 188943 über Schuldbetreibung und Konkurs sowie der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200844 (ZPO).45 SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 475 - 1 Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde.
1 Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde. 2 Jedoch hat er dem Aufbewahrer den Aufwand zu ersetzen, den dieser mit Rücksicht auf die vereinbarte Zeit gemacht hat. - Massgebend ist nicht die Schadenshöhe zum Zeitpunkt, da die Rückgabe unmöglich geworden ist, sondern zum Zeitpunkt, da der Hinterleger die Rückgabe verlangt, wobei Wertsteigerungen, nicht aber Wertverminderungen bis zum letzten kantonalen Urteil zu berücksichtigen sind.
Regeste (fr):
- Contrat de dépôt. Dommages-intérêts dus au cas où la restitution de la chose déposée est devenue impossible. Moment déterminant pour le calcul du dommage (art. 97 al. 1, art. 475 CO).
- Pour fixer le montant du dommage, il faut se placer non pas à l'époque où la restitution est devenue impossible, mais au moment où elle est réclamée par le déposant, en prenant en considération les plus-values, mais non les moins-values, survenues jusqu'au dernier jugement cantonal.
Regesto (it):
- Contratto di deposito. Risarcimento del danno ove la restituzione della cosa sia divenuta impossibile. Momento determinante per il calcolo del danno (art. 97 cpv. 1, art. 475 CO).
- Per calcolare l'ammontare del danno non è determinante il momento in cui la restituzione è divenuta impossibile, bensì quello in cui essa è chiesta dal deponente; vanno considerati gli aumenti, non invece le diminuzioni, di valore intervenuti fino alla pronuncia della decisione dell'ultima istanza cantonale.
Sachverhalt ab Seite 474
BGE 109 II 474 S. 474
A.- Louis Lebar kaufte Ende August 1975 von Frau Tanner 100 Aktien der Atlas Kassenfabrik AG zum Preis von Fr. 40'000.-. Unmittelbar nach dem Kauf übergab er die Aktien Therese Vogt zur Aufbewahrung. Diese liess ihm im Januar 1976
BGE 109 II 474 S. 475
durch die Schweizerische Bankgesellschaft Aarau einen Betrag von US$ 4975.- sowie von Fr. 200.- als Gegenwert für 33 Aktien gutschreiben, worauf Lebar nicht reagierte. Am 3. April 1979 verlangte Lebar von Frau Vogt Auskunft über den Verbleib der 67 Aktien, für die ihm kein Gegenwert gutgeschrieben worden war.
B.- Im Dezember 1979 erhob Lebar gegen Frau Vogt Schadenersatzklage für einen Betrag von Fr. 26'800.- nebst Zins, entsprechend dem von ihm für die 67 Aktien bezahlten Kaufpreis. Am 8. Mai 1980 fiel die Atlas AG nach Darstellung der Beklagten in Konkurs. Das Bezirksgericht Lenzburg hiess die Klage am 29. April 1982 gut, abgesehen vom Zinsenlauf, dessen Beginn es erst auf den 15. Juni 1979 festsetzte. Es berechnete den Schaden nach dem Wert der Aktien im Mai 1976 und ermittelte so eine Ersatzforderung von Fr. 50'384.-, konnte aber nicht mehr zusprechen, als eingeklagt worden war. Auf Appellation der Beklagten bestätigte das Obergericht des Kantons Aargau dieses Urteil am 3. Dezember 1982.
C.- Die Beklagte hat gegen das obergerichtliche Urteil Berufung eingelegt mit dem Antrag, es aufzuheben und die Klage abzuweisen. In teilweiser Gutheissung der Berufung hebt das Bundesgericht das Urteil auf und weist die Sache zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Da sich die Beklagte für ihre Vertragsverletzung nicht exkulpieren kann, ist sie schadenersatzpflichtig (Art. 97 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 97 - 1 Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle. |
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1 | Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle. |
2 | Für die Vollstreckung gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 11. April 188943 über Schuldbetreibung und Konkurs sowie der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200844 (ZPO).45 |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 97 - 1 Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle. |
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1 | Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle. |
2 | Für die Vollstreckung gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 11. April 188943 über Schuldbetreibung und Konkurs sowie der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200844 (ZPO).45 |
BGE 109 II 474 S. 476
diesem Zeitpunkt die Beklagte nach eigener Darstellung über die Aktien "verfügt" habe. Nach Auffassung der Beklagten kommt dagegen für die Berechnung frühestens der Zeitpunkt in Betracht, zu dem der Kläger sich erstmals nach dem Verbleib der Aktien erkundigt habe, was im April 1979 geschehen sei. Damals hätten die Aktien indes keinen Wert mehr gehabt, da die Atlas AG ein knappes Jahr später in Konkurs gefallen sei. Die Vorinstanz beruft sich zur Begründung auf BUCHER (OR Allg. Teil S. 302, 309), wonach bei Nichterfüllung wegen nachträglicher Unmöglichkeit die Schadenshöhe auf den Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit zu berechnen sei. In der übrigen Lehre findet diese Auffassung keine Stütze. Nach GUHL/MERZ/KUMMER (7. Aufl. S. 69) ist bei Schadenersatz wegen Nichterfüllung eines Vertrags regelmässig auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Schuldner hätte erfüllen sollen. Auch nach VON TUHR/ESCHER (OR Allg. Teil II S. 102) ist der Augenblick, in dem die unmöglich gewordene Leistung dem Gläubiger hätte zukommen sollen, massgebend für die Schätzung des Schadens, wobei nach Wahl des Gläubigers auch der Zeitpunkt des Urteils in Frage komme. Barth (Schadenersatzrecht bei nachträglicher Unmöglichkeit der Erfüllung, Diss. Zürich 1957, S. 149 f.) stellt für die konkrete Schadensberechnung auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts ab, für die abstrakte Schadensberechnung auf den Zeitpunkt, in dem hätte erfüllt werden sollen. Sofern die Unmöglichkeit früher offenbar werde, sei dieser Zeitpunkt massgebend, frühestens aber jener der Fälligkeit. Dabei lässt er ebenfalls dem Gläubiger die Wahl, seiner Schadensberechnung statt den Zeitpunkt der Erfüllung den Tag des Urteils zugrunde zu legen. Aus der bisherigen Rechtsprechung ist kein Entscheid bekannt, in dem das Bundesgericht den Standpunkt der Vorinstanz eingenommen hätte. Von der Sache her kann ihr im vorliegenden Zusammenhang schon aus folgenden Überlegungen nicht beigepflichtet werden: Die Beklagte war verpflichtet, die Aktien für den Kläger so lange aufzubewahren, bis dieser sie zurückverlangte. Erst in diesem Zeitpunkt musste sie die Aktien herausgeben. Wäre sie ihrer Verpflichtung nachgekommen, hätte der Kläger die hinterlegten Papiere zum Wert in diesem Zeitpunkt zurückbekommen. Die Werteinbusse, die er im Vergleich zum höheren Wert der Titel im Mai 1976 erleidet, geht daher nicht auf die Vertragsverletzung zurück. Sie wäre auch eingetreten, wenn der Vertrag erfüllt worden wäre, und sie wäre unterblieben, wenn der Kläger entsprechend
BGE 109 II 474 S. 477
früher die Rückgabe verlangt hätte, was er jederzeit hätte tun können (Art. 475 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 475 - 1 Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde. |
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1 | Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde. |
2 | Jedoch hat er dem Aufbewahrer den Aufwand zu ersetzen, den dieser mit Rücksicht auf die vereinbarte Zeit gemacht hat. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 482 - 1 Ein Lagerhalter, der sich öffentlich zur Aufbewahrung von Waren anerbietet, kann von der zuständigen Behörde die Bewilligung erwirken, für die gelagerten Güter Warenpapiere auszugeben. |
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1 | Ein Lagerhalter, der sich öffentlich zur Aufbewahrung von Waren anerbietet, kann von der zuständigen Behörde die Bewilligung erwirken, für die gelagerten Güter Warenpapiere auszugeben. |
2 | Die Warenpapiere sind Wertpapiere und lauten auf die Herausgabe der gelagerten Güter. |
3 | Sie können als Namen-, Ordre- oder Inhaberpapiere ausgestellt sein. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 475 - 1 Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde. |
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1 | Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde. |
2 | Jedoch hat er dem Aufbewahrer den Aufwand zu ersetzen, den dieser mit Rücksicht auf die vereinbarte Zeit gemacht hat. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 475 - 1 Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde. |
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1 | Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde. |
2 | Jedoch hat er dem Aufbewahrer den Aufwand zu ersetzen, den dieser mit Rücksicht auf die vereinbarte Zeit gemacht hat. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 475 - 1 Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde. |
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1 | Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde. |
2 | Jedoch hat er dem Aufbewahrer den Aufwand zu ersetzen, den dieser mit Rücksicht auf die vereinbarte Zeit gemacht hat. |