109 II 291
62. Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. November 1983 i.S. R. c. B. (Berufung)
Regeste (de):
- Feststellung eines Kindesverhältnisses.
- 1. Art. 254 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 254
- 2. Auch wenn der angebliche Erzeuger eines Kindes tot ist, hat die Klägerschaft aufgrund von Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
Regeste (fr):
- Constatation de la filiation.
- 1. Art. 254 ch. 1 CC: On ne peut déduire ni du principe de la libre appréciation des preuves, ni de la maxime officielle qu'une autorité cantonale de recours doit administrer à nouveau les preuves administrées par une juridiction inférieure (consid. 1).
- 2. Même si le prétendu père d'un enfant est décédé, les demandeurs ont, sur la base de l'art. 8 CC, un droit à ce que soit concrètement élucidée la question de savoir si sont réalisées les conditions nécessaires d'après la science pour que l'expertise hérédo-anthropobiologique requise soit faite selon les règles de l'art (consid. 2).
Regesto (it):
- Accertamento della filiazione.
- 1. Art. 254 n. 1 CC: Non può dedursi dal principio della libera valutazione delle prove, né da quello dell'ufficialità, che un'autorità cantonale di ricorso sia tenuta ad assumere di nuovo le prove assunte dall'autorità inferiore (consid. 1).
- 2. Anche laddove il preteso padre del bambino sia deceduto, gli attori hanno diritto, in base all'art. 8 CC, di far chiarire concretamente se siano dati i presupposti scientifici per la corretta realizzazione di una perizia antropologica ed eredobiologica da essi richiesta (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 291
BGE 109 II 291 S. 291
A.- Nadine R. wurde am 14. September 1975 als Tochter der Bernadette R. geboren. Am 21. Dezember 1976 reichte ihr Beistand beim Zivilamtsgericht A. gegen die Erben des am 24. Juli 1975 freiwillig aus dem Leben geschiedenen Karl B. Klage auf Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen ein. Da diese Klage beim Inkrafttreten des neuen Kindesrechts am 1. Januar 1978 noch hängig war, wurde das Rechtsbegehren in zwei Eingaben vom 13. Dezember 1978 und vom 4. Februar 1980 dahin geändert, dass nurmehr das Kindesverhältnis zwischen Karl B. und Nadine R. festgestellt werden sollte. Auch richtete sich die geänderte Klage nicht mehr gegen die Erben des Karl B., sondern nur noch gegen
BGE 109 II 291 S. 292
dessen Mutter, Rosa B. Mit Urteil vom 14. Februar 1980 hiess das Amtsgericht A. die abgeänderte Klage gut. Am 20. Mai 1981 hob die I. Zivilkammer des Appellationshofes des Kantons Bern dieses Urteil auf und wies die Streitsache zu neuer Beweisführung an die Vorinstanz zurück. Der Appellationshof bemängelte am Vorgehen des Amtsgerichts vor allem, dass zahlreiche Zeugen, die sich zur Frage der Beiwohnung in der kritischen Zeit zu äussern hatten, bloss rogatorisch und nicht vom Gericht selber einvernommen worden seien.
B.- Nachdem das Amtsgericht A. die Zeugen selber angehört und auch eine Konfrontation zweier Zeuginnen durchgeführt hatte, stellte es mit Urteil vom 9. September 1982 erneut fest, dass zwischen Karl B. und Nadine R. ein Kindesverhältnis bestehe. Die III. Zivilkammer des Appellationshofs des Kantons Bern hiess eine gegen dieses Urteil erklärte Appellation gut und wies die Klage am 25. März 1983 ab. Im Gegensatz zum Amtsgericht erachtete der Appellationshof es als nicht erwiesen, dass Karl B. Bernadette R. in der kritischen Zeit beigewohnt hatte.
C.- Mit Berufung ans Bundesgericht lässt Nadine R. beantragen, das Urteil des Appellationshofes sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung zurückzuweisen. Im weiteren ersucht sie um unentgeltliche Prozessführung und Beiordnung eines Rechtsanwaltes. Diesem Gesuch hat der Präsident der II. Zivilabteilung des Bundesgerichts mit Verfügung vom 15. Juli 1983 entsprochen.
D.- Rosa B. stellt in ihrer Berufungsantwort vom 16. August 1983 den Antrag, die Berufung vollumfänglich abzuweisen. Mit Entscheid vom heutigen Tag hat das Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde von Nadine R. gegen dasselbe Urteil abgewiesen, soweit darauf einzutreten war.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Rüge der Klägerin, der Appellationshof habe entgegen der Vorschrift von Art. 254 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 254 |
BGE 109 II 291 S. 293
nicht und hat die Vorinstanz auch nicht zur Anwendung gebracht. Darüberhinaus ergibt sich aus dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht, dass eine Rechtsmittelinstanz die Beweisabnahme einer unteren Instanz zu wiederholen hätte. Eine solche Vorschrift kann auch nicht aus der in Art. 254 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 254 |
2. Die Berufungsklägerin macht weiter geltend, die Vorinstanz habe sich auf den fehlenden Nachweis der Beiwohnung in der kritischen Zeit beschränkt. Die in Art. 254
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 254 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 254 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 260 - 1 Besteht das Kindesverhältnis nur zur Mutter, so kann der Vater das Kind anerkennen. |
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1 | Besteht das Kindesverhältnis nur zur Mutter, so kann der Vater das Kind anerkennen. |
2 | Ist der Anerkennende minderjährig, steht er unter umfassender Beistandschaft oder hat die Erwachsenenschutzbehörde eine entsprechende Anordnung getroffen, so ist die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters notwendig.275 |
3 | Die Anerkennung erfolgt durch Erklärung vor dem Zivilstandsbeamten oder durch letztwillige Verfügung oder, wenn eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft hängig ist, vor dem Gericht. |
BGE 109 II 291 S. 294
S. 105 f. und des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar 1979, in SJZ 77 (1981), S. 111). b) Es kann allerdings dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall die Offizialmaxime die Einholung eines AEG und allenfalls eines Blutgruppengutachtens geboten hätte. Das Bundesgericht hat bereits unter der Herrschaft des alten Kindesrechts mehrfach entschieden, dass der Klägerschaft in einem Vaterschaftsprozess das Recht zusteht, den positiven Nachweis der Vaterschaft mit Hilfe naturwissenschaftlicher Methoden zu erbringen, wenn eine Beiwohnung gemäss aArt. 314 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 5 - 1 Soweit das Bundesrecht die Geltung kantonalen Rechtes vorbehält, sind die Kantone befugt, zivilrechtliche Bestimmungen aufzustellen oder aufzuheben. |
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1 | Soweit das Bundesrecht die Geltung kantonalen Rechtes vorbehält, sind die Kantone befugt, zivilrechtliche Bestimmungen aufzustellen oder aufzuheben. |
2 | Wo das Gesetz auf die Übung oder den Ortsgebrauch verweist, gilt das bisherige kantonale Recht als deren Ausdruck, solange nicht eine abweichende Übung nachgewiesen ist. |
BGE 109 II 291 S. 295
noch auf Fotografien zurückgegriffen werden kann. Dieser erschwerende Umstand muss indessen die Durchführung eines AEG noch nicht ausschliessen (HEGNAUER, a.a.O., N 179 zu aArt. 314
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 5 - 1 Soweit das Bundesrecht die Geltung kantonalen Rechtes vorbehält, sind die Kantone befugt, zivilrechtliche Bestimmungen aufzustellen oder aufzuheben. |
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1 | Soweit das Bundesrecht die Geltung kantonalen Rechtes vorbehält, sind die Kantone befugt, zivilrechtliche Bestimmungen aufzustellen oder aufzuheben. |
2 | Wo das Gesetz auf die Übung oder den Ortsgebrauch verweist, gilt das bisherige kantonale Recht als deren Ausdruck, solange nicht eine abweichende Übung nachgewiesen ist. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationshofes (III. Zivilkammer) des Kantons Bern vom 25. März 1983 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.