Urteilskopf

108 II 161

33. Urteil der II. Zivilabteilung vom 19. März 1982 i.S. X. (Berufung)
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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 161

BGE 108 II 161 S. 161

Die ursprünglich deutsche Staatsangehörige A. X. war in erster Ehe mit B. Y. verheiratet. Im Jahre 1974 wurde sie von ihrem ersten Ehemann geschieden, wobei sie dessen Familiennamen beibehielt. In der Folge heiratete sie den schweizerischen Staatsangehörigen C. X. Am 5. Juni 1981 stellte A. X. bei der zuständigen kantonalen Direktion das Gesuch, es sei ihr gestützt auf Art. 30
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 30 - 1 Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
1    Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
2    ...47
3    Wer durch Namensänderung verletzt wird, kann sie binnen Jahresfrist, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, gerichtlich anfechten.
ZGB zu gestatten, ihren vorehelichen Namen "Y." wieder anzunehmen, eventuell den Namen "Y.-X.", subeventuell den Namen "Y., verheiratete X." zu führen. Sie begründete ihr Begehren damit, dass sie in ihrem Beruf unter dem Namen ihres ersten Ehemannes bekannt geworden sei und dass sie unter dem Namen "X." weitgehend wieder neu anfangen müsste. Mit Verfügung vom 18. September 1981 wies die kantonale Direktion das Gesuch ab.
BGE 108 II 161 S. 162

A. X. rekurrierte an den Regierungsrat, der den Rekurs am 11. November 1981 mit der Begründung abwies, Art. 161 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht.
ZGB dürfe nicht mit einer Namensänderung im Sinne von Art. 30
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 30 - 1 Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
1    Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
2    ...47
3    Wer durch Namensänderung verletzt wird, kann sie binnen Jahresfrist, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, gerichtlich anfechten.
ZGB umgangen werden. Das Bundesgericht weist die von A. X. hiegegen erhobene Berufung ab.
Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Name ist Bestandteil der Persönlichkeit; er dient der Kennzeichnung und Unterscheidung. Die namensmässige Kennzeichnung einer Person erfolgt in erster Linie dadurch, dass deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie zum Ausdruck gebracht wird. Der Individualisierung innerhalb einer bestimmten Familie dient der Vor-, Ruf- oder Taufname. Entsprechend dieser persönlichkeitsbezogenen Kennzeichnung durch den Namen ist auch der rechtliche Namensschutz ausgestaltet. Jede Person hat ein Recht auf einen, aber auch auf ihren Namen. Sie kann diesen Namen im Falle der Bestreitung richterlich feststellen lassen (Art. 29 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 29 - 1 Wird jemandem die Führung seines Namens bestritten, so kann er auf Feststellung seines Rechtes klagen.
1    Wird jemandem die Führung seines Namens bestritten, so kann er auf Feststellung seines Rechtes klagen.
2    Wird jemand dadurch beeinträchtigt, dass ein anderer sich seinen Namen anmasst, so kann er auf Unterlassung dieser Anmassung sowie bei Verschulden auf Schadenersatz und, wo die Art der Beeinträchtigung es rechtfertigt, auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung klagen.
ZGB). Gegen eine Namensanmassung steht die Unterlassungsklage zur Verfügung (Art. 29 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 29 - 1 Wird jemandem die Führung seines Namens bestritten, so kann er auf Feststellung seines Rechtes klagen.
1    Wird jemandem die Führung seines Namens bestritten, so kann er auf Feststellung seines Rechtes klagen.
2    Wird jemand dadurch beeinträchtigt, dass ein anderer sich seinen Namen anmasst, so kann er auf Unterlassung dieser Anmassung sowie bei Verschulden auf Schadenersatz und, wo die Art der Beeinträchtigung es rechtfertigt, auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung klagen.
ZGB). Die individuelle Kennzeichnung und Unterscheidung einer Person durch deren Namen dient andererseits auch öffentlichen Interessen. Der Name erfüllt die wichtige Aufgabe der Einordnung des einzelnen in die umfassende Gemeinschaft. Das diesbezügliche Interesse des Staates kommt dadurch zum Ausdruck, dass auch im Rahmen des privatrechtlichen Namensrechts zwingende Normen bestehen. In diesem Sinne ist mit dem Namen nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht verbunden. Der Gesetzgeber hat nicht übersehen, dass persönliche und öffentliche Interessen miteinander in Widerspruch geraten können, so dass in gewissen Fällen von der gesetzlichen Ordnung des Namenserwerbs kraft Abstammung oder anderer familienrechtlicher Vorgänge abgewichen werden muss und auch das Prinzip der Unabänderlichkeit des Namens nicht ausnahmslos aufrechterhalten bleiben kann. So sieht denn Art. 30
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 30 - 1 Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
1    Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
2    ...47
3    Wer durch Namensänderung verletzt wird, kann sie binnen Jahresfrist, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, gerichtlich anfechten.
ZGB ganz allgemein die Möglichkeit einer Namensänderung vor, wenn wichtige Gründe gegeben sind.
2. Die Tatsache, dass ein enger Zusammenhang zwischen dem Namen einer Person und deren Zugehörigkeit zu einer Familie besteht, führt bei jeder neuen Familiengründung zu einer besonderen
BGE 108 II 161 S. 163

Konfliktsituation. Es stellt sich die Frage, ob die neue Familie durch einen einheitlichen Namen gekennzeichnet sein soll, der dann ohne weiteres auch für in der Ehe geborene Kinder gilt, oder ob jeder Ehegatte seinen bisherigen Namen beibehalten soll, so dass zwar kein Ehegatte seinen bisherigen Namen aufzugeben hat, indessen für die Kinder eine besondere Lösung gefunden werden muss und für die Gemeinschaft von Eltern und Kindern kein einheitlicher Name besteht. Das schweizerische Zivilrecht beruht auf dem Grundsatz der Namenseinheit. So sieht Art. 161 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht.
ZGB vor, dass die Ehefrau mit der Heirat den Familiennamen des Ehemannes erhält, und gemäss Art. 270 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 270 - 1 Sind die Eltern miteinander verheiratet und tragen sie verschiedene Namen, so erhält das Kind denjenigen ihrer Ledignamen, den sie bei der Eheschliessung zum Namen ihrer gemeinsamen Kinder bestimmt haben.
1    Sind die Eltern miteinander verheiratet und tragen sie verschiedene Namen, so erhält das Kind denjenigen ihrer Ledignamen, den sie bei der Eheschliessung zum Namen ihrer gemeinsamen Kinder bestimmt haben.
2    Die Eltern können innerhalb eines Jahres seit der Geburt des ersten Kindes gemeinsam verlangen, dass das Kind den Ledignamen des andern Elternteils trägt.
3    Tragen die Eltern einen gemeinsamen Familiennamen, so erhält das Kind diesen Namen.
ZGB erhalten die Kinder den Familiennamen ihrer Eltern, wenn letztere miteinander verheiratet sind. Der Ehefrau wird somit zugemutet, dass sie mit der Heirat auf ihren bisherigen Namen verzichtet. Dies allerdings mit gewissen Ausnahmen. So lässt es das Gewohnheitsrecht zu, dass dem Familiennamen des Mannes derjenige der Frau beigefügt wird (sog. Allianzname). In gewissen Lebensbereichen, u.a. auch für die wissenschaftliche Tätigkeit, darf sich sodann jede Person eines Decknamens, eines Pseudonyms, bedienen (BGE 98 Ia 452 E. 3; dazu BGE 92 II 310 E. 3; BGE 72 II 145 ff.; BGE 57 II 17). Zudem kann eine Ehefrau, die schon vor ihrer Heirat unter einer ihren damaligen Namen enthaltenden Geschäftsfirma eine selbständige Tätigkeit ausgeübt hatte, gestützt auf Art. 954
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 954 - Die bisherige Firma kann beibehalten werden, wenn der darin enthaltene Name des Geschäftsinhabers oder eines Gesellschafters von Gesetzes wegen oder durch die zuständige Behörde geändert worden ist.
OR die Firma unverändert weiterführen. Schliesslich verlangt auch der Rechtsverkehr unter Privaten häufig keine Verwendung des im Zivilstandsregister eingetragenen amtlichen Namens. Namensrechtliche Abstufungen je nach Lebensbereich sind daher nicht von vornherein völlig ausgeschlossen (vgl. BGE 102 III 133 ff.).
3. Mit ihrem Namensänderungsgesuch strebt die Berufungsklägerin jedoch eine umfassende rechtliche Anerkennung des Familiennamens aus ihrer ersten, geschiedenen Ehe an. Da sich das Begehren nur auf ihren Namen bezieht, nicht auch auf denjenigen ihres heutigen Ehemannes, hätte dessen Gutheissung die Durchbrechung des in Art. 161
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht.
ZGB verankerten Prinzips der Einheit des Namens in der Familie zur Folge. a) In einem Urteil aus der Zeit, da gegen kantonale Entscheide betreffend Namensänderung die Berufung noch nicht zulässig war und nur staatsrechtliche Beschwerde erhoben werden konnte, hielt das Bundesgericht dafür, es verstosse nicht gegen Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV, einer Physiotherapeutin zu verweigern, den Namen, den sie vor der
BGE 108 II 161 S. 164

Heirat getragen hatte, beizubehalten (BGE 98 Ia 449 ff.). In einem jüngeren Entscheid (vom 1. Juni 1981 in Sachen L. bzw. M.) hat sich das Bundesgericht im Rahmen einer zivilrechtlichen Berufung mit den Artikeln 30 und 161 ZGB befasst: Ein dem schweizerischen Recht unterstellter Flüchtling, der eine Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland geheiratet hatte und der - wie auch seine Ehefrau - gestützt auf das deutsche Eherecht die Erklärung abgegeben hatte, er wolle den Namen der Ehefrau als gemeinsamen Familiennamen führen, hatte in der Schweiz ein entsprechendes Namensänderungsgesuch gestellt. Das Bundesgericht gelangte jedoch zum Schluss, dass Art. 30
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 30 - 1 Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
1    Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
2    ...47
3    Wer durch Namensänderung verletzt wird, kann sie binnen Jahresfrist, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, gerichtlich anfechten.
ZGB nicht dazu benützt werden dürfe, die zwingende Ordnung des Art. 161 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht.
ZGB zu umgehen, wonach die Ehefrau den Familiennamen des Ehemannes erhält. b) An dieser Auffassung ist im vorliegenden Fall um so mehr festzuhalten, als mit dem Namensänderungsgesuch der Berufungsklägerin auch noch der Grundsatz der Namenseinheit in der Familie durchbrochen werden soll. Dieser Grundsatz soll auch nach dem Gesetzesentwurf betreffend die Änderung im Bereiche des Familienrechts weiter bestehen bleiben, ungeachtet der Bestrebungen, im Rahmen von Ehewirkungen und Ehegüterrecht die Gleichberechtigung der Ehepartner ganz in den Vordergrund zu stellen (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 11. Juli 1979 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches hinsichtlich der Wirkungen der Ehe im allgemeinen, Ehegüterrecht und Erbrecht; BBl 1979 II S. 1191 ff., insbes. S. 1202 ff. und S. 1241 ff.). Zwar lässt der bundesrätliche Gesetzesentwurf ein gewisses Entgegenkommen an die Bedürfnisse der Ehefrau erkennen, wenn diese in Zukunft dem Familiennamen "den Namen, den sie bisher oder vor einer früheren Ehe trug, beifügen oder mit dem Hinweis auf die Heirat voranstellen" dürfen soll (so Art. 160 Abs. 2 des Entwurfs; BBl 1979 II S. 1404). Dass jedoch am Grundsatz der Einheit des Namens in der Familie nichts geändert werden soll, erhellt daraus, dass gemäss Art. 160 Abs. 1 des Entwurfs der Name des Ehemannes der Familienname der Ehegatten sein soll und dass Absatz 3 der gleichen Bestimmung vorsieht, dass in amtlichen Registern und Ausweisen wenn nötig nur der Familienname der Ehefrau verwendet werde. Den bundesrätlichen Revisionsentwurf hat der Ständerat insofern erweitert, als in Art. 30
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ZGB Art. 30 - 1 Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
1    Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.46
2    ...47
3    Wer durch Namensänderung verletzt wird, kann sie binnen Jahresfrist, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, gerichtlich anfechten.
ZGB (Abs. 2) vorgesehen werden soll, dass ein Gesuch von Brautleuten, vom Zeitpunkt der Trauung an den Familiennamen der Ehefrau führen zu dürfen, zu
BGE 108 II 161 S. 165

bewilligen sei, wenn achtenswerte Gründe vorliegen (vgl. Amtl.Bull. S, S. 69 und 76). Auch durch eine solche Regelung würde der Grundsatz der Namenseinheit in Ehe und Familie jedoch nicht preisgegeben. c) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Berufung in jeder Hinsicht offensichtlich unbegründet ist.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 108 II 161
Date : 19. März 1982
Published : 31. Dezember 1982
Source : Bundesgericht
Status : 108 II 161
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Namensänderung (Art. 30 ZGB). Das Namensänderungsgesuch einer verheirateten Frau, es sei ihr zu gestatten, den vorehelichen


Legislation register
BV: 4
OR: 954
ZGB: 29  30  161  270
BGE-register
102-III-133 • 108-II-161 • 57-II-15 • 72-II-145 • 92-II-305 • 98-IA-449
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surname • family • spouse • marriage • federal court • draft bill • decision • protection of a name • marriage ceremony • cantonal remedies • objection • civil code • statement of reasons for the adjudication • statement of affairs • maiden name • within • meadow • general effect of marriage • cantonal council • man • register of marital status • position • appeal relating to public law • application for an injunction • component • law of succession • question • swiss law • pseudonym • assumption of name
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BBl
1979/II/1191 • 1979/II/1404