107 IV 34
11. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 27. März 1981 i.S. M. und Kons. gegen Z. und Kons. (Nichtigkeitsbeschwerde).
Regeste (de):
- Art. 173 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1 Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt, 2 Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar. 3 Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen. 4 Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden. 5 Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen. - Anforderungen an den Beweis des guten Glaubens, wenn die ehrverletzende Äusserung im Prozess zur Wahrung berechtigter Interessen getan worden ist.
Regeste (fr):
- Art. 173 ch. 2 CP.
- Exigences quant à la preuve de la bonne foi, lorsque les propos attentatoires à l'honneur ont été tenus à l'occasion d'un procès, pour défendre des intérêts légitimes.
Regesto (it):
- Art. 173 n. 2 CP.
- Condizioni a cui è soggetta la prova della buona fede quando le dichiarazioni lesive dell'onore siano state fatte durante un processo, per difendere interessi legittimi.
Erwägungen ab Seite 34
BGE 107 IV 34 S. 34
Aus den Erwägungen:
4. Das Kantonsgericht fand, Z. habe den Beweis der guten Treue erbracht. Die Beschwerdeführer bestreiten es. a) Auszugehen ist von der Tatsache, dass der Beschwerdegegner die eingeklagten Äusserung als Parteivertreter, nämlich als Anwalt der A. AG in Zivilprozessen gegen die B. AG getan hat. Wie das Kantonsgericht in blosser Wiederholung der im Rahmen der Zulassungsfrage bereits rechtskräftig getroffenen Feststellungen ausführt, hatte der Beschwerdegegner dazu begründete Veranlassung; es bestand also - wenn vielleicht auch eine entfernte -, so doch eine für den Ausgang der Sache nicht völlig unerhebliche Beziehung zwischen den inkriminierten Äusserungen und dem Prozessgegenstand. Hat aber Z. in Wahrung der Interessen seiner Klientin gehandelt, dann ist an seine Sorgfaltspflicht, mit der er prüfen musste, ob zureichende Gründe zur Erhebung der Vorwürfe bestanden, kein allzu strenger Massstab anzulegen (BGE 96 IV 56, BGE 86 IV 75, 176). Indessen ist es auch dem Anwalt im Prozess untersagt, Anschuldigungen zu erheben, die nach Form und Inhalt über das hinausgehen, was er nach den ihm bekannten Tatsachen in guten Treuer für wahr halten durfte. Insbesondere darf er nicht als sichere Tatsachen hinstellen, wofür bloss Grund zu Verdächtigungen besteht (VON WERRA, Der Anwalt und die üble Nachrede, in Bulletin des SAV 1980 Nr. 70 S. 10). Dabei kann und muss von ihm mehr Sorgfalt verlangt werden, wenn er die Äusserungen in einer Rechtsschrift tut, als wenn die Vorwürfe in einer mündlichen Replik oder Duplik erhoben werden (BGE 86 IV 75). Auch kann der Beweis der guten Treue nicht mit Tatsachen geführt werden, die erst nach den ehrverletzenden Äusserungen eingetreten sind (BGE 102 IV 182).