107 Ib 81
19. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Juli 1981 i.S. Bundesamt für Justiz gegen Sommer und Staatsrat des Kantons Wallis (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Bewilligungssperre über Fremdenverkehrsorte gemäss BewVF in der seit 1. Juli 1979 geltenden Fassung; intertemporales Recht.
- 1. Art. 7 Abs. 1 lit. b
BewB. Eine Bewilligung ist ohne Rücksicht auf ein berechtigtes Interesse des Erwerbers zu verweigern, wenn der Ort der Sperre unterliegt (E. 2).
- 2. Art. 3 Abs. 5
und 6
BewVF. Die Sperre tritt frühestens mit ihrer Veröffentlichung in Kraft (E. 3).
- 3. Das gilt auch für Orte, die erst nach dem 1. Juli 1979 die Toleranzgrenze erreichten. Die Sperre ist diesfalls selbst auf Bewilligungsbegehren anwendbar, über welche die Bewilligungsbehörde, selbst auf Rekurs hin, noch nicht endgültig entschieden hat (E. 4).
- 4. Wie die Kantone über ihre Kontingente verfügen dürfen, ist ausschliesslich ihre Sache (E. 5).
Regeste (fr):
- Blocage des autorisations dans des lieux à vocation touristique selon l'OAITE dans sa teneur depuis le 1er juillet 1979; droit transitoire.
- 1. Art. 7 al. 1 let. b AFAIE. L'autorisation doit être refusée, sans égard à un intérêt légitime de l'acquéreur, lorsque le lieu en cause a fait l'objet d'une mesure de blocage (consid. 2).
- 2. Art. 3 al. 5 et 6 OAITE. La mesure de blocage entre en vigueur, au plus tôt, à la date de sa publication (consid. 3).
- 3. Il en est de même dans les lieux où les limites fixées ont été atteintes seulement après le 1er juillet 1979. Dans ce cas, le blocage intervient aussi pour les demandes d'autorisation sur lesquelles l'autorité compétente (même de recours) n'a pas statué définitivement (consid. 4).
- 4. Il est du ressort exclusif des cantons de fixer la manière dont ils disposeront de leurs contingents (consid. 5).
Regesto (it):
- Blocco delle autorizzazioni nei luoghi turistici, ai sensi dell'ordinanza sull'acquisto di fondi in luoghi turistici da parte di persone all'estero, del 10 novembre 1976 (nel testo in vigore dal 1o luglio 1979; OAFTE).
- 1. Art. 7 cpv. 1 lett. b DAFE. L'autorizzazione va negata, senza riguardo a un interesse legittimo dell'acquirente, ove il luogo sia soggetto al blocco (consid. 2).
- 2. Art. 3 cpv. 5 e 6 OAFTE. Il blocco delle autorizzazioni non entra in vigore prima della data della sua pubblicazione (consid. 3).
- 3. Lo stesso vale per i luoghi in cui i limiti fissati sono stati toccati solo dopo il 1o luglio 1979. In tal caso il blocco si applica pure alle domande di autorizzazione sulle quali l'autorità competente non si è ancora pronunciata (anche in sede di ricorso) definitivamente (consid. 4).
- 4. Spetta esclusivamente ai cantoni di determinare il modo in cui possono disporre dei propri contingenti (consid. 5).
Sachverhalt ab Seite 82
BGE 107 Ib 81 S. 82
A.- Der Deutsche Lothar Sommer, der in seiner Heimat wohnt, kaufte mit Vertrag vom 3. Oktober 1980 in Ried-Mörel eine Eigentumswohnung. Der Grundbuchinspektor des Kantons Wallis erteilte ihm am 17. Oktober 1980 die dafür gemäss Art. 1
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B.- Das Bundesamt für Justiz fand, mit der 50. Bewilligung vom 14. Oktober 1980 habe der Grundbuchinspektor für Ried-Mörel die Bewilligungssperre ausgelöst, die sofort und unabhängig von der formellen Aufnahme der Gemeinde in den Anhang und ihrer Veröffentlichung wirksam geworden sei; eine Bewilligung an Sommer könne daher nicht mehr oder nur unter den Voraussetzungen für Ausnahmen gemäss Art. 4
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BGE 107 Ib 81 S. 83
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2. Es ist unbestritten, dass die Gemeinde Ried-Mörel zu den Fremdenverkehrsorten im Sinne von Art. 2
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3. Nach Auffassung des Bundesamtes tritt die Sperre automatisch ein, sobald die letzte der einer Gemeinde nach Art. 3 Abs. 2
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BGE 107 Ib 81 S. 84
einer Bewilligung die Voraussetzungen für die Sperre erfüllen würde (Abs. 6). Mit diesen Bestimmungen, die weitgehend aus der Fassung vom 21. Dezember 1973 (AS 1974 S. 109) übernommen worden sind, hat der Bundesrat lediglich den in Art. 7 Abs. 1 lit. b
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b) Diese Auslegung der in Art. 3
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BGE 107 Ib 81 S. 85
Bundesbehörde das Gebiet auch nicht auf Zonen mit touristischer Bedeutung beschränken, wie dies im Anhang 2 namentlich bei einigen Walliser Gemeinden geschehen ist (BGE 104 Ib 330 oben). Entgegen der Auffassung des Bundesamtes hat der Entscheid des Departements über die Aufnahme einer Gemeinde in den Anhang 2 daher nicht bloss deklaratorische, sondern konstitutive Wirkung. Davon ist das Bundesgericht bereits 1975 ausgegangen, als es entschied, dass Ergänzungen der Sperrliste publiziert werden müssen und erst mit der Veröffentlichung in Kraft treten (Urteil vom 2. Mai 1975 i.S. Hartmann, publ. in ZBGR 56/1975 S. 299 E. 5). Ebensowenig lässt sich sagen, es genüge, dass die einer Gemeinde gemäss Art. 3 Abs. 2
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BGE 107 Ib 81 S. 86
ausgelöst worden; sie wurde vielmehr erst mit ihrer Veröffentlichung vom 2. Dezember 1980 verbindlich, was das Departement übrigens ausdrücklich beigefügt hat (AS 1980 S. 1748).
4. Eine andere Frage ist, ob der Staatsrat des Kantons Wallis am 17. Dezember 1980, also nach Inkrafttreten der Sperre für Ried-Mörel, den Entscheid des Grundbuchinspektors im Falle Sommer noch bestätigen durfte. a) Zur Frage, ob das neue Recht auch auf Grundstücke anwendbar ist, die zur Zeit seines Inkrafttretens bereits Gegenstand eines Bewilligungsverfahrens sind, hat sich das Bundesgericht schon im Falle Hartmann geäussert (ZBGR 56/1975 S. 294 E. 3). Dort ging es um die Anwendung der BewVF in der Fassung vom 21. Dezember 1973, die bis Ende 1976 galt, aber keine Übergangsbestimmung enthielt (AS 1974 S. 109 ff. und S. 2393). Das Bundesgericht führte damals u.a. aus, in Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre sei neues Recht, das um der öffentlichen Ordnung willen aufgestellt worden ist, auf alle Tatsachen anzuwenden, soweit nicht das Gesetz selber eine Ausnahme vorsieht, insbesondere auch auf Verfahren, die bei Inkrafttreten des neuen Erlasses bereits hängig, aber noch nicht abgeschlossen sind (BGE 99 Ia 124 E. 9, BGE 99 Ib 153 E. 1, BGE 87 I 510; E. ZIMMERLIN, Zum Problem der zeitlichen Geltung im Baupolizei- und Bauplanungsrecht, ZSR 88 S. 432 ff.; A. GRISEL, L'application du droit public dans le temps, ZBl 75 S. 251 ff.). Dieser Grundsatz müsse auch für Grundstückverkäufe an Personen mit Wohnsitz im Ausland gelten, weil die zu regelnden Fragen und öffentliche Interesse eine wirksame Überwachung der Verkäufe gebieten würden; eine neu angeordnete Bewilligungssperre sei daher auf alle noch nicht rechtskräftig entschiedenen Bewilligungsverfahren anzuwenden. Das Interesse eines Gesuchstellers an der Bestätigung einer erstinstanzlich erteilten Bewilligung dürfe nicht von der Kognitionsbefugnis der zweiten Instanz abhängig gemacht werden, da das öffentliche Interesse an einer sofortigen und lückenlosen Anwendung der Sperre so oder anders überwiege. Es werde zudem nicht neues Recht rückwirkend auf eine vor seinem Erlass eingetretene Tatsache angewendet oder eine rechtskräftig erteilte Bewilligung widerrufen, sondern ein Gesuch um Bewilligung eines beabsichtigten Rechtsgeschäftes nach der im Laufe des Verfahrens geänderten Rechtslage beurteilt. b) Die geltende Fassung der BewVF ist im Gegensatz zur vorausgehenden durch Übergangsbestimmungen ergänzt worden,
BGE 107 Ib 81 S. 87
letztmals anlässlich ihrer Änderung vom 18. Juni 1979 unter Ziff. II, die am 1. Juli 1979 in Kraft getreten ist (AS 1979 S. 806). Nach diesen Bestimmungen ist die Änderung auf die nach ihrem Inkrafttreten eingereichten Gesuche anwendbar (Abs. 1); vorher eingereichte, gehörig begründete und vorschriftsgemäss belegte Gesuche sind hingegen nach der damals geltenden Verordnung zu erledigen (Abs. 2). Wie das Departement in seiner Vernehmlassung vom 29. Mai 1979 zur (geplanten) Änderung ausführte, sollte mit den neuen Vorschriften die Möglichkeit der Kantone, Personen im Ausland den Erwerb von Zweitwohnungen in Fremdenverkehrsorten zu bewilligen, beschränkt und die Sperre verschärft werden. Die strengeren Vorschriften beziehen sich einerseits auf die materiellen Voraussetzungen für die Aufnahme eines Fremdenverkehrsortes in die Sperrliste (Art. 3
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BGE 107 Ib 81 S. 88
werden kann. Dies setzt voraus, dass die Kantone bei der alljährlichen Überprüfung der Verhältnisse mitmachen, hängige Bewilligungsverfahren nötigenfalls sistieren und die Bundesbehörde unterrichten. Stellt sich dabei heraus, dass ein Fremdenverkehrsort die Grenze erreicht oder sogar überschritten hat, so ist das Departement verpflichtet, den Ort zu sperren, gleichviel ob noch Bewilligungsgesuche aus dem Ortsgebiet hängig sind. Das muss auch für den Fall gelten, dass die Unzulässigkeit weiterer Bewilligungen erst in einem Beschwerdeverfahren offenbar wird. Selbst diesfalls handelt das Departement rechtmässig, wenn es die Sperre kurzfristig vorbereitet und verhängt. Müsste es hängige Verfahren ausnehmen oder ihre rechtskräftige Erledigung abwarten, so würden Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit von Zufälligkeiten abhängig gemacht, folglich eher weniger gewährleistet. Dies gilt umsomehr, als nicht nur die unteren kantonalen Behörden, sondern auch die Parteien die örtliche Entwicklung besser mitverfolgen können, als die Aufsichtsbehörden. Rechtsstaatliche Grundsätze gebieten daher auch im vorliegenden Fall nicht, dem Beschwerdegegner die Bewilligung zum Erwerb eines Grundstückes in Ried-Mörel unbekümmert um die Sperre, die am 2. Dezember 1980 zu Recht über diesen Ort verhängt worden ist, zu erteilen. Das öffentliche Interesse an einer korrekten Anwendung von Art. 7 Abs. 1 lit. b
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5. Das Bundesamt wiederholt mit der Beschwerde auch sein Begehren, eventuell habe die erstinstanzliche Behörde dem Beschwerdegegner eine Bewilligung zulasten des kantonalen Kontingentes für 1981 zu erteilen, weshalb sie vorsorglich anzuweisen sei, dafür eine Einheit aus dem neuen Kontingent vorzubehalten. Auf dieses Begehren kann das Bundesgericht nicht eintreten, da es nicht darüber zu befinden hat, wie und zugunsten welcher Fremdenverkehrsorte oder Gegenden die Kantone vom Kontingent Gebrauch machen dürfen, das ihnen jährlich zugeteilt wird; das ist ausschliesslich Sache der kantonalen Behörden.
BGE 107 Ib 81 S. 89
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid des Staatsrates des Kantons Wallis vom 17. Dezember 1980 aufgehoben und Lothar Sommer die Bewilligung verweigert, eine Eigentumswohnung in Ried bei Mörel zu erwerben.