107 Ib 155
29. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. Januar 1981 i.S. M. gegen Kanton Zürich (Verfahren nach Art. 42
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Regeste (de):
- Haftung des Gemeinwesens für Rechtsverzögerung (Gesetz des Kantons Zürich über die Haftung des Staates und der Gemeinden sowie ihrer Behörden und Beamten).
- Der Kanton kann zum Ersatz des Schadens aus einer übermässig langen Prozessdauer nicht verpflichtet werden, wenn die geschädigte Partei nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Vorkehren getroffen hat, um - mit entsprechenden Eingaben an das Gericht oder wenn nötig mit einer Rechtsverzögerungsbeschwerde - auf eine Beschleunigung des Verfahrens hinzuwirken.
Regeste (fr):
- Responsabilité de la collectivité en cas de retard injustifié (loi zurichoise sur la responsabilité de l'Etat et des communes, ainsi que de leurs autorités et fonctionnaires).
- Le canton ne saurait être tenu de réparer le dommage résultant de la durée excessive d'une procédure, lorsque la partie qui fait valoir des prétentions à cet égard n'a pas fait ce qui était en son pouvoir pour que le tribunal fasse diligence, que ce soit en l'invitant à accélérer la procédure ou en recourant le cas échéant pour retard injustifié.
Regesto (it):
- Responsabilità dell'ente pubblico per ritardata giustizia (legge zurighese sulla responsabilità dello Stato e dei comuni, nonché delle loro autorità e dei loro funzionari).
- Il cantone non è tenuto a risarcire il danno risultante dalla durata eccessiva di un processo, ove la parte che ha subito il pregiudizio non abbia fatto quanto era in suo potere per accelerare lo svolgimento della procedura, vuoi presentando istanza a tal uopo al tribunale, vuoi ricorrendo per ritardata giustizia.
Sachverhalt ab Seite 155
BGE 107 Ib 155 S. 155
Am 19. März 1970 wurden die Ehegatten M.-B. auf Begehren der Ehefrau, welche eine Scheidung anstrebte, vor dem Friedensrichter der Stadt Zürich geladen. Diese Sühneverhandlung verlief ergebnislos. Am 22. Mai 1970 machte die Ehefrau die Scheidungsklage
BGE 107 Ib 155 S. 156
beim Bezirksgericht Zürich anhängig. Sie beantragte, die Ehe sei gemäss Art. 137
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BGE 107 Ib 155 S. 157
Mit der vorliegenden Klage vom 14. Januar 1980 stellt die Klägerin den Antrag, der Kanton Zürich sei zu verpflichten, ihr Fr. 146'266.-- nebst 5% Zins seit dem 12. Januar 1977 zu bezahlen. Die Klägerin macht geltend, ihr ehemaliger Ehemann sei zwischen Ende 1972 und Ende 1975 nicht mehr einem Erwerb nachgegangen. Das eheliche Vermögen habe sich daher in dieser Zeit um Fr. 541'300.-- verringert. Von diesem Betrag habe das Obergericht dem Ehemann zwar Fr. 102'500.-- als unberechtigte Ausgaben angerechnet. Die Klägerin ist aber der Auffassung, dass Ende 1972/Anfang 1973, d.h. im Zeitpunkt, in dem das erstinstanzliche Verfahren hätte abgeschlossen sein können, der auf die Ehegatten aufzuteilende Vorschlag noch um Fr. 438'800.-- höher gewesen wäre als Ende 1975. Durch die widerrechtlich saumselige Prozessleitung des verantwortlichen Richters am Bezirksgericht Zürich habe sie somit einen Schaden im Sinne von § 6 des Haftungsgesetzes des Kantons Zürich erlitten. Das Bundesgericht weist die Klage ab, aus folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1. Gemäss Art. 42
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BGE 107 Ib 155 S. 158
2. a) Nach § 6 des zürcherischen Gesetzes über die Haftung des Staates und der Gemeinden sowie ihrer Behörden und Beamten (Haftungsgesetz) vom 14. September 1969 haftet der Staat für den Schaden, den ein Beamter in Ausübung hoheitlicher Verrichtungen einem Dritten widerrechtlich zufügt. Diese Bestimmung ist auch auf die Gerichte anwendbar (§ 1 Haftungsgesetz). b) § 7 Haftungsgesetz sieht vor, dass der Richter die Ersatzpflicht ermässigen oder gänzlich von ihr entbinden kann, wenn der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt oder Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt haben. Diese Bestimmung entspricht im wesentlichen Art. 44 Abs. 1
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SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat CO Art. 44 - 1 Le juge peut réduire les dommages-intérêts, ou même n'en point allouer, lorsque la partie lésée a consenti à la lésion ou lorsque des faits dont elle est responsable ont contribué à créer le dommage, à l'augmenter, ou qu'ils ont aggravé la situation du débiteur. |
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1 | Le juge peut réduire les dommages-intérêts, ou même n'en point allouer, lorsque la partie lésée a consenti à la lésion ou lorsque des faits dont elle est responsable ont contribué à créer le dommage, à l'augmenter, ou qu'ils ont aggravé la situation du débiteur. |
2 | Lorsque le préjudice n'a été causé ni intentionnellement ni par l'effet d'une grave négligence ou imprudence, et que sa réparation exposerait le débiteur à la gêne, le juge peut équitablement réduire les dommages-intérêts. |
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SR 170.32 Loi fédérale du 14 mars 1958 sur la responsabilité de la Confédération, des membres de ses autorités et de ses fonctionnaires (Loi sur la responsabilité, LRCF) - Loi sur la responsabilité LRCF Art. 4 - Lorsque la partie lésée a consenti à la lésion ou lorsque des faits dont elle est responsable ont contribué à créer ou à augmenter le dommage, l'autorité compétente peut réduire les dommages-intérêts ou même n'en point allouer. |
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SR 170.32 Loi fédérale du 14 mars 1958 sur la responsabilité de la Confédération, des membres de ses autorités et de ses fonctionnaires (Loi sur la responsabilité, LRCF) - Loi sur la responsabilité LRCF Art. 4 - Lorsque la partie lésée a consenti à la lésion ou lorsque des faits dont elle est responsable ont contribué à créer ou à augmenter le dommage, l'autorité compétente peut réduire les dommages-intérêts ou même n'en point allouer. |
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SR 170.32 Loi fédérale du 14 mars 1958 sur la responsabilité de la Confédération, des membres de ses autorités et de ses fonctionnaires (Loi sur la responsabilité, LRCF) - Loi sur la responsabilité LRCF Art. 12 - La légalité des décisions, d'arrêtés et de jugements ayant force de chose jugée ne peut pas être revue dans une procédure en responsabilité. |
bb) Wenn zu befürchten ist, dass aus einer langen Prozessdauer
BGE 107 Ib 155 S. 159
ein Schaden entsteht, kann der betroffenen Partei zugemutet werden, das Gericht auf den drohenden Schaden aufmerksam zu machen und es um eine raschere Abwicklung des Verfahrens zu ersuchen (vgl. den Bundesgerichtsentscheid in ZBl 81/1980, S. 268 E. 2d). Wird durch eine solche Massnahme der Gang des Verfahrens nicht beschleunigt und besteht keine Aussicht mehr, dass das Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist abgeschlossen werden kann, ist es der betroffenen Partei zudem zuzumuten, eine Rechtsverzögerungsbeschwerde zu ergreifen (zur Frage der unrechtmässigen Rechtsverzögerung vgl. BGE 103 V 192 ff.). Solche Mittel sind zu ergreifen, bevor auf dem Weg der Staatshaftung versucht wird, vom Staat Schadenersatz zu erlangen. Insofern besteht eine gewisse Subsidiarität der Staatshaftung (FRANZ SCHÖN, Staatshaftung als Verwaltungsrechtsschutz, Basler Studien zur Rechtswissenschaft, Heft 116, S. 189 ff.). Wenn eine Partei die Beschleunigung des Verfahrens nicht mit den genannten Massnahmen versucht hat, muss ihr in einem allfälligen späteren Staatshaftungsprozess ein Selbstverschulden im Sinne von § 7 Haftungsgesetz entgegengehalten werden. c) Die Klägerin macht nicht geltend, dass sie das Bezirksgericht Zürich unter Hinweis auf den drohenden Schaden um eine schnellere Abwicklung des Verfahrens ersucht habe. Zudem ergriff sie unbestrittenermassen keine Rechtsverzögerungsbeschwerde gegen das Bezirksgericht, obschon im Hinblick auf die lange Prozessdauer in guten Treuen behauptet werden konnte, es liege widerrechtliche Rechtsverzögerung vor. Die Klägerin unterliess es somit, die zumutbaren Massnahmen zu ergreifen, um den geltend gemachten Schaden abzuwehren. Dieses Untätigsein muss ihr als Selbstverschulden angerechnet werden. Dadurch wurde der Kausalzusammenhang zwischen der beanstandeten Prozessführung durch das Bezirksgericht und einem eventuellen Schaden unterbrochen. Bei dieser Rechtslage ist eine Haftung des Kantons Zürich gemäss § 7 Haftungsgesetz ausgeschlossen.
3. Nachdem die Klage bereits aufgrund von § 7 Haftungsgesetz abgewiesen werden muss, braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob die beanstandete Prozessführung eine widerrechtliche Handlung bzw. Unterlassung gemäss § 6 Abs. 1 Haftungsgesetz darstellt und ob und in welcher Höhe der behauptete Schaden entstanden ist. Im weiteren kann dahingestellt bleiben, ob die als Schaden bezeichnete Verminderung des ehelichen Vermögens durch den Ehemann nicht im Rahmen der Berechnung und Teilung des Vorschlags zu berücksichtigen gewesen wäre und ob
BGE 107 Ib 155 S. 160
dieser Schaden daher - nachdem die Vorschlagsteilung rechtskräftig geworden ist - im Staatshaftungsverfahren noch geltend gemacht werden kann (§ 21 Abs. 1 Haftungsgesetz).