104 Ia 35
10. Urteil vom 8. Februar 1978 i.S. X. gegen Staatsanwalt und Regierungsrat des Kantons Schaffhausen
Regeste (de):
- Kantonales Strafprozessrecht. Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- 1. Auslegung von Art. 180 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 180 Stellung - 1 Die Auskunftspersonen nach Artikel 178 Buchstaben b-g sind nicht zur Aussage verpflichtet; für sie gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Einvernahme der beschuldigten Person.
1 Die Auskunftspersonen nach Artikel 178 Buchstaben b-g sind nicht zur Aussage verpflichtet; für sie gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Einvernahme der beschuldigten Person. 2 Die Privatklägerschaft (Art. 178 Bst. a) ist vor der Staatsanwaltschaft, vor den Gerichten sowie vor der Polizei, die sie im Auftrag der Staatsanwaltschaft einvernimmt, zur Aussage verpflichtet. Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Zeuginnen und Zeugen sinngemäss anwendbar, mit Ausnahme von Artikel 176. - 2. Darin, dass durch die Verlesung der Anklageschrift in öffentlicher Verhandlung der gute Ruf des Opfers beeinträchtigt wird, liegt kein Eingriff in die persönliche Freiheit seiner Angehörigen; Abgrenzung des Schutzbereiches dieses Grundrechtes (E. 5a).
Regeste (fr):
- Procédure pénale cantonale. Art. 4 Cst., liberté personnelle.
- 1. Interprétation de l'art. 180 al. 3 de la loi de procédure pénale du canton de Schaffhouse, aux termes duquel l'acte d'accusation ne doit pas contenir de "motifs de prévention". Il n'y a pas violation de l'interdiction de l'arbitraire si l'acte d'accusation dressé contre un médecin d'un établissement pénitentiaire, accusé d'homicide par négligence commis sur la personne d'un détenu à titre préventif et provoqué par des soins médicaux insuffisants, mentionne, dans l'exposé des faits, les motifs pour lesquels la détention de la victime avait été ordonnée et prolongée, en indiquant les infractions dont cette personne était prévenue (consid. 4).
- 2. Le fait que la lecture de l'acte d'accusation en séance publique ternisse la bonne réputation de la victime ne porte pas atteinte à la liberté personnelle de ses proches; délimitation du champ d'application de ce droit constitutionnel (consid. 5a).
Regesto (it):
- Procedura penale cantonale. Art. 4 Cost., libertà personale.
- 1. Interpretazione dell'art. 180 cpv. 3 del codice di procedura penale del cantone di Sciaffusa, secondo il quale l'atto di accusa non può contenere "motivi di prevenzione". Non è violato il divieto dell'arbitrio in un caso in cui l'atto di accusa formulato contro un medico di un penitenziario, imputato di omicidio per negligenza commesso nei confronti di un detenuto in carcerazione preventiva e provocato da cure mediche insufficienti, menziona, nell'esposizione dei fatti, i motivi per i quali era stata ordinata e prorogata la carcerazione preventiva, con l'indicazione dei reati contestati a tale detenuto (consid. 4).
- 2. Il fatto che la lettura in udienza pubblica dell'atto di accusa nuoccia alla buona reputazione della vittima non apporta pregiudizio alla libertà personale dei suoi congiunti; delimitazione dell'ambito di questo diritto costituzionale (consid. 5a).
Sachverhalt ab Seite 36
BGE 104 Ia 35 S. 36
Der 44jährige X., der sich seit dem 4. Juni 1976 in Untersuchungshaft befunden hatte, starb am 14. Juni 1976 während des Transportes vom Gefängnis ins Kantonsspital an einem diabetischen Koma. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen erhob in der Folge wegen fahrlässiger Tötung Anklage gegen den Gefängnisarzt Dr. Y., dem sie vorwarf, dem Untersuchungsgefangenen X. ohne ausreichende Untersuchung und ohne die notwendige fortlaufende ärztliche Kontrolle das erforderliche Insulin entzogen zu haben. Die Mutter des Verstorbenen beschwerte sich bei den kantonalen Instanzen erfolglos dagegen, dass in der Anklageschrift gegen den Gefängnisarzt auch die ihrem Sohn zur Last gelegten Delikte erwähnt werden. Sie führt unter Berufung auf Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 104 Ia 35 S. 37
Erwägungen
Erwägungen:
3. Die Beschwerdeführerin beanstandet ausschliesslich die Art, wie der Sachverhalt in der gegen Dr. Y. gerichteten Anklageschrift dargestellt wird. Sie macht geltend, verschiedene Stellen, die sich auf die Person ihres verstorbenen Sohnes beziehen, seien in willkürlicher, gegen das kantonale Strafprozessrecht verstossender Weise in die Anklageschrift aufgenommen worden. Die nämlichen Stellen betrachtet sie als Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Verstorbenen und damit auch ihrer eigenen; sie leitet daraus die Rüge der Verletzung des verfassungsmässigen Rechtes der persönlichen Freiheit ab. Bei dieser Sachlage ist zunächst zu prüfen, ob der Entscheid unter dem Gesichtswinkel des kantonalen Strafprozessrechtes willkürlich sei. Sollte dies nicht zutreffen, so stellt sich die weitere Frage, ob das ohne Willkür gefundene Ergebnis ein durch die Bundesverfassung geschütztes Freiheitsrecht verletze. Diese zweite Frage prüft das Bundesgericht grundsätzlich frei.
4. Die Anklageschrift gegen Dr. Y. schildert in einem ersten Absatz einleitend die Verhaftung von X. und die in diesem Zusammenhang vom Verhörrichter getroffenen Anordnungen betreffend den Vollzug der Untersuchungshaft. Die Beschwerdeführerin beanstandet folgende drei Stellen dieses einleitenden Absatzes: "Auf Anzeige hin wurde der damals 44jährige X. von der Kantonspolizei Schaffhausen unter dem Verdacht, gestohlen zu haben, am 4. Juni 1976 ... festgenommen...;" "Um 12.05 Uhr" (des 5. Juni 1976) "versetzte ihn der Verhörrichter wegen Verdachts eines Verbrechens und Kollusionsgefahr in Untersuchungshaft;" "Unter dem Verdacht, in weiteren Fällen Diebstähle, in zwei Fällen eine Irreführung der Rechtspflege und in einem Fall einen Betrug verübt zu haben, wurde X. in der Folge:... polizeilich befragt;" Die Beschwerdeführerin machte im kantonalen Verfahren geltend, die genannten Stellen enthielten in Verletzung von Art. 180
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 180 Stellung - 1 Die Auskunftspersonen nach Artikel 178 Buchstaben b-g sind nicht zur Aussage verpflichtet; für sie gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Einvernahme der beschuldigten Person. |
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1 | Die Auskunftspersonen nach Artikel 178 Buchstaben b-g sind nicht zur Aussage verpflichtet; für sie gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Einvernahme der beschuldigten Person. |
2 | Die Privatklägerschaft (Art. 178 Bst. a) ist vor der Staatsanwaltschaft, vor den Gerichten sowie vor der Polizei, die sie im Auftrag der Staatsanwaltschaft einvernimmt, zur Aussage verpflichtet. Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Zeuginnen und Zeugen sinngemäss anwendbar, mit Ausnahme von Artikel 176. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 180 Stellung - 1 Die Auskunftspersonen nach Artikel 178 Buchstaben b-g sind nicht zur Aussage verpflichtet; für sie gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Einvernahme der beschuldigten Person. |
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1 | Die Auskunftspersonen nach Artikel 178 Buchstaben b-g sind nicht zur Aussage verpflichtet; für sie gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Einvernahme der beschuldigten Person. |
2 | Die Privatklägerschaft (Art. 178 Bst. a) ist vor der Staatsanwaltschaft, vor den Gerichten sowie vor der Polizei, die sie im Auftrag der Staatsanwaltschaft einvernimmt, zur Aussage verpflichtet. Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Zeuginnen und Zeugen sinngemäss anwendbar, mit Ausnahme von Artikel 176. |
BGE 104 Ia 35 S. 38
als verletzt, der vorschreibt, in der Anklageschrift sei kurz, aber genau die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat zu bezeichnen. Es trifft zu, dass nach der Strafprozessordnung des Kantons Schaffhausen wie auch nach dem Recht der anderen schweizerischen Kantone sich die Anklageschrift auf das Notwendige beschränken und kein vorweggenommenes Plädoyer darstellen soll (vgl. dazu PFENNINGER, Anklage, Urteil und Rechtskraft, SJZ 39/1942-1943, S. 354; C. LUDWIG, Die Anklageschrift, Schweiz. Zeitschrift für Strafrecht 59/1945, S. 220 f.; HAUSER, Kurzlehrbuch des Schweizerischen Strafprozessrechtes, S. 201 f.). Es liegt indessen in der Natur der Sache, dass keine Regeln darüber aufgestellt werden können, wie weit bei der Darstellung des Sachverhaltes im Einzelfalle gegangen werden soll. Aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 180 Stellung - 1 Die Auskunftspersonen nach Artikel 178 Buchstaben b-g sind nicht zur Aussage verpflichtet; für sie gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Einvernahme der beschuldigten Person. |
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1 | Die Auskunftspersonen nach Artikel 178 Buchstaben b-g sind nicht zur Aussage verpflichtet; für sie gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Einvernahme der beschuldigten Person. |
2 | Die Privatklägerschaft (Art. 178 Bst. a) ist vor der Staatsanwaltschaft, vor den Gerichten sowie vor der Polizei, die sie im Auftrag der Staatsanwaltschaft einvernimmt, zur Aussage verpflichtet. Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Zeuginnen und Zeugen sinngemäss anwendbar, mit Ausnahme von Artikel 176. |
BGE 104 Ia 35 S. 39
ob X. der ihm zur Last gelegten Delikte schuldig gewesen sei oder nicht, hat dies nichts zu tun. Es wird denn auch in der Anklageschrift mit aller Deutlichkeit gesagt, X. sei unter dem Verdacht des Diebstahls und weiterer Delikte festgenommen worden (und nicht etwa "wegen Diebstahls usw."), so dass jedes Missverständnis hierüber als ausgeschlossen betrachtet werden kann. Im übrigen ist dem Regierungsrat darin beizupflichten, dass das Verbot der Aufnahme von Verdachtsgründen in die Anklageschrift einzig mit Rücksicht auf das Unmittelbarkeitsprinzip in die StPO des Kantons Schaffhausen (wie in diejenigen anderer Kantone) aufgenommen worden ist und daher nur Verdachtsgründe gegenüber dem Angeklagten betrifft. Weitere Ausführungen zu diesem Punkt erübrigen sich. Man kann sich zwar fragen, ob es nicht möglich gewesen wäre, in der Anklageschrift gegen den Gefängnisarzt auf die Angabe der dem Verstorbenen seinerzeit zur Last gelegten Delikte zu verzichten. Indessen lässt sich nicht sagen, die Gründe der Verhaftung lägen derart abseits von dem jetzt zu beurteilenden Sachverhalt, dass ihre Nennung geradezu unvertretbar und damit willkürlich wäre. Im übrigen wird auf die Frage, ob die Beschwerdeführerin durch die vom Staatsanwalt gewählte Formulierung der Anklage überhaupt in einer vermeidbaren Weise verletzt worden sei, im Zusammenhang mit der behaupteten Verletzung eines ungeschriebenen verfassungsmässigen Rechtes zurückzukommen sein.
5. Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, durch das nach der Strafprozessordnung des Kantons Schaffhausen zwingend vorgeschriebene Verlesen der Anklageschrift mit dem dargelegten Inhalt in öffentlicher Verhandlung (Art. 194 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 194 Beizug von Akten - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |
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1 | Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |
2 | Verwaltungs- und Gerichtsbehörden stellen ihre Akten zur Einsichtnahme zur Verfügung, wenn der Herausgabe keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen. |
3 | Konflikte zwischen Behörden des gleichen Kantons entscheidet die Beschwerdeinstanz des jeweiligen Kantons, solche zwischen Behörden verschiedener Kantone oder zwischen kantonalen und eidgenössischen Behörden das Bundesstrafgericht. |
BGE 104 Ia 35 S. 40
körperliche Integrität, sondern darüber hinaus alle elementaren Erscheinungen menschlicher Persönlichkeit, die nicht durch andere Grundrechte der Bundesverfassung gewährleistet sind (BGE 90 I 36 und zahlreiche neuere Urteile, z.B. BGE 95 I 360 E. 1, BGE 97 I 49 E. 3, 841 E. 3; BGE 100 Ia 193 E. 3b; BGE 101 Ia 49 /50 E. 4, 345 E. 7a; BGE 102 Ia 282 E. 2, 303 E. 1a; zusammenfassende Würdigung bei A. GRISEL, La liberté personnelle et les limites du pouvoir judiciaire, in: Revue internationale de droit comparé, 1975, S. 549 ff.). Die Durchsicht dieser Entscheidungen zeigt, dass der erweiterte Begriff der persönlichen Freiheit sein hauptsächliches Anwendungsgebiet im Zusammenhang mit den Rechten der Untersuchungs- und Strafgefangenen findet. Es wird bei Beschwerden solcher Personen nicht mehr allein geprüft, ob sich ihre Verhaftung und Festhaltung mit der Verfassung vereinbaren lasse, sondern darüber hinaus auch, ob die Haftbedingungen ihre persönliche Entfaltungsmöglichkeit nicht in grösserem Masse einschränken, als dies der Zweck des Freiheitsentzuges erfordert. Demgegenüber hat das Bundesgericht wiederholt zum Ausdruck gebracht, nicht jeder andere Eingriff in das Recht der Persönlichkeit rechtfertige die Berufung auf ein ungeschriebenes verfassungsmässiges Freiheitsrecht, da sich sonst dieses Recht von anderen teils verfassungsmässig, teils gesetzlich geschützten Ansprüchen nicht mehr abgrenzen liesse. In einem ebenfalls den guten Ruf eines Beschwerdeführers betreffenden und insoweit mit dem vorliegenden vergleichbaren Fall (BGE 100 Ia 194 f) wird deutlich zum Ausdruck gebracht, eine derartige Ausweitung der Garantie der persönlichen Freiheit sei unannehmbar, weil sie auf nichts anderes hinausliefe als auf eine Wiederholung des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen. |
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1 | Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen. |
2 | Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist. |
BGE 104 Ia 35 S. 41
verfassungsmässig geschütztes Recht. Was die Beschwerdeführerin rügt, ist ein Angriff auf die Ehre ihres verstorbenen Sohnes und damit - allerdings nur mittelbar und bedeutend weniger intensiv - auch ein solcher auf ihr eigenes Ansehen. Sie kann sich gegenüber einer dahingehenden staatlichen Massnahme auf die aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 104 Ia 35 S. 42
Schwere verhängt, vor allem bei Delikten gegen Leib und Leben, gegen die Sittlichkeit oder gegen das Vermögen. Hätte der Staatsanwalt die Delikte, deren X. beschuldigt worden war, nicht aufgeführt, so wäre es der Phantasie des Lesers oder Zuhörers anheimgestellt geblieben, welchen Haftgrund er vermuten wolle. Es kann nun kaum ernstlich behauptet werden, es sei dem Rufe des Verstorbenen abträglicher, wenn klar gesagt wird, er sei wegen Diebstahls und Betruges sowie wegen Irreführung der Rechtspflege, also zur Hauptsache wegen Vermögensdelikten, in Untersuchung gezogen worden, als wenn durch Nichtnennung der Tatbestände für den Uneingeweihten auch die Möglichkeit eines Deliktes gegen Leib und Leben oder eines Sittlichkeitsdeliktes offen gelassen worden wäre. Vielmehr wird diese Art von Delikten gemeinhin als ehrenrühriger betrachtet als die Delikte gegen das Vermögen. Wenn die Beschwerdeführerin geltend macht, es bestehe auch die Möglichkeit der Verhaftung eines Unschuldigen, so geht ihr Einwand an der Sache vorbei: über Schuld oder Unschuld des Verstorbenen hätte die Anklageschrift weder mehr noch weniger gesagt, wenn die Deliktsvorwürfe, die zu dessen Verhaftung Anlass gaben, nicht genannt worden wären. Wie die Beschwerdeführerin dies subjektiv empfinden mag, ist nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist vielmehr der Eindruck auf das nicht näher orientierte Publikum, der, wie dargelegt, für den Verstorbenen nicht günstiger gewesen wäre. Die mögliche Beeinträchtigung des Ansehens der Familie des Verstorbenen liegt somit in der Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Gefängnisarzt, an dem die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin des Geschädigten selbst interessiert ist, an sich, und nicht in einer unzulässigen Formulierung der Anklageschrift. Die Beschwerde wäre somit auch dann abzuweisen, wenn das Bundesgericht den angefochtenen Eingriff unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit mit freier Kognition auf seine Verhältnismässigkeit zu prüfen hätte.