103 IV 98
28. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 13. Mai 1977 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt
Regeste (de):
- Art. 305
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 1bis Ebenso wird bestraft, wer jemanden, der im Ausland wegen eines Verbrechens nach Artikel 101 verfolgt wird oder verurteilt wurde, der dortigen Strafverfolgung oder dem dortigen Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer Massnahme im Sinne der Artikel 59-61, 63 oder 64 entzieht.420 2 Begünstigt der Täter seine Angehörigen oder jemand anderen, zu dem er in so nahen persönlichen Beziehungen steht, dass sein Verhalten entschuldbar ist, so bleibt er straflos.421 - Begünstigung ist auch dann gegeben, wenn die Verhaftung eines von der Polizei aufgrund eines Haftbefehls Gesuchten durch Beherbergung in der eigenen Wohnung zeitlich verzögert wird.
Regeste (fr):
- Art. 305 CP.
- Se rend également coupable d'entrave à l'action pénale celui qui retarde l'arrestation d'une personne recherchée par la police en vertu d'un mandat d'arrêt, en lui donnant asile dans son propre domicile.
Regesto (it):
- Art. 305 CP.
- È colpevole di favoreggiamento anche chi ritarda l'arresto di una persona ricercata dalla polizia in base ad un ordine di cattura, dandole alloggio nel proprio domicilio.
Sachverhalt ab Seite 98
BGE 103 IV 98 S. 98
In der Zeit von August bis November 1973 gewährte X. dem S. in seiner Wohnung in B. Unterkunft, obschon er zu
BGE 103 IV 98 S. 99
dieser Zeit wusste, dass der Beherbergte von der Polizei aufgrund eines Haftbefehls gesucht wurde. Am 4. Februar 1976 sprach das Strafgericht Basel-Stadt X. der Begünstigung sowie anderer strafbarer Handlungen schuldig und verurteilte ihn zu 13 Monaten Zuchthaus und einer Busse von Fr. 250.--; es gewährte dem Verurteilten den bedingten Strafvollzug und setzte die Probezeit auf 3 Jahre an. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt bestätigte am 19. November 1976 den Schuldspruch hinsichtlich der Begünstigung. Von den übrigen Anschuldigungen sprach es X. frei. Es verurteilte ihn zu drei Wochen Gefängnis, getilgt durch die erstandene Untersuchungshaft. X. führt eidg. Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt Freisprechung von der Anschuldigung der Begünstigung, eventuell Milderung der Strafe nach richterlichem Ermessen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Begünstigung im Sinne von Art. 305
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
1bis | Ebenso wird bestraft, wer jemanden, der im Ausland wegen eines Verbrechens nach Artikel 101 verfolgt wird oder verurteilt wurde, der dortigen Strafverfolgung oder dem dortigen Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer Massnahme im Sinne der Artikel 59-61, 63 oder 64 entzieht.420 |
2 | Begünstigt der Täter seine Angehörigen oder jemand anderen, zu dem er in so nahen persönlichen Beziehungen steht, dass sein Verhalten entschuldbar ist, so bleibt er straflos.421 |
2. In Anwendung der dargelegten Grundsätze qualifiziert sich das Verhalten des Beschwerdeführers entgegen seiner Behauptung als Begünstigung. Nach den Feststellungen der kantonalen Gerichte wusste er seit August oder September 1973, dass S. wegen Autodiebstahls von den Zürcher Behörden
BGE 103 IV 98 S. 100
gesucht wurde und dass dieser sich am 9. November 1973 der Polizei gegenüber mit einem falschen Pass ausgewiesen hatte. Trotzdem beherbergte er ihn in seiner Wohnung in B. Nach seiner eigenen Verhaftung am 9. November 1973 stellte er S. durch Überlassen der Schlüssel seine Wohnung weiterhin zur Verfügung. Damit bot er diesem weitgehend Schutz vor einer Ergreifung durch die Polizei. Hätte er S. seine Wohnung nicht überlassen, wäre dieser gezwungen gewesen, in einem Hotel Unterkunft zu beziehen. Dort aber hätte er nach den Ausführungen des Strafgerichts, auf die die Vorinstanz verweist, angesichts der polizeilichen Kontrolle der Hotelanmeldescheine mit Bestimmtheit riskiert, angehalten zu werden. Diese Ausdrucksweise der kantonalen Gerichte kann nichts anderes heissen, als dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten dazu beigetragen hat, dass sein Bekannter während der genannten Zeit der polizeilichen Fahndung entging, mithin dessen Verhaftung erst später erfolgen konnte. In subjektiver Hinsicht stellt die Vorinstanz verbindlich fest, der Beschwerdeführer habe eine mindestens zeitliche Verzögerung der Ergreifung des S. bewusst in Kauf genommen. Er hat somit eventualvorsätzlich gehandelt, was entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers zur Erfüllung des Tatbestandes genügt (BGE 99 IV 278 E. 4).