103 Ia 1
1. Urteil vom 25. Januar 1977 i.S. X. gegen Instruktionsrichter des Appellationsgerichts Basel-Stadt
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Unhaltbare Auslegung einer kantonalrechtlichen Bestimmung betreffend die Beiordnung eines Offizialverteidigers (E. 1).
- Unmittelbar aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Regeste (fr):
- Art. 4 Cst.; assistance judiciaire gratuite en matière pénale.
- Interprétation insoutenable d'une disposition cantonale relative à la désignation d'un défenseur d'office (consid. 1).
- Le droit à la désignation d'un défenseur d'office découle en général directement de l'art. 4 Cst., indépendamment des difficultés de fait et de droit que l'affaire peut présenter, lorsque l'accusé peut s'attendre au prononcé d'une peine dont la durée exclut l'octroi du sursis (consid. 2).
Regesto (it):
- Art. 4 Cost.; assistenza giudiziaria gratuita in materia penale.
- Interpretazione insostenibile di una norma cantonale relativa alla designazione di un difensore d'ufficio (consid. 1).
- Il diritto alla designazione di un difensore d'ufficio sgorga in generale direttamente dall'art. 4 Cost., senza riguardo alle difficoltà di fatto e di diritto che presenti il caso concreto, laddove l'imputato debba prevedere la possibilità che gli sia inflitta una pena la cui durata escluda la sospensione condizionale (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 1
BGE 103 Ia 1 S. 1
X. ist einer der Hauptangeklagten in einem bedeutenden Strafprozess, der vor dem Basler Strafgericht durchgeführt wurde. Er wurde mit Urteil vom 3. Dezember 1975 des betrügerischen Konkurses, der Urkundenfälschung und des wiederholten Betruges schuldig erklärt und mit zwei Jahren Gefängnis bestraft (unter Einrechnung der vom 4. März bis 24. Oktober 1968 erstandenen Sicherheitshaft). X. appellierte neben
BGE 103 Ia 1 S. 2
andern Angeklagten gegen das Urteil. Er ist finanziell nicht in der Lage, die Kosten der Verteidigung selbst aufzubringen. Im Verfahren vor dem Strafgericht hatte er auf die Beiordnung eines Offizialverteidigers verzichtet. Wie aus den Akten zu schliessen ist, stellte er am 27. Mai 1976 das Begehren, es sei ihm für das Appellationsverfahren ein Offizialverteidiger zu bestellen. Der Instruktionsrichter des Appellationsgerichtes wies das Begehren am 6. Dezember 1976 ab. Gegen diese Verfügung reichte X. am 3. Januar 1977 gestützt auf Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |
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1 | Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |
2 | Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34 |
3 | Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat. |
4 | Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35 |
Erwägungen
Erwägungen:
1. In der ergänzenden Verfügung des Instruktionsrichters vom 9. Dezember 1976 wird die nicht motivierte Verfügung vom 6. Dezember bestätigt und begründet. Einer gesonderten Anfechtung dieser zweiten Verfügung bedurfte es nicht. Das Appellationsgericht teilte dem Bundesgericht mit, dass es die umfangreichen Strafakten zur Zeit selbst benötige. Wegen der zeitlichen Dringlichkeit muss die Beschwerde auf Grund der vorhandenen, unvollständigen Unterlagen entschieden werden. Es steht ausser Zweifel, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage ist, die Kosten eines Verteidigers selber zu übernehmen. Der Instruktionsrichter hat das in der angefochtenen Verfügung, vor allem aber in der Verfügung vom 9. Dezember 1976 implizite anerkannt.
BGE 103 Ia 1 S. 3
Ob ein unbemittelter Angeklagter Anspruch auf unentgeltliche Verteidigung hat, bestimmt sich zunächst nach den Vorschriften des kantonalen Rechts. Nur wenn dieses keine Vorschriften enthält oder die bestehenden Normen nicht genügen, um dem Bürger die wirksame Wahrung seiner Rechte im Prozess zu sichern, greifen die unmittelbar aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 103 Ia 1 S. 4
noch organisieren lassen, ohne dass die Verschiebung der Verhandlung vom 2. Februar 1977 vonnöten gewesen wäre. § 10 StPO nennt alternativ die Voraussetzungen, unter denen dem "unvermögenden", d.h. unbemittelten Angeschuldigten ein Advokat als Verteidiger beizugeben ist. Das ist einmal der Fall, wenn Verwahrung nach Art. 42
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |
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1 | Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |
2 | Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.34 |
3 | Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann auch verweigert werden, wenn der Täter eine zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat. |
4 | Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden.35 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 148 - 1 Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.207 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 163 - 1. Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich |
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1 | Der Schuldner, der zum Schaden der Gläubiger sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich |
2 | Unter den gleichen Voraussetzungen wird der Dritte, der zum Schaden der Gläubiger eine solche Handlung vornimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
2 | ...330 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an. |
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1 | Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an. |
2 | Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an. |
3 | Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag. |
4 | Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung. |
BGE 103 Ia 1 S. 5
an den Taten, die Gegenstand des Strafverfahrens bilden, beteiligt waren, ist zum Teil umstritten, und es stellen sich Rechtsfragen, die keineswegs einfach sind. Unter diesen Umständen lässt sich die Auffassung, Sach- und Rechtslage seien nicht oder" nicht mehr besonders" verwickelt, mit sachlichen Gründen nicht vertreten.
2. Wäre die Beschwerde nicht schon wegen unhaltbarer Auslegung des kantonalen Rechts gutzuheissen, so würde sich ein Anspruch auf unentgeltliche Verteidigung unmittelbar aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 103 Ia 1 S. 6
sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben; der Beschwerdeführer bedarf wohl auch unter diesem Gesichtspunkt des Beistands eines Verteidigers, da die übrigen Angeklagten durch Privatverteidiger verbeiständet zu sein scheinen. Es ergibt sich aus allem, dass der Instruktionsrichter Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |