Urteilskopf

102 II 297

44. Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. September 1976 i.S. Cevitch gegen Konkursmasse Reiss & Co. Bankiers in Liquidation.
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Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 297

BGE 102 II 297 S. 297

A.- Die Bragi S.A. mit Sitz in Luxemburg gab im Jahre 1969 (neben verschiedenen andern Wertschriften) die Obligation US Dollar 10'000.--, 6 3/4%, Republic of Austria, 1982,
BGE 102 II 297 S. 298

der Bank Reiss & Co., Zürich, ins Depot, wobei sie sich gleichzeitig ein Konto eröffnen liess. Die Bank legte die Titel in ein zentrales Sammeldepot der Schweizerischen Bankgesellschaft. Nach der Darstellung des Klägers soll diese die Wertschriften zur Verwahrung an die Union de Banques Suisses Cedel S.A., Luxemburg, weitergegeben haben.
B.- Mit Verfügung der Eidgenössischen Bankenkommission vom 21. März 1972 wurde der Reiss & Co. in Anwendung von Art. 23quinquies
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz
BankG Art. 23quinquies - 1 Entzieht die FINMA einer Bank die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit, so bewirkt dies bei juristischen Personen und Kollektiv- und Kommanditgesellschaften die Auflösung und bei Einzelfirmen100 die Löschung im Handelsregister. Die FINMA bezeichnet den Liquidator und überwacht seine Tätigkeit.
1    Entzieht die FINMA einer Bank die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit, so bewirkt dies bei juristischen Personen und Kollektiv- und Kommanditgesellschaften die Auflösung und bei Einzelfirmen100 die Löschung im Handelsregister. Die FINMA bezeichnet den Liquidator und überwacht seine Tätigkeit.
2    Vorbehalten bleiben Massnahmen nach dem elften Abschnitt.
BankG die Bewilligung zur Ausübung des Bankgewerbes entzogen und festgestellt, die Gesellschaft trete in Liquidation. Zur Liquidatorin ernannte die Aufsichtsbehörde die Neutra Treuhand A.G., Zürich, die zuvor schon als Beobachterin im Sinne von Art. 23quater
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz
BankG Art. 23quater
BankG tätig gewesen war. Mit Stichtag 15. März 1972 war inzwischen die von der Bragi S.A. hinterlegte Obligation zur Rückzahlung ausgelost worden, worauf die Schweizerische Bankgesellschaft der Reiss & Co. am 21. März 1972 den Erlös von US Dollar 9'987.50, Wert 15. März 1972, gutschrieb; bei dieser soll die Gutschriftsanzeige allerdings erst am 24. März 1972 eingegangen sein. Die Liquidatorin buchte am 27. März 1972 auf das Konto der Bragi S.A. eine Gutschrift von US Dollar 9'975.-- (= Fr. 38'154.35), welche sie am 26. Juni 1972 auf ein mit "K" gekennzeichnetes Konto übertrug. Am 4. Juli 1972 bewilligte das Handelsgericht des Kantons Zürich der in Liquidation stehenden Bank eine Nachlassstundung. Nachdem die Genehmigung des Nachlassvertrages verweigert worden war, wurde am 8. August 1973 der Konkurs eröffnet.
C.- Als Rechtsnachfolger der unterdessen aufgelösten Bragi S.A. verlangte Jasha Cevitch bei der Konkursverwaltung die Auszahlung des Betrages von Fr. 41'107.20 (= Saldo des Kontos "K") als Massaschuld. Mit Verfügung vom 17. Juni 1974 wurde das Begehren abgewiesen und die Forderung in der 5. Klasse kolloziert. Am 25. September 1975 erhob Cevitch beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage gegen die Konkursmasse auf Zahlung von Fr. 41'107.20 nebst Zins zu 6% seit 15. März 1972.
D.- Das Handelsgericht wies die Klage mit Urteil vom 16. März 1976 ab, nachdem es festgestellt hatte, dass Gegenstand der Klage ohnehin nur die sich aus der Rückzahlung der
BGE 102 II 297 S. 299

Obligation ergebende Gutschrift von Fr. 38'154.35 sein könne.
E.- Diesen Entscheid hat der Kläger beim Bundesgericht mit Berufung angefochten, wobei er folgende Rechtsbegehren stellt: "1. Es sei das Urteil des Handelsgerichtes des Kantons Zürich vom 16. März 1976 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Fr. 38'154.35 nebst Zins zu 5% seit dem 22. März 1972, eventuell seit 28. März 1972 zu bezahlen; eventuell, für den Fall der Abweisung des Hauptantrages:
2. Es sei das Urteil des Handelsgerichtes des Kantons Zürich vom 16. März 1976 aufzuheben und die Sache zur Vervollständigung des Sachverhaltes und neuer Entscheidung an die kantonale Instanz zurückzuweisen." Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Kläger geht zunächst davon aus, der Eingang des Erlöses aus der Rückzahlung der hinterlegten Obligation bei der Reiss & Co. sei auf den 24. März 1972 festzulegen, d.h. auf den Tag, an welchem der Bank die Gutschriftsanzeige der Schweizerischen Bankgesellschaft zugegangen sei. Das Guthaben sei mithin erst nach dem von der Eidgenössischen Bankenkommission verfügten Entzug der Bewilligung zur Ausübung des Bankgewerbes entstanden. Da die aufsichtsbehördliche Schalterschliessung in ihren Wirkungen der Konkurseröffnung gleichzusetzen sei, stelle das sich aus der Rückzahlung der Obligation ergebende Forderungsrecht einen Massa-Anspruch dar. Nach Auffassung des Handelsgerichtes wurde das Recht der Bragi S.A. am Wertpapier schon am 15. März 1972 - dem für die ausgeloste Rückzahlung massgebenden Stichtag - durch einen auf den Erlös gerichteten Forderungsanspruch ersetzt. Ob die an dieser Ansicht geübte Kritik des Klägers, der geltend macht, das Wertpapier sei nicht ohne weiteres am Stichtag "untergegangen", begründet ist, mag dahingestellt bleiben. Denn aus der Tatsache, dass die Schweizerische Bankgesellschaft der Reiss & Co. den Rückzahlungsbetrag am 21. März 1972 gutschrieb, ergibt sich, dass der Titel spätestens an jenem Tag der Anleihensschuldnerin zurückgegeben worden
BGE 102 II 297 S. 300

sein musste. Gleichzeitig trat an die Stelle des dinglichen Anspruches der Bragi S.A. auf Herausgabe der deponierten Obligation (Art. 475 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 475 - 1 Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde.
1    Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurückfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde.
2    Jedoch hat er dem Aufbewahrer den Aufwand zu ersetzen, den dieser mit Rücksicht auf die vereinbarte Zeit gemacht hat.
OR) ein schuldrechtlicher Anspruch im Sinne von Art. 481
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 481 - 1 Ist Geld mit der ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung hinterlegt worden, dass der Aufbewahrer nicht dieselben Stücke, sondern nur die gleiche Geldsumme zurückzuerstatten habe, so geht Nutzen und Gefahr auf ihn über.
1    Ist Geld mit der ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung hinterlegt worden, dass der Aufbewahrer nicht dieselben Stücke, sondern nur die gleiche Geldsumme zurückzuerstatten habe, so geht Nutzen und Gefahr auf ihn über.
2    Eine stillschweigende Vereinbarung in diesem Sinne ist zu vermuten, wenn die Geldsumme unversiegelt und unverschlossen übergeben wurde.
3    Werden andere vertretbare Sachen oder Wertpapiere hinterlegt, so darf der Aufbewahrer über die Gegenstände nur verfügen, wenn ihm diese Befugnis vom Hinterleger ausdrücklich eingeräumt worden ist.
OR auf Entrichtung des gutgeschriebenen Rückzahlungserlöses (vgl. BGE 78 II 253 /54 E. c). Zu diesem Zeitpunkt aber hatte die Verfügung der Eidgenössischen Bankenkommission ihre Wirkung noch nicht entfalten können, traf sie doch erst am 22. März 1972 beim Rechtsvertreter der Reiss & Co. ein (zur Rechtswirksamkeit: vgl. IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Band I, Nr. 35, S. 217 sub V in Verbindung mit Nr. 84, S. 527 sub a). Ist somit die Geldforderung noch vor der Schalterschliessung entstanden, könnte von einer Massaschuld im Sinne von Art. 262
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 262 - 1 Sämtliche Kosten für Eröffnung und Durchführung des Konkurses sowie für die Aufnahme eines Güterverzeichnisses werden vorab gedeckt.
1    Sämtliche Kosten für Eröffnung und Durchführung des Konkurses sowie für die Aufnahme eines Güterverzeichnisses werden vorab gedeckt.
2    Aus dem Erlös von Pfandgegenständen werden nur die Kosten ihrer Inventur, Verwaltung und Verwertung gedeckt.
SchKG - die ihrem Wesen nach erst bei oder nach Eröffnung des Konkurses entstehen kann - selbst dann nicht gesprochen werden, wenn - was übrigens äusserst fraglich ist - die Wirkungen des Konkursbeschlags im vorliegenden Fall auf diesen Zeitpunkt zurückzubeziehen wären. Der Anspruch ist ausserdem ohnehin nicht im Zusammenhang mit der Eröffnung oder Durchführung des Konkurses bzw. der Liquidation begründet worden (vgl. Art. 262 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 262 - 1 Sämtliche Kosten für Eröffnung und Durchführung des Konkurses sowie für die Aufnahme eines Güterverzeichnisses werden vorab gedeckt.
1    Sämtliche Kosten für Eröffnung und Durchführung des Konkurses sowie für die Aufnahme eines Güterverzeichnisses werden vorab gedeckt.
2    Aus dem Erlös von Pfandgegenständen werden nur die Kosten ihrer Inventur, Verwaltung und Verwertung gedeckt.
SchKG). Aus dieser Sicht ist die Berufung demnach abzuweisen.
2. Hilfsweise beruft sich der Kläger auf Auftragsrecht. Er macht geltend, die Reiss & Co. sei beauftragt gewesen, den Erlös aus der Rückzahlung der Obligation in eigenem Namen, jedoch für Rechnung seiner Rechtsvorgängerin, der Bragi S.A., einzukassieren; er habe daher einen Subrogations-, allenfalls einen Aussonderungsanspruch im Sinne von Art. 401
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 401 - 1 Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
1    Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
2    Dieses gilt auch gegenüber der Masse, wenn der Beauftragte in Konkurs gefallen ist.
3    Ebenso kann der Auftraggeber im Konkurse des Beauftragten, unter Vorbehalt der Retentionsrechte desselben, die beweglichen Sachen herausverlangen, die dieser in eigenem Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers zu Eigentum erworben hat.
OR. a) Die Vorinstanz ist der Ansicht, das Verhältnis zwischen der Bank und der Bragi S.A. habe in einem gewöhnlichen Hinterlegungsvertrag bestanden, wobei jene ermächtigt gewesen sei, die Wertschriften in ein fremdes Sammeldepot zu legen. Dass die Zinsen und der Rückzahlungserlös bei einer Drittbank eingegangen seien, sei nicht Ausfluss eines von der Hinterlegung getrennten, besonderen Auftrages mit fiduziarischem Charakter. Die Reiss & Co. habe keine Verpflichtungen übernommen, die über die sich schon aus dem Hinterlegungsvertrag ergebenden hinausgegangen seien. Dem kann nicht beigepflichtet werden.

BGE 102 II 297 S. 301

b) Bei der Hinterlegung besteht die Vertragsleistung des Aufbewahrers einzig darin, die vom Hinterleger anvertraute Sache zu übernehmen und an einem sicheren Ort aufzubewahren (Art. 472 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 472 - 1 Durch den Hinterlegungsvertrag verpflichtet sich der Aufbewahrer dem Hinterleger, eine bewegliche Sache, die dieser ihm anvertraut, zu übernehmen und sie an einem sicheren Orte aufzubewahren.
1    Durch den Hinterlegungsvertrag verpflichtet sich der Aufbewahrer dem Hinterleger, eine bewegliche Sache, die dieser ihm anvertraut, zu übernehmen und sie an einem sicheren Orte aufzubewahren.
2    Eine Vergütung kann er nur dann fordern, wenn sie ausdrücklich bedungen worden ist oder nach den Umständen zu erwarten war.
OR). Gemäss Depotreglement, das der Würdigung des zwischen der Bragi S.A. und der Reiss & Co. geschlossenen Vertrages zugrunde zu legen ist, verpflichtete sich diese jedoch darüber hinaus namentlich zu folgenden Leistungen (§ 18 des Depotreglementes): - Einzug oder bestmögliche Verwertung fälliger Zins- und Dividendenscheine sowie zur Rückzahlung gelangender Titel, - Überwachung von Auslosungen, Kündigungen, Konversionen, Bezugsrechten und Amortisationen von Wertpapieren, - Bezug neuer Couponsbogen und Umtausch von Interimsscheinen gegen definitive Titel. Nach § 19 des Depotreglementes hatte die Bank die einkassierten Beträge der Deponentin auf deren Konto gutzuschreiben. Diese Dienstleistungen haben auftragsrechtlichen Charakter und sprengen den Rahmen des Hinterlegungsvertrages. Die zwischen der Bragi S.A. und der Bank geschlossene Vereinbarung ist daher als auf die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren gerichtetes gemischtes Rechtsgeschäft zu verstehen (vgl. BGE 94 II 169 E. 2 mit Hinweisen; UMBRICHT-MAURER, Das Depotgeschäft, Zürich 1976, S. 2; dazu auch BGE 101 II 123 E. 1). Mit Bezug auf die Verwaltung der hinterlegten Obligation durch die Reiss & Co. sind mithin die Art. 394 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 394 - 1 Durch die Annahme eines Auftrages verpflichtet sich der Beauftragte, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäss zu besorgen.
1    Durch die Annahme eines Auftrages verpflichtet sich der Beauftragte, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäss zu besorgen.
2    Verträge über Arbeitsleistung, die keiner besondern Vertragsart dieses Gesetzes unterstellt sind, stehen unter den Vorschriften über den Auftrag.
3    Eine Vergütung ist zu leisten, wenn sie verabredet oder üblich ist.
. OR durchaus anwendbar. c) Nach Art. 401 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 401 - 1 Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
1    Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
2    Dieses gilt auch gegenüber der Masse, wenn der Beauftragte in Konkurs gefallen ist.
3    Ebenso kann der Auftraggeber im Konkurse des Beauftragten, unter Vorbehalt der Retentionsrechte desselben, die beweglichen Sachen herausverlangen, die dieser in eigenem Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers zu Eigentum erworben hat.
OR gehen Forderungsrechte, die der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen gegen Dritte erworben hat, auf den Mandanten über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnis nachgekommen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers wird die Subrogation von Gesetzes wegen begründet (Legalzession), sobald die Voraussetzungen erfüllt sind; eine Mitwirkung des Beauftragten ist nicht erforderlich (Art. 166
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 166 - Bestimmen Gesetz oder richterliches Urteil, dass eine Forderung auf einen andern übergeht, so ist der Übergang Dritten gegenüber wirksam, ohne dass es einer besondern Form oder auch nur einer Willenserklärung des bisherigen Gläubigers bedarf.
OR; vgl. dazu GAUTSCHI, Subrogation und Aussonderung von beweglichem Treuhandvermögen, in SJZ 72/1976, S. 321 sub Ziff. 25 und S. 326 sub Ziff. 53; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 6 und 7 zu Art. 401
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 401 - 1 Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
1    Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
2    Dieses gilt auch gegenüber der Masse, wenn der Beauftragte in Konkurs gefallen ist.
3    Ebenso kann der Auftraggeber im Konkurse des Beauftragten, unter Vorbehalt der Retentionsrechte desselben, die beweglichen Sachen herausverlangen, die dieser in eigenem Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers zu Eigentum erworben hat.
OR).
BGE 102 II 297 S. 302

Dass die Reiss & Co. als indirekte Stellvertreterin der Bragi S.A. auftrat und somit den Anspruch auf den Rückzahlungserlös zwar in eigenem Namen, aber für Rechnung der Hinterlegerin erwarb, scheint die Beklagte nicht bestreiten zu wollen. Wird weiter angenommen, die Bragi S.A. sei ihren vertraglichen Verpflichtungen als Auftraggeberin nachgekommen, so hatte diese nach der Rückzahlung der Obligation und dem Eingang des Erlöses bei der Schweizerischen Bankgesellschaft das Recht, die Auszahlung direkt dieser gegenüber zu verlangen. Mit der Gutschrift des Rückzahlungserlöses auf dem Konto der Reiss & Co. ging der Subrogationsanspruch indessen unter, kann doch eine Forderung nur solange Gegenstand des Rechtsüberganges sein, als sie nicht durch gültige Erfüllung an den Beauftragten erloschen ist (vgl. GAUTSCHI, N. 9 a zu Art. 401
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 401 - 1 Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
1    Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
2    Dieses gilt auch gegenüber der Masse, wenn der Beauftragte in Konkurs gefallen ist.
3    Ebenso kann der Auftraggeber im Konkurse des Beauftragten, unter Vorbehalt der Retentionsrechte desselben, die beweglichen Sachen herausverlangen, die dieser in eigenem Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers zu Eigentum erworben hat.
OR; in gleichem Sinne auch CL. REYMOND, L'arrêt Feras Anstalt et consorts c. Vallugano S.A. et l'évolution de la jurisprudence du Tribunal fédéral sur l'acte fiduciaire, JdT 1974 I S. 598). Dass die Bragi S.A. nach den klägerischen Angaben am 22. März 1972, dem der Gutschrift durch die Schweizerische Bankgesellschaft folgenden Tag, bei der Reiss & Co. vorgesprochen und die Herausgabe der Obligation verlangt haben soll, was der Kläger angesichts der Rückzahlung als Geltendmachung des Anspruchs auf Forderungsabtretung ausgelegt wissen möchte, hilft ihm demnach schon aus diesem Grunde nicht. Die Subrogation hätte überdies ohnehin nur gegenüber dem Drittschuldner, der Schweizerischen Bankgesellschaft, wirksam geltend gemacht werden können (vgl. Art. 167
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 167 - Wenn der Schuldner, bevor ihm der Abtretende oder der Erwerber die Abtretung angezeigt hat, in gutem Glauben an den frühern Gläubiger oder, im Falle mehrfacher Abtretung, an einen im Rechte nachgehenden Erwerber Zahlung leistet, so ist er gültig befreit.
OR; dazu auch MERZ, Legalzession und Aussonderungsrecht gemäss Art. 401
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 401 - 1 Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
1    Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
2    Dieses gilt auch gegenüber der Masse, wenn der Beauftragte in Konkurs gefallen ist.
3    Ebenso kann der Auftraggeber im Konkurse des Beauftragten, unter Vorbehalt der Retentionsrechte desselben, die beweglichen Sachen herausverlangen, die dieser in eigenem Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers zu Eigentum erworben hat.
OR, in Erhaltung und Entfaltung des Rechts in der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts, S. 463, BGE 99 II 399 E. 8a). Weshalb eine Anzeige an die Schweizerische Bankgesellschaft unterblieb, braucht hier nicht näher abgeklärt zu werden. Der Einwand des Klägers, seine Rechtsvorgängerin habe nicht gewusst, wo die Reiss & Co. ihrerseits die Wertschriften hinterlegt hatte, ist jedenfalls unbehelflich. Die Bank war gemäss Depotreglement befugt, die Titel in ein fremdes Sammeldepot zu legen, und es hätte der Bragi S.A. freigestanden, die Hinterlegungsstelle in Erfahrung zu bringen.
3. Zu prüfen bleibt, ob dem Kläger als Rechtsnachfolger der Bragi S.A. - in sinngemässer Anwendung von Art. 401 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 401 - 1 Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
1    Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen sie auf den Auftraggeber über, sobald dieser seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältnisse nachgekommen ist.
2    Dieses gilt auch gegenüber der Masse, wenn der Beauftragte in Konkurs gefallen ist.
3    Ebenso kann der Auftraggeber im Konkurse des Beauftragten, unter Vorbehalt der Retentionsrechte desselben, die beweglichen Sachen herausverlangen, die dieser in eigenem Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers zu Eigentum erworben hat.
OR -
BGE 102 II 297 S. 303

ein Anspruch auf Aussonderung des Rückzahlungserlöses aus der Konkursmasse einzuräumen sei. a) Das Bundesgericht hat in BGE 99 II 393 ff. ausgeführt, dem Auftraggeber sei im Konkurs des Beauftragten dort ein Aussonderungsrecht zuzugestehen, wo vom Beauftragten einkassiertes Geld einem Sonderkonto des Auftraggebers gutgeschrieben wird und von den andern Mitteln des Beauftragten getrennt bleibt (S. 398 E. 7). Es lagen jenem Urteil ganz besondere Umstände zugrunde: Ein Bankinstitut hatte von zahlreichen Kunden auf Grund fiduziarischer Verträge Geld entgegengenommen, das auf Sonderkonten gutzuschreiben war und das es alsdann in eigenem Namen, aber auf Rechnung und Gefahr der Kunden nach deren Weisungen für eine begrenzte Zeit Dritten auszuleihen hatte. Die zurückbezahlten Darlehenssummen wurden jeweils sogleich wieder auf die Sonderkonten gebucht, die übrigens in der Geschäftsbilanz nicht aufgeführt wurden und deren Bestände somit nach aussen nicht als Vermögen der Bank erschienen. Die Fiduziarin hatte zudem nach jeder Rückzahlung bei den Kunden neue Instruktionen einzuholen. b) Eine derartige Ausscheidung des aus der Rückzahlung der Obligation stammenden Betrages hat hier nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht stattgefunden. Der Erlös wurde vielmehr dem (ordentlichen) Depositenkonto der Bragi S.A. gutgeschrieben, wo auch Guthaben aus andern Geschäften zu finden Waren. Letzteres gilt übrigens auch für das mit "K" gekennzeichnete Konto, von dem der Kläger behauptet, es sei von der Liquidatorin in der Meinung eröffnet worden, dass es wirtschaftlich nicht zur Liquidationsmasse gehöre und dass sein Saldo dem Inhaber vollumfänglich ausbezahlt werden solle. Wenn das Handelsgericht unter diesen Umständen darauf verzichtete, die verantwortlichen Organe der Liquidatorin zum Zweck der Eröffnung des Kontos "K" einzuvernehmen, hat es nicht gegen Bundesrecht verstossen. Es besteht auch sonst kein Anlass, die Sache zu einer Aktenergänzung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die für die Begründung eines Aussonderungsanspruches erforderliche Individualisierung hätte nur dadurch geschaffen werden können, dass der Rückzahlungserlös gleich nach dem Eintreffen der Gutschriftsanzeige der Schweizerischen Bankgesellschaft auf ein separates, neu anzulegendes Konto gebucht
BGE 102 II 297 S. 304

worden wäre, über das allein die Bragi S.A. hätte verfügen dürfen (vgl. dazu BGE 102 II 109 E. II/2a am Ende). Auf das mit "K" gekennzeichnete Konto, das übrigens - wie ausgeführt - bereits andere, der Rückzahlung der Obligation fremde Buchungen enthielt, wurde der Erlös indessen erst am 26. Juni 1972, d.h. rund drei Monate nach der Gutschrift durch die Schweizerische Bankgesellschaft, übertragen. Die Berufung erweist sich somit auch insofern als unbegründet, als sie sich auf Auftragsrecht stützt.
Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 16. März 1976 bestätigt.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 102 II 297
Date : 30. September 1976
Published : 31. Dezember 1976
Source : Bundesgericht
Status : 102 II 297
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Rechtliches Schicksal des Erlöses aus der Rückzahlung einer Obligation, welcher der auf bewahrenden Bank (die den Titel in


Legislation register
BankenG: 23quater  23quinquies
OR: 166  167  394  401  472  475  481
SchKG: 262
BGE-register
101-II-121 • 102-II-103 • 102-II-297 • 78-II-243 • 94-II-167 • 99-II-393
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commercial court • federal court • document of title • fixed day • defendant • day • assets • lower instance • interest • money • statement of affairs • position • character • assignment by operation of law • decision • contract of deposit • directive • receivership • payment • contracting body • legal demand • ensuring • statement of reasons for the adjudication • calculation • repayment • selection procedure • opening of bankruptcy • banker • month • withheld estate • kind • [noenglish] • value • relationship between • formation of real right • knowledge • measure • meadow • provisional receipt • subscription right • trusted matter
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SJZ
72/1976 S.321