102 Ia 220
35. Urteil vom 30. Juni 1976 i.S. X. AG gegen Kanton Schwyz und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz.
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- 1. Hat die Steuerpflicht während der Berechnungsperiode begonnen, so ist es nicht willkürlich, bei der Veranlagung für die folgende Steuerperiode auf das Ergebnis des ersten Geschäftsjahres abzustellen, auch wenn dies im kantonalen Recht nicht ausdrücklich vorgesehen ist (E. 1).
- 2. Konjunkturbedingt hohe Gewinne sind keine ausserordentlichen Gewinne in dem Sinne, dass sie nicht mehr als einmal Grundlage der steuerrechtlichen Veranlagung bilden könnten (E. 2).
- 3. Bei der Beurteilung, ob eine Steuer allgemein oder im Einzelfall konfiskatorisch wirkt, ist die Belastung des Steuerpflichtigen über einen längeren Zeitraum zu überprüfen. Es genügt nicht, dass sich die verpönte Wirkung durch die Verkettung ausserordentlicher Umstände einmal zufällig ergibt, sondern sie muss nach Sinn und Zweck der Regelung generell und dauernd beabsichtigt oder jedenfalls in Kauf genommen sein (E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 4 et 22ter Cst., taxation fiscale
- 1. Si l'assujettissement à l'impôt a commencé pendant la période de calcul, il n'est pas arbitraire de fonder la taxation pour la période fiscale suivante sur le résultat du premier exercice, même si le droit cantonal ne le prévoit pas expressément (consid. 1).
- 2. Des gains élevés dus à la conjoncture ne sont pas des gains extraordinaires en ce sens qu'ils ne pourraient pas constituer plus d'une fois la base de la taxation fiscale (consid. 2).
- 3. Pour juger si un impôt a un effet confiscatoire, en général ou au cas particulier, il faut examiner la charge qu'il représente pour le contribuable sur une assez longue période. Il ne suffit pas que l'effet en cause résulte une fois, par hasard, de l'enchaînement de circonstances extraordinaires, mais il faut que selon le sens et le but de la réglementation, il soit voulu ou en tout cas envisagé d'une façon générale et durable (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 4 e 22ter Cost., tassazione fiscale
- 1. Ove l'obbligo fiscale sia iniziato nel corso del periodo di computo, non è arbitrario prendere a base della tassazione per il periodo successivo il risultato del primo esercizio, e ciò anche qualora il diritto cantonale non lo disponga espressamente (consid. 1).
- 2. Utili elevati dovuti alla congiuntura non costituiscono utili straordinari, inidonei a fornire più di una volta la base della tassazione fiscale (consid. 2).
- 3. Per determinare se un'imposta comporti, in generale o in un caso particolare, un effetto confiscatorio, occorre esaminare l'onere che essa implica per il contribuente durante un periodo di tempo di una certa lunghezza. Non basta che tale effetto risulti casualmente una volta, in seguito al concatenamento di circostanze straordinarie, ma è necessario che, secondo il senso e il fine della disciplina dell'imposta stessa, esso sia voluto, o quanto meno ritenuto possibile, in modo generale e durevole (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 221
BGE 102 Ia 220 S. 221
Die im Architekturgewerbe tätige Einzelfirma X. wurde auf den 1. Januar 1972 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Für das Jahr 1972 veranlagte die Steuerverwaltung des Kantons Schwyz die Aktiengesellschaft mit einen steuerbaren Ertrag von Fr. 182'000.--, was dem (abgerundeten) Reingewinn des ersten Geschäftsjahres entspricht. In der Veranlagung für die Jahre 1973/74 setzte die Steuerverwaltung den steuerbaren Ertrag gleichfalls gestützt auf den im ersten Geschäftsjahr (1972) erzielten Reingewinn auf Fr. 182'900.-- fest. Nach Angaben der Aktiengesellschaft beträgt der
BGE 102 Ia 220 S. 222
durchschnittliche Gewinn der Jahre 1973 und 1974 mit Fr. 54'700.-- noch knapp 23% (recte 30%) des im ersten Geschäftsjahr der AG erzielten Ertrages. Die gegen die Veranlagungsverfügung für die Jahre 1973/74 erhobene Einsprache wurde von der kantonalen Steuerkommission abgewiesen. Auf Beschwerde hin bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 20. November 1975 die Veranlagung. Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichtes hat die Firma X. AG staatsrechtliche Beschwerde wegen Willkür und wegen Verletzung der Eigentumsgarantie (konfiskatorische Besteuerung) eingereicht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Feststellung, sie sei für die Jahre 1973/74 "auf der Grundlage der in diesen Jahren tatsächlich erzielten Einkommen zu besteuern, eventuell auf Grund des durchschnittlichen Einkommens der Jahre 1973/74, eventuell der Jahre 1972-74". Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen.
Erwägungen
Erwägungen:
1. § 8 Abs. 3 1. Satz des Schwyzer Steuergesetzes vom 28. Oktober 1958 (StG) in der Fassung vom 11. Dezember 1964 hat folgenden Wortlaut: "Treten die Voraussetzungen der Steuerpflicht erst in der Veranlagungsperiode ein oder haben sie nicht während der ganzen Berechnungsperiode bestanden, so ist der Steuer das nach Eintritt der Voraussetzungen erzielte, auf ein Jahr berechnete Einkommen zugrunde zu legen." Im vorliegenden Fall ist unbestrittenermassen diese Bestimmung anwendbar: Die Voraussetzungen der Steuerpflicht der Firma X. AG haben nicht während der ganzen für die Veranlagungsperiode 1973/74 massgebenden Berechnungsperiode 1971/72 bestanden, sondern nur während des Jahres 1972. Gemäss ihrer bisherigen Praxis zu § 8 Abs. 3 StG haben die kantonalen Instanzen der Veranlagung für die Steuerjahre 1973/74 das Einkommen des Jahres 1972 zugrunde gelegt. a) Im Wehrsteuerrecht gilt für die Veranlagung juristischer Personen gemäss Art. 58 Abs. 4 lit. b
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BGE 102 Ia 220 S. 223
Regel, dass auf das Ergebnis des ersten Geschäftsjahres abzustellen ist, "wenn bei Beginn der Veranlagungsperiode (Art. 7 Abs. 1) erst ein Geschäftsjahr abgelaufen ist oder wenn das erste Geschäftsjahr erst im Laufe der Veranlagungsperiode abgeschlossen wird". Zu Recht hat daher die Beschwerdeführerin die Veranlagung der Wehrsteuer pro 1973/74 nach dem Einkommen von 1972 nicht beanstandet. b) Für die kantonalen Steuern wird in § 8 Abs. 3 StG nicht festgelegt, welcher Zeitraum nach Eintritt der Voraussetzungen der Besteuerung der Berechnung des massgebenden Jahreseinkommens zugrunde zu legen ist. Wie in Art. 41 Abs. 4
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In der Rechtsprechung zu Art. 41 Abs. 4
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BGE 102 Ia 220 S. 224
c) Im vorliegenden Fall haben die kantonalen Behörden von der durch den Wortlaut von § 8 Abs. 3 StG gegebenen Möglichkeit - analog der erwähnten Rechtsprechung zu Art. 41 Abs. 4
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2. Gegen die zweimalige Berücksichtigung des Ergebnisses des ersten Geschäftsjahres könnte im Sinne der wehrsteuerrechtlichen Praxis der Einwand erhoben werden, in diesem ersten Geschäftsjahr seien ausserordentliche, sich in Zukunft nicht wiederholende, nicht zum üblichen, weiterhin zu erwartenden Geschäftsgang gehörende Gewinne erzielt worden. Die Erfassung solcher ausserordentlicher Gewinne in mehr als einer Veranlagungsperiode müsste unter Umständen als willkürlich qualifiziert werden.
BGE 102 Ia 220 S. 225
a) Auf diese Frage braucht aber hier nicht näher eingetreten zu werden, weil die Beschwerdeführerin weder behauptet noch irgendwie belegt, dass das Geschäftsergebnis 1972 ausserordentliche, mit der gewöhnlichen Tätigkeit des Unternehmens nicht zusammenhängende Einkünfte enthalte. Auf Grund der Akten erscheint vielmehr der hohe Reinertrag von 1972 einfach als Resultat eines besonders günstigen Geschäftsjahres, ohne dass aber einzelne Positionen als ausserordentlich und wegen ihres Ausnahmecharakters als für die Einschätzung der dauernden Leistungsfähigkeit nicht geeignet bezeichnet werden könnten.
b) Die Beschwerdeführerin vertritt nun jedoch die Auffassung, ausserordentliche Gewinne im Sinne der Rechtsprechung in BGE 94 I 147 ff. E. 1 zu Art. 58 Abs. 4
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BGE 102 Ia 220 S. 226
im jährlichen Reingewinn weder zu Gunsten noch zu Lasten des Steuerpflichtigen als Grund für eine Ausnahme von der Regel der Einkommenberechnung nach dem ersten Geschäftsjahr betrachtet, verstösst nicht gegen Art. 4
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3. Die Beschwerdeführerin macht noch geltend, die angefochtene Besteuerung verletze die Eigentumsgarantie. a) Nach den von den Steuerbehörden nicht bestrittenen Angaben der Beschwerdeführerin hat die Veranlagung für 1973/74 zur Folge, dass der in diesen zwei Jahren erzielte Reingewinn für die Bezahlung der Einkommenssteuern nicht ausreicht, sondern dass die Besteuerung zu einer Vermögensabnahme
BGE 102 Ia 220 S. 227
von rund Fr. 24'000.-- führt. Berücksichtigt man das Einkommen der drei Geschäftsjahre 1972, 1973 und 1974, so ist auf einem Gesamteinkommen von Fr. 292'297.-- (1972: 182'900.--; 1973: 67'110.--; 1974: 42'287.--) ein totaler Steuerbetrag (Wehrsteuer, Staats- und Gemeindesteuer) von Fr. 197'390.-- zu bezahlen, sodass der Beschwerdeführerin für diese drei Jahre noch ein Ertrag von rund Fr. 95'000.-- bleibt. Das Gesamteinkommen dieser drei Geschäftsjahre ist mit Steuern im Ausmass von 67,6% belastet. b) In der neuern Rechtslehre wurde wiederholt die Forderung erhoben, die Art und Weise der Besteuerung dürfe nicht auf eine eigentliche Expropriation hinauslaufen, die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Privateigentums bilde eine Schranke der Besteuerung (IMBODEN, Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Privateigentums als Schranke der Besteuerung, ASA 29, S. 2 ff. mit Hinweisen auf weitere Lit.). Das Bundesgericht hat bisher offen gelassen, ob die Eigentumsgarantie einer sogenannten konfiskatorischen Besteuerung grundsätzlich entgegenstehe (BGE 94 I 116 f. E. 4a), aber die Möglichkeit einer solchen die Besteuerungsmöglichkeit beschränkenden Wirkung der Eigentumsgarantie doch positiv in Erwägung gezogen (BGE 99 Ia 648 ff. E. 7). Nach der in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Auffassung könnte sich aus der Eigentumsgarantie als Institutsgarantie jedoch höchstens ein Schutz vor einer effektiv konfiskatorischen Besteuerung ergeben. Unzulässig wäre "eine allgemeine Steuer, die durch die Höhe ihres Satzes zu einem ausserordentlich schwerwiegenden Eingriff in das private Vermögen eines Steuerpflichtigen führt, die Substanz des Steuerobjekts weitgehend aufzehrt und die Vermögensverhältnisse des Pflichtigen derart erschüttert, dass ihm wesentliche Eigentumsrechte faktisch entzogen werden" (BGE 99 Ia 649). c) Einen solchen konfiskatorischen Eingriff stellt die hier angefochtene Besteuerung nicht dar. Wohl wirkt sich das Abstellen auf das erste Geschäftsjahr wegen des ungewöhnlichen "Absturzes" des jährlichen Reingewinns von Fr. 182'900.-- (1972) auf Fr. 67'110.-- (1973) bzw. Fr. 42'287.-- (1974) für die Beschwerdeführerin nachteilig aus, aber es wird nicht in die Substanz des Steuerobjektes eingegriffen; es lässt sich nicht behaupten, wesentliche Eigentümerbefugnisse gingen dadurch verloren, dass infolge der ungünstigen
BGE 102 Ia 220 S. 228
Entwicklung der Geschäftsergebnisse vom gesamten Gewinn der Jahre 1972-1974 rund zwei Drittel für Steuern aufzuwenden seien. Es handelt sich dabei nicht um eine dauernde hohe Belastung der Reinerträge, sondern um eine durch aussergewöhnliche Umstände herbeigeführte, nur in der Veranlagungsperiode 1973/74 sich auswirkende hohe Besteuerung. Bei der Beurteilung, ob eine Steuer allgemein oder im Einzelfall konfiskatorisch wirkt, ist die Belastung des Steuerpflichtigen über einen längeren Zeitraum zu überprüfen. Es genügt nicht, dass sich die verpönte Wirkung durch die Verkettung ausserordentlicher Umstände einmal zufällig ergibt, sondern sie muss nach Sinn und Zweck der Regelung generell und dauernd beabsichtigt oder jedenfalls in Kauf genommen sein. Die Rüge, der angefochtene Entscheid verletze die Eigentumsgarantie, erweist sich daher als unbegründet.
4. Die Steuergesetze selber berücksichtigen in gewissem Umfang, dass die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufgrund der Vorjahre unter Umständen mit der wirklichen Leistungsfähigkeit im Zeitpunkt der Veranlagung nicht übereinstimmt und sehen für eigentliche Härtefälle die Möglichkeit der Stundung oder des Erlasses der bei strikter Anwendung der Vorschriften geschuldeten Steuern vor. Ob die Beschwerdeführerin gemäss § 93 StG einen teilweisen Erlass erreichen kann, ist hier nicht zu prüfen. Auf jeden Fall liegt in der Möglichkeit des Erlasses der einzige Weg, um die aus besonderen Umständen sich ergebenden Härten der vorschriftsgemässen Steuerveranlagung ausnahmsweise zu mildern.