101 Ia 73
14. Auszug aus dem Urteil vom 28. Mai 1975 i.S. Association nationale suisse pour le tourisme équestre und Mitbeteiligte gegen Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Rechtsnatur der örtlichen Verkehrsanordnungen.
Regeste (fr):
- Art. 4 Cst.; Interdiction, pour les véhicules et les cavaliers, de circuler le long de la Töss.
- Nature juridique des dispositions locales sur la circulation.
Regesto (it):
- Art. 4 Cost.; divieto di circolazione per veicoli e cavalieri lungo la Töss.
- Natura giuridica delle prescrizioni locali concernenti il traffico.
Sachverhalt ab Seite 73
BGE 101 Ia 73 S. 73
Die Baudirektion des Kantons Zürich erliess am 25. April 1972 ein allgemeines Fahrverbot entlang den Tössufern von der Tössegg bis zur Tössscheide sowie ein Reitverbot für das selbe Gebiet, ausgenommen das linke Tössufer zwischen Rossbergsteg und Kyburgbrücke. Diese Verbote wurden von vier Reitvereinen, dem Gemeinderat Neftenbach und 17 Einzelpersonen beim Regierungsrat angefochten, welcher die Rekurse vereinigte und am 23. Januar 1974 abwies. Gegen seinen Entscheid erklärte der Regierungsrat die Beschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig. Das Verwaltungsgericht, das von 11 der Rekurrenten angerufen wurde, trat jedoch am 24. Oktober 1974 auf die Beschwerde nicht ein, da es sich beim angefochtenen Fahr- und Reitverbot um eine Anordnung generell-abstrakter Natur handle, die der Überprüfung durch das Verwaltungsgericht entzogen sei. Gegen den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichtes erhoben am 5. Dezember 1974 die Association nationale suisse pour le tourisme équestre (ANSTE), Alfred J. Büchi, Dr. Gottfried E. Stiefel, Jürg Hasler, der Kavallerieverein Winterthur und Umgebung, der Reitclub Winterthur, der Reitverein Tösstal, Fritz Meier,
BGE 101 Ia 73 S. 74
Werner Bosshard, Rolf T. Kasser und der Gemeinderat Neftenbach staatsrechtliche Beschwerde wegen formeller Rechtsverweigerung. Das Bundesgericht hat die Beschwerde im Sinne der Erwägungen gutgeheissen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Die Beschwerdeführer machen geltend, beim angefochtenen Fahr- und Reitverbot handle es sich nicht um einen Rechtssetzungserlass, sondern um eine überprüfbare konkrete Verfügung; der Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts stelle daher eine gegen Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 101 Ia 73 S. 75
in der Schweiz und in Deutschland in neuerer Zeit übereinstimmend annehmen, Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen dar (GRISEL, a.a.O. S. 193, IMBODEN a.a.O. Nr. 212 IV, BGE 99 IV 166, anders noch BGE 77 I 107; FORSTHOFF, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, 10. A., S. 217 f. N. 4, WOLFF/BACHOF, Verwaltungsrecht I, 9. A., S. 389, Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bd. 27 Nr. 34 S. 181, Neue Juristische Wochenschrift 1970 S. 2075). Verkehrssignale sind jedoch nicht an sich unmittelbar verbindliche, verselbständigte Vorschriften, sondern verkörpern von der zuständigen Behörde durch Verfügung erlassene örtliche Verkehrsanordnungen (vgl. BGE 98 IV 121, BGE 99 IV 166; s. auch Art. 82 Abs. 4
SR 741.21 Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV) SSV Art. 82 Leiteinrichtungen - 1 Leiteinrichtungen verdeutlichen den Verlauf der Strasse und kennzeichnen ständige Hindernisse, die weniger als 1 m vom Fahrbahnrand entfernt sind. Wo der Strassenverlauf leicht erkennbar ist, muss er auf Seitenflächen nicht gekennzeichnet werden. |
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1 | Leiteinrichtungen verdeutlichen den Verlauf der Strasse und kennzeichnen ständige Hindernisse, die weniger als 1 m vom Fahrbahnrand entfernt sind. Wo der Strassenverlauf leicht erkennbar ist, muss er auf Seitenflächen nicht gekennzeichnet werden. |
2 | Leiteinrichtungen sind wie folgt ausgestaltet:238 |
a | Stirnflächen von Hindernissen (z. B. vorspringende Hausecken, Tunneleingänge) tragen schwarz-weisse, schräg zur Fahrbahn geneigte Streifen; |
b | Seitenflächen (z.B. Randmauern, Trottoirränder, Tunnelwände) tragen schwarz-weisse, senkrechte Streifen oder ein senkrecht gestreiftes Längsband; Leitpfeile tragen weisse Pfeilspitzen auf schwarzem Grund; |
c | Pfosten, Masten, Bäume usw. tragen schwarz-weisse, waagrechte Streifen; |
d | Hindernisse über der Fahrbahn werden durch schwarz-weisse, senkrechte Streifen gekennzeichnet. |
3 | Wird der Fahrbahnrand durchgehend mit Rückstrahlern gekennzeichnet, trägt der Leitpfosten rechts einen weissen, rechteckigen, senkrecht angebrachten Rückstrahler (6.30), der Leitpfosten links zwei weisse, runde, übereinander angeordnete Rückstrahler (6.31). Auf richtungsgetrennten Strassen und Strassen ohne Gegenverkehr trägt ein allfälliger Leitpfosten links einen weissen, senkrechten Rückstrahler.240 |
4 | Inselpfosten tragen schwarz-weisse oder schwarz-gelbe waagrechte oder senkrechte Streifen.241 |
5 | Bei Fahrbahntrennungen auf Autobahnen und Autostrassen können Verkehrsteiler verwendet werden.242 |
5bis | Auf fahrenden oder auf der Fahrbahn stehenden Fahrzeugen können gelbe Abweispfeile in lichttechnischer Ausführung verwendet werden.243 |
6 | Das UVEK erlässt Weisungen über Art, Ausführung und Anordnung von Leiteinrichtungen.244 |
SR 741.21 Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV) SSV Art. 82 Leiteinrichtungen - 1 Leiteinrichtungen verdeutlichen den Verlauf der Strasse und kennzeichnen ständige Hindernisse, die weniger als 1 m vom Fahrbahnrand entfernt sind. Wo der Strassenverlauf leicht erkennbar ist, muss er auf Seitenflächen nicht gekennzeichnet werden. |
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1 | Leiteinrichtungen verdeutlichen den Verlauf der Strasse und kennzeichnen ständige Hindernisse, die weniger als 1 m vom Fahrbahnrand entfernt sind. Wo der Strassenverlauf leicht erkennbar ist, muss er auf Seitenflächen nicht gekennzeichnet werden. |
2 | Leiteinrichtungen sind wie folgt ausgestaltet:238 |
a | Stirnflächen von Hindernissen (z. B. vorspringende Hausecken, Tunneleingänge) tragen schwarz-weisse, schräg zur Fahrbahn geneigte Streifen; |
b | Seitenflächen (z.B. Randmauern, Trottoirränder, Tunnelwände) tragen schwarz-weisse, senkrechte Streifen oder ein senkrecht gestreiftes Längsband; Leitpfeile tragen weisse Pfeilspitzen auf schwarzem Grund; |
c | Pfosten, Masten, Bäume usw. tragen schwarz-weisse, waagrechte Streifen; |
d | Hindernisse über der Fahrbahn werden durch schwarz-weisse, senkrechte Streifen gekennzeichnet. |
3 | Wird der Fahrbahnrand durchgehend mit Rückstrahlern gekennzeichnet, trägt der Leitpfosten rechts einen weissen, rechteckigen, senkrecht angebrachten Rückstrahler (6.30), der Leitpfosten links zwei weisse, runde, übereinander angeordnete Rückstrahler (6.31). Auf richtungsgetrennten Strassen und Strassen ohne Gegenverkehr trägt ein allfälliger Leitpfosten links einen weissen, senkrechten Rückstrahler.240 |
4 | Inselpfosten tragen schwarz-weisse oder schwarz-gelbe waagrechte oder senkrechte Streifen.241 |
5 | Bei Fahrbahntrennungen auf Autobahnen und Autostrassen können Verkehrsteiler verwendet werden.242 |
5bis | Auf fahrenden oder auf der Fahrbahn stehenden Fahrzeugen können gelbe Abweispfeile in lichttechnischer Ausführung verwendet werden.243 |
6 | Das UVEK erlässt Weisungen über Art, Ausführung und Anordnung von Leiteinrichtungen.244 |
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 5 - 1 Beschränkungen und Anordnungen für den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr müssen durch Signale oder Markierungen angezeigt werden, sofern sie nicht für das ganze Gebiet der Schweiz gelten. |
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1 | Beschränkungen und Anordnungen für den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr müssen durch Signale oder Markierungen angezeigt werden, sofern sie nicht für das ganze Gebiet der Schweiz gelten. |
2 | Strassen und Plätze, die offensichtlich privater Benützung oder besonderen Zwecken vorbehalten sind, bedürfen keiner besonderen Kennzeichnung. |
3 | Im Bereich der für Motorfahrzeuge oder Fahrräder offenen Strassen dürfen nur die vom Bundesrat vorgesehenen Signale und Markierungen verwendet und nur von den zuständigen Behörden oder mit deren Ermächtigung angebracht werden. |
SR 741.21 Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV) SSV Art. 73 Sicherheits-, Leit-, Doppel- und Vorwarnlinien - 1 Sicherheitslinien (weiss, ununterbrochen; 6.01) kennzeichnen die Fahrbahnmitte oder Fahrstreifengrenzen. Sicherheitslinien werden auch verwendet, um Fahrbahn oder Fahrstreifen gegenüber Strassenbahngeleisen abzugrenzen. Sie dürfen nicht länger sein, als es unter Berücksichtigung der Sichtweite und der üblicherweise gefahrenen Geschwindigkeit erforderlich ist. |
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1 | Sicherheitslinien (weiss, ununterbrochen; 6.01) kennzeichnen die Fahrbahnmitte oder Fahrstreifengrenzen. Sicherheitslinien werden auch verwendet, um Fahrbahn oder Fahrstreifen gegenüber Strassenbahngeleisen abzugrenzen. Sie dürfen nicht länger sein, als es unter Berücksichtigung der Sichtweite und der üblicherweise gefahrenen Geschwindigkeit erforderlich ist. |
2 | Auf Fahrbahnen mit wenigstens drei Fahrstreifen oder wenn besondere Sicherheitsbedürfnisse es auf Fahrbahnen mit zwei Fahrstreifen erfordern, können zur Trennung der beiden Fahrtrichtungen doppelte Sicherheitslinien (6.02) angebracht werden.209 |
3 | Leitlinien (weiss, unterbrochen; 6.03) kennzeichnen die Fahrbahnmitte oder Fahrstreifengrenzen. |
4 | Doppellinien (Sicherheitslinie neben Leitlinie; 6.04) werden namentlich angebracht, wo die Sichtverhältnisse eine Einschränkung nur in einer Verkehrsrichtung erfordern. |
5 | Vorwarnlinien (weiss, unterbrochen; 6.05) dienen zur Voranzeige von Sicherheitslinien und Doppellinien.210 Ausserorts müssen sie, innerorts können sie angebracht werden. |
6 | Die einzelnen Linien bedeuten: |
a | Sicherheitslinien und doppelte Sicherheitslinien dürfen von Fahrzeugen weder überfahren noch überquert werden; |
b | Leit- und Vorwarnlinien dürfen von Fahrzeugen mit der gebotenen Vorsicht überfahren und überquert werden; |
c | Doppellinien dürfen von Fahrzeugen, die sich auf der Seite der Sicherheitslinie befinden, weder überfahren noch überquert werden. |
7 | Ist eine kurze, unterbrochene Linie (weiss) parallel zu einer Sicherheitslinie angebracht, so darf die Sicherheitslinie an dieser Stelle von jenen Fahrzeugen überquert werden, die sich auf der Seite der unterbrochenen Linie befinden. Ist die kurze, unterbrochene Linie gelb, so richtet sie sich ausschliesslich an Busse im öffentlichen Linienverkehr und an Radfahrer und Motorfahrradfahrer.211 |
BGE 101 Ia 73 S. 76
Grundlage, d.h. einer entsprechenden behördlichen Verfügung. Diese einzelnen Verfügungen sind in der Anordnung des allgemeinen Fahrverbotes der Baudirektion zusammengefasst, welches insofern als Summe von Allgemeinverfügungen erscheint. Für das Reitverbot, das nach kantonalem Recht erlassen wird, gilt Analoges (vgl. § 6 Abs. 1 und § 9 der Verordnung über die Verkehrsbeschränkungen und die Strassensignalisation vom 20. August 1964).
4. Das Verwaltungsgericht hat, sich auf die selbe, den vorstehenden Erwägungen zugrundeliegende Definition des Rechtssatzes stützend erklärt, die angefochtenen Fahr- und Reitverbote seien nicht nur genereller, sondern auch abstrakter Art. Diese Auffassung ist nach dem Gesagten offensichtlich unhaltbar. Das Verwaltungsgericht hält die Verbote deshalb für abstrakt, weil sie "für eine unbestimmte Zahl von Einzelfällen" gelten, "in denen das rund 50 km lange öffentliche Tössufer auf beiden Seiten, unter Vorbehalt der genannten Ausnahmen, zu irgendwelcher Zeit und auf irgend eine Weise befahren oder beritten werden soll". Dass die Verbote für eine unbestimmte Zahl von Einzelfällen gelten, bedeutet in diesem Falle jedoch nichts anderes, als dass sich die Verbote an eine unbestimmte Zahl von Personen richten, die sich in die Verkehrssituation entlang der Töss begeben oder sich dorthin begeben könnten; dies ist das Merkmal der generellen, nicht der konkreten Natur der fraglichen Verkehrsanordnung. Abstraktheit des angefochtenen Verbotes kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass die Ufer der Töss "zu beliebiger Zeit" nicht befahren oder beritten werden dürfen; auch eine dauernd, auf unbestimmte Zeit geltende Anordnung kann zur Regelung eines konkreten Falles dienen (GRISEL, a.a.O. S. 193). Es hilft deshalb auch nicht, wenn sich das Verwaltungsgericht darauf beruft, dass das Bundesgericht mit Urteil vom 14. März 1973 i.S. Buff und Mitbeteiligte den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts geschützt habe, obgleich in jenem Falle der Adressatenkreis der damals streitigen abstrakten und generellen Anordnung sehr viel enger gewesen sei. Die hier angefochtene Verkehrsanordnung richtet sich wohl an einen unbestimmten Personenkreis, ist aber auf Grund ihres konkreten Charakters als Allgemeinverfügung zu qualifizieren.