Urteilskopf

100 V 61

16. Urteil vom 20. Februar 1974 i.S. Palma gegen Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
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Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 61

BGE 100 V 61 S. 61

A.- Dem 1925 geborenen, italienischen Staatsangehörigen Giorgio Palma musste im Anschluss an einen am 5. März 1970 erlittenen Arbeitsunfall der linke Fuss teilweise amputiert werden. Mit unangefochten gebliebener Verfügung vom 26. Januar 1971 sprach ihm die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) mit Wirkung ab 20. Dezember 1970 eine Invalidenrente von 50 Prozent zu. In der Folge waren eine Nachamputation und verschiedene Stumpfkorrekturen notwendig. Am 28. April 1973 teilte die Anstalt dem Versicherten mit, das Ausmass der unfallbedingten Behinderung habe seit der Rentenzusprechung nicht zugenommen; die Rente von 50% trage der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit Rechnung, so dass eine revisionsweise Erhöhung der Rente abgelehnt werden müsse.
B.- Beschwerdeweise beantragte Giorgio Palma, die Rente sei auf 75% zu erhöhen; gleichzeitig ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wies durch Entscheid vom 30. Oktober 1973 das Gesuch wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde ab und forderte den Bewerber unter Androhung des Nichteintretens auf, innert 20 Tagen einen Gerichtskostenvorschuss von Fr. 150.-- zu bezahlen.
C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Giorgio Palma den Antrag stellen, es sei ihm in Aufhebung des kantonalen Entscheides die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Zur Begründung wird folgendes geltend gemacht: "Die Frage, ob die Erwerbsunfähigkeit 50% oder höher ist, muss durch das Beweisverfahren gerichtlich abgeklärt werden. Sie ist Gegenstand der eingereichten Klage. Gegenüber den bisherigen 'medizinischen
BGE 100 V 61 S. 62

Untersuchungen und Feststellungen' beruft sich der Kläger auf eine gerichtliche Expertise. Bevor diese durchgeführt ist, kann das Verwaltungsgericht nicht einfach behaupten, dass die Klage aussichtslos sei..." Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1. Der kantonale Entscheid über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege gehört zu den Zwischenverfügungen, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Er kann daher selbständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidg. Versicherungsgericht angefochten werden (Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 und 2 lit. h VwG sowie Art. 97 Abs. 1 und 128 OG).
2. Im Beschwerdeverfahren über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege durch das kantonale Versicherungsgericht sind keine Versicherungsleistungen streitig, weshalb das Eidg. Versicherungsgericht nur zu prüfen hat, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
3. Nach Gesetz und Praxis sind in der Regel die Voraussetzungen für die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung erfüllt, wenn der Prozess nicht offensichtlich aussichtslos, die Partei bedürftig und die Verbeiständung durch einen AnWalt notwendig oder doch geboten ist (BGE 98 V 115).
4. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers genügt es nicht, einen aktenmässig erstellten Sachverhalt durch blosse Behauptungen zu bestreiten und dafür Beweisanträge zu stellen, damit der Sozialversicherungsrichter den Sachverhalt von Amtes wegen abkläre. Es geht nicht an, auf diese Weise die von der Vorinstanz auf Grund der vorhandenen Akten angenommene Aussichtslosigkeit der materiellen Begehren zu bestreiten und im Ergebnis die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zu erzwingen.
BGE 100 V 61 S. 63

Die Untersuchungsmaxime (vgl. dazu BGE 96 V 95 f.) bedeutet nicht, dass der kantonale Richter unbesehen alles, was behauptet wird, von Amtes wegen prüfen müsste. Er hat nur dort den Sachverhalt abzuklären (bzw. besser abzuklären), wo noch Unsicherheiten und Unklarheiten bestehen, sei es, dass er von einer Partei auf solche - wirkliche oder vermeintliche - Fehler hingewiesen wird, sei es, dass er sie selbst feststellt. Im vorliegenden Fall trifft keines von beiden zu. Namentlich kann nicht beanstandet werden, dass die Vorinstanz zur Prüfung des Gesuches um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege auf die vorhandenen Akten abgestellt und gestützt darauf die Aussichtslosigkeit der Beschwerde angenommen hat.
Dispositiv

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II. Die 20tägige Frist zur Leistung des Kostenvorschusses an die Vorinstanz beginnt mit der Zustellung dieses Urteils.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 100 V 61
Date : 20. Februar 1974
Published : 31. Dezember 1975
Source : Bundesgericht
Status : 100 V 61
Subject area : BGE - Sozialversicherungsrecht (bis 2006: EVG)
Subject : Art. 121 KUVG. Grenzen der Untersuchungsmaxime im kantonalen Verfahren um die unentgeltliche Rechtspflege.


Legislation register
OG: 97  104  105  128  132
BGE-register
100-V-61 • 96-V-95 • 98-V-115
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