100 IV 238
61. Urteil des Kassationshofes vom 20. September 1974 i.S. Eheleute Eberhard gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste (de):
- Art. 253
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 253 - Wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine unrichtige Abschrift beglaubigt,
- 1. Erschleichung einer falschen Beurkundung, begangen durch Vortäuschung und Überbewertung güterrechtlicher Vermögenswerte in zwei Eheverträgen anlässlich der öffentlichen Verurkundung der zwischen den Ehegatten vereinbarten Gütertrennung (Erw. 1-4).
- 2. Der Gebrauch einer gemäss Art. 253 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 253 - Wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine unrichtige Abschrift beglaubigt,
Regeste (fr):
- Art. 253 CP.
- 1. Obtention frauduleuse d'une constatation fausse réalisée par l'énumération de biens matrimoniaux inventés de toute pièce et par la surévaluation de certains autres, dans deux contrats de mariage, à l'occasion de la constatation authentique de la séparation de biens intervenue entre deux époux (consid. 1-4).
- 2. L'usage de la fausse déclaration obtenue frauduleusement au sens del'art. 253 al. 1 CP par l'auteur lui-même constitue un "acte postérieur non punissable" (consid. 5).
Regesto (it):
- Art. 253 CP.
- 1. Conseguimento fraudolento di una falsa attestazione commessa con l'indicazione di beni fittizi e con la sopravalutazione di altri beni in due contratti matrimoniali, al momento dell'allestimento dell'atto pubblico della separazione dei beni convenuta tra i coniugi (consid. 1-4).
- 2. L'uso da parte dell'autore stesso della falsa attestazione conseguita fraudolentemente nel senso dell'art. 253 cpv. 1 CP costituisce atto successivo non punibile (consid. 5).
Sachverhalt ab Seite 239
BGE 100 IV 238 S. 239
A.- Rolf und Monika Eberhard-Neuenschwander heirateten am 22. September 1956. Sie standen unter dem gesetzlichen Güterstand der Güterverbindung, bis sie durch Eheverträge vom 17. September 1963 und vom 5. April 1966 Gütertrennung vereinbarten und den Registereintrag veröffentlichten. Diese vertragliche Gütertrennung wurde mit Ausstellung von Konkursverlustscheinen gegen Rolf Eberhard durch die gesetzliche Gütertrennung im Sinne von Art. 182
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 182 - 1 Ein Ehevertrag kann vor oder nach der Heirat geschlossen werden. |
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1 | Ein Ehevertrag kann vor oder nach der Heirat geschlossen werden. |
2 | Die Verlobten oder Ehegatten können ihren Güterstand nur innerhalb der gesetzlichen Schranken wählen, aufheben oder ändern.234 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 186 |
Die Eheleute Eberhard haben beim Abschluss des ersten Ehevertrages vor Notar Schmitz in Thun und sodann beim zweiten Ehevertrag vor Notar Keller in Langnau die folgenden Vermögensgliederungen falsch angegeben: a) Ehevertrag vom 17. September 1963
- Hausrat Fr. 20 000.--. Dieser gesamthaft der Ehefrau zugeschriebene Hausrat stammte nur zum kleinen Teil von ihr selber. - Reinvermögen von Fr. 20 000.-- der Einzelfirma Rolf Eberhard, Hünibach. Da diese Einzelfirma nie eigentlich tätig war, wurde der Betrag vorgetäuscht. - Fahrzeuge. Obschon der mit einem Wert von Fr. 10 500.-- angegebene Personenwagen Chevrolet aus dem Verdienst der Ehefrau stammte, wurde er im ursprünglichen Ehevertrag als Eigentum des Ehemannes angesprochen. - Barbetrag von Fr. 41 000.-- zu Gunsten der Ehefrau. Dieser bezifferte sich in Wirklichkeit auf Fr. 12 000.--, was den Wert eines von ihr gekauften Motorbootes darstellt; die übrigen Beträge wie Einlagen in die Einzelfirma des Ehemannes in Hünibach und Anschaffung eines Personenwagens Citroen hat sie nie geleistet. b) Ehevertrag vom 5. April 1966
Der Hausrat wurde grundlos und nicht wahrheitsgemäss um Fr. 10 000.-- auf Fr. 30 000.-- erhöht und gesamthaft der Ehefrau zugeschrieben.
BGE 100 IV 238 S. 240
Fahrzeuge. Der Wert der von der Ehefrau finanzierten Personenwagen wurde mit Fr. 14 000.-- angegeben. In Wirklichkeit hatte sie nur den Chevrolet im Werte von Fr. 10 500.-- aus ihrem Verdienst gekauft. Ein der Ehefrau gehörender Wertschriftenbetrag von Fr. 13 000.-- war vorgetäuscht. Die Darlehensforderung der Ehefrau von Fr. 41 000.-- gegenüber ihrem Ehemann im ersten Ehevertrag vom 17. September 1963 wurde im neuen Vertrag auf Fr. 30 000.-- herabgesetzt. Wie oben bereits ausgeführt, betrug die Forderung der Ehefrau lediglich Fr. I 2000.--. Das Geschäftsguthaben von Fr. 30 000.-- zugunsten des Ehemannes existierte nicht, da stets eine Unterbilanz vorhanden war. Im Konkurs des Rolf Eberhard beanspruchte die Ehefrau mit Eingabe vom 18. Februar 1969 den gesamten Hausrat und die Darlehensforderung von Fr. 30 000.--, indem sie sich auf den zweiten Ehevertrag vom 5. April 1966 stützte.
B.- Am 20. November 1973 erklärte der Gerichtspräsident von Signau Rolf und Monika Eberhard schuldig der Erschleichung falscher Beurkundungen gemäss Art. 253
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 253 - Wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine unrichtige Abschrift beglaubigt, |
C.- Die Eheleute Eberhard führen Nichtigkeitsbeschwerde. Sie beantragen Freisprechung.
D.- Der Generalprokurator des Kantons Bern beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Erschleichung falscher Urkunden im Sinne des Art. 253
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 253 - Wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine unrichtige Abschrift beglaubigt, |
BGE 100 IV 238 S. 241
Es ist nicht erforderlich, dass die Urkunde Beweiskraft habe, d.h. dass sie im Einzelfall die rechtlich erhebliche Tatsache zu beweisen vermöge. Es genügt, dass sie bestimmt oder geeignet sei, als Beweismittel verwendet zu werden für den Nachweis der Tatsachen, die Gegenstand der Erklärung bilden (BGE 81 IV 243).
2. Die unwahren Angaben betreffen rechtserhebliche Tatsachen. Denn sie sind für die Ausscheidung von Mannes- und Frauengut und für den Bestand von Ersatzforderungen erheblich, sei es im Falle einer güterrechtlichen oder erbrechtlichen Auseinandersetzung, sei es in einer Zwangsvollstreckung gegen den einen oder andern Ehegatten. Die Beschwerdeführer waren sich dessen auch bewusst. Sie täuschten unrichtige Vermögensverhältnisse vor, um die Ehefrau zu begünstigen für den Fall, dass dem Ehemann etwas zustossen würde, d.h. dass es tatsächlich zu einer güterrechtlichen Auseinandersetzung kommen sollte. Sie wussten also, dass sie durch ihre unwahren Angaben eine rechtliche Besserstellung der Ehefrau erreichten.
3. Die Eheverträge waren zudem bestimmt und geeignet, die darin vorgetäuschten Vermögensausscheidungen zu beweisen. Die Beschwerdeführer haben in den beiden Eheverträgen unwahre Erklärungen abgegeben, um die güterrechtliche Begünstigung der Ehefrau beweismässig zu untermauern. Die vorgetäuschten Erklärungen waren somit von Anfang an zum Beweis bestimmt. Zur Abklärung der güterrechtlichen Vermögensverhältnisse wird weitgehend auf die Auskünfte der betreffenden Ehegatten abgestellt. Falsche Angaben der Eheleute zur Begünstigung des einen Teils können sich unter Umständen zum Nachteil des andern Teils auswirken. Die Angaben der Ehegatten schaffen deshalb eine natürliche Vermutung der Wahrheit. Sie enthalten ein aussergerichtliches Geständnis (GULDENER, Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Schweiz, S. 11 oben). Solchen Vermögensaufstellungen, die vom benachteiligten oder von beiden Ehegatten stammen, kann daher ein Beweiswert nicht abgesprochen werden. Sie werden vom Richter in einem Prozess, der die güterrechtliche Auseinandersetzung zum Gegenstand hat, als Beweismittel zugelassen. Auch ohne Veröffentlichung der güterrechtlichen Vermögensaufstellung
BGE 100 IV 238 S. 242
kann der Richter in einem Prozess über eine güterrechtliche und erbrechtliche Auseinandersetzung oder anlässlich einer Zwangsvollstreckung solche Inventare würdigen, sogut der nach Art. 196 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 196 - Der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung umfasst die Errungenschaft und das Eigengut jedes Ehegatten. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 197 - 1 Errungenschaft sind die Vermögenswerte, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes entgeltlich erwirbt. |
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1 | Errungenschaft sind die Vermögenswerte, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes entgeltlich erwirbt. |
2 | Die Errungenschaft eines Ehegatten umfasst insbesondere: |
1 | seinen Arbeitserwerb; |
2 | die Leistungen von Personalfürsorgeeinrichtungen, Sozialversicherungen und Sozialfürsorgeeinrichtungen; |
3 | die Entschädigungen wegen Arbeitsunfähigkeit; |
4 | die Erträge seines Eigengutes; |
5 | Ersatzanschaffungen für Errungenschaft. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 193 - 1 Durch Begründung oder Änderung des Güterstandes oder durch güterrechtliche Auseinandersetzungen kann ein Vermögen, aus dem bis anhin die Gläubiger eines Ehegatten oder der Gemeinschaft Befriedigung verlangen konnten, dieser Haftung nicht entzogen werden. |
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1 | Durch Begründung oder Änderung des Güterstandes oder durch güterrechtliche Auseinandersetzungen kann ein Vermögen, aus dem bis anhin die Gläubiger eines Ehegatten oder der Gemeinschaft Befriedigung verlangen konnten, dieser Haftung nicht entzogen werden. |
2 | Ist ein solches Vermögen auf einen Ehegatten übergegangen, so hat er die Schulden zu bezahlen, kann sich aber von dieser Haftung so weit befreien, als er nachweist, dass das empfangene Vermögen hiezu nicht ausreicht. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 196 - Der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung umfasst die Errungenschaft und das Eigengut jedes Ehegatten. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 197 - 1 Errungenschaft sind die Vermögenswerte, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes entgeltlich erwirbt. |
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1 | Errungenschaft sind die Vermögenswerte, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes entgeltlich erwirbt. |
2 | Die Errungenschaft eines Ehegatten umfasst insbesondere: |
1 | seinen Arbeitserwerb; |
2 | die Leistungen von Personalfürsorgeeinrichtungen, Sozialversicherungen und Sozialfürsorgeeinrichtungen; |
3 | die Entschädigungen wegen Arbeitsunfähigkeit; |
4 | die Erträge seines Eigengutes; |
5 | Ersatzanschaffungen für Errungenschaft. |
4. Die Beschwerdeführer bestreiten, den Tatbestand des Art. 253
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 253 - Wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine unrichtige Abschrift beglaubigt, |
BGE 100 IV 238 S. 243
Eigentumsverhältnissen vornehmen. Der von den Beschwerdeführern simulierte und vom Notar beurkundete Parteiwille ging auf eine gewöhnliche, den wirklichen Eigentumsverhältnissen und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende güterrechtliche Auseinandersetzung. Der wirkliche, dem Notar und Dritten verheimlichte Vertragswille erstrebte aber eine den wirklichen Eigentumsverhältnissen und dem Gesetz nicht entsprechende Vermögensverschiebung zugunsten der Ehefrau. So kam es, dass der Notar eine verheimlichte, dem wirklichen Parteiwillen nicht entsprechende güterrechtliche Auseinandersetzung beurkundete. Die Beschwerdeführer haben somit eine falsche Beurkundung im Sinne von Art. 253
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 253 - Wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine unrichtige Abschrift beglaubigt, |
5. Hinsichtlich der Verurteilung wegen Gebrauchs einer erschlichenen Urkunde macht die Beschwerdeführerin geltend, die Eingabe des zweiten Ehevertrages an das Konkursamt sei straflose Nachtat. Der Gebrauch einer gemäss Art. Art. 253 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 253 - Wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine unrichtige Abschrift beglaubigt, |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
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1 | Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
2 | Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.445 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 253 - Wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine unrichtige Abschrift beglaubigt, |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
2 | ...330 |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Beschwerde des Rolf Eberhard wird abgewiesen.
2.- Die Beschwerde der Monika Eberhard wird teilweise gutgeheissen (hinsichtlich der straflosen Nachtat), das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.