100 IV 180
44. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. Juni 1974 i.S. Generalprokurator des Kantons Bern gegen Demuth und Huggler.
Regeste (de):
- Art. 317
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
1 Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, 2 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.445 - Der auf den täuschenden Gebrauch der falschen Urkunde gerichtete Wille ist wesentlicher Bestandteil des Vorsatzes.
Regeste (fr):
- Art. 317 CP.
- La conscience de l'usage qu'il sera fait du faux pour tromper autrui constitue un élément important de l'intention.
Regesto (it):
- Art. 317 CP.
- La coscienza dell'uso a scopi d'inganno che sarà fatto del documento falso costituisce elemento essenziale del dolo.
Sachverhalt ab Seite 180
BGE 100 IV 180 S. 180
A.- In Zusammenarbeit mit der Heliswiss führte das Eidgenössische Luftamt in der Zeit vom 6. bis 17. März 1967 für Luftfahrzeugkontrolleure einen Ausbildungskurs an Helikoptern durch. Ziel des Kurses war für die Teilnehmer die Erlangung des Kontrolleurausweises der Kategorie II. Voraussetzung hiefür ist nach den Bestimmungen des Reglementes über die Ausweise des Personals der Bodenorganisation der Luftfahrt vom 2. Dezember 1960 (RAB; SR 748.222.2 Bd. 7/5) das Bestehen einer theoretischen und einer praktischen Prüfung (Art. 27). Weist sich der Bewerber über eine besondere Vorbildung aus, so kann ihm das Eidg. Luftamt einzelne Prüfungen erlassen (Art. 5 Abs. 2). Demuth, Chefpilot und technischer Leiter der Heliswiss, wurde vom Sektionschef des Eidg. Luftamtes, Huggler, mit der Durchführung des Kurses und der Prüfungsleitung betraut. Die bei der Heliswiss angestellten Litzler und Widmer besuchten den besagten Kurs und bestanden die theoretischen Prüfungen, was ihnen von Huggler am 6. April 1967 schriftlich mitgeteilt wurde. Im gleichen Schreiben wurde ihnen die noch abzulegende praktische Prüfung in Aussicht gestellt. Demuth teilte in der Folge dem Huggler mit, dass nach seiner Meinung die beiden genannten Kandidaten keine praktische Prüfung mehr bestehen müssten, weil sie sich durch die im Kurs geleistete praktische Arbeit über ihre Fähigkeiten genügend ausgewiesen hätten. Huggler erklärte sich damit einverstanden,
BGE 100 IV 180 S. 181
beharrte jedoch auf einer schriftlichen Bewertung der Kandidaten durch den Prüfungsleiter, und zwar in Form einer Notengebung in Prozenten, um Unterlagen für den Erlass der praktischen Prüfung zu besitzen. Am 5. Mai 1967 nahm Demuth eine solche nachträgliche Bewertung der Kandidaten Litzler und Widmer vor, indem er die in Prozenten ausgedrückten Noten auf ein ihm von Huggler zu diesem Zweck übermitteltes Formular für die "praktische Prüfung" einsetzte, als "Prüfungsdatum" den 15. März 1967 angab und schliesslich das unterzeichnete Formular an Huggler zurücksandte. Während sich alle übrigen Kandidaten des Kurses einer praktischen Prüfung unterziehen mussten, erhielten Litzler und Widmer den Ausweis für Luftfahrzeugkontrolleure, ohne diese abgelegt zu haben.
B.- Am 2. Mai 1973 verurteilte das Strafamtsgericht Seftigen Demuth und Huggler wegen Urkundenfälschung durch Beamte (Art. 317 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
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1 | Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
2 | Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.445 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 109 - Die Strafverfolgung und die Strafe verjähren in drei Jahren. |
C.- Der Generalprokurator des Kantons Bern führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die beiden Beschwerdegegner wegen vorsätzlicher Beamten-Urkundenfälschung zu bestrafen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ...
2. Der Generalprokurator stellt sich auf den Standpunkt, die Beschwerdegegner hätten gewusst, dass sich die beiden Kandidaten keiner praktischen Prüfung unterzogen hatten. Sie hätten deshalb eine solche vorgetäuscht und dabei mit Wissen und Willen gehandelt. Dass sie sich mit der Begründung beruhigt hätten, man hätte ihnen ja reglementsmässig eine praktische Prüfung erlassen können, entlaste die Beschwerdegegner nicht. Das sei bloss Beweggrund ihres Handelns gewesen, der jedoch nicht zum Vorsatz gehöre. Die Vorinstanz habe den Begriff der Fahrlässigkeit falsch ausgelegt.
BGE 100 IV 180 S. 182
3. Die Rüge ist dahin zu verstehen, dass die Vorinstanz zu Unrecht Fahrlässigkeit statt Vorsatz angenommen habe. a) Vorsätzlich im Sinne des Art. 317 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
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1 | Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
2 | Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.445 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
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1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
2 | ...330 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
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1 | Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, |
2 | Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.445 |
b) Ist sie aber von zutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen, so ist ihr Urteil unanfechtbar. Ob jener Täuschungsvorsatz gegeben sei, ist Tatfrage, die hier vom kantonalen Richter für den Kassationshof verbindlich bejaht wird (BGE 81 IV 283 E. 3; BGE 83 IV 77). Nach dem angefochtenen Urteil haben die Beschwerdegegner nicht wissentlich und
BGE 100 IV 180 S. 183
willentlich durch Abfassung einer Schrift von rechtlicher Bedeutung eine nicht stattgefundene Prüfung vortäuschen wollen; beiden habe der Wille "auf den täuschenden Gebrauch der Urkunde als Beweismittel" gefehlt, und es lägen keine Anhaltspunkte vor, dass sie den strafbaren Erfolg für den Fall eines Eintritts auch nur gebilligt hätten. Diese Feststellungen schliessen die Annahme eines Täuschungsvorsatzes aus; sie betreffen nicht das blosse Handlungsmotiv, sondern den Handlungsentschluss (Wissen und Willen) der Beschwerdegegner und mussten daher zur Verneinung einer vorsätzlichen Urkundenfälschung führen.
Jene tatsächlichen Annahmen treffen übrigens in Würdigung aller Umstände des Falles auch sachlich das Richtige, wenn man berücksichtigt, dass Huggler für den Erlass der Prüfung zuständig war, das Ergebnis der Prüfungen niemandem vorzulegen hatte und es bloss darum ging, ihm eine Bewertung der praktischen Fähigkeiten der beiden Kandidaten zu verschaffen, die als zureichende Unterlage für den Entscheid über den Erlass der praktischen Prüfung geeignet war. Die ausgefüllten Formulare waren somit nach der Absicht der beiden Beteiligten ausschliesslich für einen solchen amtsinternen Gebrauch bestimmt, in dessen Rahmen sie nicht die Funktion einer Beweisurkunde hatten, da sowohl der Hersteller der Schrift als auch deren Empfänger wussten, dass eine praktische Prüfung nicht abgelegt worden war.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.