Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III

C-608/2020

Urteil vom 30. September 2020

Richter Michael Peterli (Vorsitz),

Richter Daniel Stufetti,
Besetzung
Richterin Viktoria Helfenstein,

Gerichtsschreiberin Sandra Tibis.

A._______, (Italien),

Parteien Zustelladresse: c/o B._______,

Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle für Versicherte im Ausland IVSTA,

Vorinstanz.

Invalidenversicherung, Ausstandsbegehren,
Gegenstand
Verfügung vom 17. Dezember 2019.

Sachverhalt:

A.

A.a Die am (...) 1972 geborene, ledige schweizerische Staatsangehörige A._______ bezieht seit 1. Juni 2013 eine ganze Rente der schweizerischen Invalidenversicherung. Per 22. Juli 2016 ist A._______ aus der Schweiz weggezogen und lebt seither in Italien (vgl. IV-act. 85); die Akten wurden zuständigkeitshalber an die IV-Stelle für Versicherte im Ausland (nachfolgend: IVSTA oder Vorinstanz) überwiesen (vgl. IV-act. 87).

A.b Mit Schreiben vom 6. Juni 2017 (IV-act. 98) informierte die IVSTA A._______ darüber, dass sie eine Rentenrevision einleiten müsse und deshalb ärztliche Berichte aus dem Zeitraum 20. Oktober 2015 bis heute benötige. Da die eingereichten Berichte keine zuverlässige Beurteilung des Gesundheitszustandes zuliessen, schlug Dr. med. C._______, Facharzt für Kinder-, Jugend- und Erwachsenenpsychiatrie beim Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD), mit Bericht vom 1. Mai 2018 (IV-act. 125) vor, ein psychiatrisches Gutachten in der Schweiz erstellen zu lassen.

A.c Mit Schreiben vom 24. Mai 2018 (IV-act. 129) gab die IVSTA A._______ bekannt, dass beabsichtigt sei, ein psychiatrisches Gutachten bei Dr. med. D._______ einzuholen. Die IVSTA gab A._______ Gelegenheit, innert 10 Tagen eventuelle Zusatzfragen für den Gutachter einzureichen. Ferner wies die IVSTA A._______ darauf hin, dass allfällige Einwände oder triftige Verweigerungs- oder Ablehnungsgründe gegen die Gutachterperson ebenfalls innert 10 Tagen nach Erhalt des Schreibens mitzuteilen seien.

A.d Mit Schreiben vom 24. Juli 2018 (IV-act. 144) teilte die IVSTA A._______ den Begutachtungstermin vom 24. Oktober 2018 in der Praxis von Dr. med. D._______ mit. Die Begutachtung konnte am 24. Oktober 2018 wie geplant durchgeführt werden (vgl. IV-act. 151 f.) und der Gutachter stellte der IVSTA am 9. Januar 2019 das in Auftrag gegebene Gutachten zu (IV-act. 159).

A.e Mit Vorbescheid vom 12. Februar 2019 (IV-act. 163) teilte die IVSTA A._______ mit, es bestehe kein Anspruch mehr auf eine Rente.

A.f Mit Eingabe vom 8. April 2019 (IV-act. 171) erhob A._______, vertreten durch B._______, Einwand gegen den Vorbescheid und ersuchte um Akteneinsicht sowie um eine Fristverlängerung für eine detaillierte Begründung. Innert erstreckter Frist und nach Akteneinsicht begründete A._______ ihren Einwand mit Eingabe vom 29. April 2019 (IV-act. 175). Nebst der Kritik an der - ihrer Ansicht nach - unzutreffenden Beurteilung des Gesundheitszustands äusserte sich A._______ auch zur Person des Gutachters. Sie führte aus, dieser habe sie nach der Begutachtung gefragt, ob sie ihn nicht mehr kenne. Dies habe sie verneint. Später habe sie sich erinnert, dass sich Dr. med. D._______ einst bei ihrem damaligen Arbeitgeber als Vertrauensarzt beworben habe und sie, die die Rekrutierung durchführte, einem anderen Bewerber den Vorzug gegeben habe.

A.g Mit Zwischenverfügung vom 17. Dezember 2019 (IV-act. 194) wies die IVSTA dieses Ausstandsbegehren ab. Zur Begründung führte sie aus, es lägen vorliegend keine Anhaltspunkte vor, dass der Gutachter befangen sei oder das Gutachten nicht neutral und sachlich abgefasst worden sei. Im Übrigen sei der Einwand verspätet, da A._______ den Ausstandsgrund nicht unverzüglich nach der Begutachtung, sondern erst nach Erhalt des Vorbescheids geltend gemacht habe.

B.

B.a Gegen die Verfügung vom 17. Dezember 2019 erhob A._______ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) mit Eingabe vom 30. Januar 2020 (BVGer-act. 1) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragte die Aufhebung der angefochtenen Zwischenverfügung und die Anordnung eines neuen Gutachtens durch einen anderen Gutachter. Zur Begründung führte sie aus, es könne sein, dass sie im Rahmen ihrer früheren beruflichen Tätigkeit die Gefühle von Dr. med. D._______ verletzt und er sich durch sie ungerecht behandelt gefühlt habe. Aus seinem Gutachten gehe hervor, dass die Testauswertungen zum Teil erheblich von den subjektiven Einschätzungen des Gutachters abwichen, was kaum erklärbar sei. Der Gutachter bescheinige ihr eine volle Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit, obwohl sie sich mehrfach in stationärer Behandlung befunden habe und - gemäss Einschätzung der italienischen Psychiaterin - sogar im Jahr 2018, also wenig vor dem fraglichen Gutachten, hätte sein sollen.

B.b Am 5. März 2020 ist der mit Zwischenverfügung vom 11. Februar 2020 (BVGer-act. 2) einverlangte Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 800.- beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen.

B.c Mit Vernehmlassung vom 23. April 2020 (BVGer-act. 7) beantragte die IVSTA die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung führte sie aus, es lägen keine objektiven Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gutachter befangen sein könnte, auch werde kein persönliches Interesse des Gutachters an der zu beurteilenden Sache geltend gemacht. Ein Ausstandsgrund liesse sich auch im Verhalten des Gutachters nicht erblicken, da sich das umfassende Gutachten in sachlicher Weise ausschliesslich mit fachmedizinischen Fragen befasse und sich auf die medizinische Beurteilung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin beschränke. Der individuelle Eindruck der Beschwerdeführerin reiche nicht, um den Anschein der Befangenheit des Gutachters zu begründen. Schliesslich habe die Beschwerdeführerin den Ausstandsgrund verspätet geltend gemacht, weshalb ein allfälliger Anspruch verwirkt sei.

B.d Die Beschwerdeführerin liess sich nicht mehr vernehmen (vgl. BVGer-act. 9 und 10).

B.e Auf die weiteren Vorbringen der Parteien sowie die eingereichten Beweismittel ist - soweit für die Entscheidfindung erforderlich - in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, sofern wie hier keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33 VGG genannten Behörden. Zu diesen gehört auch die IVSTA (Art. 33 Bst. d VGG; vgl. Art. 69 Abs. 1 Bst. b IVG [SR 831.20]). Das Bundesverwaltungsgericht ist somit zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig.

1.2 Nach Art. 37 VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt. Indes findet das VwVG aufgrund von Art. 3 Bst. dbis VwVG keine Anwendung in Sozialversicherungssachen, soweit das ATSG (SR 830.1) anwendbar ist. Nach Art. 1 Abs. 1 IVG sind die Bestimmungen des ATSG auf die Invalidenversicherung anwendbar, soweit das IVG nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht.

1.3

1.3.1 Anfechtungsobjekt ist vorliegend ein als Zwischenverfügung bezeichnetes Schreiben der Vorinstanz vom 17. Dezember 2019, mit welchem die Vorinstanz das Ausstandsbegehren der Beschwerdeführerin gegen den Gutachter Dr. med. D._______ abgelehnt hat.

1.3.2 Gegen selbständig eröffnete Zwischenverfügungen über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig (Art. 45 Abs. 1 VwVG).

Die Zwischenverfügung vom 17. Dezember 2019 ist daher als eine anfechtbare Zwischenverfügung im Sinne von Art. 45 Abs. 1 VwVG zu betrachten und die dagegen erhobene Beschwerde ist somit zulässig.

1.3.3 Die Beschwerdeführerin kann durch das Bundesverwaltungsgericht nur Rechtsverhältnisse überprüfen beziehungsweise beurteilen lassen, zu denen die zuständige Behörde vorgängig und verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung genommen hat. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens kann deshalb nur sein, was Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens war oder bei richtiger Rechtsanwendung hätte sein sollen. Fragen, über welche die verfügende Behörde nicht entschieden hat, dürfen somit grundsätzlich im Beschwerdeverfahren nicht beurteilt werden (vgl. André Moser/Michael Beusch/Lorenz Kneubühler, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2013, S. 29 f. Rz. 2.7 f. und BGE 125 V 413 E. 2a).

Soweit die Beschwerdeführerin vorliegend beantragt, das Gutachten könne nicht berücksichtigt werden, da die Testergebnisse stark von der subjektiven Sicht des Gutachters abwichen, das Gutachten insgesamt nicht schlüssig sei und «gänzlich an der Realität vorbeigehe», gehen die Anträge über das in der Verfügung geregelte Rechtsverhältnis (Beurteilung des Ausstandsgesuchs) hinaus. Deshalb ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren darauf nicht einzutreten.

1.4 Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Sie ist durch die angefochtene Verfügung berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung, so dass sie im Sinne von Art. 59 ATSG beschwerdelegitimiert ist.

1.5 Da die Beschwerde im Übrigen frist- und formgerecht (Art. 60 Abs. 1 ATSG und Art. 52 Abs. 1 VwVG) eingereicht und auch der Kostenvorschuss fristgerecht bezahlt wurde, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten (vgl. aber E. 1.3.3 hiervor).

2.

2.1 Die Beschwerdeführerin kann im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Verletzung von Bundesrecht unter Einschluss des Missbrauchs oder der Überschreitung des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts sowie die Unangemessenheit rügen (Art. 49 VwVG).

2.2 Nach der Rechtsprechung stellt das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung einer Streitsache in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Entscheides eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 129 V 1 E. 1.2 mit Hinweis). Tatsachen, die jenen Sachverhalt seither verändert haben, sollen im Normalfall Gegenstand einer neuen Verwaltungsverfügung sein (BGE 121 V 362 E. 1b).

3.
Im vorliegenden Verfahren ist streitig, ob die Vorinstanz zu Recht das Ausstandsbegehren der Beschwerdeführerin, das sie gegen den Gutachter Dr. med. D._______ gestellt hat, abgelehnt hat.

3.1

3.1.1 Zu unterscheiden ist zwischen Einwendungen formeller und Einwendungen materieller Natur. Dabei zählen die gesetzlichen Ausstandsgründe (vgl. Art. 10 VwVG und Art. 36 Abs. 1 ATSG) zu den Einwendungen formeller Natur, weil sie geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erwecken. Einwendungen materieller Natur können sich zwar ebenfalls gegen die Person des Gutachters richten. Sie beschlagen jedoch nicht dessen Unparteilichkeit. Oft sind sie von der Sorge getragen, das Gutachten könne mangelhaft ausfallen oder jedenfalls nicht im Sinne der zu begutachtenden Person. Solche Einwendungen sind in der Regel mit dem Entscheid in der Sache im Rahmen der Beweiswürdigung zu behandeln. So hat beispielsweise die Frage, aus welcher medizinischen Fachrichtung ein Gutachten einzuholen ist, nichts mit Ausstandsgründen, sondern mit der Beweiswürdigung zu tun (BGE 132 V 93 E. 6.5).

Gemäss Art. 36 Abs. 1 ATSG treten Personen, die Entscheidungen über Rechte und Pflichten zu treffen oder vorzubereiten haben in Ausstand, wenn sie in der Sache ein persönliches Interesse haben oder aus anderen Gründen in der Sache befangen sein könnten.

Nach der Rechtsprechung gelten für Sachverständige grundsätzlich die gleichen Ausstands- und Ablehnungsgründe, wie sie für Richter vorgesehen sind. Danach ist Befangenheit anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit zu erwecken. Bei der Befangenheit handelt es sich allerdings um einen inneren Zustand, der nur schwer bewiesen werden kann. Es braucht daher für die Ablehnung nicht nachgewiesen zu werden, dass die sachverständige Person tatsächlich befangen ist. Es genügt vielmehr, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen. Bei der Beurteilung des Anscheins der Befangenheit und der Gewichtung solcher Umstände kann jedoch nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abgestellt werden. Das Misstrauen muss vielmehr in objektiver Weise als begründet erscheinen. Im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung, welche den Arztgutachten im Sozialversicherungsrecht zukommt, ist an die Unparteilichkeit des Gutachters ein strenger
Massstab anzusetzen (BGE 132 V 93 E. 7.1 mit Hinweis auf BGE 120 V 364 E. 3).

3.1.2 Es ist vorliegend unbestritten, dass sich der Gutachter, Dr. med. D._______, einst bei der früheren Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin um eine Anstellung als Vertrauensarzt beworben hat. Die Beschwerdeführerin war damals als Mitglied der Direktion in der Funktion Abteilungsleiterin Leistungssupport tätig (vgl. IV-act. 110). Im Auswahlverfahren hat die Beschwerdeführerin einem anderen Bewerber den Vorzug gegeben; die Bewerbung von Dr. med. D._______ wurde nicht berücksichtigt.

Im Rahmen der vorliegend fraglichen Begutachtung hat der Gutachter die Beschwerdeführerin, wie diese vorbringt, am Ende der Begutachtung gefragt, ob sie ihn nicht mehr kenne. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass sie in jenem Moment nicht wusste, wer der Gutachter war. Erst als dieser sie über die Umstände der früheren Begegnung aufklärte, erinnerte sich die Beschwerdeführerin angeblich daran, dass sie ihm bereits früher in einem anderen Kontext begegnet war. Die Beschwerdeführerin führte aus, sie könne sich vorstellen, dass sie durch die Nichtberücksichtigung damals tatsächlich die Gefühle des Gutachters verletzt und dieser sich ungerecht behandelt gefühlt haben könnte.

Die Vorinstanz machte dagegen geltend, im Verhalten des Gutachters sei kein Ausstandsgrund zu erblicken. Das umfassende, von ihm erstellte Gutachten befasse sich in sachlicher Weise ausschliesslich mit fachmedizinischen Fragen und beschränke sich auf die medizinische Beurteilung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin gebe lediglich ihren persönlichen Eindruck wieder, was zur Begründung eines Anscheins der Befangenheit nicht ausreiche.

Damit ein Ausstandsgrund angenommen werden kann, ist erforderlich, dass der begutachtenden Person ein persönliches Interesse an der Sache unterstellt werden kann, das den Anschein der Befangenheit zur Folge hat. Dies wäre namentlich dann der Fall, wenn der Gutachter ein rechtliches oder tatsächliches Interesse am Verfahrensausgang hätte oder er persönlich, zum Beispiel durch Verwandtschaft zur begutachtenden Person, betroffen wäre. Es ist vorliegend nicht auszuschliessen, dass der Gutachter enttäuscht war, dass es mit der Anstellung bei der Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin nicht geklappt hat. Dennoch sind keine besonderen Vorkommnisse bekannt, die darauf hindeuten, dass es sich bei dieser Absage um ein Ereignis gehandelt hat, welches einen Einfluss auf die korrekte und unabhängige Ausübung der Gutachtertätigkeit haben könnte. So ist denn auch aus dem Gutachten in keiner Weise erkennbar, dass der Gutachter der Beschwerdeführerin schlecht gesinnt gewesen wäre. Das Gutachten beinhaltet keine unsachlichen Bemerkungen, die den Verdacht der Befangenheit des Gutachters aufkommen lassen könnte. Für den Fall, dass der Gutachter sie tatsächlich auf die frühere Begegnung hingewiesen hat, wie von der Beschwerdeführerin behauptet wird, muss aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben den Gutachter erst später wiedererkannte, geschlossen werden, dass damals im Bewerbungsprozess nichts Ausserordentliches vorgefallen war und die beiden somit kein Ereignis verbindet, welches im heutigen Zeitpunkt einen Einfluss auf die neutrale Ausübung der Gutachtertätigkeit haben könnte. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass beim Gutachter ein formeller Ausstandsgrund vorliegt. Selbst wenn jedoch ein solcher vorliegen sollte, wäre dies - wie nachfolgend darzulegen sein wird - im jetzigen Zeitpunkt unbeachtlich.

3.2

3.2.1 Das Vorliegen von Ausstandsgründen muss von Amtes wegen beachtet werden. Dennoch liegt es aber nahe, dass eine Partei das Bestehen solcher Gründe möglichst frühzeitig geltend macht (zu dieser Obliegenheit vgl. BGE 132 V 106 f.). Andernfalls kann einer entsprechenden Einwendung der Grundsatz von Treu und Glauben entgegengehalten werden (vgl. BGE 121 I 229 f). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind Ausstands- und Befangenheitsgründe umgehend geltend zu machen, das heisst grundsätzlich sobald die betroffene Person Kenntnis von den entsprechenden Tatsachen erhält. Wer den Mangel nicht unverzüglich vorbringt, wenn er davon Kenntnis erhält, sondern sich stillschweigend auf ein Verfahren einlässt, verwirkt den Anspruch auf spätere Anrufung der vermeintlich verletzten Ausstandsbestimmung. Unverzüglich bedeutet ein Geltendmachen binnen maximal sechs bis sieben Tagen; ein zwei- bis dreiwöchiges Zuwarten ist bereits unzulässig (vgl. Urteil des BGer 8C_41/2019 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen). Wird eine Frist zur Erhebung allfälliger Rügen betreffend Ausstand angesetzt, kann einer solchen Frist nur der Charakter einer Ordnungsfrist zukommen; es kann sich nicht um eine Verwirkungsfrist handeln (vgl. BGE 112 V 210; zum Ganzen: Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 4. Aufl. 2020, Art. 36, Rz. 21).

3.2.2 Im hier zu beurteilenden Fall hatte die IVSTA die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. Mai 2018 (IV-act. 129) informiert, dass die Begutachtung bei Dr. med. D._______ stattfinden wird und sie die Möglichkeit habe, innert 10 Tagen seit Erhalt des Schreibens «allfällige Einwände oder triftige Verweigerungs- oder Ablehnungsgründe gegen die oben aufgeführten begutachtenden Personen» zu erheben. Mit Schreiben vom 24. Juli 2018 gab die IVSTA der Beschwerdeführerin den definitiven Begutachtungstermin (24. Oktober 2018) sowie den Namen des Gutachters bekannt (vgl. A.d. hiervor). Die Beschwerdeführerin hätte somit explizit die Möglichkeit gehabt, im Vorfeld der Begutachtung Ausstandsgründe gegen den Gutachter geltend zu machen, was sie jedoch unterlassen hat. Die Beschwerdeführerin erschien zum vereinbarten Begutachtungstermin und erhob auch dort keine Einwände. Aus den Akten ist ersichtlich, dass sich die Beschwerdeführerin nach Durchführung dieser Begutachtung wegen einer Frage zu den Reisespesen telefonisch am 20. November 2018 bei der Vorinstanz gemeldet hat (vgl. IV-act. 158). In Bezug auf das Gutachten machte sie keine Bemerkungen und gegen den Gutachter brachte sie ebenso wenig Einwände vor. Am 25. Februar 2019 (vgl. IV-act. 164) meldete sich die Beschwerdeführerin erneut telefonisch bei der IVSTA und erkundigte sich nach dem Stand der Dinge. Am 11. März 2019 informierte der Vertreter der Beschwerdeführerin, B._______, die IVSTA telefonisch darüber, dass die Beschwerdeführerin Berichte bei ihren Ärzten angefordert habe und dann Einwand gegen den Vorbescheid erheben möchte (vgl. IV-act. 168). Am 21. März 2019 wandte sich der Vertreter erneut telefonisch und am 8. April 2019 schriftlich an die IVSTA und erhob Einwand und beantragte im Wesentlichen die Zusendung des Gutachtens und eine Fristverlängerung zur Begründung des Einwands (vgl. IV-act. 169 und 171). Mit Schreiben vom 29. April 2019 (IV-act. 175) begründete die Beschwerdeführerin, vertreten durch B._______, ihren Einwand und erhob insbesondere auch die hier zu beurteilenden Ausstandsgründe gegen den Gutachter.

3.2.3 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin die ihr mit Schreiben vom 24. Mai 2018 angesetzte zehntägige Frist zur Erhebung von Einwänden unbenutzt hat verstreichen lassen, da sich die Beschwerdeführerin - wie sie glaubhaft ausführt - nicht mehr an den Gutachter erinnern konnte. Dieses Verhalten hat keine Konsequenzen, da es sich bei der angesetzten Frist nicht um eine Verwirkungsfrist handelt (vgl. E. 3.2.1 hiervor). Der IVSTA ist überdies kein Vorwurf in Bezug auf die Auswahl des Gutachters zu machen, da sie vom Umstand, dass der Gutachter die Beschwerdeführerin kannte, nichts wusste. Eine Berücksichtigung des Ausstandsgrunds vom Amtes wegen kam somit nicht in Frage. In Anwendung der vorgenannten Rechtsprechung und Grundsätze ist indes davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin umgehend nach Kenntnis des Ausstandsgrundes hätte reagieren müssen. Gemäss der Schilderung der Beschwerdeführerin hat sie vom Ausstandsgrund am Tag der Begutachtung Kenntnis erhalten, als sie der Gutachter auf den Umstand, dass sie sich bereits früher begegnet waren, hingewiesen hat. Zwischen der Begutachtung am 24. Oktober 2018 und dem Tag, als sie den Ausstandsgrund erstmals geltend machte (Begründung des Einwands mit Schreiben vom 29. April 2019) waren somit rund sechs Monate vergangen. Ein solches Zuwarten widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben und verdient keinen Rechtsschutz. Deshalb ist das Ausstandsbegehren - wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat - abzuweisen.

Der Vollständigkeit halber bleibt allerdings festzuhalten, dass damit nichts über die Qualität des Gutachtens gesagt wurde und die von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit den Schlussfolgerungen des Gutachtens vorgebrachten materiellen Rügen im Rahmen des Rentenentscheids und einer allfällig dagegen zu erhebenden Beschwerde zu prüfen wären (vgl. E. 1.3.3 hiervor).

Die Beschwerde gegen die Verfügung vom 17. Dezember 2019 ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

4.
Zu befinden bleibt noch über die Verfahrenskosten und eine allfällige Parteientschädigung.

4.1 Die Verfahrenskosten sind bei Streitigkeiten um die Bewilligung oder die Verweigerung von IV-Leistungen nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von 200-1'000 Franken festzulegen (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Die Verfahrenskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt (Art. 63 Abs. 1 VwVG).

Für das vorliegende Verfahren sind die Verfahrenskosten auf Fr. 800.- festzusetzen und der Beschwerdeführerin als unterlegene Partei aufzuerlegen. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 800.- ist zur Bezahlung der Verfahrenskosten zu verwenden.

4.2 Der obsiegenden Partei kann von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zugesprochen werden (Art. 64 Abs. 1 VwVG). Als Bundesbehörde hat die IVSTA jedoch keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 7 Abs. 3
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 7 Principio
1    La parte vincente ha diritto alle ripetibili per le spese necessarie derivanti dalla causa.
2    Se la parte vince solo parzialmente, le spese ripetibili sono ridotte in proporzione.
3    Le autorità federali e, di regola, le altre autorità con qualità di parte non hanno diritto a un'indennità a titolo di ripetibili.
4    Se le spese sono relativamente modeste, si può rinunciare a concedere alla parte un'indennità a titolo di ripetibili.
5    L'articolo 6a è applicabile per analogia.7
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

Die unterliegende Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 800.- wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. [...]; Einschreiben)

- das Bundesamt für Sozialversicherungen (Einschreiben)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Michael Peterli Sandra Tibis

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 7 Principio
1    La parte vincente ha diritto alle ripetibili per le spese necessarie derivanti dalla causa.
2    Se la parte vince solo parzialmente, le spese ripetibili sono ridotte in proporzione.
3    Le autorità federali e, di regola, le altre autorità con qualità di parte non hanno diritto a un'indennità a titolo di ripetibili.
4    Se le spese sono relativamente modeste, si può rinunciare a concedere alla parte un'indennità a titolo di ripetibili.
5    L'articolo 6a è applicabile per analogia.7
., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 7 Principio
1    La parte vincente ha diritto alle ripetibili per le spese necessarie derivanti dalla causa.
2    Se la parte vince solo parzialmente, le spese ripetibili sono ridotte in proporzione.
3    Le autorità federali e, di regola, le altre autorità con qualità di parte non hanno diritto a un'indennità a titolo di ripetibili.
4    Se le spese sono relativamente modeste, si può rinunciare a concedere alla parte un'indennità a titolo di ripetibili.
5    L'articolo 6a è applicabile per analogia.7
BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 7 Principio
1    La parte vincente ha diritto alle ripetibili per le spese necessarie derivanti dalla causa.
2    Se la parte vince solo parzialmente, le spese ripetibili sono ridotte in proporzione.
3    Le autorità federali e, di regola, le altre autorità con qualità di parte non hanno diritto a un'indennità a titolo di ripetibili.
4    Se le spese sono relativamente modeste, si può rinunciare a concedere alla parte un'indennità a titolo di ripetibili.
5    L'articolo 6a è applicabile per analogia.7
BGG).

Versand:
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : C-608/2020
Data : 30. settembre 2020
Pubblicato : 04. novembre 2020
Sorgente : Tribunale amministrativo federale
Stato : Inedito
Ramo giuridico : Assicurazione sociale
Oggetto : Invalidenversicherung, Ausstandsbegehren, Verfügung vom 17. Dezember 2019


Registro di legislazione
LAI: 1  69
LPGA: 36  59  60
LTAF: 31  32  33  37
LTF: 42  48  82
PA: 3  5  10  45  49  52  63  64
TS-TAF: 7
SR 173.320.2 Regolamento del 21 febbraio 2008 sulle tasse e sulle spese ripetibili nelle cause dinanzi al Tribunale amministrativo federale (TS-TAF)
TS-TAF Art. 7 Principio
1    La parte vincente ha diritto alle ripetibili per le spese necessarie derivanti dalla causa.
2    Se la parte vince solo parzialmente, le spese ripetibili sono ridotte in proporzione.
3    Le autorità federali e, di regola, le altre autorità con qualità di parte non hanno diritto a un'indennità a titolo di ripetibili.
4    Se le spese sono relativamente modeste, si può rinunciare a concedere alla parte un'indennità a titolo di ripetibili.
5    L'articolo 6a è applicabile per analogia.7
Registro DTF
112-V-206 • 120-V-357 • 121-I-225 • 121-V-362 • 125-V-413 • 129-V-1 • 132-V-93
Weitere Urteile ab 2000
8C_41/2019
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
autorità inferiore • tribunale amministrativo federale • giorno • termine • spese di procedura • ricusazione • quesito • obiezione • telefono • stato di salute • conoscenza • fattispecie • anticipo delle spese • tribunale federale • interesse personale • comportamento • mezzo di prova • consultazione degli atti • d'ufficio • italiano
... Tutti
BVGer
C-608/2020