Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung I

A-7615/2016

Urteil vom 30. Januar 2018

Richter Jürg Steiger (Vorsitz),

Besetzung Richterin Kathrin Dietrich, Richter Jérôme Candrian,

Gerichtsschreiber Marc Lichtensteiger.

A._______,
Parteien
Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM,

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Datenänderung im Zentralen Migrationsinformationssystem ZEMIS.

Sachverhalt:

A.
A._______ reiste am 26. Juni 2013 schriftenlos in die Schweiz ein und stellte gleichentags ein Asylgesuch. Anlässlich der am 4. Juli 2013 vom Bundesamt für Migration (BFM) durchgeführten Befragung zur Person (BzP) gab A._______ unter anderem an, in diesem Jahr 15 Jahre alt zu werden, ohne den genauen Tag und Monat zu kennen. Sein Geburtsdatum wurde daraufhin auf den 1. Januar 1998 festgelegt.

B.
Am 26. Juli 2013 reichte A._______ beim BFM eine Kopie seiner afghanischen Identitätskarte (Tazkara) ein, welche seine Aussage, im Jahr 2013 15 Jahre alt zu werden, bestätigt.

C.
Aufgrund von Zweifeln an der Altersangabe wurde im Auftrag des BFM bei A._______ am 14. August 2013 eine Handknochenanalyse zur Altersbestimmung nach Greulich/Pyle durchgeführt. Diese ergab, dass das Knochenwachstum der Hand respektive des Handgelenkes abgeschlossen ist und aufgrund dieser Aufnahme das Alter bei 19 Jahren oder mehr liegt.

D.
Am 22. August 2013 wurde A._______ unter anderem das rechtliche Gehör zum angegebenen Alter gewährt. Dabei sagte er aus, dass er gemäss seiner Tazkara 15 Jahre alt sei, sein genaues Geburtsdatum jedoch nicht kenne. Gemäss der Scharia würden die Knaben mit 15 Jahren als volljährig betrachtet und müssten fasten. Dieses Jahr habe er im Monat Ramadan zum ersten Mal gefastet. Das BFM teilte ihm daraufhin mit, dass er für volljährig gehalten werde, weil er aufgrund von verschiedenen Anhaltspunkten - sehr schlechte Kopie der Tazkara, Unkenntnis des genauen Geburtsdatums, ungenaue Angaben zur Schulzeit und den familiären Verhältnissen - nicht habe glaubhaft machen können, dass er minderjährig sei und die durchgeführte Handknochenanalyse ergeben habe, dass er 19 Jahre oder älter sei. Aufgrund dessen wurde sein Geburtsdatum auf den 1. Januar 1995 geändert.

E.
Anlässlich der Bundesanhörung vom 17. Juli 2014 teilte A._______ mit, dass er an der BzP vom 4. Juli 2013 falsche Angaben zu seiner Herkunft, seiner Familie und seinen Asylgründen gemacht habe. Entgegen seinen ersten Angaben habe er nie in Afghanistan gelebt und habe nie eine Tazkara besessen. Als sein Geburtsdatum gab er neu den (...) 1994 an.

F.
Mit Entscheid vom 12. Februar 2015 lehnte das Staatssekretariat für Migration (SEM) das Asylgesuch von A._______ ab und schob den Vollzug der Wegweisung wegen Unzumutbarkeit zugunsten einer vorläufigen Aufnahme auf. Gleichentags zog A._______ sein Asylgesuch zurück.

G.
Im (...) 2015 reiste A._______ nach Norwegen und reichte dort ein Asylgesuch ein. Am (...) 2015 kehrte er in die Schweiz zurück.

H.
Mit Schreiben vom 18. August 2016 reichte A._______ ein Original seiner Tazkara ein und machte geltend, dass daraus ersichtlich sei, dass er im Jahr 1998 geboren worden sei, weshalb er das SEM ersuche, sein Geburtsdatum im Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS) vom 1. Januar 1995 auf den (...) 1998 zu ändern. Weiter wies er darauf hin, dass das vorliegende Originaldokument nicht mit der Kopie, die er bei der Erstbefragung eingereicht habe, übereinstimmen würde. Der Grund dafür liege darin, dass die Original Tazkara, aus der die Kopie angefertigt worden sei, verloren gegangen sei, weshalb sein Onkel bei der afghanischen Botschaft im Iran eine neue Tazkara habe beantragen müssen.

I.
Das SEM teilte A._______ mit Schreiben vom 20. September 2016 mit, dass es erwäge, sein Gesuch um Berichtigung des Geburtsdatums abzulehnen und gab ihm im Sinne der Gewährung des rechtlichen Gehörs Gelegenheit, bis zum 19. Oktober 2016 dazu Stellung zu nehmen.

J.
In seiner Stellungnahme vom 11. Oktober 2016 führte A._______ aus, dass er bei seiner Einreise jung gewesen sei und Angst gehabt habe. Deshalb habe er nicht die ganze Wahrheit gesagt. In der Wohngemeinde habe man ihm dann mitgeteilt, dass er aufgrund seiner Volljährigkeit keine Sprachkurse besuchen dürfe. Deshalb habe er wegen der befürchteten Perspektivlosigkeit in der Schweiz bei der Bundesanhörung erneut gelogen. Er habe gedacht, wenn er jetzt als volljährig gelte, könne er in einen anderen Staat gehen und dort erneut Asyl beantragen. Er sei sich bewusst, dass er falsch gehandelt habe und würde sich für sein Verhalten entschuldigen.

K.
Mit Verfügung vom 21. Oktober 2016 lehnte das SEM das Gesuch um Berichtigung der Personendaten vom 18. August 2016 ab und stellte fest, dass die Personendaten im ZEMIS wie bisher lauten würden und das Geburtsdatum als bestritten gelte, weshalb diesbezüglich im ZEMIS ein Bestreitungsvermerk angebracht werde. Es begründete seinen Entscheid namentlich damit, dass die Glaubwürdigkeit von A._______ insgesamt erschüttert sei und die Tazkara zudem als nicht fälschungssicher und somit als Dokument mit geringem Beweiswert gelte. Im Übrigen habe A._______ bezüglich seiner Tazkara im Laufe des Asylverfahrens widersprüchliche Angaben gemacht. Schliesslich ergebe die Knochenaltersbestimmung nach Greulich/Pyle vom 14. August 2013 ein wahrscheinliches chronologisches Alter von 19 Jahren und mehr, was zum von A._______ behaupteten Geburtsjahr (1998) eine Abweichung von mehr als vier Jahren ausmache.

L.
Am 8. November 2016 reichte A._______ beim SEM erneut seine Stellungnahme vom 11. Oktober 2016 mit angepasstem Datum ein. Auf Nachfrage hin bestätigte A._______ (nachfolgend: Beschwerdeführer) mit Schreiben vom 3. November 2016 (Poststempel: 18. November 2016) dem SEM, dass es sich bei seinem Schreiben vom 8. November 2016 um eine Beschwerde gegen die Verfügung vom 21. Oktober 2016 handeln würde.

M.
In Anwendung von Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet.

N.
In ihrer Vernehmlassung vom 23. Dezember 2016 hält das SEM (nachfolgend: Vorinstanz) an ihrem Standpunkt fest und verweist zur Begründung auf die Erwägungen in ihrer Verfügung vom 21. Oktober 2016.

O.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien und die sich bei den Akten befindlichen Dokumenten wird - soweit entscheidrelevant - in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG, welche von einer Vorinstanz gemäss Art. 33 Bst. d des Bundesgesetzes über das Bundesverwaltungsgericht vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) erlassen wurde. Da keine Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG vorliegt, ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung der Beschwerde zuständig (Art. 31 VGG).

Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, sofern das VGG nichts anderes vorsieht (Art. 37 VGG).

1.2 Der Beschwerdeführer hat sich am vorinstanzlichen Verfahren beteiligt und ist als Adressat der angefochtenen Verfügung, mit welcher sein Berichtigungsgesuch abgewiesen wurde, sowohl formell als auch materiell beschwert, weshalb er zur Beschwerde legitimiert ist (vgl. Art. 48 Abs. 1 VwVG).

1.3 Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 50 Abs. 1 VwVG und Art. 52 Abs. 1 VwVG) ist demnach einzutreten.

2.

2.1 Das Bundesverwaltungsgericht stellt den rechtserheblichen Sachver-halt, unter Vorbehalt der Mitwirkungspflicht der Parteien (Art. 13 VwVG), von Amtes wegen fest (Art. 12 VwVG) und wendet das Recht grundsätzlich frei an, ohne an die Parteianträge oder die rechtlichen Begründungen der Parteien gebunden zu sein (Art. 62 Abs. 4 VwVG). Von den Verfahrensbe-teiligten nicht aufgeworfene Rechtsfragen werden indes nur geprüft, wenn hierzu aufgrund der Parteivorbringen oder anderer sich aus den Akten er-gebender Anhaltspunkte hinreichender Anlass besteht (vgl. zum Ganzen Urteil des BVGer A-4979/2014 vom 18. Februar 2015 E. 3.1 m.H.).

2.2 Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet grundsätzlich mit uneingeschränkter Kognition. Es überprüft die angefochtene Verfügung auf Rechtsverletzungen - einschliesslich unrichtiger oder unvollständiger Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der Ermessensausübung - sowie auf Angemessenheit hin (Art. 49 VwVG).

3.

3.1 Die Vorinstanz führt zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben das ZEMIS, welches der Bearbeitung von Personendaten aus dem Ausländer- und dem Asylbereich dient (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 des Bundesgesetzes über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich vom 20. Juni 2003 [BGIAA, SR 142.51]) und in der Verordnung über das Zentrale Migrationsinformationssystem vom 12. April 2006 (ZEMIS-Verordnung, SR 142.513) näher geregelt ist. Nach Art. 19 Abs. 1 ZEMIS-Verordnung richten sich die Rechte der Betroffenen, insbesondere deren Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschungsrecht sowie das Recht auf Informationen über die Beschaffung besonders schützenswerter Personendaten, nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Datenschutz vom 19. Juni 1992 (DSG, SR 235.1) und des VwVG.

3.2 Wer Personendaten bearbeitet, hat sich über deren Richtigkeit zu vergewissern (Art. 5 Abs. 1 DSG). Werden Personendaten von Bundesorganen bearbeitet, kann jede betroffene Person insbesondere verlangen, dass unrichtige Personendaten berichtigt werden (Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 25 Abs. 3 Bst. a DSG). Auf die Berichtigung besteht in einem solchen Fall ein absoluter und uneingeschränkter Anspruch (statt vieler Urteil des BVGer E-2149/2017 vom 3. Mai 2017 E. 3.2). Die Vergewisserungspflicht bringt es mit sich, dass die Behörde auf ein substantiiertes Berichtigungsgesuch hin die Richtigkeit der von ihr bearbeiteten Personendaten von Amtes wegen überprüfen muss (Urteil des BVGer A-1987/2016 vom 6. September 2016 E. 8.7.1. m.w.H.).

3.3 Grundsätzlich hat die Bundesbehörde die Richtigkeit der bearbeiteten Daten zu beweisen, wenn diese von einer betroffenen Person bestritten wird. Demgegenüber obliegt der betroffenen Person, welche ein Gesuch um Berichtigung von Personendaten stellt, der Beweis der Richtigkeit der verlangten Änderung (Urteil des BGer 1C_11/2013 vom 21. Oktober 2013 E. 4.2; BVGE 2013/30 E. 4.1). Nach den massgeblichen Beweisregeln des VwVG gilt eine Tatsache als bewiesen, wenn sie in Würdigung sämtlicher Erkenntnisse so wahrscheinlich ist, dass keine vernünftigen Zweifel bleiben; unumstössliche Gewissheit ist dagegen nicht erforderlich. Die mit dem Berichtigungsbegehren konfrontierte Behörde hat zwar nach dem Untersuchungsgrundsatz den Sachverhalt grundsätzlich von Amtes wegen abzuklären (Art. 12 VwVG); die gesuchstellende Person ist jedoch gemäss Art. 13 Abs. 1 Bst. a VwVG verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhalts im erstinstanzlichen Verwaltungs- sowie im Beschwerdeverfahren mitzuwirken (vgl. zum Ganzen statt vieler Urteil des BVGer E-2149/2017 vom 3. Mai 2017 E. 3.3).

3.4 Amtliche Dokumente ausländischer Staaten, deren Zweck es ist, die Identität ihres Inhabers nachzuweisen, gelten nicht als öffentliche Urkunden im Sinne von Art. 9 des Zivilgesetzbuches (ZGB, SR 210), weshalb ihnen nicht ohne Weiteres ein erhöhter Beweiswert zukommt und sie wie andere Urkunden einer freien Beweiswürdigung zu unterziehen sind (Urteile des BVGer A-4256/2015 vom 15. Dezember 2015 E. 3.3 und A-2291/2015 vom 17. August2015 E. 7.1,je m.w.H.; vgl.ferner Urteile desBGer 6B_394/2009 vom 27. Juli 2009 E. 1.1 und 5A.3/2007 vom 27. Februar 2007 E. 2).

3.5 Kann bei einer verlangten bzw. von Amtes wegen beabsichtigten Berichtigung weder die Richtigkeit der bisherigen noch diejenige der neuen Personendaten bewiesen werden, dürfen grundsätzlich weder die einen noch die anderen Daten bearbeitet werden (vgl. Art. 5 Abs. 1 DSG). Dies ist jedoch nicht immer möglich, müssen doch bestimmte Personendaten zur Erfüllung wichtiger öffentlicher Aufgaben notwendigerweise bearbeitet werden, was namentlich auch für im ZEMIS erfasste Daten gilt. In solchen Fällen überwiegt das öffentliche Interesse an der Bearbeitung möglicherweise unzutreffender Daten das Interesse an deren Richtigkeit. Unter diesen Umständen sieht Art. 25 Abs. 2 DSG deshalb die Anbringung eines Vermerks vor, in dem darauf hingewiesen wird, dass die Richtigkeit der bearbeiteten Personendaten bestritten ist. Spricht dabei mehr für die Richtigkeit der neuen Daten, sind die bisherigen Angaben zunächst zu berichtigen und die neuen Daten anschliessend mit einem derartigen Vermerk zu versehen. Ob die vormals eingetragenen Angaben weiterhin abrufbar bleiben sollen oder ganz zu löschen sind, bleibt grundsätzlich der Vorinstanz überlassen. Verhält es sich umgekehrt, erscheint also die Richtigkeit der bisher eingetragenen Daten als wahrscheinlicher oder zumindest nicht als unwahrscheinlicher, sind diese zu belassen und mit einem Bestreitungsvermerk zu versehen. Über dessen Anbringung ist jeweils von Amtes wegen und unabhängig davon zu entscheiden, ob ein entsprechender Antrag gestellt worden ist (vgl. zum Ganzen statt vieler Urteil des BVGer E-2149/2017 vom 3. Mai 2017 E. 3.5; vgl. ferner Urteil des BGer 1C_240/2012 vom 13. August 2012 E. 3.2).

4.

4.1 Vorliegend obliegt es nach dem Gesagten grundsätzlich der Vorinstanz zu beweisen, dass das aktuell im ZEMIS eingetragene Geburtsdatum des Beschwerdeführers (1. Januar 1995) korrekt ist. Der Beschwerdeführer hat wiederum nachzuweisen, dass das von ihm geltend gemachte Geburtsdatum ([...] 1998) richtig bzw. zumindest wahrscheinlicher ist als die derzeit im ZEMIS erfasste Angabe, ihm mithin eine höhere Glaubwürdigkeit zukommt als dem bisherigen Eintrag (Urteile des BVGer A-3080/2016 vom 26. Januar 2017 E. 6.5, A-1987/2016 vom 6. September 2016 E. 7.6, A-7588/2015 vom 26. Februar 2016 E. 4.1). Gelingt keiner Partei der sichere Nachweis des Geburtsdatums, ist dasjenige im ZEMIS zu belassen oder einzutragen, dessen Richtigkeit wahrscheinlicher ist.

4.2 Die Vorinstanz ordnete aufgrund von Zweifeln an der Altersangabe des Beschwerdeführers eine Handknochenanalyse an. Diese ergab am 14. August 2013 ein Alter von 19 Jahren oder mehr, worauf die Vorinstanz das Geburtsjahr des Beschwerdeführers auf 1995 und dessen Geburtstag auf den 1. Januar festsetzte. Letzteres ist üblich in Fällen, in welchen das Geburtsdatum einer im ZEMIS einzutragenden Person nicht exakt bestimmt werden kann (vgl. Ziff. 3.1 der Weisung des BFM vom 1. Juli 2012 zur Erfassung und Änderung von Personendaten ZEMIS; < https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/rechtsgrundlagen/weisungen/auslaender/aufenthalt/20120701-weis-daten-zemis-d.pdf >, abgerufen am 27.12.2017).

4.3 Das Ergebnis einer radiologischen Knochenaltersbestimmung weist nach der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts nur einen beschränkten Beweiswert auf, wenn das von der betroffenen Person behauptete Alter im Vergleich zum festgestellten Knochenalter innerhalb der normalen Abweichung (doppelte Standardabweichung) von bis zu drei Jahren liegt. In einem solchen Fall können aus der Handknochenanalyse zwar keine verlässlichen Schlüsse auf das tatsächliche Alter der untersuchten Person gezogen werden; sie bildet jedoch immerhin ein im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigendes Indiz für deren Minder- bzw. Volljährigkeit (Urteile des BVGer A-7588/2015 vom 26. Februar 2016 E. 5.1, A-4313/2015 vom 14. Dezember 2015 E. 5.1; vgl. ferner Urteil des BGer 1C_224/2014 vom 25. September 2014 E. 3.3). Beträgt der Unterschied zwischen dem angegebenen Alter und dem festgestellten Knochenalter hingegen mehr als drei Jahre, gilt die Handknochenanalyse als Beweismittel mit erhöhtem Beweiswert (statt vieler Urteil des BVGer D-8111/2016 vom 23. November 2017 E. 5.1.8).

Vorliegend beträgt die Abweichung zwischen dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Geburtsdatum ([...] 1998) und dem durch die radiologische Knochenaltersbestimmung festgestellten (14. August 1994 oder älter) mehr als drei Jahre. Folglich kommt dem Resultat der Handknochenanalyse im Rahmen der Beweiswürdigung ein erhöhter Beweiswert zu.

4.4 Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde geltend, dass er in Italien seine Fingerabdrücke habe abgeben müssen und er deshalb der Ansicht gewesen sei, er dürfe nicht in der Schweiz bleiben, weshalb er an der BzP nicht die ganze Wahrheit gesagt habe. Anschliessend habe es viele Missverständnisse mit seiner Wohngemeinde gegeben. Aus Angst vor Perspektivlosigkeit in der Schweiz habe er bezüglich seines Alters anlässlich der Bundesanhörung erneut gelogen. Er sei damals noch sehr jung gewesen und habe Angst gehabt. Er bitte deshalb, dies in der Beurteilung seines Anliegens zu berücksichtigen. Sodann beruft er sich auf die von ihm eingereichte Tazkara, woraus ersichtlich sei, dass er im Jahr 1998 zur Welt gekommen ist.

4.5 Bei der afghanischen Tazkara handelt es sich zwar um ein Identitätsdokument mit Foto, doch hat dieses wie erwähnt (E. 3.4) nur einen geringen Beweiswert und ist leicht zu fälschen (BVGE 2013/30 E. 4.2.2). Abgesehen davon machte der Beschwerdeführer widersprüchliche Angaben zu seiner Identität. So hat er an der BzP vom 4. Juli 2013 ausgesagt, dass er 15 Jahre alt sei und hierzu eine Kopie seiner Tazkara eingereicht, welche dies belegen soll. Anlässlich der Gewährung des rechtlichen Gehörs zum angegebenen Alter bestätigte der Beschwerdeführer, 15 Jahre alt zu sein, ohne jedoch das genaue Geburtsdatum zu kennen. Diese Angaben stehen im Widerspruch zu den Aussagen des Beschwerdeführers anlässlich der Bundesanhörung vom 17. Juli 2014, wonach er am (...) 1994 geboren sei und an der BzP falsche Angaben zu seiner Herkunft, Familie und den Asylgründen gemacht habe. So habe er gar nie eine Tazkara besessen, da er im Iran geboren und aufgewachsen sei und gar nie in Afghanistan gelebt habe. Am 18. August 2016 reichte er wiederum eine Tazkara im Original ein, auf welcher das Geburtsjahr 1998 vermerkt ist. Das Original stimmt jedoch nicht mit der an der BzP eingereichten Kopie überein, weil gemäss Angabe des Beschwerdeführers das Original, mit welcher die Kopie angefertigt wurde, verloren gegangen sei, weshalb sein Onkel bei der afghanischen Botschaft eine neue habe beantragen müssen. Schliesslich macht er in seiner Beschwerde vom 8. November 2016 wie erwähnt geltend, dass er nicht nur an der BzP vom 4. Juli 2013, sondern auch anlässlich der Bundesanhörung vom 17. Juli 2014 gelogen habe. Es ist demzufolge naheliegend, dass sich der Beschwerdeführer von den widersprüchlichen Aussagen jeweils ihm nicht zustehende Vorteile erhoffte.

4.6 Eine Würdigung der vorstehend genannten Umstände ergibt, dass weder die Vorinstanz noch der Beschwerdeführer einen sicheren Nachweis des jeweils behaupteten Geburtsdatums erbringen konnten. Dem Beschwerdeführer ist es überdies nicht gelungen, wenigstens glaubhaft zu machen, dass er noch minderjährig ist, während das Ergebnis der Handknochenanalyse und die widersprüchlichen Aussagen auf seine Volljährigkeit hindeuten. Wie bereits vorne erwähnt (E. 4.3) kommt dem Resultat der Handknochenanalyse im vorliegenden Fall ein erhöhter Beweiswert zu. Das bisher im ZEMIS eingetragene Geburtsdatum des Beschwerdeführers erscheint gestützt darauf zumindest nicht als unwahrscheinlicher als das von diesem behauptete. Aufgrund der Aktenlage ist daher mit der Vor-
instanz von der Volljährigkeit des Beschwerdeführers auszugehen (vgl. Urteil des BVGer A-7588/2015 vom 26. Februar 2016 E. 5.4; ferner Urteil des BGer 1C_224/2014 vom 25. September 2014 E. 3.3).

4.7 Zusammenfassend ist weder die Richtigkeit des im ZEMIS eingetragenen noch diejenige des vom Beschwerdeführer angegebenen Geburtsdatums bewiesen. Unter Berücksichtigung aller Beweismittel und Indizien (Aussageverhalten, Knochenaltersbestimmung durch Handknochenanalyse, Tazkara) ist jedoch der 1. Januar 1995 als klar wahrscheinlicheres Geburtsdatum anzusehen als der (...) 1998. Der mit einem Bestreitungsvermerk versehene ZEMIS-Eintrag ist daher unverändert zu belassen und die Beschwerde entsprechend abzuweisen.

5.

5.1 Nachdem die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen ist, gilt der Beschwerdeführer als unterliegend, weshalb ihm an sich die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen wären. Ausnahmsweise können sie jedoch erlassen werden (vgl. Art. 63 Abs. 1 VwVG). Ein Erlass der Verfahrenskosten ist namentlich denkbar, wenn sich die unterliegende Partei in einer finanziellen Notlage befindet. Gemäss Vorinstanz wird der Beschwerdeführer als mittellos erachtet, weshalb sich vorliegend ein Erlass der Verfahrenskosten rechtfertigt.

5.2 Der unterliegende Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 64 Abs. 1 VwVG und Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2] e contrario). Als Bundesbehörde hat auch die Vorinstanz keinen solchen Anspruch (Art. 7 Abs. 3 VGKE).

6.
Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet des Datenschutzes sind gemäss Art. 35 Abs. 2 der Verordnung vom 14. Juni 1993 zum Bundesgesetz über den Datenschutz (VDSG, SR 235.11) dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) bekannt zu geben.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil geht an:

- den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. N _______; Einschreiben)

- das Generalsekretariat EJPD (Gerichtsurkunde)

- den EDÖB z.K.

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Jürg Steiger Marc Lichtensteiger

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff ., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand:
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : A-7615/2016
Data : 30. gennaio 2018
Pubblicato : 09. febbraio 2018
Sorgente : Tribunale amministrativo federale
Stato : Inedito
Ramo giuridico : Protezione dei dati e principio della trasparenza
Oggetto : Datenänderung im Zentralen Migrationsinformationssystem ZEMIS


Registro di legislazione
CC: 9
LPD: 5  25
LSISA: 1  2
LTAF: 31  32  33  37
LTF: 42  82
OPDa: 35
PA: 5  8  12  13  48  49  50  52  62  63  64
TS-TAF: 7
ordinanza SIMIC: 19
Weitere Urteile ab 2000
1C_11/2013 • 1C_224/2014 • 1C_240/2012 • 5A.3/2007 • 6B_394/2009
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
1995 • afghanistan • all'interno • ammissione provvisoria • attestato • atto giudiziario • autorità inferiore • cancelliere • casale • codice civile svizzero • comportamento • conoscenza • copia • d'ufficio • dati personali • dati personali degni di particolare protezione • decisione • dfgp • direttiva • domanda di assistenza giudiziaria • domanda indirizzata all'autorità • dubbio • entrata nel paese • esattezza • famiglia • fattispecie • firma • forza probatoria • giorno • incarto • indicazione dei rimedi giuridici • indicazione erronea • indizio • iran • iscrizione • istante • italiano • legge federale sulla procedura amministrativa • legge federale sulla protezione dei dati • legge sul tribunale amministrativo federale • lingua ufficiale • losanna • mese • mezzo di prova • minoranza • motivazione della decisione • norvegia • obbligo di collaborare • ordinanza sulla protezione dei dati • originale • persona interessata • pittore • prato • presidente • prevedibilità • procedura d'asilo • protezione dei dati • raccomandazione di voto dell'autorità • ricorso in materia di diritto pubblico • scritto • spese di procedura • stato di bisogno • stato estero • termine • tribunale amministrativo federale • tribunale federale • ufficio federale della migrazione • vantaggio • verità • violazione del diritto • zio
BVGE
2013/30
BVGer
A-1987/2016 • A-2291/2015 • A-3080/2016 • A-4256/2015 • A-4313/2015 • A-4979/2014 • A-7588/2015 • A-7615/2016 • D-8111/2016 • E-2149/2017