Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B 44/2010
Urteil vom 29. Juni 2010
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Schneider, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Mathys, Bundesrichterin
Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Näf.
Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Fürsprecher Rolf Röthlisberger,
Beschwerdeführer,
gegen
1. Eidgenössische Spielbankenkommission, Postfach, 3003 Bern,
2. Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
Mehrfache Widerhandlung gegen das Spielbankengesetz,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, II. Kammer, vom 27. Oktober 2009.
Sachverhalt:
A.
A.a Die Eidgenössische Spielbankenkommission sprach X.________ mit Strafverfügung vom 6. Dezember 2007 in Bestätigung ihres Strafbescheids vom 30. März 2007 der mehrfachen Widerhandlung gegen das Spielbankengesetz (im Sinne von Art. 56 Abs. 1 lit. a
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X.________ verlangte die gerichtliche Beurteilung.
A.b Das Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, sprach X.________ mit Urteil vom 27. Oktober 2009 der mehrfachen Widerhandlung gegen das Spielbankengesetz schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von 4000 Franken. Es bestätigte damit das Urteil des Amtsgerichts Sursee vom 8. August 2008 mit der Modifikation, dass es X.________ anstatt gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. d
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B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 27. Oktober 2009 sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei er vom Vorwurf der mehrfachen Widerhandlung gegen das Spielbankengesetz freizusprechen.
Erwägungen:
1.
1.1 Die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden Geräte weichen von den durch die Homologationsverfügung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 1. Mai 1996 bewilligten Spielautomaten des Typs "Super Cherry 600" ab, indem sie eine Starpot-Funktion enthalten. Gemäss der Verfügung, durch welche der Spielautomat des Typs "Super Cherry 600" (ohne Starpot-Funktion) bewilligt wurde, durften lediglich Änderungen von Einsatz- und Speichervarianten bewilligungsfrei vorgenommen werden. Die Eidgenössische Spielbankenkommission und die kantonalen Gerichtsinstanzen sind übereinstimmend der Auffassung, dass die Starpot-Funktion keine solche bewilligungsfrei zulässige Variante darstellt, sondern eine Änderung des Gewinnplans bewirkt, für welche eine Bewilligung notwendig gewesen wäre. Die Starpot-Funktion sei, worauf auch die Bezeichnung hindeute, ein "Jackpot" und erhöhe wie ein solcher das Verlustrisiko und die Gewinnaussicht sowie den Spielanreiz, was dem Beschwerdeführer klar gewesen sei. Die Starpot-Funktion schaffe offenkundig einen zusätzlichen Gewinnanreiz, indem der jeweilige Spieler ständig den Starpot mit der aufgelaufenen "Jackpot"-Summe vor Augen habe und dementsprechend zum Weiterspielen animiert werde,
wodurch der Starpot im Ergebnis dieselbe Animierfunktion wie ein normaler "Jackpot" habe.
1.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die Feststellungen der Vorinstanz betreffend die Unterschiede zwischen dem Spiel mit Startpot-Funktion und dem Spiel ohne diese Funktion offensichtlich unrichtig seien und die Starpot-Funktion keine Änderung des Gewinnplans bewirke. Er rügt, die Vorinstanz habe die Ausführungen des Gutachters Prof. A.________ teilweise willkürlich gewürdigt und durch die Abweisung seiner Beweisanträge seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
In Anbetracht der im angefochtenen Urteil festgestellten Tatsachen scheint die Auffassung der Vorinstanz zutreffend zu sein, dass die Starpot-Funktion eine Änderung des Gewinnplans bewirkt und daher von der Bewilligung für den Spielautomaten "Super Cherry 600" (ohne Starpot-Funktion) nicht erfasst wird und damit unzulässig ist.
Wie es sich damit verhält, muss indessen vorliegend nicht abschliessend entschieden werden. Denn die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer letztlich nicht deshalb verurteilt, weil die Geräte in Anbetracht der zusätzlichen Starpot-Funktion von der Bewilligung nicht erfasst wurden. Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer vielmehr aus einem andern Grunde schuldig gesprochen, nämlich weil er an den bewilligten Geräten des Typs "Super Cherry 600" (ohne Starpot-Funktion), die nach dem massgebenden eidgenössischen und aargauischen Übergangsrecht noch bis zum 31. März 2005 in Restaurants betrieben werden durften, vorsätzlich in Verletzung der übergangsrechtlichen Regelung überhaupt irgendwelche Änderungen vornehmen liess (siehe nachfolgend E. 2).
2.
2.1 Am 1. April 2000 ist das Bundesgesetz vom 18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken (Spielbankengesetz, SBG; SR 935.52) in Kraft getreten. Nach diesem Gesetz sind Glücksspiele Spiele, bei denen gegen Leistung eines Einsatzes ein Geldgewinn oder ein anderer geldwerter Vorteil in Aussicht steht, der ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt (Art. 3 Abs. 1
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Übergangsfrist von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes in Restaurants und anderen Lokalen den Weiterbetrieb von je höchstens fünf Automaten nach Absatz 1 zulassen, soweit diese vor dem 1. November 1997 in Betrieb waren. Der Kanton Aargau hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Das aargauische Gesetz vom 20. Juni 2000 über den Betrieb von Geschicklichkeitsspielautomaten und die Kursaalabgabe (Spielbetriebsgesetz; SAR 958.100) bestimmt in § 19 ("Altrechtliche Geldspielautomaten") Folgendes: Nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über Glücksspiele und Spielbanken dürfen in einem Lokal höchstens fünf durch den Bund homologierte Geldspielautomaten, die vor dem 1. November 1997 mit einer gültigen Bewilligung in Betrieb waren, während fünf Jahren unverändert weiter betrieben werden.
2.1.1 Automaten des Typs "Super Cherry 600" fallen unter die Übergangsregelung gemäss Art. 60
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2.1.2 An den während dieser Übergangsfrist weiter betriebenen Automaten durften indessen keine Änderungen vorgenommen werden. Gemäss § 19 Abs. 1 des aargauischen Spielbetriebsgesetzes durften solche Automaten "unverändert" weiter betrieben werden. Nach Art. 126 Abs. 2
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2.2
2.2.1 Die Software (EPROMs) für die Starpot-Funktion wurde Ende Januar/Anfang Februar 2005 geliefert. Indem der Beschwerdeführer die 14 Automaten des Typs "Super Cherry 600" mit dieser Software ausstatten liess, hat er sie weder im Sinne von § 19 Abs. 1 des aargauischen Spielbetriebsgesetzes unverändert weiter betrieben noch im Sinne von Art. 126 Abs. 2
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2.2.2 Wegen Missachtung dieser übergangsrechtlichen Bestimmungen und nicht wegen Missachtung der Homologationsverfügung wurde der Beschwerdeführer denn auch von der Vorinstanz verurteilt. Diese erwägt explizit, massgebende Handlung sei nicht die Abänderung im Widerspruch zur Bewilligung, sondern die Abänderung im Widerspruch zur übergangsrechtlichen Rechtslage. Das Verhalten des Beschwerdeführers habe dazu geführt, dass die Glücksspielautomaten aufgrund ihrer Veränderung nicht mehr unter die übergangsrechtliche Sonderregelung gefallen seien. Der Beschwerdeführer sei demzufolge nicht (mehr) berechtigt gewesen, solche Glücksspiele ausserhalb einer konzessionierten Spielbank durchzuführen, und er habe durch den Betrieb der veränderten Geräte den objektiven Tatbestand von Art. 56 Abs. 1 lit. a
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Den subjektiven Tatbestand in der Form des Eventualvorsatzes bejaht die Vorinstanz unter anderem mit dem Argument, dem Beschwerdeführer sei klar gewesen, dass die Ausstattung der Geräte mit der Starpot-Funktion übergangsrechtlich unzulässig gewesen sei. Die Vorinstanz hält fest, es falle auf, dass in keinem der kontrollierten Lokale mehr als fünf Geräte aufgestellt waren. Offenkundig sei dem Beschwerdeführer somit bestens bekannt gewesen, dass übergangsrechtlich nur noch maximal fünf Geräte zulässig waren. Dies habe er auch bestätigt. Unter diesen Umständen wirke es unglaubwürdig, dass er von der Problematik der Starpot-Funktion und den übergangsrechtlichen Schranken nichts gewusst haben wolle. Ganz offenkundig sei es darum gegangen, in der noch verbliebenen Zeit bis zum 31. März 2005 (Ablauf der Übergangsfrist) möglichst viel Umsatz zu erzielen in der Hoffnung, die Veränderung bleibe unbemerkt (angefochtenes Urteil S. 16 E. 3.2.8).
2.2.3 Das angefochtene Urteil enthält indessen auch ausführliche Erwägungen zu den Fragen, inwiefern die Ausstattung der bewilligten Geräte des Typs "Super Cherry 600" mit der Starpot-Funktion das Spiel veränderte und ob diese Änderung von der Bewilligung vom 1. Mai 1996 erfasst wurde, was die Vorinstanz verneint (angefochtenes Urteil S. 10-14 E. 3.2.1 - 3.2.5). Die Vorinstanz qualifiziert sodann die Behauptungen des Beschwerdeführers, er habe nicht gewusst, dass die Starpot-Funktion einer Bewilligung bedürfe, beziehungsweise er habe angenommen, dass sie bewilligt sei, als reine Schutzbehauptungen (angefochtenes Urteil S. 16 E. 3.2.8). Die Vorinstanz begründet aber den Schuldspruch nicht allein mit diesen Argumenten, sondern - im Sinne einer Alternativ- oder Eventualbegründung - wie dargelegt auch damit, dass der Beschwerdeführer durch die Abänderung der Automaten die übergangsrechtliche Regelung, wonach Änderungen unzulässig sind, eventualvorsätzlich missachtet hat.
2.3
2.3.1 Der Beschwerdeführer ist der Meinung, aus Art. 60 Abs. 2
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2.3.2 Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Aus Art. 60 Abs. 2
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Der Beschwerdeführer liess die Änderungen vorsätzlich vornehmen. Dass er die übergangsrechtlichen Bestimmungen allenfalls nicht im Detail kannte, schliesst den Vorsatz nicht aus und begründet im Übrigen auch keinen Rechtsirrtum.
3.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
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1 | Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
2 | Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden. |
3 | Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht. |
4 | Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. |
5 | Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, II. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 29. Juni 2010
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
Schneider Näf