Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

6B 114/2019

Urteil vom 26. Februar 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin van de Graaf,
Bundesrichterin Koch,
Gerichtsschreiber Reut.

Verfahrensbeteiligte
Bundesanwaltschaft,
Guisanplatz 1, 3003 Bern,
Beschwerdeführerin,

gegen

1. A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Lorenz Hirni,
2. B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Lukas Bürge,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Verstoss gegen Art. 2 des Bundesgesetzes über das Verbot der Gruppierungen Al-Qaïda und Islamischer Staat sowie verwandter Organisationen; rechtliches Gehör, Anklagegrundsatz etc.,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesstrafgerichts, Strafkammer, vom 15. Juni 2018 (SK.2017.49).

Sachverhalt:

A.
Am 20. November 2015 veröffentlichte der Verein "E" (nachfolgend E.________") das Video "AR/EN/FR/DE - Exclusive Interview with Dr. D.________ - The Islamic State and I" auf seinem Youtube-Kanal. Am 5. Dezember 2015 führte der E.________ in einem Hotelsaal in Winterthur ausserdem einen Film mit dem Titel "al-Fajr as sâdiq" (deutsch: "Die wahrhaftige Morgendämmerung") auf und publizierte diesen anschliessend ebenfalls auf seinem Youtube-Kanal. Die Filme wurden auch über die sozialen Netzwerke des Vereins bekannt gemacht.

B.
Mit Anklageschrift vom 21. September 2017, die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen worden war, wird A.________, B.________ sowie dem Mitbeschuldigten C.________ vorgeworfen, gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen "Al-Qaïda" und "Islamischer Staat" sowie verwandter Organisationen vom 12. Dezember 2014 (SR 122; nachfolgend "Al-Qaïda/IS-Gesetz") verstossen zu haben, indem sie die genannten Filme hergestellt (Vorwurf betrifft nur C.________), veröffentlicht und über die sozialen Medien sowie an einer öffentlichen Veranstaltung aktiv beworben hätten. Durch die Veröffentlichung der Propaganda-Videos habe D.________, Anführer der damals Jabhat Al-Nusra genannten Gruppierung (syrischer Ableger der Al-Qaïda), eine prominente, mehrsprachige und multimediale Plattform erhalten, um seine eigene Person sowie die Ideologie der von ihm vertretenen terroristischen Organsiation Al-Qaïda vorteilhaft darzustellen und zu propagieren.

C.
Am 15. Juni 2018 sprach die Strafkammer des Bundesstrafgerichts A.________ und B.________ vom Vorwurf der mehrfachen Widerhandlung gegen das Al-Qaïda/IS-Gesetz frei. C.________ sprach es dagegen in fünf von sechs Anklagepunkten schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt aufgeschobenen Freiheitsstrafe von 20 Monaten.

D.
Die Bundesanwaltschaft führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, das angefochtene Urteil sei in Bezug auf A.________ und B.________ aufzuheben. Diese seien des Verstosses gegen das Al-Qaïda/IS-Gesetz schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. B.________ beantragt die Abweisung der Beschwerde, A.________ ein Nichteintreten auf die Beschwerde, eventualiter deren Abweisung. Das Bundesstrafgericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet.

Erwägungen:

1.
Der seit dem 1. Januar 2019 geltende neue Art. 80 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
BGG (AS 2017 5769) ist nur auf Entscheide anwendbar, die nach dem 31. Dezember 2018 erlassen wurden (Urteil 6B 993/2017 vom 20. August 2019 E. 1.1). Da das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts vor dem 1. Januar 2019 erging, ist dessen Anfechtung mit Beschwerde in Strafsachen vor dem Bundesgericht zulässig (Urteil 6B 37/2019 vom 8. Januar 2020 E. 1 mit Hinweisen).

2.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 9
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 9 Anklagegrundsatz - 1 Eine Straftat kann nur gerichtlich beurteilt werden, wenn die Staatsanwaltschaft gegen eine bestimmte Person wegen eines genau umschriebenen Sachverhalts beim zuständigen Gericht Anklage erhoben hat.
1    Eine Straftat kann nur gerichtlich beurteilt werden, wenn die Staatsanwaltschaft gegen eine bestimmte Person wegen eines genau umschriebenen Sachverhalts beim zuständigen Gericht Anklage erhoben hat.
2    Das Strafbefehls- und das Übertretungsstrafverfahren bleiben vorbehalten.
, Art. 325
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 325 Inhalt der Anklageschrift - 1 Die Anklageschrift bezeichnet:
1    Die Anklageschrift bezeichnet:
a  den Ort und das Datum;
b  die anklageerhebende Staatsanwaltschaft;
c  das Gericht, an welches sich die Anklage richtet;
d  die beschuldigte Person und ihre Verteidigung;
e  die geschädigte Person;
f  möglichst kurz, aber genau: die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung;
g  die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft erfüllten Straftatbestände unter Angabe der anwendbaren Gesetzesbestimmungen.
2    Die Staatsanwaltschaft kann eine Alternativanklage oder für den Fall der Verwerfung ihrer Hauptanklage eine Eventualanklage erheben.
und Art. 329
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 329 Prüfung der Anklage; Sistierung und Einstellung des Verfahrens - 1 Die Verfahrensleitung prüft, ob:
1    Die Verfahrensleitung prüft, ob:
a  die Anklageschrift und die Akten ordnungsgemäss erstellt sind;
b  die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind;
c  Verfahrenshindernisse bestehen.
2    Ergibt sich aufgrund dieser Prüfung oder später im Verfahren, dass ein Urteil zurzeit nicht ergehen kann, so sistiert das Gericht das Verfahren. Falls erforderlich, weist es die Anklage zur Ergänzung oder Berichtigung an die Staatsanwaltschaft zurück.
3    Das Gericht entscheidet, ob ein sistierter Fall bei ihm hängig bleibt.
4    Kann ein Urteil definitiv nicht ergehen, so stellt das Gericht das Verfahren ein, nachdem es den Parteien und weiteren durch die Einstellung beschwerten Dritten das rechtliche Gehör gewährt hat. Artikel 320 ist sinngemäss anwendbar.
5    Soll das Verfahren nur in einzelnen Anklagepunkten eingestellt werden, so kann die Einstellung zusammen mit dem Urteil ergehen.
StPO. Die Vorinstanz komme zum Schluss, dass sich der Mitbeschuldigte C.________ des mehrfachen Verstosses gegen Art. 2 Al-Qaïda/IS-Gesetz schuldig gemacht habe, indem er eine bzw. mehrere Propagandaaktionen für die verbotene Organisation Al-Qaïda organisiert hätte. Sie habe gestützt auf die Anklageschrift sowie die Akten bejaht, dass es sich bei den fraglichen Videos um tatbestandsmässige Propaganda für den syrischen Al-Qaïda-Ableger Jabhat Al-Nusra sowie für die Ideologie von Al-Qaïda handle. Sie habe ebenfalls als erstellt erachtet, dass C.________ mit einem Auftritt per Videokonferenz an einer öffentlichen Vorführung in einem Hotel in Winterthur, das von ihm hergestellte und veröffentlichte Video beworben und damit ebenfalls Propaganda betrieben hätte. Gleichzeitig erachte die Vorinstanz die diesbezüglichen, identischen Vorwürfe gegenüber den Beschwerdegegnern in der Anklageschrift als unzureichend beschrieben. Ihre Kritik lasse sich nur so deuten, dass es unerlässlich gewesen wäre, in der Anklageschrift für beide Beschwerdegegner die Ausführungen zum Inhalt der beiden Propaganda-Videos, zur Person D.________ sowie zu den Gruppierungen Jabhat Al-
Nusra und Jaysh Al-Fath zu wiederholen oder aber jeweils einen "präzisen Verweis" darauf anzubringen. Zu dieser Ansicht gelange die Vorinstanz durch eine übermässig formalistische Herangehensweise. Die Beschwerdegegner hätten jedenfalls sehr genau gewusst, welcher konkreten Handlungen sie beschuldigt würden. Nötigenfalls hätte die Vorinstanz das Verfahren sistieren und die Anklage zur Berichtigung bzw. Ergänzung zurückweisen müssen.

2.1. Nach dem in Art. 9 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 9 Anklagegrundsatz - 1 Eine Straftat kann nur gerichtlich beurteilt werden, wenn die Staatsanwaltschaft gegen eine bestimmte Person wegen eines genau umschriebenen Sachverhalts beim zuständigen Gericht Anklage erhoben hat.
1    Eine Straftat kann nur gerichtlich beurteilt werden, wenn die Staatsanwaltschaft gegen eine bestimmte Person wegen eines genau umschriebenen Sachverhalts beim zuständigen Gericht Anklage erhoben hat.
2    Das Strafbefehls- und das Übertretungsstrafverfahren bleiben vorbehalten.
StPO festgeschriebenen Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion). Die Anklage hat die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe in objektiver und subjektiver Hinsicht genügend konkretisiert sind. Zugleich bezweckt der Anklagegrundsatz den Schutz der Verteidigungsrechte der angeschuldigten Person und garantiert den Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion; BGE 143 IV 63 E. 2.2 mit Hinweisen). Die Anklageschrift muss den Anforderungen von Art. 325
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 325 Inhalt der Anklageschrift - 1 Die Anklageschrift bezeichnet:
1    Die Anklageschrift bezeichnet:
a  den Ort und das Datum;
b  die anklageerhebende Staatsanwaltschaft;
c  das Gericht, an welches sich die Anklage richtet;
d  die beschuldigte Person und ihre Verteidigung;
e  die geschädigte Person;
f  möglichst kurz, aber genau: die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung;
g  die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft erfüllten Straftatbestände unter Angabe der anwendbaren Gesetzesbestimmungen.
2    Die Staatsanwaltschaft kann eine Alternativanklage oder für den Fall der Verwerfung ihrer Hauptanklage eine Eventualanklage erheben.
StPO genügen. Danach sind die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten "möglichst kurz, aber genau" mit Beschreibung Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung zu bezeichnen (Art. 325 Abs. 1 lit. f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 325 Inhalt der Anklageschrift - 1 Die Anklageschrift bezeichnet:
1    Die Anklageschrift bezeichnet:
a  den Ort und das Datum;
b  die anklageerhebende Staatsanwaltschaft;
c  das Gericht, an welches sich die Anklage richtet;
d  die beschuldigte Person und ihre Verteidigung;
e  die geschädigte Person;
f  möglichst kurz, aber genau: die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung;
g  die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft erfüllten Straftatbestände unter Angabe der anwendbaren Gesetzesbestimmungen.
2    Die Staatsanwaltschaft kann eine Alternativanklage oder für den Fall der Verwerfung ihrer Hauptanklage eine Eventualanklage erheben.
StPO). Die Darstellung des Lebensvorgangs ist auf den gesetzlichen Tatbestand auszurichten, der nach Auffassung der Anklage als erfüllt zu betrachten ist, d.h. es ist anzugeben, welche einzelnen Vorgänge und Sachverhalte den einzelnen Merkmalen des Straftatbestandes entsprechen (BGE 120 IV 348 E. 3c S. 355 mit Hinweis). Ungenauigkeiten sind solange nicht von entscheidender Bedeutung, als für die
beschuldigte Person keine Zweifel darüber bestehen, welches Verhalten ihr angelastet wird. Überspitzt formalistische Anforderungen dürfen an die Anklageschrift nicht gestellt werden (Urteile 6B 1319/2016 vom 22. Juni 2017 E. 2.1.2, nicht publ. in: BGE 143 IV 347; 6B 1313/2015 vom 29. November 2016 E. 1.3; je mit Hinweis).

2.2. Die Vorinstanz hat sich im Rahmen der Prüfung der Anklagevorwürfe gegen den Mitbeschuldigten C.________ einlässlich mit den Filmen "AR/EN/FR/DE - Exclusive Interview with Dr. D.________ - The Islamic State and I" sowie "Die wahrhaftige Morgendämmerung" auseinandergesetzt und dabei namentlich auch die Rolle von D.________ analysiert. Dieser habe die strategischen Anliegen von Al-Qaïda aktiv unterstützt und sich für deren Stärkung eingesetzt. C.________ habe wiederum mit der Herstellung und Veröffentlichung der Filme und mit seinem Auftritt via Videokonferenz an einer öffentlichen Vorführung des Films "Die wahrhaftige Morgendämmerung" in Winterthur, Propaganda für Jabhat Al-Nusra und die Ideologie von Al-Qaïda betrieben und sich damit der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 2 Al-Qaïda/IS-Gesetz schuldig gemacht (angefochtener Entscheid S. 45 ff.).
In Bezug auf die Anklagevorwürfe gegen die Beschwerdegegner kommt die Vorinstanz demgegenüber zum Schluss, die den Beschwerdegegnern vorgeworfenen Taten würden keine nach Art. 2Al- Qaïda/IS-Gesetz strafbare Handlung umschreiben. Es werde nicht dargelegt, welche Bilder, Texte, Äusserungen oder Gebärden Propaganda für D.________ und Jaysh Al-Fath (Rebellenallianz gegen das Regime von Bashar al-Assad in Syrien, zu der auch Jabhat Al-Nusra zählte) vom Vorwurf erfasst sein sollen, worin die vorteilhafte Darstellung der Ideologie von Al-Qaïda bestehe und wozu die Beschwerdegegner Dritte hätten beeinflussen wollen. Sodann könnten die Aktenverweise in der Anklageschrift nicht an die Stelle der erforderlichen Umschreibung des Tatvorwurfs treten. Hinzu komme schliesslich, dass die Anklageschrift die Vorwürfe gegen drei beschuldigte Personen umfasse, aber keine Mittäterschaft angeklagt sei. Die Beschwerdegegner seien nicht gehalten, die gegen eine mitbeschuldigte Person erhobenen Vorwürfe zu prüfen und abzuwägen, ob allenfalls und inwiefern diese auch gegen sie "miterhoben" sein könnten. Die in der Anklageschrift gegen C.________ beschriebenen Vorwürfe würden sich von jenen in der Anklage gegen die Beschwerdegegner unterscheiden. Eine
Übertragung auf den Vorwurf gegen einen Dritten sei ohne klaren, eingrenzenden Verweis und logisch vollziehbaren Konnex nicht praktikabel. Unter diesen Umständen seien die Beschwerdegegner freizusprechen (angefochtener Entscheid S. 67 ff.).

2.3. Die insgesamt 31-seitige Anklageschrift umfasst zunächst eine kurze Zusammenfassung der Vorwürfe gegen alle drei Beschuldigten. Danach soll C.________ in Syrien Filmaufnahmen von D.________ gemacht haben. Die beiden von C.________ daraus anschliessend hergestellten Filme seien auf der Internetplattform Youtube öffentlich gemacht sowie vor und nach der Veröffentlichung durch C.________ und die Beschwerdegegner über soziale Medien und an einer öffentlichen Veranstaltung aktiv beworben worden (Ziff. 1 der Anklageschrift). Unter Ziff. 1.1 werden alsdann die Vorwürfe gegen den Mitbeschuldigten C.________ dargelegt, wobei sich die Anklageschrift über mehrere Seiten detailliert zum Herstellungsprozess der Filme, zur Person D.________, zu dessen Stellung als religiöse und ideologische Autorität, zum Inhalt des Interviews und zur Bewerbung der Videos äussert. Auch wenn die bildliche Artikulation von D.________, welche namentlich die Aufforderung muslimischer Jugendlicher zum gewaltsamen Dschihad beinhalten soll, durchaus zusätzlicher Ausführungen bedurfte, wird der C.________ vorgeworfene Sachverhalt in der Anklageschrift insofern nicht "kurz" im Sinne des Gesetzes, sondern vielmehr akribisch dargelegt. Die Anklageschrift geht damit
über den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt hinaus, allerdings ohne dass sie ihrer Umgrenzungs- und Informationsfunktion nicht mehr gerecht würde. Das gilt auch mit Blick auf die zahlreichen Aktenverweise, die nicht Bestandteil der Anklageschrift bilden (Urteil 6B 1032/2017 vom 1. Juni 2018 E. 1.2 mit Hinweis).

2.4. Ungeachtet einer möglichen Verletzung von Art. 329
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 329 Prüfung der Anklage; Sistierung und Einstellung des Verfahrens - 1 Die Verfahrensleitung prüft, ob:
1    Die Verfahrensleitung prüft, ob:
a  die Anklageschrift und die Akten ordnungsgemäss erstellt sind;
b  die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind;
c  Verfahrenshindernisse bestehen.
2    Ergibt sich aufgrund dieser Prüfung oder später im Verfahren, dass ein Urteil zurzeit nicht ergehen kann, so sistiert das Gericht das Verfahren. Falls erforderlich, weist es die Anklage zur Ergänzung oder Berichtigung an die Staatsanwaltschaft zurück.
3    Das Gericht entscheidet, ob ein sistierter Fall bei ihm hängig bleibt.
4    Kann ein Urteil definitiv nicht ergehen, so stellt das Gericht das Verfahren ein, nachdem es den Parteien und weiteren durch die Einstellung beschwerten Dritten das rechtliche Gehör gewährt hat. Artikel 320 ist sinngemäss anwendbar.
5    Soll das Verfahren nur in einzelnen Anklagepunkten eingestellt werden, so kann die Einstellung zusammen mit dem Urteil ergehen.
und Art. 333
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 333 Änderung und Erweiterung der Anklage - 1 Das Gericht gibt der Staatsanwaltschaft Gelegenheit, die Anklage zu ändern, wenn nach seiner Auffassung der in der Anklageschrift umschriebene Sachverhalt einen andern Straftatbestand erfüllen könnte, die Anklageschrift aber den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.
1    Das Gericht gibt der Staatsanwaltschaft Gelegenheit, die Anklage zu ändern, wenn nach seiner Auffassung der in der Anklageschrift umschriebene Sachverhalt einen andern Straftatbestand erfüllen könnte, die Anklageschrift aber den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.
2    Werden während des Hauptverfahrens neue Straftaten der beschuldigten Person bekannt, so kann das Gericht der Staatsanwaltschaft gestatten, die Anklage zu erweitern.
3    Eine Erweiterung ist ausgeschlossen, wenn dadurch das Verfahren über Gebühr erschwert oder die Zuständigkeit des Gerichts ändern würde oder wenn ein Fall von Mittäterschaft oder Teilnahme vorliegt. In diesen Fällen leitet die Staatsanwaltschaft ein Vorverfahren ein.
4    Das Gericht darf eine geänderte oder erweiterte Anklage seinem Urteil nur zu Grunde legen, wenn die Parteirechte der beschuldigten Person und der Privatklägerschaft gewahrt worden sind. Es unterbricht dafür nötigenfalls die Hauptverhandlung.
StPO, die es dem Gericht unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, die Anklage zur Ergänzung oder Änderung an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen, kann den Schlussfolgerungen der Vorinstanz, wonach der Tatvorwurf in Bezug auf die Beschwerdegegner (Ziff. 1.2 und 1.3 der Anklageschrift) zu wenig umschrieben sei, unter diesen Umständen nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin weist zu Recht darauf hin, dass angesichts der Kritik der Vorinstanz bloss die unter Ziff. 1.1 der Anklageschrift dargelegten Ausführungen zur Propaganda im Sinne eines "copy and paste" unter Ziff. 1.2 und 1.3 hätten eingefügt werden müssen. Eine solche Forderung stellt einen übertriebenen Formalismus dar. Die Wiederholung würde zu einer blossen Aufblähung der Anklageschrift führen. Aus der Gesamtbetrachtung der Anklageschrift ergibt sich jedenfalls ohne Weiteres, welche Taten den Beschwerdegegnern vorgeworfen werden. Auch in Bezug auf den Modus Operandi unterscheidet die Anklage die von den Beschuldigten für die Ziele von Jaysh Al-Fath bzw. von Al-Qaïda jeweils organsierten Propagandaaktionen oder vorgenommenen Werbehandlungen hinreichend präzise. Die Vorinstanz verletzt Bundesrecht,
wenn sie die Beschwerdegegner mit der Begründung, die Tatvorwürfe seien in der Anklageschrift nicht hinreichend umschrieben, freispricht.

3.
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Damit erübrigt sich eine Prüfung der weiteren Rügen. Die Sache ist an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung zurückzuweisen. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG) und keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
und 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Ziff. II und Ziff. III des Urteils des Bundesstrafgerichts vom 15. Juni 2018 werden aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesstrafgericht, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Februar 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Reut
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 6B_114/2019
Date : 26. Februar 2020
Published : 15. März 2020
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Straftaten
Subject : Verstoss gegen Art. 2 des Bundesgesetzes über das Verbot der Gruppierungen Al-Qaïda und Islamischer Staat sowie verwandter Organisationen; rechtliches Gehör, Anklagegrundsatz etc.


Legislation register
BGG: 66  68  80
StPO: 9  325  329  333
BGE-register
120-IV-348 • 143-IV-347 • 143-IV-63
Weitere Urteile ab 2000
6B_1032/2017 • 6B_114/2019 • 6B_1313/2015 • 6B_1319/2016 • 6B_37/2019 • 6B_993/2017
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
indictment • appellee • lower instance • accused • movie • accusation • statement of affairs • federal criminal court • federal court • accusation principle • criminal chamber of the federal criminal court of switzerland • appeal concerning criminal matters • host • interview • language • lawyer • litigation costs • syria • repetition • clerk
... Show all
Decisions of the TPF
SK.2017.49
AS
AS 2017/5769