Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

2C 640/2013

Urteil vom 25. November 2013

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Seiler,
Bundesrichter Donzallaz,
Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Krishna Müller,

gegen

Einwohnergemeinde A.________/BE,
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung aus der Schweiz,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 18. Juni 2013.

Erwägungen:

1.

1.1. X.________, geboren 1979 und Staatsangehöriger der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, gelangte im Jahr 1984 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz und erhielt später die Niederlassungsbewilligung. Er besuchte die obligatorische Schule und schloss eine Berufslehre als Gipser ab. Im Jahr 1998 heiratete er eine Landsfrau, die ihm in die Schweiz folgte. Aus der bis heute ungetrennten Ehe ging im Jahr 2000 eine Tochter hervor. Auch Mutter und Tochter verfügen über die Niederlassungsbewilligung.

1.2. Nach einer ersten Verurteilung im Jahr 2001 kam es von 2002 bis 2010 zu 16 Verurteilungen (u.a. infolge Tätlichkeiten, Raufhandels, Drohung, Hausfriedensbruchs und Verstössen gegen die Strassenverkehrs-, Betäubungsmittel-, Waffen- und Transportgesetzgebung). Ende Januar 2010 verübte X.________ in Mittäterschaft einen Raub, an dessen Vorbereitung er auch beteiligt war, worauf er Ende Februar 2010 in einem Zweikampf seinem ihm an Körpergrösse und -kraft weit unterlegenen Gegenüber mehrmals eine Flasche über den Kopf zog. Der Gegner muss mit bleibenden Schäden rechnen. Das Kreisgericht Berner Oberland erklärte X.________ am 26. Oktober 2011 rechtskräftig schuldig namentlich wegen eventualvorsätzlich versuchter Tötung, Raubes und Widerhandlungen gegen das BetmG, weswegen es ihn mit einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren belegte. Am 2. Oktober 2012 verurteilte das Obergericht des Kantons Bern X.________ wegen weiteren Widerhandlungen gegen das SVG und BetmG zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, dies als Zusatzstrafe zum vorangehenden Urteil.

1.3. Im Anschluss an die Untersuchungshaft trat X.________ den vorzeitigen Strafvollzug in den Anstalten Witzwil an, dies zunächst im offenen Normalvollzug, seit April 2011 nach verschiedenen Disziplinarvergehen und aufgrund drohender Fluchtgefahr in der geschlossenen Wohngruppe. Ende Januar 2012 wurde er in die geschlossenen Anstalten Thorberg verbracht, wo er sich heute noch befindet. Das Bundesgericht bestätigte diese zweite Verlegung mit Urteil 6B 432/2012 vom 26. Oktober 2012.

1.4. Gestützt auf die Verurteilungen widerrief die Einwohnergemeinde A.________/BE am 23. Mai 2012 die Niederlassungsbewilligung und wies X.________ auf den Zeitpunkt der Entlassung aus dem Strafvollzug aus der Schweiz weg. Die an die kantonalen Rechtsmittelbehörden (Polizei- und Militärdirektion bzw. Verwaltungsgericht des Kantons Bern) gerichteten Beschwerden blieben erfolglos (Entscheide vom 21. September 2012, 18. Juni 2013).

1.5. X.________ erhebt mit Eingabe vom 15. Juli 2013 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, der Entscheid der Verwaltungsrechtlichen Abteilung des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 18. Juni 2013 sei aufzuheben, es sei ihm die Niederlassungsbewilligung zu verlängern und von der Wegweisung aus der Schweiz sei abzusehen [erforderlichenfalls unter deren blosser Androhung].

1.6. Die Eintretensvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Die Beschwerde erweist sich indessen als offensichtlich unbegründet. Sie ist demnach ohne Weiterungen mit summarischer Begründung im vereinfachten Verfahren zu erledigen (Art. 109
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 109 Dreierbesetzung - 1 Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung.
1    Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung.
2    Sie entscheiden ebenfalls in Dreierbesetzung bei Einstimmigkeit über:
a  Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden;
b  Gutheissung offensichtlich begründeter Beschwerden, insbesondere wenn der angefochtene Akt von der Rechtsprechung des Bundesgerichts abweicht und kein Anlass besteht, diese zu überprüfen.
3    Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden.
BGG).

2.

2.1. Angesichts der langjährigen Freiheitsstrafe ist unstreitig, dass die Voraussetzungen für den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung grundsätzlich erfüllt sind, auch unter Berücksichtigung dessen, dass der Aufenthalt in der Schweiz die Dauer von 15 Jahren übersteigt (Art. 63 Abs. 2
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 63 Widerruf der Niederlassungsbewilligung - 1 Die Niederlassungsbewilligung kann nur widerrufen werden, wenn:
1    Die Niederlassungsbewilligung kann nur widerrufen werden, wenn:
a  die Voraussetzungen nach Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a oder b erfüllt sind;
b  die Ausländerin oder der Ausländer in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet oder die innere oder die äussere Sicherheit gefährdet;
c  die Ausländerin oder der Ausländer oder eine Person, für die sie oder er zu sorgen hat, dauerhaft und in erheblichem Mass auf Sozialhilfe angewiesen ist;
d  die Ausländerin oder der Ausländer in rechtsmissbräuchlicher Weise versucht hat, das Schweizer Bürgerrecht zu erschleichen, oder ihr oder ihm dieses aufgrund einer rechtskräftigen Verfügung im Rahmen einer Nichtigerklärung gemäss Artikel 36 des Bürgerrechtsgesetzes vom 20. Juni 2014120 entzogen worden ist;
e  ...
2    Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen und durch eine Aufenthaltsbewilligung ersetzt werden, wenn die Integrationskriterien nach Artikel 58a nicht erfüllt sind.122
3    Unzulässig ist ein Widerruf, der nur damit begründet wird, dass ein Delikt begangen wurde, für das ein Strafgericht bereits eine Strafe oder Massnahme verhängt, jedoch von einer Landesverweisung abgesehen hat.123
i.V.m. Abs. 1 lit. a und Art. 62 lit. b
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 62 Widerruf von Bewilligungen und anderen Verfügungen - 1 Die zuständige Behörde kann Bewilligungen, ausgenommen die Niederlassungsbewilligung, und andere Verfügungen nach diesem Gesetz widerrufen, wenn die Ausländerin oder der Ausländer:
1    Die zuständige Behörde kann Bewilligungen, ausgenommen die Niederlassungsbewilligung, und andere Verfügungen nach diesem Gesetz widerrufen, wenn die Ausländerin oder der Ausländer:
a  oder ihr oder sein Vertreter im Bewilligungsverfahren falsche Angaben macht oder wesentliche Tatsachen verschwiegen hat;
b  zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde oder gegen sie eine strafrechtliche Massnahme im Sinne der Artikel 59-61 oder 64 StGB114 angeordnet wurde;
c  erheblich oder wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet oder die innere oder die äussere Sicherheit gefährdet;
d  eine mit der Verfügung verbundene Bedingung nicht einhält;
e  oder eine Person, für die sie oder er zu sorgen hat, auf Sozialhilfe angewiesen ist;
f  in rechtsmissbräuchlicher Weise versucht hat, das Schweizer Bürgerrecht zu erschleichen, oder ihr oder ihm dieses aufgrund einer rechtskräftigen Verfügung im Rahmen einer Nichtigerklärung gemäss Artikel 36 des Bürgerrechtsgesetzes vom 20. Juni 2014116 entzogen worden ist;
g  eine Integrationsvereinbarung ohne entschuldbaren Grund nicht einhält.
2    Unzulässig ist ein Widerruf, der nur damit begründet wird, dass ein Delikt begangen wurde, für das ein Strafgericht bereits eine Strafe oder Massnahme verhängt, jedoch von einer Landesverweisung abgesehen hat.
AuG).

2.2. Streitig und zu prüfen ist die Frage der Verhältnismässigkeit des Widerrufs (BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18 f., 31 E. 2.1 S. 32 f.; 137 II 297 E. 2 S. 299 ff.; 135 II 377 E. 4.2 S. 381). Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung muss den konkreten Verhältnissen angepasst sein (Art. 36 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr.
1    Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr.
2    Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein.
3    Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein.
4    Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar.
BV i.V.m. Art. 96
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 96 Ermessensausübung - 1 Die zuständigen Behörden berücksichtigen bei der Ermessensausübung die öffentlichen Interessen und die persönlichen Verhältnisse sowie die Integration der Ausländerinnen und Ausländer.306
1    Die zuständigen Behörden berücksichtigen bei der Ermessensausübung die öffentlichen Interessen und die persönlichen Verhältnisse sowie die Integration der Ausländerinnen und Ausländer.306
2    Ist eine Massnahme begründet, aber den Umständen nicht angemessen, so kann die betroffene Person unter Androhung dieser Massnahme verwarnt werden.
AuG). Landesrechtlich zu beachtende Kriterien sind namentlich die Schwere des Delikts und des Verschuldens der betreffenden ausländischen Person, der seit der Tat vergangene Zeitraum, ihr seitheriges Verhalten, der Grad ihrer Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die ihr und ihrer Familie drohenden Nachteile.

2.3. Bei schweren Straftaten, Rückfall und wiederholter Delinquenz muss zum Schutz der Öffentlichkeit ausländerrechtlich selbst ein geringes Risiko weiterer Rechtsgüterverletzungen (Gesundheit, Leib und Leben usw.) nicht hingenommen werden. Ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Wegweisung bzw. Fernhaltung der ausländischen Täterschaft besteht insbesondere bei Gewalt- und Betäubungsmitteldelikten (BGE 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34; 130 II 176 E. 4.4.2 S. 190; 125 II 521 E. 4a/aa und 4a/bb S. 526 ff.; 122 II 433 E. 2c S. 436). Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist unter diesen Umständen selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn die ausländische Person in der Schweiz geboren ist und ihr ganzes bisheriges Leben hier zugebracht hat (Ausländer der zweiten Generation; BGE 139 I 16 E. 2.2.1 S. 19 f., 31 E. 2.3.1 S. 33 f.; 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f.). Gewaltdelikte zählen im Übrigen zu den in Art. 121 Abs. 3 lit. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 121 - 1 Die Gesetzgebung über die Ein- und Ausreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Ausländerinnen und Ausländern sowie über die Gewährung von Asyl ist Sache des Bundes.
1    Die Gesetzgebung über die Ein- und Ausreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Ausländerinnen und Ausländern sowie über die Gewährung von Asyl ist Sache des Bundes.
2    Ausländerinnen und Ausländer können aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn sie die Sicherheit des Landes gefährden.
3    Sie verlieren unabhängig von ihrem ausländerrechtlichen Status ihr Aufenthaltsrecht sowie alle Rechtsansprüche auf Aufenthalt in der Schweiz, wenn sie:
a  wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts, wegen einer Vergewaltigung oder eines anderen schweren Sexualdelikts, wegen eines anderen Gewaltdelikts wie Raub, wegen Menschenhandels, Drogenhandels oder eines Einbruchsdelikts rechtskräftig verurteilt worden sind; oder
b  missbräuchlich Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe bezogen haben.87
4    Der Gesetzgeber umschreibt die Tatbestände nach Absatz 3 näher. Er kann sie um weitere Tatbestände ergänzen.88
5    Ausländerinnen und Ausländer, die nach den Absätzen 3 und 4 ihr Aufenthaltsrecht sowie alle Rechtsansprüche auf Aufenthalt in der Schweiz verlieren, sind von der zuständigen Behörde aus der Schweiz auszuweisen und mit einem Einreiseverbot von 5-15 Jahren zu belegen. Im Wiederholungsfall ist das Einreiseverbot auf 20 Jahre anzusetzen.89
6    Wer das Einreiseverbot missachtet oder sonstwie illegal in die Schweiz einreist, macht sich strafbar. Der Gesetzgeber erlässt die entsprechenden Bestimmungen.90
BV genannten Anlasstaten, deren Begehung dazu führt, dass die ausländische Person ihr Aufenthaltsrecht sowie alle Rechtsansprüche auf Aufenthalt in der Schweiz verliert (zur "praktischen Konkordanz" bei der Anwendung dieser Norm: BGE 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34; Urteile 2C 170/2013 vom 20. Juni 2013 E. 2.3; 2C 1257/2012 vom
18. April 2013 E. 4.5).

2.4. Nach der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.
EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) sind zur Beurteilung der Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Massnahmen bei Ausländern der zweiten Generation jene Kriterien heranzuziehen, die das Bundesgericht landesrechtlich anwendet (BGE 139 I 16 E. 2.2.2 S. 20 f., 31 E. 2.3.2 S. 34 f.; in jüngerer Zeit dazu die Entscheide des EGMR Samsonnikov gegen Estland vom 3. Juli 2012 [52178/10] § 90 [im Aufenthaltsstaat geboren, acht Jahre Freiheitsstrafe im Verlauf von zwölf Jahren, keine "acts of juvenile delinquency"]; Balogun gegen Vereinigtes Königreich vom 10. April 2012 [60286/09] § 52 f. [ab dem dritten Altersjahr im Aufenthaltsstaat, als 20-Jähriger verurteilt zu drei Jahren Freiheitsstrafe wegen Betäubungsmitteldelikten, "applicant cannot excuse his past criminal conduct by reference to his upbringing"]; Trabelsi gegen Deutschland vom 13. Oktober 2011 [41548/06] § 53 ff. [im Aufenthaltsstaat geboren, acht Verurteilungen zu insgesamt vier Jahren Freiheitsstrafe wegen als Jugendlicher begangener Delikte]; ferner Emre gegen Schweiz [Nr. 1] vom 22. Mai 2008 [42034/04] § 65 ff.).

2.5. Auch im Fall der gelebten Ehe kann sich der Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens als "notwendig" im Sinne von Art. 8 Ziff. 2
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.
EMRK erweisen (Entscheide des EGMR Boultif gegen Schweiz vom 2. August 2001 [54273/00] § 48; Kissiwa Koffi gegen Schweiz vom 15. November 2012 [38005/07] § 62 f.; zum Ganzen Andreas Zünd/Thomas Hugi Yar, Massnahmen im schweizerischen Ausländerrecht, insbesondere unter dem Aspekt des Privat- und Familienlebens, in: EuGRZ 40/2013, S. 1, insb. S. 6 ff.).

3.

3.1. Die Vorinstanz würdigt das öffentliche Interesse am Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers und dessen Wegweisung aus der Schweiz als erheblich. Dies ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. In der langen Reihe von Straftaten hat der Beschwerdeführer mit zunehmender Intensität - die Unterinstanz spricht von einer "Aggravierungstendenz" - in höchstwertige Rechtsgüter eingegriffen. Bald nach Verübung eines Raubs, an dessen Planung und Ausführung er als Mittäter beteiligt war, fügte er bei einer tätlichen Auseinandersetzung seinem Widersacher Verletzungen zu, die zum Tod geführt hätten, wäre es nicht umgehend zu einem neurochirurgischen Eingriff gekommen. Willkürfrei musste die Vorinstanz vor diesem Hintergrund zumindest von einer "gewissen Rückfallgefahr" ausgehen. Die Einsicht des Beschwerdeführers in das eigene Fehlverhalten, das straf- und ausländerrechtlich als schweres Verschulden zu würdigen ist, erscheint weiterhin als beeinträchtigt. Zutreffend erwägt die Vorinstanz, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer unter ähnlichen Umständen wiederum gewalttätig werde. Dieser will zwar Reue und Betroffenheit bekundet haben, doch vermag er nichts vorzubringen, was die Vorinstanz nicht
schon gewürdigt hätte (Entschuldigung beim Opfer, Antiaggressionstraining, Verhalten im geschlossenen Strafvollzug).

3.2. Als (beinahe) Ausländer der zweiten Generation hat der Beschwerdeführer ein gewichtiges persönliches Interesse am Verbleib in der Schweiz. Er meint, er sei sprachlich, beruflich und gesellschaftlich geradezu "vorbildlich" integriert. Mit Recht kommt die Vorinstanz freilich zum Schluss, angesichts der zahlreichen, schwerwiegenden Straftaten und der Schulden (Konkursverlustscheine von rund Fr. 163'000) könne von einer [vollständig] gelungenen Integration keine Rede sein. Vorbehalte sind ferner am Platz, soweit es um die gesellschaftliche Integration geht. Der Beschwerdeführer hält sich vorwiegend unter Landsleuten auf und wird im Strafvollzug auch überwiegend von ihnen besucht. Eine tiefere Verbundenheit mit der Schweiz ist nicht nachgewiesen.

3.3. Der Beschwerdeführer bestreitet, sich im Fall des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung und der Wegweisung beruflich und gesellschaftlich in Mazedonien integrieren zu können. Die serbische Sprache beherrsche er schriftlich gar nicht, mündlich "einigermassen", sodass die Eingliederung in den Arbeitsmarkt praktisch unmöglich sei, was die finanzielle Existenz der Familie bedrohe und aufgrund der geografischen Trennung ohnehin die Familie auseinanderreisse. Selbst wenn schriftliche Kenntnisse der serbischen Sprache fehlen sollten, was angesichts der Verankerung in einem serbischsprachigen Umfeld (Eltern, Gattin, Kollegen) nicht ohne Weiteres auf der Hand liegt, erscheinen die Voraussetzungen für ein baldiges Fussfassen als verhältnismässig günstig. Der Beschwerdeführer beherrscht jedenfalls die (mündliche) Sprache, er hat Verwandtschaft in Mazedonien, kennt das Land aufgrund von Ferienaufenthalten und ist mit einer Landsfrau verheiratet, die erst im Alter von ca. 20 Jahren in die Schweiz gelangte. Noch im strafrechtlichen Verfahren erklärte der Beschwerdeführer im Übrigen, es bestünde eine "intakte Verbindung" zu Mazedonien (Urteil 6B 432/2012 vom 26. Oktober 2012 E. 3). Insoweit stehen die Vorbringen einem Widerruf nicht
entgegen (vgl. die zitierten Urteile des EGMR i.S. Samsonnikov, Balogun, Trabelsi, die dem vorliegenden Sachverhalt nahekommen).

3.4. Der Beschwerdeführer beruft sich auf die ungetrennte Ehe und die innige Beziehung zu seiner heute 13-jährigen Tochter. Das Kindeswohl erfordere ein Verbleiben der Tochter und damit auch der Mutter in der gewohnten schweizerischen Umgebung. Auf diese Weise komme es zur faktischen Trennung der Familie. Wiederum mit der Vorinstanz erscheint es als denkbar, dass Mutter und Tochter sich tatsächlich für die Fortführung des Aufenthalts in der Schweiz entscheiden, auch wenn der Vater bzw. Ehemann die Schweiz verlassen muss und mit einem Einreiseverbot belegt wird. Aufgrund der Inhaftierung sind die Kontaktmöglichkeiten bereits seit einiger Zeit eingeschränkt. Zur tatsächlichen Ausübung der Kontaktmöglichkeiten führt die Vorinstanz aus, der Beschwerdeführer werde "im Rahmen der gewährten Besuche hin und wieder von seinen Angehörigen sowie Bekannten - ab und zu auch von seiner Ehefrau und seiner Tochter - besucht" (angefochtenes Urteil E. 3.4). Dies legt den Schluss nahe, dass der persönliche Kontakt in eher unregelmässigen Abständen und keineswegs bei jeder sich bietenden Gelegenheit gepflegt wird. Das Aufrechterhalten der intensiven Vater-Tochter-Beziehung wird durch die Distanz sicherlich erschwert, aber nicht unterbunden, auch wenn
die heutigen elektronischen Kommunikationsmittel den persönlichen Kontakt kaum zu ersetzen vermögen. Die Tochter ist in einem Alter, das es ihr bald erlauben wird, den Vater auch ohne Reisebegleitung zu besuchen und beispielsweise die Ferien in Mazedonien zu verbringen.

3.5. Der Beschwerdeführer trägt erstmals vor Bundesgericht vor, seine Tochter besitze nunmehr das Schweizerbürgerrecht. Verfahrensrechtlich handelt es sich beim Vorbringen um ein echtes Novum, das als solches nicht durch das weitergezogene Urteil veranlasst worden sein kann. Dementsprechend ist es im bundesgerichtlichen Verfahren unzulässig (BGE 135 I 221 E. 5.2.4 S. 229; 134 IV 97 E. 5.1.3 S. 103; 133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.; zum Ganzen Urteil 2C 545/2012 vom 22. Februar 2013 E. 1.7).

3.6. Der Beschwerdeführer beruft sich schliesslich auf den Entscheid des EGMR Udeh gegen Schweiz vom 16. April 2013 (12020/09). Es handelt sich dabei um einen Anwendungsfall der Boultif -Praxis des EGMR ohne weitergehende grundsätzliche Bedeutung (Urteile 2C 705/2013 vom 11. November 2013 E. 3.4.3; 2C 365/2013 vom 30. August 2013 E. 2.4, zur Publikation vorgesehen). Nachdem die Boultif -Kriterien aber ein gegenüber den privaten Interessen gewichtigeres öffentliches Interesse an Wegweisung und Fernhaltung aufzeigen, vermag der Beschwerdeführer aus dem angerufenen Entscheid nichts zu seinen Gunsten abzuleiten.

4.

Bundes- (Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG) und Völkerrecht (Art. 95 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG) werden damit durch den angefochtenen Entscheid nicht verletzt. Die Beschwerde ist unbegründet und abzuweisen. Bei diesem Ausgang sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
i.V.m. Art. 65
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 65 Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen.
1    Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen.
2    Die Gerichtsgebühr richtet sich nach Streitwert, Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien.
3    Sie beträgt in der Regel:
a  in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 200-5000 Franken;
b  in den übrigen Streitigkeiten 200-100 000 Franken.
4    Sie beträgt 200-1000 Franken und wird nicht nach dem Streitwert bemessen in Streitigkeiten:
a  über Sozialversicherungsleistungen;
b  über Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts;
c  aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30 000 Franken;
d  nach den Artikeln 7 und 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 200223.
5    Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann das Bundesgericht bei der Bestimmung der Gerichtsgebühr über die Höchstbeträge hinausgehen, jedoch höchstens bis zum doppelten Betrag in den Fällen von Absatz 3 und bis zu 10 000 Franken in den Fällen von Absatz 4.
BGG). Dem Kanton Bern steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. November 2013

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Zünd

Der Gerichtsschreiber: Kocher
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 2C_640/2013
Date : 25. November 2013
Published : 13. Dezember 2013
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Bürgerrecht und Ausländerrecht
Subject : Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung aus der Schweiz


Legislation register
AuG: 62  63  96
BGG: 65  66  68  95  109
BV: 36  121
EMRK: 8
BGE-register
122-II-433 • 125-II-521 • 130-II-176 • 133-IV-342 • 134-IV-97 • 135-I-221 • 135-II-377 • 137-II-297 • 139-I-16 • 139-I-31
Weitere Urteile ab 2000
2C_1257/2012 • 2C_170/2013 • 2C_365/2013 • 2C_545/2012 • 2C_640/2013 • 2C_705/2013 • 6B_432/2012
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residence permit • federal court • lower instance • term of imprisonment • macedonia • family • sentencing • mother • father • language • integration • weight • second-generation immigrants • robbery • marriage • duration • participant of a proceeding • appeal concerning affairs under public law • spouse • cook • national law • behavior • clerk • convicted person • life • decision • threat • statement of affairs • relationship • victim • remand • criminal act • swiss citizenship • berne • personal interest • personal interest • proceedings conditions • [noenglish] • court and administration exercise • penal institution • partition • meadow • plasterer • additional sanction • apprenticeship • estonia • germany • lawyer • risk of escape • month • holidays • grievous default • question • lausanne • best interest of the child • intention • brawl • duel • death • united kingdom • subsequent immigration of family members • replacement • summary statement • [noenglish] • distance • standard • unlawful entering another person's rooms
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