Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2F 21/2017
Verfügung vom 24. November 2017
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Donzallaz,
Gerichtsschreiber Feller.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Gesuchsteller, vertreten durch
Rechtsanwalt Atakan Özçelebi,
gegen
Migrationsamt des Kantons St. Gallen,
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen,
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung II.
Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung; Revision,
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 13. November 2017 (2C 964/2017).
Erwägungen:
1.
Mit Entscheid vom 28. September 2017 bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen in Abweisung einer diesbezüglichen Beschwerde gegen den Rekursentscheid des Sicherheits- und Justizdepartements des Kantons St. Gallen vom 30. Mai 2015 die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung des 1977 geborenen türkischen Staatsangehörigen A.________. Dagegen erhob dieser beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; die Rechtsschrift trug das Datum vom 8. November 2017. Mit Urteil 2C 964/2017 vom 13. November 2017 trat das Bundesgericht auf die Beschwerde wegen Nichteinhaltung der Beschwerdefrist von 30 Tagen (Art. 100 Abs. 1
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 100 Beschwerde gegen Entscheide - 1 Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen. |
|
1 | Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen. |
2 | Die Beschwerdefrist beträgt zehn Tage: |
a | bei Entscheiden der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen; |
b | bei Entscheiden auf den Gebieten der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und der internationalen Amtshilfe in Steuersachen; |
c | bei Entscheiden über die Rückgabe eines Kindes nach dem Europäischen Übereinkommen vom 20. Mai 198090 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts oder nach dem Übereinkommen vom 25. Oktober 198091 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung; |
d | bei Entscheiden des Bundespatentgerichts über die Erteilung einer Lizenz nach Artikel 40d des Patentgesetzes vom 25. Juni 195493. |
3 | Die Beschwerdefrist beträgt fünf Tage: |
a | bei Entscheiden der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen im Rahmen der Wechselbetreibung; |
b | bei Entscheiden der Kantonsregierungen über Beschwerden gegen eidgenössische Abstimmungen. |
4 | Bei Entscheiden der Kantonsregierungen über Beschwerden gegen die Nationalratswahlen beträgt die Beschwerdefrist drei Tage. |
5 | Bei Beschwerden wegen interkantonaler Kompetenzkonflikte beginnt die Beschwerdefrist spätestens dann zu laufen, wenn in beiden Kantonen Entscheide getroffen worden sind, gegen welche beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden kann. |
6 | ...94 |
7 | Gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern eines Entscheids kann jederzeit Beschwerde geführt werden. |
Mit Revisionsgesuch vom 18. November 2017 beantragt A.________ dem Bundesgericht, sein Nichteintretensurteil 2C 964/2017 vom 13. November 2017 revisionsweise aufzuheben, und es sei auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 8. November 2017 betreffend Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung einzutreten und die Sache materiell zu prüfen.
2.
2.1. Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 61 Rechtskraft - Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft. |
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 61 Rechtskraft - Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft. |
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 124 Frist - 1 Das Revisionsgesuch ist beim Bundesgericht einzureichen: |
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1 | Das Revisionsgesuch ist beim Bundesgericht einzureichen: |
a | wegen Verletzung der Ausstandsvorschriften: innert 30 Tagen nach der Entdeckung des Ausstandsgrundes; |
b | wegen Verletzung anderer Verfahrensvorschriften: innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids; |
c | wegen Verletzung der EMRK114: innert 90 Tagen, nachdem das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nach Artikel 44 EMRK endgültig geworden ist; |
d | aus anderen Gründen: innert 90 Tagen nach deren Entdeckung, frühestens jedoch nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids oder nach dem Abschluss des Strafverfahrens. |
2 | Nach Ablauf von zehn Jahren nach der Ausfällung des Entscheids kann die Revision nicht mehr verlangt werden, ausser: |
a | in Strafsachen aus den Gründen nach Artikel 123 Absatz 1 und 2 Buchstabe b; |
b | in den übrigen Fällen aus dem Grund nach Artikel 123 Absatz 1. |
3 | Die besonderen Fristen nach Artikel 5 Absatz 5 Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 13. Juni 2008115 bleiben vorbehalten.116 |
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 123 Andere Gründe - 1 Die Revision kann verlangt werden, wenn ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder Vergehen zum Nachteil der Partei auf den Entscheid eingewirkt wurde; die Verurteilung durch das Strafgericht ist nicht erforderlich. Ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden. |
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1 | Die Revision kann verlangt werden, wenn ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder Vergehen zum Nachteil der Partei auf den Entscheid eingewirkt wurde; die Verurteilung durch das Strafgericht ist nicht erforderlich. Ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden. |
2 | Die Revision kann zudem verlangt werden: |
a | in Zivilsachen und öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren trotz gehöriger Aufmerksamkeit nicht beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind; |
b | in Strafsachen, wenn die Voraussetzungen von Artikel 410 Absätze 1 Buchstaben a und b sowie 2 StPO111 erfüllt sind; |
c | in Sachen, die Ansprüche auf Ersatz von nuklearem Schaden betreffen, aus den in Artikel 5 Absatz 5 Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 13. Juni 2008113 genannten Gründen. |
2.2. Zur Begründung des Revisionsgrundes wird vorgebracht, der Vertreter des Gesuchstellers habe die Beschwerde am 8. November um 23.25 Uhr in den Briefkasten der Poststelle St. Gallen (Hauptpost vis-à-vis Bahnhof) eingeworfen; dies hätten zwei Zeugen (Taxi-Chauffeure) mit ihren Unterschriften auf einer auf dem Briefumschlag klebenden Etikette bestätigt; weil der Briefkasten zum Zeitpunkt des Einwurfs bereits geleert worden war, habe die Post die Sendung erst am nächsten Tag bearbeiten beziehungsweise den Umschlag erst am Folgetag, 9. November 2017, abstempeln können; wie ihm die Bundesgerichtskanzlei telefonisch bestätigt habe, habe sich zwar auf dem Briefumschlag mit der Beschwerde 2C 964/2017 keine Klebe-Etikette (mehr) befunden, jedoch habe es Spuren einer solchen gegeben. Zum Beweis wird unter anderem ein Foto des Umschlags mit Etikette beigebracht, auf welcher die unterschriftlichen Bestätigungen des Briefeinwurfs bei der Hauptpost St. Gallen am 8. November 2017 um 23.25 Uhr angebracht sind. Dazu wird die Homepage des Arbeitgebers der beiden Taxichauffeure, die den Einwurf bezeugten, beigelegt. Ebenso wird eine Videoaufnahme auf CD vorgelegt.
Sollte die Darstellung des Gesuchstellers über die Vorgänge bei der Postaufgabe zutreffen, läge in der Tat der Revisionsgrund von Art. 123 Abs. 2 lit. a
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 123 Andere Gründe - 1 Die Revision kann verlangt werden, wenn ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder Vergehen zum Nachteil der Partei auf den Entscheid eingewirkt wurde; die Verurteilung durch das Strafgericht ist nicht erforderlich. Ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden. |
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1 | Die Revision kann verlangt werden, wenn ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder Vergehen zum Nachteil der Partei auf den Entscheid eingewirkt wurde; die Verurteilung durch das Strafgericht ist nicht erforderlich. Ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden. |
2 | Die Revision kann zudem verlangt werden: |
a | in Zivilsachen und öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren trotz gehöriger Aufmerksamkeit nicht beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind; |
b | in Strafsachen, wenn die Voraussetzungen von Artikel 410 Absätze 1 Buchstaben a und b sowie 2 StPO111 erfüllt sind; |
c | in Sachen, die Ansprüche auf Ersatz von nuklearem Schaden betreffen, aus den in Artikel 5 Absatz 5 Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 13. Juni 2008113 genannten Gründen. |
2.3.
Es trifft zu, dass sich auf dem Briefumschlag, der die Beschwerdeschrift vom 8. November 2017 enthielt, Spuren eines abgerissenen aufgeklebten Papiers befinden. Das Foto des an das Bundesgericht adressierten Briefumschlags zeigt die Klebe-Etikette mit den zwei Unterschriften der Taxi-Chauffeure, deren Namen auf der Homepage des Taxi-Unternehmens vermerkt sind. Das Video zeigt zunächst den Briefumschlag, der von einer Hand gehalten wird. Es folgt ein Schwenker auf die Hand bzw. das Handgelenk mit einer Uhr, welche als Uhrzeit 11.25 Uhr (bzw. 23.25 Uhr) anzeigt; das Datum lässt sich nicht entziffern. Die Hand führt den Briefumschlag zum Briefkastenschlitz und das Couvert (mit gut sichtbarer Klebe-Etikette) wird dort eingeworfen. Die postalische Erfassung erfolgte nicht an der Hauptpost vis-à-vis des Bahnhofs St. Gallen, sondern an der Poststelle 9200 Gossau LZB Annahme. Es handelt sich dabei um ein Logistikzentrum für Briefverarbeitung (LZB). Dorthin werden die zuvor den verschiedenen Briefkästen entnommenen Sendungen transportiert. Datum und Uhrzeit der Verarbeitung in einem Logistikzentrum LZB entsprechen damit nicht dem Aufgabezeitpunkt, und es leuchtet ein, dass etliche Stunden zwischen Einwurf in den Briefkasten, Leerung des
Briefkastens, Eintreffen beim LZB und Verarbeitung dort vergehen. Insgesamt hat der Gesuchsteller hinreichend aufgezeigt, dass die Beschwerde noch am späten Abend des letzten Tages der Beschwerdefrist bei der Post aufgegeben wurde.
3.
Nach dem Ausgeführten ist das Revisionsgesuch begründet. Es ist (ohne Schriftenwechsel, Art. 127
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 127 Schriftenwechsel - Soweit das Bundesgericht das Revisionsgesuch nicht als unzulässig oder unbegründet befindet, stellt es dieses der Vorinstanz sowie den allfälligen anderen Parteien, Beteiligten oder zur Beschwerde berechtigten Behörden zu; gleichzeitig setzt es ihnen eine Frist zur Einreichung einer Vernehmlassung an. |
Demnach verfügt das Bundesgericht:
1.
Das Revisionsgesuch wird gutgeheissen.
2.
Das Urteil 2C 964/2017 vom 13. November 2017 wird aufgehoben.
3.
Das Beschwerdeverfahren wird aufgenommen.
4.
Diese Verfügung wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung II, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. November 2017
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Der Gerichtsschreiber: Feller