Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C 364/2012

Urteil vom 24. August 2012
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
Gerichtsschreiberin Berger Götz.

Verfahrensbeteiligte
U.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Laube,
Beschwerdeführer,

gegen

Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Brunngasse 6, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Insolvenzentschädigung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversiche-rungsgerichts des Kantons Zürich vom 20. März 2012.

Sachverhalt:

A.
Der 1986 geborene U.________ war ab 1. Dezember 2008 als Chauffeur für die X.________ GmbH tätig. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25. November 2009 per 31. Dezember 2009. Am 12. April 2010 wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet. U.________ machte daraufhin am 28. Juni 2010 im Konkurs eine Forderung im Betrag von Fr. 16'092.86 für während der Monate Oktober bis Dezember 2009 unbezahlt gebliebenen Lohn sowie eine Vergütung für zehn nicht bezogene Ferientage geltend und stellte am 5. Juli 2010 bei der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich Antrag auf Insolvenzentschädigung in der gleichen Höhe. Mit Verfügung vom 24. August 2010 lehnte die Arbeitslosenkasse ihre Leistungspflicht mit der Begründung ab, der Versicherte sei seiner Schadenminderungspflicht nicht nachgekommen. Daran hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 9. November 2010).

B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 20. März 2012).

C.
U.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, es sei ihm eine Insolvenzentschädigung von Fr. 16'092.86 zuzüglich Zins zu 5 %, spätestens ab 31. Dezember 2011, auszurichten.

Die Arbeitslosenkasse beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, während das Staatssekretariat für Wirtschaft auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 82 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden:
a  gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts;
b  gegen kantonale Erlasse;
c  betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen.
. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG).

2.
2.1 Im angefochtenen Gerichtsentscheid werden die Bestimmungen und Grundsätze zum Anspruch auf Insolvenzentschädigung (Art. 51 Abs. 1
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 51 Anspruchsvoraussetzungen - 1 Beitragspflichtige Arbeitnehmer von Arbeitgebern, die in der Schweiz der Zwangsvollstreckung unterliegen oder in der Schweiz Arbeitnehmer beschäftigen, haben Anspruch auf Insolvenzentschädigung, wenn:
1    Beitragspflichtige Arbeitnehmer von Arbeitgebern, die in der Schweiz der Zwangsvollstreckung unterliegen oder in der Schweiz Arbeitnehmer beschäftigen, haben Anspruch auf Insolvenzentschädigung, wenn:
a  gegen ihren Arbeitgeber der Konkurs eröffnet wird und ihnen in diesem Zeitpunkt Lohnforderungen zustehen oder
b  der Konkurs nur deswegen nicht eröffnet wird, weil sich infolge offensichtlicher Überschuldung des Arbeitgebers kein Gläubiger bereit findet, die Kosten vorzuschiessen, oder
c  sie gegen ihren Arbeitgeber für Lohnforderungen das Pfändungsbegehren gestellt haben.
2    Keinen Anspruch auf Insolvenzentschädigung haben Personen, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen oder massgeblich beeinflussen können, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten.182
und Art. 58
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 58 Nachlassstundung - Bei einer Nachlassstundung oder einem richterlichen Konkursaufschub gilt dieses Kapitel sinngemäss.
AVIG; vgl. auch BGE 134 V 88) sowie zu den Pflichten des Arbeitnehmers im Konkurs- oder Pfändungsverfahren (Art. 55 Abs. 1
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 55 Pflichten des Versicherten - 1 Der Arbeitnehmer muss im Konkurs- oder Pfändungsverfahren alles unternehmen, um seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren, bis die Kasse ihm mitteilt, dass sie an seiner Stelle in das Verfahren eingetreten ist. Danach muss er die Kasse bei der Verfolgung ihres Anspruchs in jeder zweckdienlichen Weise unterstützen.
1    Der Arbeitnehmer muss im Konkurs- oder Pfändungsverfahren alles unternehmen, um seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren, bis die Kasse ihm mitteilt, dass sie an seiner Stelle in das Verfahren eingetreten ist. Danach muss er die Kasse bei der Verfolgung ihres Anspruchs in jeder zweckdienlichen Weise unterstützen.
2    Der Arbeitnehmer muss die Insolvenzentschädigung in Abweichung von Artikel 25 Absatz 1 ATSG187 zurückerstatten, soweit die Lohnforderung im Konkurs oder in der Pfändung abgewiesen oder aus Gründen nicht gedeckt wird, die der Arbeitnehmer absichtlich oder grobfahrlässig herbeigeführt hat, ebenso soweit sie vom Arbeitgeber nachträglich erfüllt wird.188
AVIG; BGE 114 V 56 E. 3d S. 59; ARV 2002 Nr. 8 S. 62, C 91/01, und Nr. 30 S. 190, C 367/01; ARV 1999 Nr. 24 S. 140, C 183/97) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

2.2 Die Bestimmung von Art. 55 Abs. 1
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 55 Pflichten des Versicherten - 1 Der Arbeitnehmer muss im Konkurs- oder Pfändungsverfahren alles unternehmen, um seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren, bis die Kasse ihm mitteilt, dass sie an seiner Stelle in das Verfahren eingetreten ist. Danach muss er die Kasse bei der Verfolgung ihres Anspruchs in jeder zweckdienlichen Weise unterstützen.
1    Der Arbeitnehmer muss im Konkurs- oder Pfändungsverfahren alles unternehmen, um seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren, bis die Kasse ihm mitteilt, dass sie an seiner Stelle in das Verfahren eingetreten ist. Danach muss er die Kasse bei der Verfolgung ihres Anspruchs in jeder zweckdienlichen Weise unterstützen.
2    Der Arbeitnehmer muss die Insolvenzentschädigung in Abweichung von Artikel 25 Absatz 1 ATSG187 zurückerstatten, soweit die Lohnforderung im Konkurs oder in der Pfändung abgewiesen oder aus Gründen nicht gedeckt wird, die der Arbeitnehmer absichtlich oder grobfahrlässig herbeigeführt hat, ebenso soweit sie vom Arbeitgeber nachträglich erfüllt wird.188
AVIG, wonach der Arbeitnehmer im Konkurs- oder Pfändungsverfahren alles unternehmen muss, um seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren, bezieht sich dem Wortlaut nach auf das Konkurs- und Pfändungsverfahren. Sie bildet jedoch Ausdruck der allgemeinen Schadenminderungspflicht, welche auch dann Platz greift, wenn das Arbeitsverhältnis vor der Konkurseröffnung aufgelöst wird (BGE 114 V 56 E. 4 S. 60; ARV 1999 Nr. 24 S. 140, C 183/97). Eine ursprüngliche Leistungsverweigerung infolge Verletzung der Schadenminderungspflicht im Sinne der zu Art. 55 Abs. 1
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 55 Pflichten des Versicherten - 1 Der Arbeitnehmer muss im Konkurs- oder Pfändungsverfahren alles unternehmen, um seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren, bis die Kasse ihm mitteilt, dass sie an seiner Stelle in das Verfahren eingetreten ist. Danach muss er die Kasse bei der Verfolgung ihres Anspruchs in jeder zweckdienlichen Weise unterstützen.
1    Der Arbeitnehmer muss im Konkurs- oder Pfändungsverfahren alles unternehmen, um seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren, bis die Kasse ihm mitteilt, dass sie an seiner Stelle in das Verfahren eingetreten ist. Danach muss er die Kasse bei der Verfolgung ihres Anspruchs in jeder zweckdienlichen Weise unterstützen.
2    Der Arbeitnehmer muss die Insolvenzentschädigung in Abweichung von Artikel 25 Absatz 1 ATSG187 zurückerstatten, soweit die Lohnforderung im Konkurs oder in der Pfändung abgewiesen oder aus Gründen nicht gedeckt wird, die der Arbeitnehmer absichtlich oder grobfahrlässig herbeigeführt hat, ebenso soweit sie vom Arbeitgeber nachträglich erfüllt wird.188
AVIG ergangenen Rechtsprechung (E. 2.1 hiervor) setzt voraus, dass dem Versicherten ein schweres Verschulden, also vorsätzliches oder grobfahrlässiges Handeln oder Unterlassen vorgeworfen werden kann (vgl. URS BURGHERR, Die Insolvenzentschädigung, S. 166). Das Ausmass der geforderten Schadenminderungspflicht richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls.

3.
Das kantonale Gericht hat in pflichtgemässer Würdigung der gesamten Aktenlage mit nachvollziehbarer Begründung erkannt, der Versicherte habe keinen Anspruch auf Insolvenzentschädigung, weil er seine Lohnforderung mit seinen - zwar zahlreichen aber lediglich mündlich erfolgten - Mahnungen nicht mit dem erforderlichen und der Situation angepassten Nachdruck geltend gemacht habe. Wohl habe seine gegenüber dem Geschäftsführer der X.________ GmbH ausgesprochene, aus rechtlicher Sicht fragwürdige Drohung, er würde zu ihm nach Hause kommen, an Nachdruck nichts vermissen lassen, indessen verstehe es sich von selbst, dass diese sich nicht zu den ernsthaften rechtlichen Schritten zählen lasse. Aus dem Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich AL.2009.00090 vom 25. November 2010 lasse sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht ableiten, für das Schriftformerfordernis einer Mahnung würden ausschliesslich beweisrechtliche Gründe bestehen. Vielmehr diene die Schriftlichkeit nebst beweisrechtlichen Gründen auch der Eindeutigkeit und Unmissverständlichkeit der Geltendmachung der Forderung. Mit der Anerkennung von schriftlichen Mahnungen als "genügende rechtliche Schritte" seien die Anforderungen an die
Lohneinforderung im Vergleich mit dem Erfordernis einer Klage oder Betreibung im Übrigen bereits tief angesetzt. Die Eingabe im Konkurs sei angesichts der Konkurseröffnung nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine zwar erforderliche, aber nicht hinreichende Massnahme gewesen. Der Beschwerdeführer sei der ihm obliegenden Schadenminderungspflicht nur in ungenügendem Mass nachgekommen, weshalb kein Anspruch auf Insolvenzentschädigung bestehe.

4.
4.1 Der Beschwerdeführer lässt geltend machen, er habe den Lohn sicherlich eindrücklicher gemahnt als jemand, der nur eine eingeschriebene Mahnung verschicke, denn er habe die Arbeitgeberin ungezählte Male angerufen und zum Ausdruck gebracht, dass er sehr ungehalten sei. Er habe sogar gedroht, dass er den Geschäftsführer der Arbeitgeberin zuhause aufsuchen werde. Diese Bemühungen seien wohl wirksamer als eine schriftliche Mahnung. Eine solche hätte im Übrigen auch deshalb keinen Effekt haben können, weil die ehemalige Arbeitgeberin Solvenzprobleme gehabt habe.

Es ist dem Beschwerdeführer zwar zuzustimmen, dass eine Verpflichtung zu schriftlichem Vorgehen bei Lohnausständen vom Gesetz nicht statuiert wird. Allerdings musste ihm mit zunehmender Dauer des Lohnausstands rasch bewusst werden, dass seine mündlichen Mahnungen keinen Erfolg zeitigen würden, da die Arbeitgeberin bereits seit Oktober 2009 keinerlei Bereitschaft mehr zeigte, die Geldschuld, allenfalls auch in Raten, zu begleichen. Unter insolvenzentschädigungsrechtlichen Gesichtspunkten kann es nicht Sache der versicherten Person sein, darüber zu entscheiden, ob weitere Vorkehren zur Realisierung der Lohnansprüche erfolgsversprechend sind oder nicht (BGE 131 V 196 E. 4.1.2 S. 198). In diesem Zusammenhang ist auf die offenkundige Tatsache hinzuweisen, dass Schuldner oftmals erst unter dem Druck einer schriftlichen Aufforderung, oder auch erst einer unmittelbar bevorstehenden Konkurseröffnung, ihren Zahlungspflichten nachkommen. Entschiedeneres Handeln - gemeint ist damit unter den vorliegenden Umständen namentlich die unverzügliche Anhandnahme betreibungsrechtlicher Schritte - wäre somit in Nachachtung der Schadenminderungspflicht bei dieser Entwicklung praxisgemäss notwendig gewesen, weil die Wahrscheinlichkeit eines Lohnverlustes
mit dem Zeitablauf stetig zunahm (vgl. Urteil 8C 66/2011 vom 29. August 2011). Es lässt sich nämlich nicht ausschliessen, dass die Arbeitgeberin zu Beginn der Lohnausstände und vielleicht auch kurz vor der Konkurseröffnung noch über finanzielle Mittel verfügte, welche sie aber dann zur Begleichung anderer Forderungen verwendete. Dies ist in casu nicht bekannt und kann auch offenbleiben. Die Vorinstanz konnte auf eine zusätzliche Befragung des Geschäftsführers der X.________ GmbH verzichten (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 124 V 90 E. 4b S. 94). Selbst wenn dieser seine schriftliche Aussage vom 23. November 2010, wonach der Lohn beglichen worden wäre, wenn er die finanziellen Möglichkeiten gehabt hätte, mündlich vor Gericht wiederholt hätte, liesse sich daraus nichts zu Gunsten des Beschwerdeführers ableiten. Denn dies würde nicht ausschliessen, dass die Gesellschaft zur Zeit der Entstehung des Lohnausstandes (Oktober bis Dezember 2009) noch über liquide Mittel verfügte, welche sie aber prioritär für andere Zwecke verwendete. Für diese Annahme spricht jedenfalls die erst am 12. April 2010 erfolgte Eröffnung des Konkurses über die Gesellschaft. Soweit sich schon gegen Ende 2009
finanzielle Schwierigkeiten abzeichneten, war dies immerhin ein zusätzlicher Hinweis darauf, dass der Lohnanspruch in höchstem Mass gefährdet war und weiter reichende Schritte notwendig wurden, nachdem die Arbeitgeberin durch standhafte Nichtbegleichung des Salärs unter Verweis auf finanzielle Schwierigkeiten signalisiert hatte, dass sie zu weiteren Zahlungen nicht bereit sei. Der Beschwerdeführer hatte demgemäss nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberin vom 25. November 2009 per Ende Dezember 2009 umso mehr Anlass, seine offenen Lohnforderungen unverzüglich und konsequent auf dem Betreibungsweg und notwendigenfalls auch durch Einleitung von gerichtlichen Schritten durchzusetzen. Selbst wenn die Überschuldung des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin offensichtlich erscheint, ist mit anderen Worten keineswegs ausgeschlossen, dass die Lohnforderungen von Arbeitnehmern kurz vor der Konkurseröffnung oder der Pfändung doch noch beglichen werden (BGE 131 V 196 E. 4.1.2 S. 198). Bezüglich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten, von ihm ausgesprochenen Drohung versteht es sich von selbst, dass er sich nicht auf diese allenfalls strafrechtlich relevante Handlung berufen kann.

4.2 Dem Beschwerdeführer kann insoweit beigepflichtet werden, als er behauptet, auch mündliche Mahnungen würden Rechtswirkungen entfalten und der beweisrechtliche Aspekt schriftlicher Mahnungen komme vorliegend nicht zum Tragen, weil die zahlreichen und eindringlichen mündlichen Mahnungen unbestritten seien. Daraus kann er allerdings nichts zu seinen Gunsten ableiten. Die rechtlichen Wirkungen seiner mündlichen Mahnungen werden von keiner Seite bestritten. Ausschlaggebend ist, dass es dem Versicherten im Zusammenhang mit dem vorliegend allein zur Debatte stehenden Insolvenzentschädigungsanspruch mit zunehmendem Zeitablauf rasch klar werden musste, dass die wiederholten mündlichen Mahnungen nicht zielführend waren. Aus dem Vorbringen, er sei ein "einfache(r) Chauffeur mit Migranten-Hintergrund" ergibt sich nichts anderes, da niemand Vorteile aus seiner eigenen Rechtsunkenntnis ableiten kann (BGE 126 V 308 E. 2b S. 313 mit Hinweisen).

4.3 Den in der Beschwerde angeführten Urteilen des ehemaligen Eidgenössischen Versicherungsgerichts und des Bundesgerichts liegen allesamt nicht vergleichbare Sachverhalte zugrunde. Im Fall C 270/05 vom 6. Februar 2006 musste die versicherte Person sich zunächst bemühen, eine Schuldanerkennung erhältlich zu machen, während vorliegend die ausstehende Lohnforderung zu keiner Zeit bestritten war und der Beschwerdeführer von Anbeginn an wusste, dass die Arbeitgeberin den Lohn nicht mehr bezahlen wollte oder konnte. Das Urteil C 163/06 vom 19. Oktober 2006 befasst sich mit einem Versicherten, welcher neben dem Lohn auch noch die Rückzahlung eines der Arbeitgeberin gewährten zinslosen Darlehens erwartete, was auch nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis bewirkte. Im Urteil C 144/06 vom 19. Oktober 2006 ging es um ein sehr kurzes Arbeitsverhältnis (Antritt: 1. Mai 2004) und die Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen war am 30. Juni 2004 auf Ende August 2004 erfolgt, wobei die Konkurseröffnung bereits vom 11. August 2004 datierte; es waren nach jeweils mündlichen Mahnungen Teilzahlungen erfolgt und bei Konkurseröffnung war weniger als ein ganzer Monatslohn offen. Soweit sich der Beschwerdeführer
schliesslich auf das Urteil 8C 462/2009 vom 3. August 2009 beruft und daraus ableitet, von den zwei darin genannten Verwaltungsräten einer Aktiengesellschaft könnten natürlich höhere Anforderungen, insbesondere in Bezug auf die Abfassung einer schriftlichen Mahnung, gestellt werden als an einen Chauffeur mit Migranten-Hintergrund, kann ihm nicht gefolgt werden. Eine schriftliche Mahnung muss nicht fehlerfrei abgefasst sein, es genügt, wenn daraus der Wille hervorgeht, den ausstehenden Lohn einzufordern. Demnach zielt auch das Argument des Beschwerdeführers, der bereits erwähnte Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich AL.2009.00090 vom 25. November 2010 betreffe eine kaufmännische Angestellte, welcher eine schriftliche Mahnung eher zuzumuten sei, ins Leere.

5.
Es bleibt dabei, dass bei einem während mehreren Monaten dauernden Ausstand ein - abgesehen von erfolglosen mündlichen Mahnungen (und im Rahmen der Schadenminderungspflicht von vornherein unbeachtlichem strafrechtlich relevantem Handeln) - tatenloses Zuwarten nicht mehr als objektiv verständlich zu werten ist. Zusammenfassend hat das kantonale Gericht deshalb in pflichtgemässer Würdigung der gesamten Aktenlage zutreffend erkannt, dass der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Insolvenzentschädigung hat.

6.
Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten vom Beschwerdeführer als unterliegender Partei zu tragen (Art. 65 Abs. 4 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 65 Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen.
1    Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen.
2    Die Gerichtsgebühr richtet sich nach Streitwert, Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien.
3    Sie beträgt in der Regel:
a  in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 200-5000 Franken;
b  in den übrigen Streitigkeiten 200-100 000 Franken.
4    Sie beträgt 200-1000 Franken und wird nicht nach dem Streitwert bemessen in Streitigkeiten:
a  über Sozialversicherungsleistungen;
b  über Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts;
c  aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30 000 Franken;
d  nach den Artikeln 7 und 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 200223.
5    Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann das Bundesgericht bei der Bestimmung der Gerichtsgebühr über die Höchstbeträge hinausgehen, jedoch höchstens bis zum doppelten Betrag in den Fällen von Absatz 3 und bis zu 10 000 Franken in den Fällen von Absatz 4.
und Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 24. August 2012
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Ursprung

Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 8C_364/2012
Date : 24. August 2012
Published : 11. September 2012
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Arbeitslosenversicherung
Subject : Arbeitslosenversicherung (Insolvenzentschädigung)


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AVIG: 51  55  58
BGG: 65  66  82  95  105
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114-V-56 • 124-V-90 • 126-V-308 • 131-V-196 • 134-I-140 • 134-V-88 • 136-I-229
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