Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung V
E-1943/2019
Urteil vom 24. Mai 2019
Richterin Christa Luterbacher (Vorsitz),
Besetzung Richterin Muriel Beck Kadima, Richter Lorenz Noli,
Gerichtsschreiberin Susanne Bolz.
A._______, geboren am (...),
Irak,
Parteien
vertreten durch lic. iur. Anna Hofer, Fürsprecherin,
(...),
Beschwerdeführer,
gegen
Staatssekretariat für Migration (SEM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand Unentgeltliche Rechtspflege;
Verfügung des SEM vom 22. März 2019 / N (...).
Sachverhalt:
A.
Die Vorinstanz hatte das Asylgesuch des Beschwerdeführers vom 25. August 2012 mit Entscheid vom 10. Mai 2016 abgelehnt, die Wegweisung nach Bosnien-Herzegowina verfügt und den Vollzug angeordnet; ein Wegweisungsvollzug in den Irak wurde ausgeschlossen. Die gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde vom 10. Juni 2016 wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil E-3665/2016 vom 7. September 2016 ab; es erachtete insbesondere den Vollzug der Wegweisung nach Bosnien-Herzegowina für zulässig, zumutbar und möglich.
B.
Am 18. September 2017 reichte der Beschwerdeführer mit Hilfe seiner Rechtsvertreterin (Vollmacht vom 20. September 2016) beim Bundesverwaltungsgericht eine als "Revisionsgesuch" betitelte Eingabe ein und beantragte die Aufhebung des Urteils vom 7. September 2016, da der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers unzulässig sei. Er habe inzwischen erfahren, dass für ihn auch weiterhin eine Einreisesperre für Bosnien-Herzegowina gelte, weshalb er sich dort nicht legal aufhalten könne und ihm ausserdem dort die Rückschaffung in den Irak drohe. Zum Beleg legte er unter anderem ein Schreiben des zuständigen Sicherheitsministeriums in Kopie vor, datierend vom (...) 2017 (vgl. Akten SEM B4).
C.
Am 20. September 2017 beantragte die Rechtsvertreterin in Ergänzung der Revisionseingabe die unentgeltliche Rechtspflege und übermittelte dem Gericht die Originale der bereits eingereichten Dokumente.
D.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete das Beweismittel vom (...) 2017, das die erneute Einreisesperre anzeigte, als Beleg für eine neue Tatsache, die keine Revision zu begründen vermochte. Der Instruktionsrichter überwies die Eingabe am 22. September 2017 mit allen Akten an die Vor-instanz zur Prüfung als Wiedererwägungsgesuch (Verfahren E- 5317/2017). In der Folge nahm das SEM die Eingabe als Wiedererwägungsgesuch an Hand.
E.
Am 5. Oktober 2017 ersuchte die Vorinstanz die zuständige Migrationsbehörde um einstweilige Aussetzung des Vollzugs, da ein Wiedererwägungsgesuch geprüft werde.
F.
Mit Eingabe vom 16. Januar 2018 ersuchte die Rechtsvertreterin um Mitteilung des Verfahrensstands; sie teilte auch mit, die Ehefrau des Beschwerdeführers sei vor (...) Monaten verstorben.
G.
Mit Schreiben vom 22. Februar 2018 forderte die Vorinstanz den Beschwerdeführer auf, Beweismittel einzureichen, welche den Tod seiner Ehefrau belegten, sowie Beweismittel betreffend das gegen ihn verhängte Einreiseverbot im Original vorzulegen.
H.
Mit Schreiben vom 23. März 2018 reichte die Rechtsvertreterin einen Auszug aus dem Sterberegister der Gemeinde B._______, Bosnien-Herzegowina, in Übersetzung ein (vgl. Akten SEM B4). Sie ersuchte um Fristerstreckung zur Einreichung des Originals und wies (erneut mit Eingabe vom 23. Mai 2018) auf die Schwierigkeiten des Beschwerdeführers hin, Beweismittel betreffend das Einreiseverbot zu beschaffen, weshalb die Vorinstanz eigene Abklärungen vornehmen solle.
I.
Am 28. Juni 2018 erkundigte sich die Rechtsvertreterin erneut nach dem Verfahrensstand und der Prüfung des Vorliegens eines Einreiseverbotes. Sie wies des Weiteren darauf hin, dass sie in der Revisions-Eingabe an das Bundesverwaltungsgericht einen Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege gestellt habe und wollte wissen, ob auch dieser Antrag an die Vor-instanz übertragen worden sei. Ohne Gegenbericht gehe sie davon aus, dass dies der Fall sei; ansonsten könne sie das Gesuch nochmals vorlegen.
J.
Am 2. November 2018 reichte die Rechtsvertreterin eine amtliche Bestätigung des Sicherheitsministeriums von Bosnien-Herzegowina vom (...) 2018 über die Fortdauer der gegen den Beschwerdeführer verhängten Einreisesperre betreffend Bosnien-Herzegowina mit Übersetzung ein (vgl. Akten SEM B4).
K.
Am 12. Februar 2019 hiess die Vorinstanz das Wiedererwägungsgesuch gut, hob die Vollzugsanordnung auf und nahm den Beschwerdeführer wegen Unzulässigkeit des Vollzugs der Wegweisung in den Irak und Unmöglichkeit des Vollzugs nach Bosnien-Herzegowina vorläufig auf. Die Anträge auf unentgeltliche Prozessführung und amtliche Rechtsverbeiständung wurden nicht behandelt. Im Entscheid wurde jedoch festgehalten, dass bei diesem Ausgang des Verfahrens keine Gebühr erhoben werde.
L.
Mit ihrer Eingabe vom 13. Februar 2019 an das SEM wies die Rechtsvertreterin darauf hin, dass die Vorinstanz den Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege nicht behandelt habe. Sie reichte eine Honorarnote ein.
M.
Mit Verfügung vom 22. März 2019 entschuldigte sich das SEM für sein Versäumnis. In der Sache lehnte es das Gesuch ab, da es die Voraussetzungen für eine amtliche Beiordnung eines Rechtsbeistandes nicht als erfüllt erachtete. Zwar sei der Beschwerdeführer bedürftig und sein Gesuch sei auch nicht von vornherein aussichtslos gewesen, doch habe das Verfahren keine komplexen Rechts- oder Sachverhaltsfragen aufgeworfen, die eine amtliche Rechtsverbeiständung notwendig gemacht hätten.
N.
Am 24. April 2019 reichte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertreterin eine Beschwerde gegen den Entscheid betreffend die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege ein. Er beantragte die Aufhebung des Entscheids vom 22. März 2019 und die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege unter Beiordnung seiner Anwältin als amtliche Beiständin für sein Wiedererwägungsverfahren vor dem SEM.
O.
Am 25. April 2019 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Eingang der Beschwerde.
P.
Gleichentags reichte der Beschwerdeführer ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das vorliegende Beschwerdeverfahren ein und ersuchte um amtliche Verbeiständung durch seine Anwältin für dieses Verfahren.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG [SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.
1.2 Prozessgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung in einem Wiedererwägungsverfahren, mithin in einem Verfahren, das sich auf das AsylG (vgl. Art. 111b AsylG) stützte. Der Entscheid des SEM betreffend die Nichtgewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung erging zwar in der (vorliegend angefochtenen) separaten Verfügung, hätte sachlich indessen in der Verfügung betreffend Wiedererwägungsgesuch vom 12. Februar 2019 abgehandelt werden sollen.
1.3 Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG und das AsylG nichts anderes bestimmen (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).
1.4 Am 1. März 2019 ist eine Teilrevision des AsylG in Kraft getreten (AS 2016 3101); für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom 25. September 2015).
1.5 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht worden. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und aArt. 108 Abs. 6 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
1.6 Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet vorliegend auf einen Schriftenwechsel (Art. 111a Abs. 1 AsylG).
2.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG und im Übrigen nach Art. 49 VwVG.
3.
Vorliegend ist zu beurteilen, ob das SEM dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege, insbesondere die amtliche Verbeiständung, im Verfahren betreffend Wiedererwägungsgesuch zu Recht verweigert hat.
3.1 Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und amtliche Verbeiständung wird in erster Linie durch das anwendbare Verfahrensrecht geregelt. Unabhängig davon besteht ein solcher Anspruch unmittelbar gestützt auf Art. 29 Abs. 3 BV (BGE 128 I 225 E. 2.3). Danach hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und deren Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wird die unentgeltliche Rechtspflege in aArt. 110a AsylG (vgl. für das neue Recht: Art. 102m AsylG) und Art. 65 VwVG konkretisiert. In Bezug auf Beschwerden im Rahmen von Wiedererwägungsverfahren verzichtete der Gesetzgeber auf die Anwendung der erleichterten Regelungen zur amtlichen Verbeiständung (vgl. aArt. 110a AsylG; vgl. für das neue Recht: Art. 102m Abs. 2 AsylG), so dass die allgemeinen Regeln des Art. 65 Abs. 2 VwVG zur Anwendung kommen. Für das erstinstanzliche Asylverfahren als nichtstreitiges Verwaltungsverfahren fehlt eine entsprechende ausdrückliche gesetzliche Regelung.
3.2 Mit EMARK 2001 Nr. 11 erkannte die vormalige Schweizerische Asylrekurskommission, dass bei zeitgemässem Verständnis aus verfassungsrechtlicher Sicht bei gegebenen Voraussetzungen auch das erstinstanzliche Asylverfahren der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung offenstehe (vgl. dort E. 4 S. 80-84, insb. E. 4b/bb, und bereits EMARK 1998 Nr. 13 E. 4b/dd). Das Bundesverwaltungsgericht setzt diese Praxis fort (BVGE 2017 VI/8). Ebenso anerkennt die bundesgerichtliche Praxis einen entsprechenden Anspruch unabhängig von der Rechtsnatur der Entscheidungsgrundlagen für jedes staatliche Verfahren, in das eine Person einbezogen wird oder das zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist (vgl. BGE 130 I 180 E. 2.2; 128 I 225 E. 2.3; 125 V 32 E. 4a). In diesem Sinne wird auch in der Lehre die Ansicht vertreten, dass es sich bei der unentgeltlichen Rechtspflege um einen verfassungsrechtlichen Anspruch handelt (Art. 29 Abs. 3 BV), der für jedes staatliche Verfahren gelte (Marcel Maillard, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, 2. Aufl. 2016,
Art. 65 N 4). Entgegen seiner ursprünglichen Einordnung im Abschnitt über das Beschwerdeverfahren ist ferner anerkannt, dass Art. 65 VwVG heute auch für alle nichtstreitigen Verwaltungsverfahren gilt (Martin Kayser/Rahel Altmann, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum VwVG, 2019, Rz. 4 zu Art. 65 VwVG). Ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung besteht demnach auch im erstinstanzlichen Asylverfahren. Für die Gutheissung eines Antrags im Rahmen eines Wiedererwägungsgesuchs müssen die Voraussetzungen des Art. 65 Abs. 2 VwVG erfüllt sein.
4.
In seiner Eingabe vom 20. September 2017 hatte der Beschwerdeführer in prozessualer Hinsicht die unentgeltliche Rechtspflege beantragt, also die unentgeltliche Prozessführung einhergehend mit dem Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses sowie die amtliche Verbeiständung durch seine Anwältin (vgl. act. B5/10). Zur Begründung brachte die Rechtsvertreterin vor, der Beschwerdeführer sei mittellos, was belegt sei; seine Rechtsbegehren seien zudem nicht aussichtslos und es handle sich um komplexe Rechtsfragen; ferner beherrsche der Beschwerdeführer auch keine Landessprache ausreichend. Aus diesem Grund sei eine anwaltliche Unterstützung notwendig. Da das SEM in seinem Entscheid vom 12. Februar 2019 dieses Gesuch nicht behandelt hatte, ersuchte die Rechtsvertreterin mit Schreiben vom 13. Februar 2019 nochmals um einen Entscheid über ihren Antrag.
4.1 Das SEM lehnte in seiner Verfügung vom 22. März 2019 das Gesuch auf amtliche Verbeiständung mit der Begründung ab, dass weder die neu erhaltenen Beweismittel noch die sich aufgrund neuer Tatsachen verändert präsentierende Sachlage komplexe tatsächliche oder rechtliche Fragestellungen aufgeworfen hätten. Der ursprüngliche Entscheid sei in Wiedererwägung gezogen worden, weil der Beschwerdeführer im Rahmen der Vorbereitung seiner Rückkehr Dokumente erhalten habe, welche den Weiterbestand, respektive die Erneuerung des gegen ihn verhängten Einreiseverbots nach Bosnien-Herzegowina zu belegen vermochten. Im Laufe des Verfahrens habe er zudem mitgeteilt, dass seine Ehefrau verstorben sei und auch hierzu ein entsprechendes Beweismittel eingereicht. Um die neue Sachlage darzulegen, habe der Beschwerdeführer diese lediglich vor dem SEM geltend machen und mit Beweismitteln belegen müssen. Er sei dabei nicht notwendigerweise auf die professionelle juristische Unterstützung durch eine Anwältin oder einen Anwalt angewiesen gewesen.
4.2 Mit der Gutheissung des Wiedererwägungsgesuchs mit Entscheid vom 12. Februar 2019 wurde dem Begehren des Beschwerdeführers entsprochen; es wurde vom Vollzug seiner Wegweisung abgesehen und er wurde vorläufig aufgenommen. Damit ist von einem vollumfänglichen Obsiegen im vorinstanzlichen Verfahren auszugehen. Da dem nichtstreitigen Asylverfahren das Institut der Parteientschädigung bei Obsiegen nicht bekannt ist und sich eine solche auch nicht auf (den lediglich im Beschwerdeverfahren anwendbaren) Art. 64 VwVG abstützen lässt (vgl. in Bezug auf das Asylverfahren EMARK 2001 Nr. 11 E. 6b/dd, sowie BVGE 2017 VI/8 E. 3.3; vgl. allgemein zur Pflicht zur Entrichtung einer Parteientschädigung im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren des Bundes BGE 132 II 47 E. 5.2; auch Marantelli/Huber, Praxiskommentar VwVG, a.a.O., Art. 6 N 45), hat das SEM sich in zutreffender Weise nur dahingehend geäussert, dass für die Bearbeitung des grundsätzlich kostenpflichtigen Wiedererwägsungsgesuchs bei diesem Verfahrensausgang keine Gebühr erhoben werde. Durch diese Aussage wurde der Antrag auf unentgeltliche Prozessführung gegenstandslos.
4.3 Den Antrag auf Anordnung der amtlichen Verbeiständung hatte das SEM in seinem Entscheid vom 12. Februar 2019 versehentlich nicht behandelt. Dieses Versehen räumte die Vorinstanz in ihrer Verfügung vom 22. März 2019 ein und holte den Entscheid nach. Zutreffend legte sie ihrer Prüfung dabei die Kriterien von Art. 65 Abs. 2 VwVG zu Grunde. Zu prüfen ist, ob das SEM zu Recht die Frage der Notwendigkeit der amtlichen Verbeiständung im vorinstanzlichen Verfahren verneint hatte.
4.3.1 Die Notwendigkeit der amtlichen Verbeiständung ist nicht bereits aufgrund des Umstands zu verneinen, dass das vorinstanzliche Verfahren vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht ist (vgl. BVGE 2017 VI/8 E. 3.3.2 mit Verweis auf EMARK 2000 Nr. 6 E. 10, ebenso BGE 125 V 32 E. 4b). Die bedürftige Partei hat Anspruch auf einen amtlichen Rechtsbeistand
oder eine -beiständin, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen. Droht das in Frage stehende Verfahren besonders stark in die Rechtsposition der betroffenen Person einzugreifen, ist die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters grundsätzlich geboten, sonst nur dann, wenn zur relativen Schwere des Falles besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen der Gesuchsteller auf sich alleine gestellt nicht gewachsen wäre (BGE 130 I 180 E. 2.2 mit Verweis auf BGE 128 I 225 E. 2.5.2 und 125 V 32 E. 4b, siehe auch die Beispiele bei Kayser/Altmann, a.a.O., Rz 60). Ob die amtliche Verbeiständung notwendig ist, beurteilt sich nach den konkreten objektiven und subjektiven Umständen. Es ist im Einzelfall zu fragen, ob eine nicht bedürftige Partei unter sonst gleichen Umständen vernünftigerweise eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt beiziehen würde, weil sie selber zu wenig rechtskundig ist und das Interesse am Prozessausgang den Aufwand rechtfertigt (vgl. das Urteil des BGer 9C_606/2013 vom 6. März 2014 E. 2.2.1). In diesem Zusammenhang berücksichtigt das Bundesgericht insbesondere das Alter, die soziale Situation, die Sprachkenntnisse oder die gesundheitliche und geistig-psychische Verfassung der betroffenen Person sowie die Schwere und Komplexität des Falles (BGE 123 I 145 E. 2b/cc; vgl. BVGE 2017 VI/8 E. 3.3.2).
4.3.2 Für das Verfahren betreffend Gewährung von Asyl hielt die Asylrekurskommission in EMARK 2001 Nr. 11 fest, das Kriterium der erheblichen Tragweite des Verfahrens für die gesuchstellende Partei sei im erstinstanzlichen Asylverfahren in aller Regel erfüllt. Im Gegensatz dazu werde das weitere Erfordernis komplexer Sach- oder Rechtsfragen nur äusserst selten erfüllt sein (vgl. dort E. 6c, ebenso EMARK 2004 Nr. 9 E. 3a und b). Die Praxis, wonach die unentgeltliche Verbeiständung im erstinstanzlichen Asylverfahren nicht ausgeschlossen, allerdings die Notwendigkeit der Vertretung nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen zu bejahen ist, wird vom Bundesverwaltungsgericht fortgeführt (vgl. die Darstellung der Praxis in BVGE 2017 VI/8 E. 3.3).
4.4 Vorliegend betraf das Verfahren der Hauptsache ein Wiedererwägungsgesuch. Dieses Verfahren wird regelmässig nur auf Antrag der betroffenen Partei anhand genommen. Die Partei ist denn auch verpflichtet, alle Gründe zu nennen und zu dokumentieren, welche aus ihrer Sicht geeignet sind, den ursprünglichen Entscheid in Wiedererwägung zu ziehen. Gemäss Art. 111b Abs. 1 AsylG ist ein Wiedererwägungsgesuch schriftlich und begründet innert 30 Tagen nach Entdeckung des Wiedererwägungsgrundes beim SEM einzureichen. Das Erfordernis der ordentlich begründeten Eingabe ist eine verwaltungsgerichtliche Eintretensvoraussetzung, die auch im Asylverfahren gilt (vgl. BVGE 2013/10 E. 4.1). Zwar verpflichtet der Untersuchungsgrundsatz die im Verwaltungsverfahren zuständige Behörde, den Sachverhalt von Amtes wegen zu ermitteln (Art. 12 VwVG) und die getroffenen Entscheide nachvollziehbar zu begründen (Art. 35 VwVG). Die betroffene Partei muss jedoch am Verfahren mitwirken, so dass die Behörde in die Situation versetzt wird, den Sachverhalt so zu erfassen, dass sie einen Entscheid treffen kann (Art. 13 Abs. 1 VwVG). Die genügende und ordnungsgemässe Begründung hat in asylrechtlichen Wiedererwägungsverfahren eine materielle Bedeutung, weil auf die sonst üblichen Abläufe des Asylverfahrens (Anhörung zur Ermittlung des Sachverhaltes) verzichtet wird. Sie muss nach den Vorgaben des VwVG beurteilt werden (vgl. BVGE 2014/39 E. 5.4 und BVGE 2017 VI/5 E. 5.2.3 je zu Mehrfachgesuchen, diese Ausführungen treffen aber auch für Wiedererwägungsverfahren zu). Sind im Rahmen eines Wiedererwägungsgesuchs Abklärungen durch das SEM angezeigt, so nimmt es gestützt auf Art. 12 VwVG weitere Sachverhaltsabklärungen wie zum Beispiel eine Urkundenprüfung vor gemäss den Vorgaben des VwVG (vgl. BVGE 2014/39 E. 5.4 mit Verweis auf die Botschaft zur Asylgesetzrevision, BBl 2010 4455, 4505).
4.5 Nach den obigen grundsätzlichen Ausführungen ist festzuhalten, dass es für die Anhandnahme eines Wiedererwägungsverfahrens durch das SEM gestützt auf das Asylgesetz genügt, wenn die Partei den Grund für die Wiedererwägung schriftlich darlegt und zur Untermauerung der Vorbringen allenfalls geeignete Beweismittel vorlegt. Sofern das SEM das Gesuch anhand der Eingabe und der Beweismittel nicht zur Entscheidreife bringen kann, ist es gehalten, weitere Abklärungen, bis hin zu einer erneuten Anhörung, vorzunehmen. Vorliegend hat das SEM dem Beschwerdeführer im Verlauf des Verfahrens erläutert, welche weiteren Schritte seinerseits noch zu unternehmen waren und ihn so durch das Verfahren geleitet (vgl. Sachverhalt Bst. G, SEM act. B8/2); zudem wurde ihm die Frist zur Einreichung von Beweismitteln erstreckt (vgl. SEM act. B10/1). Das SEM hat ferner den eingereichten Sterberesgiterauszug aus Bosnien-Herzegowina von Amtes wegen einer Authentizitätsprüfung unterzogen (vgl. SEM act. B13 und B14). Bei diesem Verfahrensgang ist nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer sein Verfahren notwendigerweise nur mit Unterstützung durch eine amtlich beigeordnete Rechtsvertreterin habe durchführen können. Vielmehr hat ihn die zuständige Behörde immer wieder korrekt auf die nötigen Schritte hingewiesen. Die Einreichung der einschlägigen Beweisunterlagen (betreffend Einreiseverbot und betreffend den Tod der Ehefrau; vgl. oben Bst. B, H, J) erforderte keine anwaltliche Unterstützung. Soweit geltend gemacht wird, die Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung erhelle bereits aus dem Umstand, dass die Rechtsvertreterin die Eingabe zunächst an die unzuständige Behörde gerichtet habe (als Revisionsgesuch an das Bundesverwaltungsgericht anstatt als Wiedererwägungsgesuch an das SEM), vermag dies nicht zu überzeugen; die Eingabe wurde im Übrigen von Amtes wegen der zuständigen Behörde überwiesen.
4.6 Nach den obigen Ausführungen hat die Vorinstanz das Gesuch um amtliche Verbeiständung zu Recht abgewiesen, da eine anwaltliche Unterstützung nicht notwendig war im Sinne des Art. 65 Abs. 2 VwVG. Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung wurde durch das Obsiegen des Beschwerdeführers gegenstandslos.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt. Die Beschwerde ist abzuweisen.
5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Da die Rechtsbegehren jedoch nicht von vornherein aussichtslos waren und der nach Aktenlage bedürftige Beschwerdeführer ein entsprechendes Gesuch einreichte, verzichtet das Gericht auf die Erhebung der Verfahrenskosten, gestützt auf Art. 65 Abs. 1 VwVG.
6.
Mit vorliegendem Urteil ist auch über das Gesuch vom 25. April 2019 um amtliche Rechtsverbeiständung im Beschwerdeverfahren zu entscheiden.
6.1 Nachdem es sich im vorinstanzlichen Verfahren um ein Wiedererwägungsverfahren gehandelt hat (vgl. oben E. 1.2), richtet sich die Beurteilung nach Art. 65 Abs. 2 VwVG (vgl. aArt. 1110a Abs. 1 AsylG). Da ein Verfahren um die Gewährung der amtlichen Rechtsverbeiständung im erstinstanzlichen Verfahren vor dem SEM kein Standardverfahren ist, sondern komplexere Rechtssachverhalte beinhaltet und Ansprüche betrifft, welche ein Laie nicht ohne fachliche juristische Unterstützung geltend zu machen vermag, erachtet das Bundesverwaltungsgericht für das Beschwerdeverfahren die amtliche Verbeiständung als notwendig und setzt Frau lic. iur. Anna Hofer, Fürsprecherin, (...), antragsgemäss als amtliche Rechtsbeiständin für das Verfahren ein.
6.2 Bei amtlicher Vertretung geht das Bundesverwaltungsgericht in der Regel von einem Stundenansatz von Fr. 200.- bis Fr. 220.- für Anwältinnen und Anwälte aus (vgl. Art. 12 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 VGKE). Es wird nur der notwendige Aufwand entschädigt (vgl. Art. 8 Abs. 2 VGKE); insbesondere erweist sich vorliegend die gestaffelte Einreichung der Rechtsbegehren in zwei verschiedenen Eingaben (vom 24. und vom 25. April 2019) als unnötig, und der Aufwand für die Eingabe vom 25. April 2019 ist daher nicht zu entschädigen, da der Antrag um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Beschwerdeverfahren ohne Not bereits in der Beschwerdeschrift vom 24. April 2019 hätte gestellt werden können. Die Rechtsvertreterin hat keine Kostennote eingereicht, weshalb die notwendigen Parteikosten aufgrund der Akten zu bestimmen sind (Art. 14 Abs. 2 in fine VGKE). Gestützt auf die in Betracht zu ziehenden Bemessungsfaktoren (Art. 9 -13 VGKE) ist der Rechtsbeiständin zu Lasten des Bundesverwaltungsgerichts ein Honorar von insgesamt Fr. 600.- zuzusprechen.
(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
3.
Der mit diesem Urteil zur amtlichen Rechtsvertreterin bestellten Fürsprecherin Anna Hofer, (...), wird zu Lasten der Gerichtskasse ein amtliches Honorar in Höhe Fr. 600.- ausgerichtet.
4.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Christa Luterbacher Susanne Bolz
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